OGH 1Ob46/02z

OGH1Ob46/02z22.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Fischer, Walla & Matt, Rechtsanwälte OEG in Dornbirn, wider die beklagte Partei Joachim K*****, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Mag. Martin Mennel, Dr. Rainer Welte, Mag. Clemens Achammer und Dr. Thomas Kaufmann, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Räumung (Streitwert S 276.000,- -) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 24. Oktober 2001, GZ 4 R 181/01z-17, womit das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 25. Juni 2001, GZ 3 C 524/01p-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.063,80 EUR (darin 177,30 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu bezahlen.

Text

Begründung

Am 6. 3. 1999 mietete die klagende Partei ein Geschäftslokal für die Zeit vom 1. 4. 1999 bis 31. 3. 2009. Das Geschäftslokal sollte ausschließlich Gastronomiezwecken dienen, doch wurde die Führung eines gegen die guten Sitten verstoßenden Betriebs ausgeschlossen, insbesondere die Veranstaltung von Tabledance oder Striptease. Die Untervermietung und sonstige Weitergabe des Bestandobjekts wurde der Mieterin gestattet. Am 24. 5. 2000 verpachtete die klagende Partei dem Beklagten das Bestandobjekt für die Zeit vom 1. 6. 2000 bis 31. 5. 2005 ausschließlich zur Führung einer "Bar/Disco". Es wurde vereinbart, dass die Verwendung zu einem anderen Zweck der schriftlichen Zustimmung der Verpächterin bedürfe, die gänzliche oder teilweise Unterverpachtung oder sonstige Überlassung des Pachtobjekts war ohne gesonderte schriftliche Zustimmung der Verpächterin unzulässig. Der Beklagte war verpflichtet, das Pachtobjekt "nach besten Kräften" zu führen. Es wurde auch vereinbart, dass der Vertrag u.a. dann sofort aufgelöst werden könne, wenn der Pächter gegen eine wesentliche Bestimmung des Pachtvertrags verstoße oder die Benützung des Pachtobjekts bzw die Betriebsart ändere. Mit Notariatsakt vom 14. 8. 2000 gründeten der Beklagte und seine Ehegattin eine Gesellschaft mbH zur Ausübung des Gastgewerbes im Pachtobjekt; der Geschäftsführer der klagenden Partei stellte seine gewerbebehördliche Berechtigung zur Verfügung und wurde zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der GmbH bestellt. Die Mietzinszahlungen wurden teils vom Beklagten, teils von dessen Ehegattin und teils von der erwähnten Gesellschaft mbH geleistet. Ein schriftlicher Unterpachtvertrag oder ein Überlassungsvertrag wurde zwischen dem Beklagten und der Gesellschaft mbH nicht geschlossen. Am 6. 12. 2000 wurde der bisherige gewerberechtliche Geschäftsführer der Gesellschaft mbH im Firmenbuch gelöscht. Mit Schreiben vom 28. 2. 2001 teilte die klagende Partei dem Beklagten unter Hinweis auf den Pachtvertrag mit, dass das Pachtlokal nur für den Betrieb einer Disco verwendet werden dürfe; für einen anderen Verwendungszweck sei ihre schriftliche Zustimmung erforderlich. Der Beklagte wurde aufgefordert, sämtliche Aktivitäten für Tabledance-Veranstaltungen einzustellen und deren Bewerbung zu beenden, widrigens der Pachtvertrag vorzeitig aufgelöst werden würde. Seit dem 2. 3. 2001 werden im Bestandobjekt Tabledance-Veranstaltungen abgehalten.

Die klagende Partei begehrte unter Berufung auf § 1118 ABGB die Räumung des Pachtobjekts, weil der Beklagte "unter" der Gesellschaft mbH im Bestandobjekt einen Tabledanceklub führe und sich daher vertragswidrig verhalte.

Der Beklagte wendete ein, dass er nicht mehr Pächter des Lokals sei, sondern die Gesellschaft mbH, und dass die klagende Partei ihr Einverständnis zur Abhaltung von Tabledance-Veranstaltungen im Bestandobjekt erklärt habe.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, das Geschäftslokal zu räumen. Er habe die Betriebsart im Pachtobjekt geändert, weil er Tabledance-Veranstaltungen "(erotisches Tanzen spärlich gekleideter Damen an einer Stange)" durchführe, was mit dem vertraglichen Verwendungszweck unvereinbar sei. Dies begründe das Recht der klagenden Partei zur vorzeitigen Auflösung des Pachtvertrags. Es sei ohne Belang, dass die Gesellschaft mbH Gewerbeinhaberin sei, denn diese Gesellschaft sei nicht Vertragspartnerin der klagenden Partei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die klagende Partei habe Tabledance-Veranstaltungen als Änderung des Betriebszwecks angesehen und der Abhaltung solcher Veranstaltungen nicht zugestimmt. Der Beklagte habe das Pachtobjekt ausschließlich zur Führung einer "Bar/Disco" gepachtet, und es sei ihm klar gewesen, dass Tabledance vom vertraglich festgelegten Verwendungszweck nicht umfasst sei. Es werde aber auch nach der Übung des redlichen Verkehrs unter dem Begriff "Bar/Disco" kein Lokal verstanden, in dem "erotisches Tanzen spärlich bekleideter Damen an einer Stange" geboten werde. Was die Verwaltungsbehörden unter "Bar/Disco" verstünden, sei bedeutungslos. Der Beklagte sei nach wie vor Vertragspartner der klagenden Partei, denn der Pachtvertrag vom 24. 5. 2000 sei nie schriftlich abgeändert worden, Zusätze und Änderungen des Vertrags hätten aber zu ihrer Gültigkeit der Schriftform und Unterfertigung der Vertragspartner bedurft. Die klagende Partei habe stets den Beklagten als ihren Vertragspartner angesehen, eine konkludente Vertragsänderung in der Person des Pächters des Lokals liege nicht vor.

Die Revision des Beklagten ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen gingen davon aus, dass der Beklagte bis zuletzt Vertragspartner der klagenden Partei geblieben und die Gesellschaft mbH allein zu dem Zweck gegründet worden sei, um die fehlenden gewerberechtlichen Voraussetzungen erfüllen zu können. Nach den Feststellungen hat die klagende Partei einen anderen Vertragspartner nicht akzeptiert (S 12 f des Berufungsurteils). Diese Tatsachenfeststellungen sind im Revisionsverfahren nicht anfechtbar (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu § 503 mwN), sodass die Wunschvorstellung des Beklagten, die Gesellschaft mbH sei an seiner Stelle in den Bestandvertrag eingetreten, nicht weiter beachtlich ist. Damit erweist sich der Einwand der mangelnden Passivlegitimation schon auf Tatsachenebene als unberechtigt.

Die Vorinstanzen haben den zwischen den Streitteilen geschlossenen Pachtvertrag im Einklang mit den durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entwickelten Grundsätzen ausgelegt. Sie gingen davon aus, dass dem Beklagten stets klar war oder zumindest klar sein musste, dass Tabledance vom vertraglich festgelegten Verwendungszweck nicht umfasst gewesen sei und dass die klagende Partei derartigen Veranstaltungen nicht zugestimmt habe (S 11 und 14 des Berufungsurteils). Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wird, ist keine erhebliche Rechtsfrage, es sei denn, es läge infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis vor (8 Ob 42/00k; 1 Ob 28/99w; 1 Ob 302/99i uva). Von einem unvertretbaren Auslegungsergebnis kann hier keine Rede sein, denn es wurde unter Bedachtnahme auf den Wortlaut des Vertrags die Parteienabsicht erforscht und logisch einwandfrei gewürdigt (vgl 1 Ob 28/99w; 3 Ob 84/97t uva). Der Umfang des Gebrauchsrechts eines Bestandnehmers bestimmt sich in erster Linie nach dem Vertragsinhalt (WoBl 1999, 230; WoBl 1997, 38); der Bestandzweck kann wirksam auf bestimmte Aktivitäten eingeschränkt werden (vgl WoBl 1993, 11). Es kommt daher tatsächlich gar nicht darauf an, wie der Begriff "Bar/Disco" in diversen Lexika oder im Internet beschrieben bzw wie er von den Verwaltungsbehörden verstanden wird, haben doch die Streitteile diese Bezeichnung bei Abfassung des Vertrags festgestelltermaßen übereinstimmend so verstanden, dass Tabledance-Veranstaltungen im Pachtobjekt nicht durchgeführt werden dürften.

Im Ergebnis zeigt der Beklagte keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (gemäß § 502 Abs 1 ZPO) auf, weshalb die Revision zurückzuweisen ist. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht gebunden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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