Spruch:
Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben und die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:
“Das Begehren der Antragsgegnerin vom 5. November 1998, die Antragstellerin sei schuldig, ihr für das Bestandobjekt ***** in*****, Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag zu bezahlen, ist unzulässig".
Text
Begründung
Mit Grundbenützungsübereinkommen aus 1956 räumte die Antragsgegnerin der Antragstellerin das Recht ein, auf Teilfächen der Eisenbahngrundstücke Nr 1079/1 und 1063 ein Kinogebäude zu errichten, wobei die Antragsgegnerin außer bei dringendem betrieblichen Eigenbedarf für 50 Jahre auf Kündigung verzichtete. Nach 50 Jahren sollen sämtliche von der Antragstellerin errichteten Baulichkeiten entschädigungslos ins Eigentum der Antragsgegnerin übergehen. Vereinbart wurde ein vierteljährlich zu bezahlender Hauptmietzins sowie die Erhaltung des Gebäudes durch die Antragstellerin. Im bezeichneten Grundbenützungsüberein- kommen hielten die Vertragspartner ausdrücklich fest, dass die Antragsgegnerin beabsichtige, auf dem Bauwerk der Antragstellerin zu einem späteren Zeitpunkt zwei Stockwerke aufzubauen, die ausschließlich Zwecken der Antragsgegnerin dienen sollten. Die Antragstellerin verpflichtete sich daher, auf diese künftige Bauführung durch entsprechende bauliche Vorkehrungen (insbesondere durch eine entsprechend stärke Fundamentierung, Anordnung einer Tragdecke etc) Bedacht zu nehmen und die Kosten hiefür, welche ihr später vergütet werden sollten, vorläufig selbst zu übernehmen.
In der Folge errichtete die Antragstellerin zum Betrieb eines non-stop-Kinos auf den zur Verfügung gestellten Grundstücksteilen ein aus Kellerräumen, Erdgeschoß sowie Zwischengeschoß bestehendes Gebäude mit einer Nutzfläche von 791,59 m².
In einem gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich die Antragsgegnerin im Jahr 1962, der Antragstellerin S 440.000 zu bezahlen für den Kostenaufwand in Hinblick auf die später von der Antragsgegnerin beabsichtigte Bauführung.
Ca 1969 stockte die Antragsgegnerin den Kinobau wie geplant um zwei Geschoße auf und errichtete eine Verbindung zum übrigen Bahnhofstrakt.
Erhaltungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Gebäudes wurden seither zum Teil von der Antragstellerin, zum Teil von der Antragsgegnerin durchgeführt. Ursprünglich war die Regelung der Erhaltungsfrage zur Zeit nach der Aufstockung einem zu treffenden Zusatzübereinkommen vorbehalten worden, für die Zeit davor war die Erhaltungspflicht der Antragstellerin vereinbart.
Bis 1998 wurde der Antragstellerin der vereinbarte vierteljährliche Hauptmietzins vorgeschrieben.
Mit Schreiben vom 5. 11. 1998 begehrte die Antragsgegnerin von der Antragstellerin die Zahlung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags gemäß § 45 Abs 1 MRG in Höhe von monatlich S 17.536,07. Gleichzeitig verpflichtete sich die Antragsgegnerin, diesen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag zur Finanzierung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten zu verwenden, deren Kosten durch die Mietzinsreserve nicht gedeckt seien.
Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag vom 12. 3. 1999 begehrt die Antragstellerin festzustellen, dass dieses Begehren auf Zahlung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unzulässig sei. Die Antragsgegnerin sei nach den Bestimmungen des Grundbenützungsübereinkommens noch nicht Eigentümerin des Bauwerks, das die Antragstellerin errichtet habe, der Eigentumsübergang solle erst im Jahr 2006 erfolgen. Im Übrigen sei § 45 MRG auf das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien unanwendbar. Die Antragstellerin habe nicht nur das Superädifikat auf eigene Kosten errichtet, sondern auch seit Vertragsabschluss die Erhaltungskosten dafür getragen. Dies nicht nur aufgrund der Vereinbarungen im Grundbenützungsübereinkommen, sondern auch nach Aufstockung durch die Antragsgegnerin. Sie habe sich daher darüber hinaus nicht an Erhaltungskosten des Gebäudes zu beteiligen. Weiters wendete die Antragstellerin ein, die Antragsgegnerin habe stillschweigend auf die Einhebung eines Erhaltungsbeitrags verzichtet und, weil sie 16 Jahre hindurch keinen Gebrauch von der Möglichkeit der Einhebung gemacht habe, sei dieses Recht auch verwirkt. Die Antragsgegnerin bestritt das Begehren und beantragte dessen Abweisung. Das Rechtsverhältnis zwischen den Streitteilen sei als Bestandverhältnis zu qualifizieren und infolge der frei finanzierten Errichtung eines Gebäudes nach 1953 unter die Bestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG zu subsumieren, weshalb durch ausdrückliche gesetzliche Anordnung § 45 MRG anzuwenden sei.
Infolge Teilausnahme vom MRG seien die Verfahrensbestimmungen der §§ 37 f MRG auf das gegenständliche Bestandverhältnis auch nicht anwendbar, weshalb das im außerstreitigen Verfahren erhobene Begehren der Antragstellerin überdies unzulässig sei.
Das Erstgericht stellte fest, dass die Antragsgegnerin für die Zeit vom 1. 1. 1999 berechtigt sei, von der Antragstellerin einen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag gemäß § 45 MRG in Höhe von S 16,76 pro m² und Monat zu verlangen, insgesamt daher S 13.767 monatlich. Durch die darüber hinausgehende Vorschreibung von S 4.939,57 sei das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden.
Den Antrag, darüber hinaus festzustellen, dass das Begehren um Erhaltungsbeitrag zur Gänze ungerechtfertigt sei, wies das Erstgericht ab.
Zufolge § 45 Abs 5 MRG sei die Bestimmung des § 37 MRG anwendbar, wenn der Vermieter für einen in § 1 Abs 4 Z 1 MRG genannten Mietgegenstand Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag begehrt. Das zwischen den Streitteilen begründete Rechtsverhältnis stelle eine Geschäftsraummiete dar, auf die die Bestimmungen des MRG gemäß §§ 1, 43 unmittelbar Anwendung fänden. Der von der Antragstellerin genutzte Gebäudeteil sei jedenfalls seit der Aufstockung des Gebäudes durch die Antragsgegnerin kein Superädifikat mehr (infolge Fehlens der Absicht, das Bauwerk nicht dauernd auf dem Grund zu belassen, stehe die Superädifikatseigenschaft auch für den Zeitraum davor in Frage). Jedenfalls sei durch die Aufstockung ein Zuwachs des von der Antragstellerin errichteten Gebäudes zum Grundeigentum bewirkt worden. Bloße Gebäudeteile könnten nämlich nicht Gegenstand eines Superädifikats sein. Selbst wenn man also davon ausgehe, dass ursprünglich ein Superädifikat errichtet worden sei, sei dieses in der Folge rechtlich weggefallen und ein Bestandrecht der vormaligen Superädifikatseigentümerin übriggeblieben (MietSlg 43.003). Die Vorschrift des § 1 Abs 4 Z 1 MRG über die Teilausnahme und teilweise Anwendbarkeit des MRG sei nach neuerer Rechtsprechung auch für ein vom Mieter auf dem Grundstück des Vermieters neu errichtetes Gebäude anzuwenden (Baubewilligung nach 30. 6. 1953, ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel). Damit sei § 45 MRG auf das gegenständliche Vertragsverhältnis anwendbar. Dagegen spreche auch nicht, dass die Mieterin vereinbarungsgemäß sämtliche Reparatur- und Erhaltungsarbeiten am Bestandobjekt selbst zu finanzieren habe. In einem solchen Fall sei bloß der Geldwert dieser Verpflichtung bei Berechnung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags in Anschlag zu bringen (MietSlg 39.589).
Die Höhe des zulässigen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags ermittelte das Erstgericht dergestalt, dass es die von der Antragstellerin aufgewendeten Errichtungskosten als Mietzinsvorauszahlung wertete und nach § 273 ZPO einen bestimmten Betrag für die von der Mieterin übernommene Erhaltungspflicht in Anschlag brachte. Dem sei noch der tatsächlich entrichtete Hauptmietzins hinzuzurechnen. Die Differenz zu S 23 pro m² bilde die Höhe des zulässigen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags. Einem gegen diesen Sachbeschluss von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Das Rekursgericht bejahte zunächst in Übereinstimmung mit dem Erstgericht die Anwendbarkeit des § 1 Abs 4 Z 1 MRG auf das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis. Es könne allerdings dahingestellt bleiben, ob das Gebäude, das die Antragstellerin errichtet habe, jemals ein Superädifikat gewesen sei oder nach wie vor ein solches sei. Jedenfalls sei ihr ein zeitlich beschränktes obligatorisches Grundbenützungsrecht eingeräumt worden - der zeitlich begrenzte Zweck indiziere die Nichtbelassungsabsicht -, sodass der Grundsatz des § 297 ABGB durchbrochen worden sei und eine Spaltung zwischen dem Eigentum an der Liegenschaft und dem Eigentum am Bauwerk bewirkt worden sei. Nach neuerer Judikatur sei § 1 Abs 4 Z 1 MRG auch dann anwendbar, wenn der Mieter das Gebäude nach 1953 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel auf einer Liegenschaft des Bestandgebers errichtet habe. Dies führe aber unmittelbar zur Anwendbarkeit des § 45 MRG. Mit Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags treffe jedenfalls die Bestandgeberin zwingend die Erhaltungspflicht, zu deren Erleichterung § 45 MRG die Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags ermögliche. Ein behaupteter Verzicht darauf habe sich nicht erwiesen. Im Weiteren teilte das Rekursgericht die Ansicht des Erstgerichtes über die Berechnung der Höhe des zulässigen Erhaltungsbeitrags. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige, verneinte jedoch die Zulässigkeit eines weiteren Rechtszugs an den Obersten Gerichtshof, weil Fragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht vorlägen. Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Abänderung der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen im Sinn einer Stattgebung des verfahrenseinleitenden Antrags. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegnerin hat von der ihr eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht und eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet. Sie beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Anwendbarkeit des § 45 MRG auf Bestandverhältnisse über Bauwerke, die der Mieter selbst auf Grundflächen des Bestandgebers errichtet hat, noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt.
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist auch berechtigt. Das zwischen den Parteien abgeschlossene Übereinkommen, wonach der Antragstellerin zur Errichtung eines Kinogebäudes auf ihre eigenen Kosten von der Antragsgegnerin als Liegenschaftseigentümerin entgeltlich Grundstücksteile zur Verfügung gestellt wurden, ist zunächst als Flächenmiete zur Errichtung eines Superädifikats, zu beurteilen, woran der Umstand nichts ändert, dass das Gebäude nach Ablauf des Grundbenützungsverhältnisses dem Grundeigentümer zufallen soll (SZ 58/23; NZ 1992, 66; SZ 59/156).
Nur dieser Fall der Flächenmiete wird auf dem Weg der Analogie der Raummiete gleichgestellt (WoBl 1991/27; WoBl 1996/84, 85 und 86). Während die ältere Rechtsprechung stets nur von der Anwendbarkeit der Kündigungsschutzbestimmungen des MRG ausging, wurden zuletzt auch andere Regelungen herangezogen (MietSlg 47.163: Mietzinsbildung zum Schutz des Mieters, sofern nicht ein Ausnahmefall des § 1 Abs 2 bis 4 MRG vorliegt, wobei offengelassen wurde, ob auch die Bestimmungen über die Erhaltungspflicht des Vermieters anzuwenden seien; WoBl 1996/86: § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG bei einem Tatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG und WoBl 2000/112: Der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs 4 Z 1 MRG gilt auch dann, wenn sich das Mietobjekt in einem Superädifikat befindet, das vom Mieter des Grundstücks aufgrund einer nach dem 30. 6. 1953 erteilten Baubewilligung ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet wurde (so schon 6 Ob 59/98i; vgl auch WoBl 1996/86 mit Anm Würth; RIS-Justiz RS0069264).
Weil aber nicht eine unmittelbare Anwendbarkeit des § 1 Abs 4 Z 1 MRG für die Flächenmiete zur Errichtung eines Superädifikats durch den Mieter in Betracht kommt, sondern diese Bestimmung nur im Weg der Analogie Anwendung findet, bedarf es jeweils einer Prüfung, ob der gesamte Regelungsgehalt der Teilausnahmebestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG analogiefähig ist, was etwa in WoBl 1996/86 bei Vorliegen eines Sachverhalts nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG ausdrücklich für die Geltung der Wirksamkeit von Beendigungsbestimmungen des § 29 MRG untersucht und dort bejaht wurde (vgl auch Würth in WoBl 1996, 251 in Besprechung dieser Entscheidung).
Ob § 45 MRG über § 1 Abs 4 Z 1 MRG auch für die Miete einer Grundfläche zur Errichtung eines Superädifikats analog angewendet werden kann, beantwortet sich aus § 45 Abs 1 letzter Satz MRG selbst.
Dort heißt es: “Der Vermieter darf einen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag neben dem bisherigen Hauptmietzins nur verlangen, wenn der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, für das die Baubehörde den Abbruch weder bewilligt noch aufgetragen hat". Damit ist klargestellt, dass Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag begrifflich voraussetzt, dass sich das Mietobjekt in einem Gebäude befindet und daher für die Miete einer Grundfläche nicht in Betracht kommt.
Die Antragsgegnerin ist daher nicht berechtigt, für die von der Antragstellerin gemieteten Teilflächen, auf denen ein Superädifikat errichtet wurde, Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag zu verlangen. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher berechtigt.
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