OGH 6Ob117/01a

OGH6Ob117/01a5.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P ***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Ingo Gutjahr, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Markus Frank, Rechtsanwalt in Wien, wegen 26.005 US-Dollar, über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 22. Jänner 2001, GZ 2 R 112/00f-39, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 4. April 2000, GZ 34 Cg 334/98v-35, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Parteien sind Großhändler von Computerteilen. Die Beklagte verkaufte der Klägerin im Jahr 1998 originalverpackte Intel Pentium II/300 Prozessoren und legte Rechnung über 50.750 US-Dollar (für 100 Stück), 55.110 US-Dollar (für 110 Stück), 94.400 US-Dollar (für 190 Stück) und 98.260 US-Dollar (für 340 Stück). Die Klägerin verkaufte die Ware weiter. Anfang März 1998 kam es zu ersten Kundenreklamationen. Die Klägerin schickte die beanstandete und von ihr schon bezahlte Ware der Beklagten zurück und verwies mehrfach in ihren zusammen mit einem Garantieaustauschschein übermittelten Rügen darauf, dass die Prozessoren gefälscht seien. Die Beklagte tauschte die zurückgenommenen Prozessoren teilweise aus, teilweise gewährte sie Gutschriften. Ab 19. 6. 1998 übermittelte die Klägerin nur mehr Belastungsnoten (Forderung nach Gutschriften).

Mit der am 30. 11. 1998 eingelangten Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung von 26.005 US-Dollar für retournierte gefälschte Prozessoren.

Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, dass nur ein Anspruch auf Austausch der Ware bestehe. Die Vertragsaufhebungserklärung der Klägerin sei nicht in angemessener Frist erfolgt. Die Klägerin habe ihre Untersuchungs- und Rügepflicht verletzt. Ihre Mängelrügen seien nicht ausreichend spezifiziert gewesen. Die Beklagte wandte eine noch offene Kaufpreisforderung von 28.346,60 US-Dollar kompensando als Gegenforderung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren trotz der Feststellung, dass die in den Belastungsnoten der Klägerin angeführten Prozessoren gefälscht gewesen seien und aus der Lieferung von 110 Stück zum Kaufpreis von 55.110 US-Dollar stammten, ab. Nach dem UN-Kaufrechtsübereinkommen (BGBl 1988/96) müsse der Käufer die Ware untersuchen, Mängel rügen und bei wesentlichen Vertragsverletzungen den Rücktritt in angemessener Frist erklären. Die Rügen der Klägerin seien nicht ausreichend spezifiziert gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge und stellte mit Teilurteil die Klageforderung als zu Recht bestehend fest. Das Verfahren über die Gegenforderung sei noch ergänzungsbedürftig.

Das Berufungsgericht ließ offen, ob die Lieferung von gefälschten Prozessoren die Lieferung eines aliuds bedeute oder ob nur eine bloße Schlechterfüllung vorliege. Mangels einer von der Klägerin zu beweisenden Bösgläubigkeit der Beklagten (wegen Kenntnis über die Fälschungen) sei von einer Untersuchungs- und Rügepflicht der Käuferin (Art 38 f UNK) auszugehen. Die Großhändlerin treffe aber keine aufwendige Pflicht zur Untersuchung der in Originalverpackung weiterverkauften Prozessoren. Selbst wenn man von einer verspäteten Rüge und einer Verspätung der Vertragsaufhebungserklärung (nach der vom Erstgericht festgestellten "Austauschphase") ausgehe, habe die Beklagte schlüssig auf den Einwand verzichtet, die Anzeige der Vertragswidrigkeit sei nicht rechtzeitig. Sie habe nämlich vorbehaltslos die Ware zurückgenommen (und ihrerseits von ihrem Lieferanten Austauschware oder Gutschriften erhalten) und sich zu Ersatzlieferungen ohne sachliche Prüfung der Mängel bereiterklärt. Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes habe die Klägerin ihre Rüge ausreichend in Richtung eines Fälschungsvorwurfes konkretisiert. Im Übrigen sei auch hier von einem schlüssigen Verzicht der Beklagten auf eine nähere Spezifizierung der Rügen auszugehen. Wegen wesentlicher Vertragsverletzung im Sinne des Art 25 UNK könne die Klägerin die Vertragsaufhebung verlangen, auch wenn sie zuvor teilweise Ersatzlieferungen akzeptiert habe. Bei einer weiteren Belieferung ihrer Kunden mit Ware der Beklagten bestehe für die Klägerin die Gefahr eines Rufschadens, wenn wiederum Fälschungen in Verkehr gebracht würden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Mit ihrer Revision beantragt die Beklagte die Abänderung dahin, dass das Klagebegehren abgewiesen werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

Die Beklagte bekämpft die vom Berufungsgericht übernommene Feststellung, dass die gefälschten Prozessoren aus der Lieferung von 110 Stück vom 19. 2. 1998 stammten. Die relevierte Aktenwidrigkeit liegt schon deshalb nicht vor, weil auch nach dem Beklagtenvorbringen in der Klagebeantwortung jedenfalls auszuschließen ist, dass die Fälschungen aus der Lieferung von 340 Stück stammen. Nur bei dieser Lieferung war der Stückpreis signifikant geringer als 500 US-Dollar. Die zu diesem Punkt weiters gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens aus dem Grund des § 473a ZPO liegt nicht vor. Eine Mitteilungspflicht des Berufungsgerichtes im Sinne dieser Gesetzesstelle entfällt im Fall des § 468 Abs 2 ZPO. Danach hat der in erster Instanz obsiegende Berufungsgegner die erstinstanzlichen Feststellungen zu rügen, wenn der Berufungswerber seine Rechtsrüge - wie hier - auf bestimmte Feststellungen des Erstgerichts stützt (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 5 zu § 468; RS0112020).

Ausgehend von den getroffenen Feststellungen sind keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO):

Das wegen des Sitzes der Parteien in verschiedenen Vertragsstaaten anzuwendende Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. 4. 1980, BGBl 1988/96 (Art 1 Abs 1 lit a UNK) sieht bei wesentlichen Vertragsverletzungen ein Recht des Käufers auf Vertragsaufhebung vor (Art 46 bis 52 UNK; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II11 164). Die Aufhebungserklärung ist an keine Form gebunden (SZ 69/26). Sie kann auch schlüssig (1 Ob 74/99k) oder durch Klageerhebung erklärt werden (1 Ob 292/99v). Auch für die Mängelrüge ist keine bestimmte Form vorgesehen, sie muss nur für den Partner verständlich sein (2 Ob 191/98x). Dass die Klägerin wegen der Kundenreklamationen über Fälschungen ab einem gewissen Zeitpunkt nur mehr Gutschriften, also die Vertragsaufhebung, wünschte, war der Beklagten klar. Wenn sie die Waren zurücknahm und an der Bereitschaft zum Austausch festhielt, liegt in der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes, darin liege ein schlüssiger Verzicht auf die Geltendmachung der Verspätung oder der nicht ausreichenden Spezifizierung der Mängelrüge, ebensowenig eine rechtliche Fehlbeurteilung, wie in der unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erfolgten Bejahung der Unzumutbarkeit des Austauschs der gefälschten Prozessoren. Die prozessuale Zulässigkeit des angefochtenen Teilurteils (vgl Rechberger/Simotta, Grundriss des österr. ZPR5 Rz 491) wird von der Beklagten nicht bemängelt.

Kosten für die Revisionsbeantwortung waren mangels Hinweises der Klägerin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht zuzusprechen.

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