OGH 2Ob29/02g

OGH2Ob29/02g28.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Magdalena B*****, vertreten durch Dr. Franz Gölles und Mag. Robert Pöschl, Rechtsanwälte in Graz, wider den Antragsgegner Dr. Alexander B*****, vertreten durch Dr. Günter Kottek, Rechtsanwalt in Wels, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (hier: Verhängung einer Ordnungsstrafe) infolge Rekurses des Antragsgegners gegen den Punkt 2 des Beschlusses des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 4. Juli 2001, GZ 21 R 169/01d-284, womit über den Antragsgegner eine Ordnungsstrafe von S 10.000 verhängt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Gegen die teilweise Verweigerung der Verfahrenshilfe erhob der Antragsgegner Rekurs.

Das Rekursgericht gab seinem Rekurs nicht Folge (Punkt 1) und verhängte über ihn eine Ordnungsstrafe von S 10.000 (Punkt 2) wegen folgender im Rekurs enthaltener Äußerungen:

"Eingedenk dessen, dass er (der Erstrichter) in 1 F 93/94p, ON 165, bewies, dass er weder in der Lage ist, von S 1,000.000 S 400.000 zu substrahieren, noch Kontoauszüge lesen und auswerten kann, geschweige denn aktenkundige Fakten und Tatsachen in einer gerichtlichen Entscheidung richtig zu bewerten, muss der Erwartungshorizont sehr tief gelegt werden ....

Wie sollen Belehrungen von einer Institution auch ernst genommen werden, die dermaßen gesetzeswidrig, oberflächlich und schlampig wie in 5 E 608/01 vom 14. 2. 01 agiert .... Auch die Unfähigkeit/Unwilligkeit, selbst einfachste mathematische Operationen (Subtraktion) richtig vorzunehmen oder einfachste kaufmännische Kenntnisse (Lesen von Kontoauszügen) in Entscheidungen richtig anzuwenden, schließen dies aus ....

Es stellt sohin eine ausgesprochene Präpotenz, Arroganz und Frotzelei dar, wenn einer Partei - ausschließlich und immer nur Magda B***** - Verfahrenshilfe gewährt wird .....

Ich hingegen brauche einen Anwalt, da die Gegenseite ebenfalls anwaltlich vertreten ist, aber insbesondere um mich vor den, wie ich überzeugt bin, vorsätzlichen Fehlern der Gerichtsbediensteten zu schützen .....

Wie bereits wiederholt versucht, werden Gerichtsorgane auch nunmehr wieder versuchen, mich einzuschüchtern und mundtot zu machen."

Zum Punkt 2 seiner Entscheidung führte das Rekursgericht aus, es solle keineswegs eine sachlich berechtigte Kritik verhindert werden. Verletze aber eine sachlich berechtigte Kritik oder Äußerung wegen ihrer beleidigenden oder ausfälligen Form die dem Gericht schuldige Achtung, so könne eine Ordnungsstrafe verhängt werden. Beleidigende Äußerungen seien nicht nur dann mit einer Ordnungsstrafe zu belegen, wenn sie in der Absicht begangen worden seien, das Gericht zu verunglimpfen, sondern auch dann, wenn sie auf einem Mangel auf Überlegung beruht. Es komme nicht auf die Absicht des Verfassers des Schriftsatzes an, sondern auf die Beurteilung der Äußerungen nach objektiven Gesichtspunkten. Die wiedergegebenen Äußerungen des Antragsgegners verletzten bei objektiver Betrachtung jedenfalls die dem Gericht schuldige Achtung und überschritten das Maß sachlich berechtigter Kritik, werde doch dem Erstrichter gleichsam Dummheit, Unfähigkeit und Unwilligkeit vorgeworfen, ebenso bewusst gesetzwidriges Verhalten. Innerhalb des von § 220 Abs 1 ZPO vorgegebenen Rahmens von S 20.000 sei die Ordnungsstrafe mit S 10.000 festzusetzen, weil der Antragsgegner bereits wiederholt in verschiedenen Verfahren mit Ordnungsstrafen belegt worden sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragsgegners, der unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstandes der Rechtssache, in der der Beschluss erging, oder von der Höhe der Ordnungsstrafe oder vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO zulässig ist, er ist aber nicht berechtigt.

Der Antragsgegner macht in seinem Rechtsmittel geltend, er habe in seiner Rekursschrift abschließend sinngemäß zum Ausdruck gebracht, dass er nicht das Bezirksgericht Gmunden als solches beleidigen, sondern nur mit eigenen Worten Vorwürfe gegen Personen dieses Gerichtes aufzeigen habe wollen. Da er persönlich überzeugt sei, dass die inkriminierten Äußerungen eine sachlich berechtigte Kritik darstellten, sei die Ordnungsstrafe auch der Höhe nach verfehlt; dies auch in Anbetracht der relativen Vermögenslosigkeit und des geringen Einkommens.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, dient § 85 GOG der Wahrung einer sachlichen und unpersönlichen Ausdrucksweise und soll dazu beitragen, die am Verfahren beteiligten Personen zu einem zweckgerichteten Verhalten zu veranlassen und das Verfahren zu "entschärfen" (vgl Gitschthaler in Rechberger, ZPO² Rz 2 zur korrespondierenden Bestimmung des § 86 ZPO; 1 Ob 235/97h mwN). Die Verletzung der dem Gericht schuldigen Achtung ist nicht nur dann mit einer Ordnungsstrafe zu belegen, wenn sie in der Absicht begangen wurde, das Gericht zu verunglimpfen, sondern bereits dann, wenn sie einem Mangel an Überlegung entsprang und nach objektiven Gesichtspunkten als solche zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0036397; EFSlg 88.072). Dass die vom Antragsgegner in seinem Rechtsmittel vorgebrachten Äußerungen das Maß sachlich berechtigter Kritik überschreiten, ist evident. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass er gegen Ende dieses Schriftsatzes ausführte, eine "Beleidigung des Gerichtes" mache er in keiner Weise, er zeige nur mit eigenen Worten Vorwürfe gegen Personen auf und nicht gegen "das Gericht" als solche. Unter dem "Gericht" im Sinne des § 86 ZPO ist nicht nur die gesamte Organisation eines solchen zu verstehen, sondern auch und vor allem jeder einzelne Richter oder auch Rechtspfleger (Gitschthaler, aaO, § 86 Rz 3).

Auch gegen die Höhe der Ordnungsstrafe bestehen keine Bedenken, wurde doch über den Antragsgegner bereits mit Beschluss vom 17. 12. 1997, GZ 22 R 451/97y-64, des LG Wels, bestätigt mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 24. 11. 1998, 1 Ob 291/98w, eine Ordnungsstrafe von S 5.000 wegen beleidigender Äußerungen verhängt.

Dem Rekurs war deshalb keine Folge zu geben.

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