OGH 7Ob265/01y

OGH7Ob265/01y7.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S. C*****, vertreten durch Dr. Bernhard Schatz und andere, Rechtsanwälte in Baden, gegen die beklagte Partei Sieglinde G*****, vertreten durch Dr. Alois Federsel, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 690.720,62 sA und Unterlassung (Streitinteresse S 100.000), über die Revisionen beider Parteien (Streitinteresse der klagenden Partei S 100.000; der beklagten Partei S 690.720,62) gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 23. Mai 2001, GZ 18 R 217/00s-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Ebreichsdorf vom 31. Juli 2000, GZ 2 C 1296/99w-9, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird in seinem das Unterlassungsbegehren abweisenden Teil insoweit als Teilurteil bestätigt.

Der Revision der beklagten Partei wird hingegen Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird in seinem das Leistungsbegehren betreffenden Teil (Zuspruch von S 690.720,62 samt Staffelzinsen) aufgehoben und die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren zweiter und dritter Instanz sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte kaufte bereits 1981 (damals gemeinsam mit ihrem Gatten) in B***** ein Grundstück mit Tankstelle samt Tankstellenvertrag (Beilage P) mit der B***** (im Folgenden kurz: Firma B*****) zum Bezug und Vertrieb deren Treibstoffe und sonstigen Produkte. Bei der Abwicklung war damals so vorgegangen worden, dass von Seiten B***** die Preise der in der Umgebung von B***** liegenden Tankstellen herangezogen und auf dieser Grundlage die Gewinnspanne ("Provision") errechnet wurde; die Beklagte informierte ihrerseits die Firma B***** über Änderungen in der Preissituation in der Umgebung, worauf diese die Verkaufspreise in der Weise anpasste, dass sie je nach regionalem Preisniveau gesenkt oder angehoben wurden.

Bereits während dieses noch aufrechten Tankstellenvertrages kam es zu Belieferungen und später auch konkreten Vertragsverhandlungen durch die nunmehr klagende Partei. Diese betreibt nur 15 Tankstellen (während - im Vergleich - ein großes Treibstoffunternehmen in Österreich rund 300 Tankstellen betreibt). Am 11. 8. 1997 schlossen die Streitteile den als Beilage A im Akt befindlichen und vom Erstgericht zum integrierenden Bestandteil seiner Feststellungen erklärten (wenngleich dem Urteil nicht angehefteten) Vertrag, aus dem folgende Punkte hervorzuheben sind:

Gemäß Punkt II verpflichtete sich die Beklagte auf Vertragsdauer (welche gemäß Punkt VIII vom 1. 9. 1997 bis 31. 12. 2002, also für fünf Jahre, festgelegt wurde), den Bedarf der Tankstelle an Autotreibstoffen, Autoölen und -fetten, Frostschutzen und Zubehör ausschließlich bei der Klägerin zu decken und weder für eigene Rechnung noch für Rechnung Dritter derartige Stoffe anderer Firmen zu verkaufen oder zu lagern; weiters den Vertrieb Dritter in keiner Weise zu unterstützen, alles zu unternehmen, um den Umsatz an den Erzeugnissen der Klägerin auf das Beste zu empfehlen sowie schließlich auch den Eigenbedarf an Autotreibstoffen und Ölen nur bei der Klägerin zu decken (Punkt II). Die Abrechnung der angelieferten Treibstoffe sollte durch Bankeinzug 21 Tage nach Lieferung unter Zugrundelegung der angelieferten Menge erfolgen (Punkt III).

Als Entgelt für die Verpflichtungen aus diesem Abkommen und für alle der Beklagten im Zusammenhang hiermit erwachsenden Kosten und Leistungen (wie zB Bedienung und Reinhaltung der Tankstelle, Instandhaltung, Stromverbrauch, Telefongebühren usw) wurde die Gewährung einer Sonderspanne je Liter exklusive der gesetzlichen Umsatzsteuer, und zwar Super plus S 1,50, Super bleifrei S 1,50, Normalbenzin S 1,50 und Dieselkraftstoffe S 1,20 vereinbart, wobei "als Grundlage für die Berechnung der Spanne die jeweils gültigen offiziellen Bedienungspreise für Markentankstellen gelten", und die Beklagte "sämtliche durch diese Spanne ausgelösten Steuern und Abgaben" zu leisten hatte; weiters wurde vereinbart, dass "eine Aufrechnung irgendeiner Gegenforderung ausgeschlossen ist" (Punkt V).

Gemäß Punkt VIII sollte sich nach Ablauf der vereinbarten fünfjährigen Vertragsdauer der Belieferungsvertrag um weitere fünf Jahre verlängern, sollte nicht sechs Monate vor Ablauf der Vertragszeit schriftlich durch einen der beiden Vertragsteile die Erklärung abgegeben werden, dass die automatische Verlängerung nicht eintreten soll; darüber hinaus "ist jede Partei berechtigt, das Abkommen mit sofortiger Wirkung zu lösen, wenn die andere Partei gegen ihre Verpflichtungen aus diesem Abkommen verstößt.

Auflösungsgründe sind insbesondere: a) Verlust der Vertrauenswürdigkeit; b) Zahlungseinstellung (Ausgleich, Konkurs); ...". Anstelle der fristlosen Auflösung wurde der Klägerin das Recht zugestanden, die Tankstelle bis auf weiteres nicht zu beliefern.

Außerdem übernahm die Klägerin die Verpflichtung, Multiprodukt-Zapfsäulen, eine Verrohrung für die Gaszufuhr und die Lackierung der Tankstelle zu bezahlen, welche Investition rund S 500.000 ausmachte.

Vor Vertragsabschluss hatte die Klägerin in den Kaufvertrag und Tankstellenvertrag der Firma B***** Einsicht genommen.

Ob mit dem Begriff "Markentankstellen" laut Punkt V Abs 2 (als Grundlage für die Berechnung der Spanne) solche in der Umgebung von B***** oder Autobahntankstellen gemeint sind, wurde nicht besprochen. Während nach der Vorstellung der Beklagten damit die Tankstellen der Umgebung gemeint waren, waren dies für den Geschäftsführer der Klägerin die Autobahntankstellen. Bei ihren Preisbildungen bezüglich ihrer Lieferungen an die Beklagte hatte sich die Klägerin jedoch vor dem späteren schriftlichen Vertragsabschluss - so wie dies zuvor mit B***** gehandhabt worden war - an den regionalen Preisen orientiert. Dass sich die Treibstoffpreise an den Autobahntankstellen an Preisempfehlungen der ÖMV orientieren, war beiden Streitteilen bekannt.

Die Tankstelle der beklagten Partei liegt in einem sog Tief- oder Trichterpreisgebiet. Im Zuge der Vertragsdauer veränderte sich das regionale Preisniveau immer mehr und wurde die Differenz zwischen diesem und dem Preisniveau an Autobahntankstellen immer größer.

Tatsächlich kam es bereits sehr bald zu Umsatzeinbußen der Beklagten, und zwar zunächst, weil diese ihre kranke Mutter zu betreuen hatte und sich deshalb dem wirtschaftlichen Erfolg der Tankstelle nicht entsprechend widmen konnte, wobei gegen die gehandhabten Verkaufspreise der klagenden Partei (orientiert an den Autobahnmarkentankstellen) von ihr zunächst kein Einwand erhoben wurde. Im Herbst 1998 war sie bei ihrer Hausbank nicht mehr kreditwürdig, worauf Treibstofflieferungen der Klägerin nur mehr gegen Barzahlung erfolgten. Ab diesem Zeitpunkt war auch die im Vertrag festgelegte Regelung über die Verkaufsspanne umstritten, da sich die Beklagte auf den Standpunkt stellte, die Spanne müsse auf Grundlage der Preise der umliegenden Tankstellen in der Region gewährt werden. Im September 1999 erfolgte die letzte Lieferung durch die Klägerin. Seither haften an Rechnungen summenmäßig S 690.720,70 aus. Seit der letzten Treibstofflieferung im September 1999 bezieht die Beklagte ihre Produkte von Drittlieferanten.

Mit der am 19. 10. 1999 eingebrachten Klage stellte die Klägerin ein Leistungsbegehren auf Zahlung dieses offenen Rückstandes von S 690.720,62 samt Staffelzinsen sowie ein weiteres Begehren dahin, dass es die beklagte Partei bei sonstiger Exekution für die Dauer der Rechtswirksamkeit des zwischen den Streitteilen am 11. 8. 1997 geschlossenen Vertrages zu unterlassen habe, den Bedarf ihrer Tankstelle an Autotreibstoff, Autoölen und -fetten, Frostschutzen und Zubehör bei anderen als ausschließlich bei der Klägerin zu decken und weder für eigene Rechnung noch für Rechnung Dritter Autotreibstoffe, Autoöle und -fette, Frostschutze und Zubehör anderer Firmen zu verkaufen oder zu lagern, sowie ihren eigenen Bedarf an Autofetten und Ölen bei anderen als ausschließlich bei der Klägerin zu decken.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. Sie wendete insbesondere ein, den Vertrag "wegen völligen Vertrauensverlustes" anzufechten; außerdem begehre sie dessen Aufhebung (ex tunc) wegen Irrtums bzw wegen Wegfalles der Geschäftsgrundlage. Die Unterlassungsbestimmung im Vertrag (und damit das Unterlassungsbegehren) sei sittenwidrig. Schließlich sei der Vertrag auch ein gegen EU-Richtlinien verstoßender und damit rechtswidriger Knebelvertrag. Schließlich wurde eine Gegenforderung von S 1,657.933,80 (Umsatzverluste) eingewendet.

Das Erstgericht entschied im Sinne beider Klagebegehren und sprach aus, dass die eingewendete Gegenforderung nicht zu Recht besteht. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich (zusammengefasst) dahin, dass im Mittelpunkt die nach § 914 ABGB vorzunehmende Auslegung der Wendung "offiziell gültige Bedienungspreise für Markentankstellen" in Punkt V des Vertrages zu stehen habe. Beide Streitteile seien schon seit Jahren in derselben Branche tätig und habe auch der Vorgängervertrag mit B***** eine ähnliche Wendung enthalten. Die Beklagte habe daher davon ausgehen müssen, dass auch im Nachfolgevertrag die Berechnungsgrundlage für die Gewinnspanne die (an den Preisempfehlungen der ÖMV orientierten) Preise an Markentankstellen an Autobahnen sein werde und habe nicht erwarten dürfen, dass bloß die regionalen Preise Grundlage für die Berechnung der Spanne werden sollten, dies trotz des Umstandes, dass die Klägerin vor Vertragsabschluss sie ausgehend vom regionalen Preisniveau dazu motiviert habe, ihren bisherigen Treibstoff- und Schmierstofflieferanten zu wechseln. Der im Gebiet B***** ausgebrochene "Preiskampf" sei ein im Wirtschaftsleben keineswegs fremder Vorgang und habe letztlich beiden Parteien zum Nachteil gereicht, weshalb sich die Beklagte nicht einseitig auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen könne. Umstände, die eine Vertragsanfechtung wegen Irrtums rechtfertigen könnten, seien nicht unter Beweis gestellt worden. Der Vertrag sei auch nicht sittenwidrig. Zufolge des vereinbarten Aufrechnungsverbotes sei die eingewendete Gegenforderung unberechtigt.

Das Berufungsgericht gab der von der beklagten Partei erhobenen Berufung teilweise Folge. Es sprach aus, dass die Klageforderung mit S 690.720,62 sA zu Recht besteht, die Aufrechnungseinrede der Beklagten abgewiesen werde und diese daher schuldig sei, der klagenden Partei den Klagsbetrag samt Staffelzinsen zu bezahlen; das Unterlassungsbegehren wurde hingegen abgewiesen. Weiters wurde die ordentliche Revision für zulässig erklärt. Die Beweisrüge in der Berufung wurde aus rechtlichen Gründen unbehandelt gelassen. Die weitwendigen rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichtes lassen sich dabei wie folgt zusammenfassen:

Bei der in Punkt VIII des Vertrages genannten "Spanne" handle es sich um eine Provision, beim Vertrag der Streitteile um einen Agenturvertrag, auf den die Bestimmungen des Handelsvertretergesetzes (HVG) zumindest teilweise anzuwenden seien. Nach dem Wortlaut der Klausel des Punktes VIII könne keiner der beiden Auslegungsvarianten (wie sie von den Beteiligten jeweils für sich verstanden worden sei) der Vorzug gegeben werden: Einerseits deuteten die Worte "jeweils gültige offiziellen Preise" darauf hin, dass ein objektiver Maßstab (also eine periodisch herausgegebene Preisempfehlung) gemeint sei; andererseits bleibe aber unklar, warum diesfalls die ÖMV-Preisempfehlungen nicht gleich ausdrücklich genannt worden seien und auch nur von "Markentankstellen", nicht aber von solchen an Autobahnen die Rede sei. Da ein übereinstimmender Parteiwille nicht habe festgestellt werden können, vielmehr sogar feststehe, dass die strittige Klausel schon bei Vertragsabschluss von beiden Parteien unterschiedlich verstanden worden sei, seien der objektiv erkennbare Sinn und Zweck des Vertrages und die Übung des redlichen Verkehrs zu beachten. Dieser habe jedenfalls darin bestanden, dass der Beklagten durch die gewährte Spanne ermöglicht werden sollte, die Preise der Markentankstellen in ihrer Umgebung zu unterbieten; dass die Klägerin hingegen eine für sie "völlig kalkulationsfremde Berechnungsgrundlage", nämlich die Preise an Autobahntankstellen, in das Vertragswerk habe einführen wollen, sei für die Beklagte nicht zu erkennen gewesen. Die vom Erstgericht ins Treffen geführte Branchenkenntnis der Beklagten wäre nur dann von Bedeutung, wenn in der Branche der Parteien eine allgemeine Übung bestünde, nach der unter "Bedienungspreisen für Markentankstellen" stets die von der ÖMV für Autobahntankstellen empfohlenen Preise zu verstehen seien, also diesbezüglich eine Verkehrssitte in Form einer "Erklärungssitte" vorliege, was aber nicht zutreffe. Der Vorgängervertrag sei dafür auch nicht aussagekräftig, weil dort nur von "höchstzulässigen Verkaufspreisen" die Rede sei. Um nicht zu ihrer Unwirksamkeit wegen allfälliger Sittenwidrigkeit zu gelangen, sei die Klausel im Zweifel so auszulegen, dass damit die Bedienung an Markentankstellen im örtlichen Umkreis des Standortes der Beklagten gemeint sei. Da dieses Ergebnis ohnedies der Auslegungsvariante der Beklagten entspreche, sei auf ihren Irrtumseinwand nicht mehr weiter einzugehen.

Im vorliegenden Fall stelle sich damit auch die Frage, welche Seite die Konsequenzen des von beiden Parteien nicht vorhersehbaren, im Verkaufsgebiet der Beklagten ausgebrochenen "Preiskrieges", welcher zu einem extremen Abweichen des örtlichen Preisniveaus von jenem auf Autobahntankstellen geführt habe, zu tragen habe. Da bei einem Agenturvertrag (im Sinne der Qualifizierung des Vertrages zwischen den Streitteilen) die Klägerin als Geschäftsherr und die Beklagte als Agentin zu betrachten sei, handle es sich beim Ausbrechen eines solchen "Preiskrieges" um ein typisches unternehmerisches Risiko des Geschäftsherrn, also der Klägerin.

Da die Klägerin durch Festsetzung nicht marktkonformer, weil nicht am Preisniveau der regionalen Bedienungsmarkentankstellen orientierter (bzw die krasse Veränderung des Preisverhältnisses zwischen Markentankstellen im Verkaufsgebiet der Beklagten und jenen an Autobahntankstellen nicht berücksichtigender) Verkaufspreise gegen den Vertrag vom 11. 3. 1997 verstoßen habe und dadurch, dass die Beklagte hiedurch einen erheblichen Teil der aufgrund des Vertrages zu erwartenden Provisionen habe opfern müssen, um überhaupt noch Verkäufe durchführen zu können, habe die Klägerin die Provision der Beklagten ungebührlich geschmälert (§ 22 Abs 3 Z 2 lit a HVG), was letztlich sogar die (gemeint: wirtschaftliche) Existenz der Beklagten gefährdet habe. Es liege somit ein wichtiger Grund im Sinne des Punkt VIII des Vertrages sowie im Sinne des § 22 HVG vor, der die Beklagte berechtige, den befristet abgeschlossenen Vertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu lösen; ihre im Zuge des Verfahrens erklärte Vertragsauflösung sei daher wirksam, weshalb mangels aufrechten (Weiter-)Bestehens des Vertragsverhältnisses das Unterlassungsbegehren abzuweisen gewesen sei.

Das Zahlungsbegehren sei hingegen berechtigt. Grundsätzlich obliege es im Rahmen eines Agenturverhältnisses nämlich dem Geschäftsherrn (also der Klägerin), die Verkaufspreise für die vom Agenten (Beklagte) verkauften Waren festzulegen, auch wenn - wie im vorliegenden Fall - dieser berechtigt sei, die Waren unter Hingabe eines Teiles seiner Provision billiger zu verkaufen. Widerspreche der vom Geschäftsherrn vorgeschriebene Verkaufspreis der im Vertrag vereinbarten Berechnungsgrundlage, so ändere dies nichts an der Verpflichtung der Beklagten als inkassoberechtigter Agentin, dem Geschäftsherrn den von ihm festgesetzten Verkaufspreis für die verkauften Waren abzüglich der zustehenden Provision herauszugeben. Keinesfalls gehe das Recht der Preisfestsetzung auf den Agenten über, wobei die Beklagte im vorliegenden Fall auch gar nicht konkret vorgebracht habe, auf welche nach ihrer Ansicht richtig berechneten Verkaufspreise sie die von der Klägerin vorgegebenen Preise kürze. Sei der Agent der Meinung, dass die vom Geschäftsherrn vorgeschriebenen Verkaufspreise den vertraglichen Vereinbarungen widersprächen und er deshalb Umsatzeinbußen erleide, sei er vielmehr auf die Möglichkeit verwiesen, den Vertrag gemäß § 22 HVG aufzulösen und nach § 23 HVG Schadenersatz zu verlangen. Das Zahlungsbegehren bestehe daher zu Recht.

Bezüglich der eingewendeten Gegenforderung habe das Erstgericht zutreffend auf das vertragliche Aufrechnungsverbot verwiesen, wobei bloß der spruchmäßige Ausspruch diesbezüglich entsprechend zu korrigieren gewesen sei.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil zwar im wesentlichen die Auslegung einer konkreten Vertragsklausel im Einzelfall zu beurteilen gewesen sei, was in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO begründe. Allerdings habe sich die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung vor allem darauf gestützt, dass die mit einer der beiden Auslegungsvarianten verbundene vollständige Verlagerung des unternehmerischen Risikos des regionalen Preisverfalls in einem auf längere Dauer geschlossenen, den Agenten ausschließlich an die Produkte des Geschäftsherrn bindenden Agenturvertrag, im konkreten Fall zwischen Mineralölfirma und Tankstelleninhaber, vom Geschäftsherrn auf den Agenten sittenwidrig und daher unzulässig wäre. Zu dieser Frage, der angesichts ähnlicher Regelungen in zahlreichen Tankstellenverträgen und Verträgen mit anderen "Absatzmittlern" eine weit über den konkreten Einzelfall hinausreichende erhebliche Bedeutung zukomme, liege aber - soweit überblickbar - keine gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung vor.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen beider Parteien, jeweils aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, verbunden mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung (so die Beklagte) bzw Wiederherstellung des Ersturteils und damit Stattgebung auch des Unterlassungsbegehrens (so die Klägerin) abzuändern. Hilfsweise werden auch Aufhebungsanträge gestellt.

Beide Parteien haben Revisionsbeantwortungen erstattet, in denen der wechselseitige Antrag gestellt wird, dem Rechtsmittel des jeweiligen Prozessgegners keine Folge zu geben.

Die Revisionen sind zulässig, jedoch nur jene der beklagten Partei (im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages) auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wegen des engen sachlichen Zusammenhanges werden dabei die Rechtsrügen beider Parteien im Folgenden weitgehend gemeinsam behandelt.

Tankstellenverträge werden als Folge der bestehenden Vertragsfreiheit unterschiedlich ausgestaltet (RIS-Justiz RS0020910; weiters 8 Ob 2036/96m). So wie in dieser letztgenannten Entscheidung weicht auch hier die gegenständliche Vertragskonstruktion von den sonst üblichen Betriebsformen ("Stationärsvertrag"; "Pächtervertrag") insoweit ab, als die Beklagte nicht nur Grundeigentümerin der Liegenschaft, sondern auch der darauf bereits errichteten Tankstelle samt technischen Anlagen war (und blieb), und die Bindung der Beklagten an die jeweiligen Betreiber (zunächst B*****; später die klagende Partei) somit lediglich in Bezugsverträgen für die in Punkt II des Vertrages genannten Produkte bestand.

Nach Ansicht der klagenden Partei sei der gegenständliche Vertrag - abweichend vom Berufungsgericht - als Vertragshändlervertrag zu interpretieren. Dieser Auffassung ist in Prüfung der konkreten Ausgestaltung des hier zur Beurteilung anstehenden Vertragsverhältnisses beizupflichten. Wie jüngst Nocker, Der Handelsvertretervertrag (2000), Rz 93 mwN hiezu näher ausführte, ist Vertragshändler (welches Rechtsinstitut bisher noch nicht näher gesetzlich definiert wurde), wer aufgrund eines Rahmenvertrags (Vertriebsvertrags) als selbständiger Kaufmann tätig und damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Rechtsgeschäfte über die Vertragsprodukte (Markenwaren) zu schließen; er ist insoweit ständig mit dem Abschluss von Geschäften mit dem Hersteller betraut, und unterscheidet sich vom Handelsvertreter insbesondere darin, dass er (anders als Letzterer) die Geschäfte im eigenen Namen und für eigene Rechnung abschließt; der Vertragshändler kauft daher die Produkte des Herstellers im eigenen Namen und für eigene Rechnung und verkauft sie im eigenen Namen und für eigene Rechnung weiter. Der Vertragshändler wird - anders als etwa der Abschlussvertreter - auch nicht als Stellvertreter des Unternehmers tätig. Obwohl der Vertragshändler ebenfalls in die Absatzorganisation des Unternehmers eingebunden ist, trägt er in der Regel doch das volle Unternehmerrisiko (hier also auch bezüglich des in der Region ausgebrochenen und die wirtschaftlichen Entwicklungserwartungen der Beklagten umstoßenden Preiskampfes unter den Tankstellenbetreibern). Er ist Eigenhändler (6 Ob 323/98p); eine ausdrückliche, allgemeine Pflicht, Weisungen des Herstellers zu befolgen, besteht nur selten (solche fehlen hier gänzlich), häufiger finden sich Weisungsbindungen in den Teilbereichen Kundendienst, Verkauf und innere Organisation (4 Ob 79/95). Auch die vom Berufungsgericht miterwogene Subsumtion des Vertragsverhältnisses als "Kommissionsvertrag" (hiezu - in Abgrenzung zum Vertragshändlervertrag - ausführlich etwa schon 3 Ob 608/82) scheidet damit aus. Die Beklagte war vielmehr in ihrer geschäftlichen Gestion frei und in keiner Weise in den Betrieb der Klägerin eingebunden, der ihr gegenüber auch keinerlei Weisungs- und Kontrollrechte vertraglich eingeräumt waren (3 Ob 10/98m).

Auf derartige Vertragshändler ist das HVG grundsätzlich nicht anzuwenden, sondern werden bloß Einzelbestimmungen desselben von der Rechtsprechung analog angewendet, wie zB der Ausgleichsanspruch; dazu ist es jedoch erforderlich, dass der Vertragshändler wie ein Handelsvertreter in die Absatzorganisation des Unternehmers eingebunden (7 Ob 328/99g mwN) und darüber hinaus verpflichtet ist, dem Unternehmer spätestens bei Beendigung des Vertriebsvertrages den Kundenstock - als einen dem Geschäftsherrn aus dem Vertragsverhältnis überdauernden Vorteil (7 Ob 328/99g) - zu überlassen (Nocker, aaO Rz 95; 3 Ob 10/98m; 6 Ob 323/98p). Von einem derartigen Sachverhalt kann hier keine Rede sein; Derartiges wurde im hier maßgeblichen Vertrag (Beilage A) gerade nicht vereinbart und ist auch den sonstigen Feststellungen der Tatsacheninstanzen nicht zu entnehmen.

Aufgrund der übernommenen Verpflichtung, alle (für eine Tankstelle wesentlichen) Bedarfsprodukte ausschließlich bei der Klägerin zu decken (Punkt II) ist das Vertragsverhältnis im Weiteren als Bezugsvertrag, näherhin Alleinbezugsvereinbarung zu qualifizieren:

Bei solchen steht die Sachlieferung bestimmter Waren für einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum nach bestimmten Kriterien, mitunter begrenzt durch eine Gesamtbezugsmenge, im Vordergrund (ausführlich 7 Ob 211/99a auch zur Abgrenzung von Sukzessivlieferungsverträgen), wobei die Grundsätze der Dauerschuldverhältnisse Anwendung finden (Koziol/Welser II11 146; Reischauer in Rummel, ABGB3 Rz 18 zu § 918; 1 Ob 650/88 speziell zum Vertragshändlervertrag).

Aus den im Vertrag näher festgelegten Motiven (Punkt V Einleitungssatz) folgt weiters, dass die Beklagte auch nicht - wie für einen Handelsvertreter typisch (und vom Berufungsgericht ebenfalls unzutreffend angenommen) - eine Provision im Sinne einer erfolgsabhängigen Vergütung für zustande gekommene Geschäfte (Nocker, aaO Rz 194 ff) beziehen, sondern (nur) aus der ihr zustehenden "Spanne" ihr Entgelt beziehen sollte; als Grundlage für die Berechnung sollten "die jeweils gültigen Bedienungspreise für Markentankstellen" dienen.

Aus den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen ist abzuleiten, dass zwischen den Streitteilen hiezu nur insoweit unterschiedliche Vorstellungen herrschten, als hierunter nach jener der Beklagten die Tankstellen der Umgebung, nach jener der Klägerin hingegen die Autobahntankstellen gemeint sein sollten. Während das Erstgericht - in Auslegung dieses Vertragstextes - zum Ergebnis kam, dass die Beklagte (nicht zuletzt aufgrund ihrer jahrelangen Branchenkenntnis) nicht erwarten durfte, dass (bloß) die regionalen Preise Grundlage für die Berechnung dieser Spanne werden sollten (Seite 15 des Ersturteils = AS 127), gelangte das Berufungsgericht zur Auffassung, dass der Vorstellung der Beklagten, maßgeblich seien die Bedienungsmarkentankstellen im örtlichen (regionalen) Umkreis ihres Standortes, der Vorzug zu geben sei. Demgegenüber vermeint die Klägerin in ihrer Revision, dass der Vertrag (so wie vom Erstgericht) in ihrem Sinne auszulegen sei, also unter Zugrundelegung der von ihr auch so gehandhabten Praxis des Vergleiches mit den sich an den Preisen der Autobahntankstellen widerspiegelnden Verkaufsempfehlungen der ÖMV. Damit entfernt sie sich jedoch von den - vom erkennenden Senat für entscheidungswesentlich erachteten - Feststellungen des Erstgerichtes, die zwar an dislozierter Stelle (nämlich im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung) getroffen, jedoch von der (hievon allein beschwerten) klagenden Partei in ihrer Berufungsbeantwortung ausdrücklich als zutreffend zugestanden worden sind (Seite 2 in ON 11 = AS 151 unten), wonach sich die Klägerin selbst bei ihren Preisbildungen bezüglich ihrer Lieferungen an die Beklagte bereits vor dem Vertragsabschluss - lebensnah wohl um diese durch (wie es das Erstgericht formulierte) "Dumpingpreise" zur Beendigung ihres Vertragsverhältnisses mit B***** zu motivieren - sehr wohl (und ausschließlich!) am Preisniveau der regionalen Konkurrenztankstellen orientiert hatte, nach Vertragsabschluss hingegen (plötzlich und einseitig) die (wesentlich teureren) Autobahntankstellen zum Maßstab und zur Berechnungsgrundlage nahm. Dies entsprach jedoch keineswegs der Übung des redlichen Geschäftsverkehrs (§ 914 ABGB) und damit auch nicht der von beiden Parteien vor Vertragsschluss übereinstimmend zugrunde gelegten Praxis (Geschäftsgrundlage), welche zu ändern demgemäß auch wiederum nur im gemeinsamen Konsens möglich gewesen wäre. Der Geschäftszweck und ein gerechter Interessenausgleich zwischen den Parteien - und zwar wiederum bei redlicher Denkweise (vgl hiezu auch Karollus, Praxisfragen der Vertragsauslegung, AnwBl 1996, 818 [825]) - führt damit zum Ergebnis, dass aus diesem Verhalten der klagenden Partei, das sich in ihrer eigenen Preisbildung vor Vertragsschluss manifestierte und von der beklagten Partei so auch akzeptiert worden war, nur ein (gemeinsamer) Parteiwille als erkennbar abgeleitet werden kann, nämlich der, dass es an diesem Berechnungsmaßstab selbstredend auch nach dem von der klagenden Partei initiierten Vertragsschluss weiterhin so zu verbleiben habe, sodass nicht zuletzt auch die Unklarheitenregel des § 915 zweiter Fall ABGB bezüglich des von ihr selbst gewählten Ausdrucks "Markentankstellen" gegen sie ausschlagen muss. Dass dies zwischen den Parteien erst im Herbst 1998 (nachdem es der Beklagten erst zu diesem Zeitpunkt bewusst aufgefallen war) strittig wurde, vermag an diesem Ergebnis der einseitigen, zu Lasten der Beklagten vorgenommenen Vertragsänderung durch die Klägerin nicht zu rütteln. Das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichtes ist damit grundsätzlich zu billigen. Von einem (wie in der Revision der beklagten Partei unterstellt) "mangels Bestimmtheit und Bestimmbarkeit des Preises, einem essential negotii, nicht rechtsgültig zustande gekommenen Vertrag" kann hingegen selbstredend keine Rede sein, ohne dass dies noch einer weitergehenden besonderen Begründung bedürfte.

Daraus ergeben sich nun folgende weitere Konsequenzen:

Zunächst ist wiederum der beklagten Partei zu entgegnen, dass von einem mit Nichtigkeit behafteten "Knebelungsvertrag" gleichfalls keine Rede sein kann. Als solcher könnte ein Vertragshändlervertrag nämlich nur unter Umständen sittenwidrig sein, wenn die Kündigungsmöglichkeiten und die Kündigungsfolgen so gestaltet wären, dass eine Lösung der Eingliederung in die Organisation des Lieferanten oder Herstellers nur unter unzumutbaren Bedingungen möglich wäre, sodass der Vertragshändler in seiner unternehmerischen und wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit in sittenwidriger Weise eingeschränkt wäre (3 Ob 608/82). Dies kann den in Punkt VIII des Vertrages näher umschriebenen beiderseitigen Auflösungsgründen nicht unterstellt werden. Danach war aber die beklagte Partei berechtigt, das Abkommen mit sofortiger Wirkung zu lösen, wenn die klagende Partei gegen ihre Verpflichtungen aus diesem Abkommen verstieß, insbesondere bei "Verlust der Vertrauenswürdigkeit" (lit a). Dieser Fall liegt hier nach dem Vorgesagten (einseitiges Abgehen von der zuvor gemeinsam gehandhabten Berechnungsgrundlage der "Spanne") vor, wobei sich dieses Ergebnis selbst ohne einen derartigen Vertragspassus aus der (bereits weiter oben behandelten) Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis ableiten ließe, können doch solche nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0027780) stets dann durch einseitige Erklärung aufgelöst werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen der Vertragsteile unzumutbar erscheinen lässt. Diese Beurteilung hat stets unter Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falles zu geschehen (8 Ob 295/99m), welche hier jedoch - wie ausgeführt - zu Lasten der klagenden Partei ausschlagen müssen. Damit hat aber das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend das (auf einer Fortsetzung des Vertragsverhältnisses aufbauende) Unterlassungsbegehren abgewiesen, sodass der diesbezüglich dagegen ankämpfenden Revision der klagenden Partei kein Erfolg beschieden sein kann. Das Urteil des Berufungsgerichtes ist damit insoweit als Teilurteil zu bestätigen.

Das Leistungs-(Zahlungs-)begehren betrifft nach den Feststellungen offene Rechnungen zwischen dem 13. 8. und 20. 9. 1999 (Seite 10 und 11 des Ersturteils = AS 117 f), also lange vor der erst mit Schriftsatz vom 28. 3. 2000 (beim Erstgericht eingelangt am 31. 3. 2000) - darin auch erstmals unter Bezugnahme auf den zitierten Vertragspunkt VIII lit a - erklärten (ex nunc) Auflösung des Vertrages. Für eine Aufhebung ex tunc gibt es hingegen keine Rechtsgrundlage. Die Irrtumsvoraussetzungen nach § 871 ABGB wurden nicht erwiesen - und kommt darauf die beklagte Partei in ihrer Revision selbst nicht mehr zurück. Sittenwidrige Knebelung (oder sonstige Sittenwidrigkeit) sowie nicht rechtsgültiges Zustandekommen des Vertrages zufolge gar nicht bestimmter bzw bestimmbarer Preisbindung für die Spannenberechnung ist ebenfalls zu verneinen, wobei auf die hiezu getroffenen Ausführungen des Senates bereits weiter oben zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann. Auch von einem Verstoß gegen EU-Recht kann nicht ausgegangen werden, weil die Revisionswerberin selbst nicht auszuführen vermag, wieso durch ihr Vertragsband mit der (im Vergleich zu sonstigen Treibstoffunternehmen äußerst kleinen) Klägerin, welche überdies genauso wie sie ihren Sitz im selben Mitgliedsstaat, nämlich Österreich, hat, der Handel zwischen verschiedenen Mitgliedsstaaten beeinträchtigt worden sein soll. Wird jedoch nur der Handelsverkehr innerhalb eines Mitgliedsstaates beeinträchtigt, ist Art 85 EG-V (nunmehr Art 81 EG) - und damit auch die Gruppenfreistellungsverordnung für Alleinbezugsvereinbarungen 1984/83 - von vorneherein nicht anwendbar; in diesen Fällen bleibt es bei der Beurteilung ausschließlich nach innerstaatlichem Recht, welches durch das Recht der Gemeinschaft insoweit nicht verdrängt wird (ausführlich SZ 69/238).

Die Beklagte, welche schon in erster Instanz das Klagebegehren auch der Höhe nach bestritten hat, hat auch schon in ihrer Berufung zutreffend gerügt, dass das Erstgericht keine Beweise über die Angemessenheit der klägerischen Forderungen, welche den Gegenstand der verfahrensgegenständlichen Rechnungen bilden, aufgenommen und im Lichte der nunmehr vom Obersten Gerichtshof gebilligten Auslegung der alleinigen Bezugnahme auf die "gültigen offiziellen Bedienungspreise für regionale (also nicht Autobahn-)Markentankstellen" auch keine Feststellungen hiezu getroffen hat. Das Berufungsgericht hat diese Rüge - in unrichtiger rechtlicher Beurteilung - für unbeachtlich gehalten und demgemäß diese Feststellungsmängel für nicht gegeben erachtet. Ausgehend von der zwischen den Parteien - unstrittig - vor Vertragsschluss gepflogenen Berechnungspraxis ist diese jedoch (wie ausgeführt) auch für den Zeitraum bis zur Vertragsauflösung (jedenfalls im klagegegenständlichen Umfange) fortzuschreiben und wird daher feststellungsmäßig für jede einzelne Rechnung die entsprechende Basis (unter Umständen auch unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen) zu ermitteln sein. Ob es - wie die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung (erstmalig) moniert - "Preisempfehlungen der ÖMV" bzw "offizielle Preise" gibt oder nicht (solche werden hierin sogar als "Mythos" bezeichnet), ist damit nicht entscheidend. Jedenfalls gab es und gibt es einen regionalen Tankstellenpreismarkt, auf dem aufbauend die "Sonderspanne je Liter exkl. der gesetzlichen Umsatzsteuer" laut Punkt V Abs 1 des Vertrages der Streitteile objektiv und ziffernmäßig korrekt (wie dies ja auch zuvor, ebenso auch mit B*****) ermittel- und berechenbar war. Erst nach Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage in dieser aufgezeigten Richtung und im aufgezeigten Umfang wird über die Höhe der zu Recht bestehenden Klageforderung abschließend entschieden werden können. Mangels Spruchreife ist daher die Rechtssache an das Prozessgericht erster Instanz zurückzuverweisen.

Auf die beklagtenseits eingewendete Gegenforderung wird dabei im weiteren Rechtsgang kein Bedacht mehr genommen werden müssen. Die spruchmäßige Abweisung der Einwendung dieser kompensando eingewendeten Gegenforderung durch das Berufungsgericht ist nämlich nicht zu beanstanden. Als Vertragshändler war die Beklagte Kaufmann (9 Ob 2065/96h). Dass der Ausschluss der Kompensation (wie hier in Punkt V letzter Satz des Vertrages) im Rahmen der Privatautonomie gültig vereinbart werden kann, entspricht Lehre und Rechtsprechung (JBl 1978, 266 ebenfalls bei einem Händlervertrag; Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 34 zu § 1438 und Rz 29 zu § 1440; Honsell/Heidegger in Schwimann, ABGB2 Rz 22 zu § 1440). Er bildet auch keinen Verstoß gegen die guten Sitten, weil der Beklagten ja die abgesonderte Geltendmachung der Gegenansprüche im Klags- oder Widerklagswege offen bleibt (JBl 1978, 266; RIS-Justiz RS0018102). Dass bei einem vertraglichen Aufrechnungsverbot die dennoch erhobene Aufrechnungseinrede (ohne Ausspruch über den Bestand oder Nichtbestand der Gegenforderung) abzuweisen ist, entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung (8 Ob 265/97x; 8 Ob 2002/96m; RIS-Justiz RS0033996, 0033992).

Der Kostenvorbehalt ist hinsichtlich des Aufhebungsbeschlusses in § 52 Abs 1 ZPO, hinsichtlich des Teilurteils in § 52 Abs 2 ZPO begründet.

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