OGH 7Ob33/01f

OGH7Ob33/01f17.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GesmbH*****, vertreten durch Dr. Paul Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Christian Kurz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 6.017,31 = S 82.800 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. November 2000, GZ 4 R 341/00a-21, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Rattenberg vom 4. April 2000, GZ 1 Cg 131/99p-13 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.105,79 = S 15.216 (darin enthalten EUR 184,30 = S 2.536 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt S 82.800 sA Provision für die erfolgreiche Vermittlung eines Kaufvertrages betreffend das Grundstück 1207/14 der Liegenschaft EZ 429 GB 87012 Weer. Die Beklagte habe sich zur Provisionszahlung bei Annahme ihres - "ohne jegliche Bedingung" abgegebenen - Anbotes durch den Verkäufer verpflichtet. Trotz Annahme des Kaufanbots habe sie keinerlei Zahlungen geleistet. Die Beklagte beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete ein, der Vermittlungsversuch der Klägerin sei nicht erfolgreich gewesen, weil vereinbarte Bedingungen zum Kaufanbot nicht eingetreten seien. Außerdem sei das Hauptgeschäft iSd § 7 MaklerG nicht ausgeführt worden, weil der Verkäufer vom Kaufvertrag Abstand genommen und an einen Dritten verkauft habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Der erstgerichtlichen Rechtsansicht, wonach die Beklagte das Kaufanbot ausschließlich so wie im schriftlichen Anbot vom 10. 3. 1998, also insbesondere ohne die Bedingung, dass seitens der Gemeinde Weer eine Geschoßflächendichte von mindestens 0,7 zugesagt werde, gestellt habe, sei nicht zu folgen. Auch wenn dieses von der Klägerin verfasste und von der Beklagten unterfertigte Kaufanbot eine solche Bedingung nicht enthalte, sei nämlich zu beachten, dass die Beklagte zuvor immer auf dem Standpunkt verharrt habe, sie werde die gegenständliche Liegenschaft nur kaufen, wenn darauf eine kleine Wohnhausanlage (Geschoßflächendichte von mindestens 0,7) errichten werden könnte. Diese Bedingung sei sowohl dem Eigentümer der Liegenschaft als auch der Klägerin aufgrund mehrerer Äußerungen der Beklagten bekannt gewesen. Allein aufgrund der Tatsache, dass ihr Geschäftsführer am 10. 3. 1998 in den Geschäftsräumlichkeiten der Klägerin das von deren Mitarbeiter ausgefüllte Kaufanbot (das keine Ausführungen hinsichtlich der Verbaubarkeit des gegenständlichen Grundstückes enthielt) unterfertigte, sei nicht anzunehmen, dass sie auf diese Bedingung verzichtet habe. Aus der vom Erstgericht festgestellten Entwicklung der Verkaufsgespräche zwischen den Streitteilen ergebe sich vielmehr, dass es zu jeder Zeit die ausdrückliche und allen Beteiligten bekannte Bedingung der Beklagten gewesen sei, eine Wohnhausanlage auf der Liegenschaft errichten zu können, wobei hiezu eine bestimmte Baudichte erforderlich gewesen sei, "andernfalls eine Kaufbereitschaft der Beklagten nicht bestanden habe". Dass die Beklagte von dieser Bedingung - entgegen der Behauptung der Klägerin - nicht nachträglich bei der Unterfertigung des Kaufanbotes vom 10. 3. 1998 abgegangen sei und vorbehaltlos gekauft habe, ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die Beklagte selbst mit der Gemeinde Weer Kontakt aufgenommen und diese ersucht habe, das von der Beklagten geplante Wohnhausanlageprojekt zu genehmigen. Da die Vermittlungstätigkeit der Klägerin nicht zum Erfolg geführt habe, könne sie von der Beklagten die gegenständliche Maklerprovision nicht begehren.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keiner der in § 502 Abs 1 ZPO genannten Tatbestände vorliege und der Entscheidung Bedeutung über den Einzelfall hinaus nicht zukomme. Über Antrag der Klägerin änderte es diesen Ausspruch jedoch dahin ab, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Dieser Beschluss wird lediglich damit begründet, dass die Klägerin dem Berufungsgericht im Zulassungsantrag vorwerfe, bei seiner Berufungsentscheidung gegen zwingende Verfahrensbestimmungen, insbesondere gegen § 488 Abs 4 ZPO verstoßen zu haben. "In Anbetracht" dieser Ausführungen sei die Revision zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht nimmt damit auf den konkreten Sachverhalt nicht Bezug und verstößt daher gegen die zwingende Bestimmung des § 508 Abs 3 letzter Halbsatz ZPO, wonach der Beschluss über die Abänderung des Zulässigkeitsausspruches kurz zu begründen ist. Dass eine bloße Scheinbegründung diesem Gesetzesauftrag nicht entspricht und dem Zweck des § 508 ZPO und dem Recht beider Parteien auf effizienten Rechtsschutz, wozu auch die Vermeidung unnötiger Kosten zählt, geradezu zuwiderläuft, ergibt sich aus § 508 Abs 3 erster Satz ZPO. Danach darf das Berufungsgericht seinen Ausspruch nur dann mit Beschluss abändern, wenn es den Antrag nach Abs 1 für stichhältig hält. Außerdem hat der die Abänderung des Zulässigkeitsausspruches begehrende Antragsteller gemäß § 508 Abs 1 ZPO die Gründe dafür anzuführen, warum - entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes - die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird und diese unter einem auszuführen. Diese beiden Gesetzesstellen führen zwingend zu dem Ergebnis, dass die vom Berufungsgericht durchzuführende Stichhältigkeitsprüfung sich mit den im Antrag gebrauchten Argumenten sachlich - wenngleich kurz - auseinanderzusetzen hat (RIS-Justiz RS0112166; RS0111729 zuletzt: 7 Ob 166/01i und 1 Ob 120/01f mwN). Die Revision ist - entgegen dem abgeänderten, aber nicht bindenden (RIS-Justiz RS0042392 [T5]) Ausspruch des Berufungsgerichtes - mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Die Zurückweisung kann sich gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die behaupteten Aktenwidrigkeiten und Verfahrensmängel sind - wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat - nicht gegeben, weshalb insoweit auch keine erheblichen Rechtsfragen zu beantworten sind. Obgleich die Beurteilung, dass die geltendgemachte Mangelhaftigkeit oder Aktenwidrigkeit nicht vorliegt, keiner Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO), ist der Revisions kurz zu erwidern:

Vorauszuschicken ist, das die Ausführungen der Revisionswerberin zu einer vom Berufungsgericht unterlassenen Vorgangsweise nach §§ 473a bzw 488 Abs 4 ZPO schon deshalb nicht zielführend sind, weil es - ausgehend von einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge der klagenden Partei - seiner Begründung keine abweichenden oder (in der Beweiswürdigung oder rechtlichen Beurteilung des Ersturteils) "verborgenen", sondern folgende - in der Berufungsentscheidung zusammengefasste - ausdrückliche Feststellungen zugrunde gelegt hat:

Im Jahr 1997 als der Grundeigentümer noch auf eigene Faust versucht hatte, die Liegenschaft zu verkaufen, übermittelte die Beklagte ihm ein von ihr verfasstes schriftliches Kaufanbot, in welchem als ausdrückliche Bedingung (ua) enthalten war, dass auf der Liegenschaft eine Wohnanlage in verdichteter Bauweise errichtet werden könnte; aufgrund dieser ausdrücklichen Bedingung der Beklagten schloß der Eigentümer damals mit der Beklagten den Kaufvertrag nicht ab. Auch (Mitarbeitern) der Klägerin gegenüber teilte die Beklagte mehrmals mit, dass sie gegenständliche Liegenschaft nur kaufen werde, wenn sie eine kleine Wohnhausanlage darauf errichten kann: So führte ein Mitarbeiter der Beklagten mit einem Mitarbeiter der Klägerin einige Tage vor dem 10. 3. 1998 ein Telefongespräch, in welchem der Erstere erklärte, dass der Beklagten das gegenständliche Grundstück bereits bekannt sei und eine Kaufbereitschaft seitens der Beklagten nur dann bestehe, wenn die Gemeinde Weer eine Genehmigung betreffend die Geschoßflächendichte erteile. Außerdem übermittelte die Beklagte vor dem Gesprächstermin vom 10. 3. 1998 der Klägerin ein schriftliches Kaufanbot, wie es die Beklagte dem Eigentümer der Liegenschaft bereits im September 1997 gestellt hatte, insbesondere wiederum mit der Bedingung, dass auf der Liegenschaft eine kleine Wohnhausanlage mit einer Geschoßflächendichte von mindestens 0,7 errichtet werden könne.

Die Bestimmung des § 473a ZPO ist daher nicht anzuwenden (RIS-Justiz RS0112020; stRsp seit 1 Ob 41/99g = EvBl 1999/180 = JBl 1999, 661 = RZ 1999/42; zuletzt: 6 Ob 117/01a; Kodek in Rechberger² Rz 5 zu § 468 ZPO). Das Berufungsgericht ist aber auch nicht von den erstgerichtlichen Feststellungen abgewichen (§ 488 Abs 4 ZPO), indem es den wiedergegebenen Sachverhalt "rechtlich geprüft" und "in rechtlicher Hinsicht" dahin beurteilt hat, dass die Beklagte zu keiner Zeit von der von ihr mehrmals geäußerten Bedingung abgegangen sei, das Grundstück nur kaufen zu wollen, wenn darauf in verdichteter Bauweise eine kleine Wohnhausanlage errichtet werden könne (Seite 5 und 8 der Berufungsentscheidung).

Soweit die Revision in der "zusammenfassenden Festellung" des Berufungsgerichtes, wonach sich aus der Entwicklung der Verkaufsgepräche zwischen den Streitteilen ergebe, dass es zu jeder Zeit die ausdrückliche und allen Beteiligten bekannte Bedingung der Beklagten gewesen sei, auf der Liegenschaft eine Wohnhausanlage mit der Geschoßflächendichte von mindestens 0,7 errichten zu können, andernfalls eine Kaufbereitschaft nicht bestanden habe, eine Aktenwidrigkeit erblickt, wird daher folgendes übersehen:

Eine solche könnte jedenfalls nur dann vorliegen, wenn für eine bekämpfte Tatsachenfeststellung überhaupt keine beweismäßige Grundlage bestünde, nicht aber dann, wenn sie durch Schlussfolgerungen gewonnen wurde (Kodek in Rechberger2 Rz 4 zu § 503 ZPO). Hier hat das Erstgericht aber tatsächlich festgestellt, dass die Beklagte bereits ihr Kaufanbot vom 27.9.1997 (Beilage ./2) nur unter der genannten Bedingung abgegeben habe (Seite 5 des Ersturteils), dass in einem späteren Telefonat zwischen einem Mitarbeiter der Beklagten und dem Sachbearbeiter der Klägerin die Kaufbereitschaft (erneut) ausdrücklich von dieser Bedingung abhängig gemacht worden sei, dass vor dem Gesprächstermin vom 10. 3. 1998 ein Anbot mit gleichlautender Bedingung wie im September 1997 übersandt worden sei (Seite 6 des Ersturteils), und dass sowohl dem Sachbearbeiter der Klägerin als auch dem Verkäufer bekannt gegwesen sei, dass die Beklagte als Bauträgerfirma eine Wohnanlage auf dem Grundstück errichten wollte (Seite 7 des Ersturteils). Wenn das Berufungsgericht diese Tatsachen in der hier bekämpften Weise interpretierte, hat es seiner Beurteilung daher keine vom Ersturteil abweichenden (und daher aktenwidrigen - vgl Kodek aaO Rz 4 Abs 3 zu § 503 ZPO) Feststellungen zugrunde gelegt.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass nach dem Ersturteil nicht mehr festellbar ist, ob die Streitteile am 10. 3. 1998 zum (weiteren) schriftlichen - vom Mitarbeiter der Klägerin ausgefüllten - Kaufanbot der Beklagten (das keine derartige Bedingungen enthielt [Beilage ./A]) "zusätzlich" mündlich vereinbarten, dass das das Geh- und Fahrrecht gesichert sein, und dass eine Geschoßflächendichte von mindestens 0,7 unter Bebauung der Grundstückes mit einer kleinen Wohnhausanlage von der Gemeinde Weer genehmigt werden müßte; hat das Erstgericht doch mit dieser Negativfeststellung lediglich die Frage offengelassen, ob eine derartige zusätzliche mündliche Vereinbarung am 10. 3. 1998 getroffen wurde, ohne jedoch festzustellen, dass solche Bedingungen zwischen den Beteiligten - wie die Revisionwerberin offenbar meint - überhaupt nicht vereinbart worden wären. Derartiges ist der erstgerichtlichen Entscheidung, die sich auch in rechtlicher Hinsicht nur mit dem schriftlichen Kaufanbot vom 10.3.1998 befasst, nämlich nicht zu entnehmen. Im Rahmen der hier zu treffenden Einzelfallentscheidung kann es daher jedenfalls nicht als unvertretbar betrachtet werden, dass das Berufungsgericht, das sich in seiner Beurteilung mit sämtlichen Feststellungen auseinandergesetzt hat, in rechtlicher Hinsicht zu einem anderen Ergebnis als das Erstgericht gelangt ist. Die Ausführungen zur Aktenwidrigkeit, die auch Gegenstand der Rechtsrüge des vorliegenden Rechtsmittels sind (wobei sie der zitierten Negativfestellung ebenfalls die angeführte Bedeutung beimessen), entfernen sich vom festgestellten Sachverhalt und stellen den unzulässigen Versuch einer im Revisionsverfahren ausgeschlossenen Bekämpfung der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen dar (Kodek aaO Rz 1 zu § 503 ZPO).

Die Revision war daher mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Revision nicht zulässig sei, weil die Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO fehlten. Sie hat daher Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Beteiligung am Revisionsverfahren.

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