OGH 5Ob199/01b

OGH5Ob199/01b12.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Heinrich S*****, vertreten durch Dr. Josef Krist, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Peter H*****, vertreten durch Dr. Gerhard Krammer, Rechtsanwalt in Horn, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG (§ 46a Abs 2 MRG), infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 12. April 2001, GZ 22 R 1/01d-55, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller vermietete das Geschäfts- und Wohnhaus in *****, mit 806 m2 ab 1. 1. 1987 an den Vater des Antragsgegners auf unbestimmte Zeit. Der monatliche Mietzins wurde mit S 11.300 zuzüglich USt, wertgesichert auf Basis des VPI 1966, Ausgangsbasis Index 1/1987 vereinbart. Die Räumlichkeiten vermietete der Vater des Antragsgegners an die H***** GmbH. Das Bestandobjekt wurde vom Vater des Antragsgegners nicht zu Wohnzwecken benutzt.

Mit Notariatsakt vom 27. 6. 1989 "schenkte" der Vater dem Antragsgegner unwiderruflich die aus dem Hauptmietverhältnis resultierenden Rechte für den Fall seines Todes unter Anrechnung auf den Pflichtteil.

Am 1. 11. 1994 verstarb der Vater des Antragsgegners. Er hatte keine Aufwendungen zur Verbesserung des Mietgegenstandes, welche über seinen Todeszeitpunkt von objektivem Nutzen gewesen sind, getätigt. Der Antragsteller klagte den Antragsgegner zu 1 C 397/96y des Bezirksgerichtes Mistelbach auf Bezahlung von rückständigem Mietzins im Zeitraum Jänner 1995 bis Juli 1996.

Der Antragsteller begehrte durch seinen Rechtsvertreter unter Angabe der Höhe des angehobenen Hauptmietzinses, der Nutzfläche und der für das Jahr 1995 und Jänner bis Juli 1996 zu Grunde gelegten Berechnung mit Schreiben vom 1. 7. 1996 eine Mietzinsanhebung. Der Antragsteller begehrt nun die Feststellung der Angemessenheit des monatlichen Nettomietzinses für das Bestandobjekt im Zeitraum Jänner 1995 bis Dezember 1997 und die Anhebung nach § 46a Abs 2 MRG. Der Vater des Antragsgegners habe das Haus zur Gänze für Geschäftszwecke verwendet. Er habe einen Teil des Objektes an die H*****-GmbH und einen Teil an die B***** GmbH untervermietet. Er habe daher zum Zeitpunkt seines Todes die Mietobjekte geschäftlich genutzt bzw nutzen lassen, weshalb § 46a Abs 2 MRG anzuwenden sei. Der Antragsgegner sei auch als Sohn des Mieters dessen gesetzlicher Erbe. Der Antragsgegner begehrte die Abweisung des Antrages - soweit dies für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ist - im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Geschäftsräumlichkeiten zur Gänze untervermietet worden seien und bei der Mietzinsanhebung die im § 12a MRG dargelegten Grundsätze zu beachten seien. Das Geschäftslokal sei von April 1994 bis einschließlich Oktober 1995 leer gestanden. Sein Vater habe fünf Kinder gehabt. Der Antragsgegner sei nicht gesetzlicher Erbe, sondern nur Einzelrechtsnachfolger. Das Erstgericht bejahte das Anhebungsrecht des Antragstellers nach § 46a Abs 2 MRG, stellte den angemessenen monatlichen Hauptmietzins für das Bestandobjekt zum Stichtag 1. 11. 1994 und den Differenzbetrag vom angemessenen zum bisherigen Hauptmietzins fest. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass das Begehren auf Mietzinsanhebung dem Antragsgegner mindestens einen Monat vor dem Fälligkeitstermin zukommen müsse. Eine verspätete Erklärung, auch wenn sie auf ein Kalenderjahr abgestellt sei, führe nicht zum Verlust für das gesamte Jahr. Mietrechte könnten ohne Einwilligung des Vermieters im Wege der Einzelrechtsnachfolge weder durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden noch durch Verfügung von Todes wegen übertragen werden. Der Antragsteller habe aber schlüssig zur Übertragung der Mietrechte vom Vater auf den Antragsgegner seine Zustimmung erteilt, da er nach Kenntnis der Schenkung auf den Todesfall nicht nur ein Aufforderungsschreiben zur Mietzinserhöhung an dessen Rechtsvertreter gerichtet habe, sondern überdies auch gegen ihn gerichtlich zur Einbringung des ausstehenden Mietzinses vorgegangen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass es einer ausdrücklichen Feststellung, dass der Vater des Antragsgegners das Mietobjekt geschäftlich nicht benutzt habe, nicht bedürfe, da feststehe, dass die Räumlichkeiten vom Vormieter an die H*****-GmbH vermietet gewesen sei. Daraus sei ableitbar, dass das Bestandobjekt vom Vormieter weder zu geschäftlichen noch zu Wohnzwecken genutzt worden sei. § 46a MRG spreche allgemein von Mietverträgen über Geschäftsräumlichkeiten und nicht von Mietverträgen über Geschäftsräumlichkeiten, in denen ein Unternehmen betrieben werde. Dass im Abs 2 leg cit unter bestimmten Voraussetzungen auf die Art der Geschäftstätigkeit abgestellt werde, diene allein dem Schutz des Mieters, der ein Nahversorgungsunternehmen betreibe. Es lasse sich daraus aber nicht ableiten, dass für eine Mietzinsanhebung tatsächlich ein Unternehmen durch den Hauptmieter betrieben werden müsse. Nach herrschender Judikatur ende das Recht auf Erhöhung des Mietzinses nach § 46a Abs 3 MRG mit Beendigung des Pachtvertrages, nicht jedoch mit der Einstellung der Geschäftstätigkeit des Unternehmenspächters. Daraus ergebe sich, dass § 46a MRG nicht auf die tatsächliche Führung des Unternehmens abstelle. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit einem Abänderungsantrag.

Der Antragsteller beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist auch im Sinne des in jedem Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrag berechtigt. Nicht strittig ist, dass ohne Einwilligung des Vermieters Mietrechte im Wege der Einzelrechtsnachfolge weder durch Rechtsgeschäft unter Lebenden noch durch Verfügung von Todes wegen übertragen werden können. Dies hat zur Folge, dass ohne Zustimmung des Vermieters der Antragsgegner im Wege der Einzelrechtsnachfolge nicht in die Mietrechte seines Vaters eintreten könnte (8 Ob 1577/93, 8 Ob 684/89). Auf die Einzelrechtsnachfolge kommt es hier aber nicht an. Die Mietzinsanhebungsmöglichkeit nach § 46a Abs 2 MRG besteht nämlich nur dann, wenn es durch einen nach dem 28. 2. 1994 (WoBl 1997/48, WoBl 1997/70) eingetretenen Tod eines Geschäftsraummieters zur Gesamtrechtsnachfolge in dessen Mietrechte kommt (vgl 5 Ob 2424/96y, 5 Ob 1/96, Würth/Zingher20, § 46a MRG Rz 10). Der Vermieter hat es bei Zustimmung zur Einzelrechtsnachfolge bzw Abschluss eines neuen Mietvertrages ohnedies in der Hand, auf die Vertragsgestaltung und damit auf die Höhe des Mietzinses Einfluss zu nehmen. Diese Gestaltungsmöglichkeit besteht bei Gesamtrechtsnachfolge nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht. Dies wird durch die Bestimmung des § 46a MRG ausgeglichen.

Nur wenn sich im fortzusetzenden Verfahren ergibt, dass der Antragsgegner Erbe des bisherigen Hauptmieters gewesen ist, stellt sich die Frage, ob Tatbestandsvoraussetzung des § 46a Abs 2 MRG ist, dass der bisherige Hauptmieter in den gemieteten Geschäftsräumen ein Unternehmen betrieben hat.

Bereits jetzt sei dazu ausgeführt:

§ 46a MRG ist ein Gemisch von Übergangsvorschriften und Regelungen zur Mietzinsnachziehung (Würth/Zingher aaO § 46a MRG Rz 1, Auer/Böhm in Schwimann2, § 46a MRG Rz 1 f). Die Gesetzesmaterialien geben keinerlei Aufschluss darüber, ob auch beim Anhebungstatbestand des § 46a Abs 2 MRG Voraussetzung ist, dass der verstorbene Hauptmieter im Geschäftslokal ein Unternehmen betrieben hat. Im Abs 2 des § 46a MRG wird im Gegensatz zu anderen Absätzen dieser Bestimmung, auf § 12a MRG nicht ausdrücklich Bezug genommen. Der letzte Satz zu § 46a Abs 2 MRG stellt lediglich einen Privilegierungstatbestand für jene Rechtsnachfolger dar, die das Unternehmen ohne Änderung der Art der Geschäftstätigkeit fortführen. Daraus ist aber mangels ausdrücklichen Hinweises auf § 12a MRG nicht abzuleiten, dass grundsätzlich der Betrieb eines Unternehmens durch den bisherigen Hauptmieter Tatbestandsvoraussetzung des Anhebungstatbestandes ist. Vielmehr ist e contrario zu schließen, dass der Gesetzgeber keinen Konnex zu § 12a MRG herstellen wollte. Ist also der Antragsgegner - was das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren zu klären hat - Erbe des bisherigen Hauptmieters gewesen, wäre der Vermieter zur Anhebung des Hauptmietzinses im Sinne des § 46a Abs 2 MRG berechtigt.

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