OGH 10ObS389/01f

OGH10ObS389/01f15.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Dr. Christoph Kainz (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Hans S*****, Facharzt, *****, vertreten durch Dr. Georg Gorton und DDr. Birgit Gorton, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifterstraße 65, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Feststellung einer Berufskrankheit und Leistung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. August 2001, GZ 7 Rs 135/01d-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. April 2001, GZ 32 Cgs 16/01m-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, der - wie sich aus dem Anstaltsakt ergibt - als selbständiger Facharzt hinsichtlich dieser Tätigkeit in der Krankenversicherung bei der Kärntner Gebietskrankenkasse selbstversichert und in der Unfall- und Pensionsversicherung bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert ist, begehrt die Feststellung, dass es sich bei seiner Wirbelsäulenerkrankung um eine Berufskrankheit im Sinne des ASVG handle, sowie die Zuerkennung der ihm auf Grund dieser Berufskrankheit zustehenden Leistungen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger leide nicht an Abrissbrüchen der Wirbeldornfortsätze (laufende Nr 24 der Liste der Berufskrankheiten in der Anlage 1 zum ASVG). Bei dem beim Kläger bestehenden Wirbelsäulenleiden handle es sich auch nicht um Erkrankungen durch Erschütterung bei der Arbeit mit Pressluftwerkzeugen oder ähnlich hochfrequenten Maschinen (lfd Nr 20). Die Feststellungsbefugnis einer konkreten Berufskrankheit nach § 177 Abs 2 ASVG liege nicht in der Kompetenz der Sozialgerichte. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht Folge und verwies auf die zutreffende Begründung des Erstgerichtes (§ 500a ZPO). Der Senat des Berufungsgerichtes setzte sich aus drei Berufsrichtern und zwei fachkundigen Laienrichtern zusammen, von denen einer dem Kreis der Arbeitgeber und einer dem der Arbeitnehmer angehörte. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Gemäß § 12 Abs 3 zweiter Halbsatz ASGG haben in Streitsachen ua nach dem GSVG, BSVG und FSVG alle fachkundigen Laienrichter dem Kreis der Arbeitgeber anzugehören. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung auch für Angelegenheiten der Unfallversicherung jener selbständig Erwerbstätigen, die in den persönlichen Geltungsbereich des GSVG, BSVG und FSVG fallen (SSV-NF 1/51 = SZ 60/233; SSV-NF 2/56, 10 ObS 88/88 ua; RIS-Justiz RS0085526; Feitzinger/Tades, ASGG2 Anm 3a zu § 12; Kuderna, ASGG2 Erl 5 zu § 12; Fasching/Klicka in Tomandl, SV-System 12. Erg-Lfg 717 bei FN 2, 3 und 4). Ein Verstoß gegen diese Bestimmung steht unter Nichtigkeitssanktion (§ 477 Abs 1 Z 2 ZPO); eine Nichtigkeit ist allerdings unter den Voraussetzungen des § 37 Abs 1 ASGG heilbar.

Eine solche Heilung einer unrichtigen Besetzung des Berufungsgerichtes ist im vorliegenden Fall eingetreten, da die Parteien zur Zeit des Verstoßes durch qualifizierte Personen (§ 40 Abs 1 ASGG) vertreten waren und sie die Möglichkeit hatten, die unrichtige Besetzung vor Einlassung in die mündliche Berufungsverhandlung geltend zu machen (SSV-NF 1/31 ua; RIS-Justiz RS0040259). Ob der Senat des in erster Instanz entscheidenden Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht richtig zusammengesetzt war, kann dahingestellt bleiben, weil die Parteien auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren durch qualifizierte Personen (§ 40 Abs 1 ASGG) vertreten waren, weshalb auch eine allfällige unrichtige Senatszusammensetzung in erster Instanz nach § 37 Abs 1 ASGG iVm § 260 Abs 4 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden könnte (10 ObS 88/88; 10 ObS 283/98k ua).

Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass beim Kläger keine Berufskrankheit im Sinne der lfd Nr 20 der Anlage 1 zum ASVG ("Erkrankungen durch Erschütterung bei der Arbeit mit Pressluftwerkzeugen und gleichartig wirkenden Werkzeugen und Maschinen wie zB Motorsägen sowie durch Arbeit an Anklopfmaschinen") vorliegt, da es sich bei dem nach dem Vorbringen des Klägers für seine Wirbelsäulenbeschwerden ursächlichen ständig wiederkehrenden An- und Ablegen der Bleischürze um keine den genannten Erschütterungen gleichzustellenden Einwirkungen handelt, steht ebenso im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senates (vgl dazu beispielsweise SSV-NF 11/39, wonach auch Schäden an der Lendenwirbelsäule, die zu Bandscheibenvorfällen geführt haben und auf die jahrelangen Vibrationsbelastungen beim Fahren auf Panzern und Lastkraftwagen zurückzuführen sind, keine Berufskrankheiten im Sinn der lfd Nr 20 der Anlage 1 zum ASVG sind) wie auch die weitere Beurteilung, wonach die Frage, ob eine nicht im Anhang 1 enthaltene Krankheit dennoch als konkrete Berufskrankheit gemäß § 177 Abs 2 ASVG anerkannt werden könnte, als Vorfrage im sozialgerichtlichen Verfahren nicht geprüft werden kann (SSV-NF 1/30, 2/36, 2/88 ua; RIS-Justiz RS0084390, 0084386). Die Revisionsausführungen enthalten dazu keine inhaltlichen Argumente und bieten daher keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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