Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:
Franz R*****, wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 29. Oktober 2000 zwischen K***** und W***** als Vizeleutnant des Bundesheeres mit dem Vorsatz, die Republik Österreich in ihrem Recht auf Heranziehung von Grundwehrdienern "und Heereskraftfahrzeugen" zu ausschließlich dienstlichen Aufgaben sowie "auf Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Kaserne und des Sicherheitssystems des Bundesheeres (§ 2 Z 4 MilStG)" zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er sich mit dem dem Offizier vom Tag zur Verfügung stehenden Dienstkraftfahrzeug von zwei verschiedenen Grundwehrdienern im Abstand von etwa acht Stunden je einmal in ein bei der T***** gelegenes Gastlokal und zurück chauffieren ließ und hiedurch jeweils das Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Text
Gründe:
Franz R***** geboren am 3. Februar 1941 in St. U*****, Österreicher, nunmehr Beamter in Ruhe, wurde wegen der vorstehend geschilderten Taten der Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe war er für die Zeit vom 29. Oktober 2000 ab 13.00 Uhr bis 13.00 Uhr des nächstfolgenden Tages als Offizier vom Tag für die in K***** befindliche M***** und die in etwa 1.800 m davon entfernte T***** eingeteilt (§ 20 Abs 2 Z 2 der Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer [ADV]). Um seinem Dienst in beiden Kasernen nachkommen zu können, stand dem Offizier vom Tag ein Heereskraftfahrzeug samt Fahrer zur Verfügung. Wegen der in der vorangegangenen Nacht erfolgten Zeitumstellung erschien der Angeklagte irrtümlich eine Stunde zu früh zur Dienstübergabe in der M*****. Auf sein Versehen aufmerksam geworden, bat er den diensthabenden Offizier vom Tag, ihn mit dem erwähnten Kraftfahrzeug zur T*****, wo sich seine Dienststelle befand, chauffieren zu lassen, was auch geschah. Unterwegs verlangte R***** von dem das Fahrzeug lenkenden Grundwehrdiener jedoch, ihn zu dem etwa 300 m von der T***** entfernten Gastlokal "F*****" zu bringen und nach einer Stunde wieder abzuholen. Trotz eines die Abweichung von der vorgeschriebenen Fahrtstrecke betreffenden Hinweises des Kraftfahrers beharrte er - erfolgreich - auf seinem Verlangen.
Gegen 20.00 Uhr des 29. Oktober 2000, nachdem R***** seinen Dienst als Offizier vom Tag angetreten hatte, befahl er dem nunmehr als Lenker des Dienstkraftfahrzeuges eingeteilten Soldaten, ihn zwecks Einnahme des Abendessens erneut zur "F*****" zu bringen und vor dem Lokal zu warten. Nach der etwa eine halbe Stunde währenden Einnahme des Abendessens, währenddessen der Angeklagte über ein Funkgerät dienstlich erreichbar blieb, wurde er schließlich auf direktem Weg in eine der beiden Kasernen zurückgebracht.
Rechtliche Beurteilung
Der auf diesem - mängelfrei begründeten (ÖJZ-LSK 2001/141) - Verhalten beruhende Schuldspruch wegen zweier Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt leidet an vom Angeklagten zutreffend aufgezeigter Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO. Das Schöffengericht hat allerdings richtig erkannt, dass - vom Willen, den Staat an seinem Recht auf ausschließlich dienstliche Verwendung von Soldaten zu schädigen, getragener - Missbrauch der einem militärischen Vorgesetzten zustehenden Befehlsgewalt bei Anordnung privater Dienstleistungen Strafbarkeit nach § 302 StGB begründet, weil auch eine unzuständige Person (§ 7 Abs 5 Z 1 ADV) Vorgesetzter iS der Begriffsbestimmung des § 2 Z 5 ADV sein kann (was Bertel in WK2 § 302 Rz 75 f nicht beachtet; instruktiv dagegen Foregger/Kunst MilStG2 Anm 3 zu § 17 und H. Mayer B-VG2 Art 20 Anm III. 3).
Sind aber nur von Vorgesetzten getroffene Anordnungen Befehle nach § 2 Z 4 ADV, begründete der gegenüber dem Kraftfahrer höhere Rang des Angeklagten (§ 2 Z 6 ADV) bei dem vor Dienstantritt als Offizier vom Tag geäußerten Begehren, zur "F*****" chauffiert zu werden, noch keine Befugnis iS des § 302 Abs 1 StGB, weshalb auch der Missbrauch einer solchen ausscheidet.
Nach Dienstantritt als Offizier vom Tag zum Vorgesetzten des eingeteilten Kraftfahrers geworden, stand dem Angeklagten bei der zweiten vom Schuldspruch erfassten Fahrt am Abend des 29. Oktober 2000 zwar diesem gegenüber Befehlsgewalt zu. Der Auftrag an den Soldaten, ihn zwecks Einnahme des Abendessens zur "F*****" zu fahren und danach ohne weiteren Umweg in eine der beiden Kasernen zurück zu chauffieren, war demnach ein Befehl (§ 2 Z 4 ADV). Der in der vorschriftswidrigen Befehlsgebung gelegene wissentliche Befugnismissbrauch wäre jedoch nur dann als Missbrauch der Amtsgewalt zu beurteilen, wenn der Beschwerdeführer zudem mit dem Willen (§ 5 Abs 1 StGB) gehandelt hätte, solcherart den Staat an einem bestimmten gesetzlichen Recht zu schädigen (L/St3 § 302 RN 37; auf die tatsächliche Rechtsschädigung kommt es demgegenüber nicht an - nicht zielführend daher die von Bertel in WK2 § 310 Rz 48 geübte Kritik an EvBl 2001/45). Weil aber die mit dem missbräuchlich erteilten Befehl angestrebte - wenngleich etwas abseits der Örtlichkeiten der Dienstverrichtung gelegene - Nahrungsaufnahme eine Maßnahme darstellte, die iS des § 2 Z 2 ADV eine notwendige Voraussetzung für die Verrichtungen als Dienst vom Tag (§ 20 ADV) bildete, welche ihrerseits der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Bundesheeres und solcherart nicht privaten Zwecken diente, begründet auch diese Tat - ungeachtet disziplinärer Verantwortlichkeit - kein gerichtlich strafbares Verhalten.
Bleibt anzumerken, dass der für das MilStG (vgl §§ 12 Abs 2, 13, 17 Z 4, 24 Abs 2, 25, 26 Abs 2, 27, 29, 30, 31 Abs 1 Z 2, 32, 38 MilStG) geltende Begriff des erheblichen Nachteils (§ 2 Z 4 MilStG) zur Beurteilung eines Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB nichts bringt.
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