OGH 6Ob106/01h

OGH6Ob106/01h20.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach der am 27. Februar 2000 verstorbenen Elisabeth E*****, zuletzt vertreten durch Dr. Jürgen Hinterwirth, Rechtsanwalt in Salzburg, und der Nebenintervenientin Mag. Barbara H*****, vertreten durch Ramsauer & Perner, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei P***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Robert Aspöck, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 2,5 Mio S, über den Revisionsrekurs der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 19. März 2001, GZ 2 R 248/00d-24, womit der Rekurs der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 13. November 2000, GZ 9 Cg 144/98x-18, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Nebenintervenientin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit am 3. 8. 1998 eingebrachter Klage begehrte die am 27. 2. 2000 verstorbene Elisabeth E***** von der Beklagten 2,5 Mio S mit der Behauptung, dass ihr auf Grund einer Vereinbarung ein bedingter Anspruch auf Rückzahlung dieses von der Beklagten einbehaltenen Betrages zustehe und die vereinbarte Bedingung eingetreten sei. Die Klägerin wurde durch einen ihr im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt vertreten.

Die Beklagte bestritt diesen Anspruch, wendete zudem Verjährung ein und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 20. 9. 1999 wurde der Tochter der Klägerin Mag. Barbara H***** die Forderungsexekution gegen die Klägerin zur Hereinbringung von 2,5 Mio S samt Zinsen und Kosten bewilligt. Die Exekutionsbewilligung wurde der Klägerin als Verpflichteten am 24. 9. 1999 und der Beklagten als Drittschuldnerin am 5. 1. 2000 zugestellt.

Mit am 29. 9. 1999 eingelangtem Schriftsatz erklärte Mag. Barbara H***** ihren Beitritt als Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin "gemäß § 310 Abs 2 EO", weil ihr die Pfändung und Überweisung der eingeklagten Forderung bewilligt worden sei.

Mit dem am 23. 2. 2000 eingelangten und der Beklagten am 25. 2. 2000 zugestellten Schriftsatz zog die Klägerin die Klage unter Anspruchsverzicht zurück.

Die Nebenintervenientin erklärte hiezu, dass die Klagsrückziehung auf Grund der Pfändung und Überweisung der Klageforderung unwirksam sei und beantragte die Anberaumung einer mündlichen Streitverhandlung. Das Erstgericht erklärte mit Beschluss vom 13. 11. 2000 die Rückziehung der Klage unter Anspruchsverzicht für rechtswirksam und wies den Antrag der Nebenintervenientin auf Anberaumung einer mündlichen Streitverhandlung zurück. Es handle sich um eine einfache, nicht um eine streitgenössische Nebenintervention. Der Beitritt als streitgenössischer Nebenintervenient könne nur im Rahmen eines hier nicht vorliegenden Drittschuldnerprozesess, wenn die Forderung mehreren Gläubigern zur Einbringung überwiesen worden sei, erfolgen. Prozessuale Handlungen des einfachen Nebenintervenienten, die im Widerspruch zu jenen der Hauptpartei stünden, seien gemäß § 19 Abs 2 JN rechtlich unwirksam.

Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Nebenintervenientin zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage unter Anspruchsverzicht trete gemäß § 237 Abs 3 ZPO ipso iure mit der Erklärung des Klägers ein. Der Beschluss, womit diese Erklärung vom Gericht zur Kenntnis genommen werde, habe nur deklarative Bedeutung. Die Rechtsprechung bejahe zwar eine grundsätzliche Anfechtbarkeit eines derartigen Beschlusses. Die Nebenintervenientin mache jedoch keine formell-rechtlichen Anfechtungsgründe geltend, sodass ihr die Rekurslegitimation fehle. Sie sei durch den angefochtenen Beschluss auch nicht beschwert. Es bleibe ihr unbenommen, die Forderung in eigenem Namen und auf eigene Rechnung einzuklagen, denn auf Grund der Prozessbeendigung gemäß § 237 Abs 3 ZPO seien die Gerichts- und die Streitanhängigkeit samt ihren Wirkungen rückwirkend erloschen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs der Nebenintervenientin ist zulässig, aber nicht berechtigt. Nach ständiger Rechtsprechung sind Beschlüsse, mit denen Klagsrücknahmen vom Gericht zur Kenntnis genommen und damit die Fortsetzung des Verfahrens abgelehnt wird, anfechtbar (RIS-Justiz RS0039796; Rechberger/Frauenberger in Rechberger ZPO2 § 238 ZPO Rz 7; Fasching ZPR2 Rz 1256). Die Rechtsmittelwerberin ist dem Verfahren rechtswirksam als Nebenintervenientin beigetreten. Ihr kommt als Überweisungsgläubigerin und Trägerin des Einziehungsrechtes die Stellung eines streitgenössischen Nebenintervenienten (Oberhammer in Angst, Kommentar zur EO § 308 Rz 11) und damit gemäß § 20 ZPO die Stellung eines Streitgenossen nach § 14 ZPO zu. Schon im Hinblick auf ihre zivilrechtliche Rechtsposition als Einziehungsberechtigte und auch auf Grund des Verfügungsverbotes gemäß § 294 EO, wonach der Verpflichtete grundsätzlich nicht mit Wirkung für den betreibenden Gläubiger auf die Forderung verzichten oder sich über diese vergleichen kann, ist die Nebenintervenientin im vorliegenden Fall ungeachtet des Meinungsstreites über die Stellung des streitgenössischen Nebenintervenienten im Allgemeinen (vgl die Zusammenfassung des Meinungsstandes in Deixler-Hübner, Die Nebenintervention im Zivilprozess 190) als Teilgenosse einer

einheitlichen Streitpartei anzusehen (vgl 7 Ob 681/89 = JBl 1990, 185

= EvBl 1990/30). Die Rechtskraft eines die Klage abweisenden Urteiles

erstreckt sich auch auf den Gläubiger, dem die eingeklagte Forderung überwiesen wurde. Ein die Klage abweisendes Urteil stellt klar, dass dem Kläger die Forderung nicht zusteht, weshalb der betreibende Gläubiger auch keine Forderung des Klägers gegen den Beklagten und zugleich Drittschuldner einziehen kann. Diese Erwägung zeigt auch, dass eine Klagszurückziehung unter Anspruchsverzicht die Rechtsposition des als Nebenintervenienten beigetretenen betreibenden Gläubigers wesentlich beeinträchtigt und er durch die darauf zurückzuführende Verweigerung der Verfahrensfortsetzung beschwert ist.

Im Gegensatz zur Ansicht des Rekursgerichtes ist daher die Beschwer der Nebenintervenientin durch den von ihr angefochtenen Beschluss und ihre Rekurslegitimation als an der Verfahrensfortsetzung interessierter Streitgenosse der Klägerin zu bejahen. Dennoch ist der Rekurs im Ergebnis nicht berechtigt. Gemäß § 155 Abs 1 ZPO wird durch den Tod einer Partei das Verfahren unterbrochen, wenn die verstorbene Partei weder durch einen Rechtsanwalt noch durch eine andere von ihr mit Prozessvollmacht ausgestattete Person vertreten war. Gemäß § 68 Abs 1 ZPO erlischt die Verfahrenshilfe mit dem Tod der Partei. Der Tod der durch einen Verfahrenshelfer (und nicht durch einen mit Prozessvollmacht ausgestatteten Rechtsanwalt) vertretenen Klägerin bewirkte daher nach ständiger Rechtsprechung infolge Wegfalles der Befugnisse des Verfahrenshelfers die von Gesetzes wegen eintretende Unterbrechung des Verfahrens (JBl 1978, 603; RZ 1990/45 mwN; RIS-Justiz RS0036229), und zwar ungeachtet ihrer Streitgenossenschaft mit der Nebenintervenientin gemäß § 14 ZPO (Gitschthaler in Rechberger ZPO2 § 157 Rz 2 mwN).

Die infolge Todes eingetretene Unterbrechung dauert bis zur Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Rechtsnachfolger der verstorbenen Partei oder durch den Verlassenschaftskurator (§ 155 Abs 2 und 3 ZPO). Ihre Beendigung bedarf grundsätzlich eines Beschlusses des Gerichtes auf Aufnahme des Verfahrens (Gitschthaler aaO § 157 Rz 15 mwN). Diese Voraussetzungen der Beendigung der Unterbrechung liegen hier nicht vor.

Das Gericht kann über ein nach Eintritt der Unterbrechung des Verfahrens eingebrachtes Rechtsmittel, solange das Verfahren nicht wieder aufgenommen ist, nicht meritorisch entscheiden, sondern nur mit der Zurückweisung dieses Rechtsmittels vorgehen. Dieser Grundsatz wird allerdings dort unterbrochen, wo sich eine Partei durch eine trotz bereits erfolgter Verfahrensunterbrechung ergangene gerichtliche Entscheidung beschwert erachtet, weil die Entscheidung infolge der Verfahrensunterbrechung nicht mehr ergehen hätte dürfen; darin liegt ja nicht eine Weiterführung des unterbrochenen Verfahrens "in Ansehung der anhängigen Streitsache" im Sinn des § 163 Abs 2 ZPO (RIS-Justiz RS0037023). Die Nebenintervenientin hat jedoch in ihrem Rekurs gegen den die Verfahrensfortsetzung verwehrenden Beschluss des Erstgerichtes nicht geltend gemacht, dass dieser Beschluss wegen des Todes der Klägerin nicht mehr ergehen hätte dürfen, sondern strebt damit im Gegenteil eine Verfahrensfortsetzung, nicht aber die Abwehr eines Verstoßes gegen § 155 ZPO an (vgl SZ 43/158). Ihr Rekurs wurde daher vom Rekursgericht im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte