OGH 9Ob129/01p

OGH9Ob129/01p24.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** & Partners SA, *****, vertreten durch Dr. Johannes Hock sen. und Dr. Johannes Hock jun., Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei C***** AG, *****, vertreten durch Dr. Haimo Puschner und Mag. Martin Spernbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 4,805.550 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27. März 2001, GZ 5 R 203/00k-76, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Umstand, ob Judikatur zur Vertragsanpassung bei Irrtumsanfechtung im Falle von Willensmängeln bei Aktienemissionen vorliegen, begründet keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO. Die klagende Partei begehrt nämlich nicht Rückabwicklung, sondern primär Vertragsanpassung aufgrund einer Irreführung durch die beklagte Partei, sodass sich die Frage einer Einlagenrückgewährung nicht stellt. Da die Verjährung den Anspruch der klagenden Partei vernichtete, wäre die außerordentliche Revision nur zulässig, wenn das Berufungsgericht diese Rechtsfrage in unvertretbarer Weise gelöst hätte. Der Anspruch auf Vertragsanpassung, die der Irrtumsanfechtung zugehörig ist, verjährt in drei Jahren nach Vertragsabschluss (RIS-Justiz RS0016273; SZ 39/56; Apathy in Schwimann ABGB2 Rz 3 zu § 872 mwN).

Wenn auch für die Vertragsanpassung bei dolosem Verhalten die 30-jährige Verjährungsfrist gilt (SZ 59/126), so hat das Berufungsgericht das Vorliegen einer bewussten Täuschung zutreffend verneint. Für die Voraussetzungen der §§ 870, 872 ABGB ist der Anfechtende behauptungs- und beweispflichtig (3 Ob 563/95 ua). Ob eine bewusste Täuschung vorliegt, ist nach den im Einzelfall getroffenen Feststellungen zu beurteilen. Soweit die Revisionswerberin die Verletzung der Pflicht auf Erläuterung und Detaillierung der Konditionen der Mitarbeiterbeteiligung der List gleichstellt, so ist dem Berufungsgericht kein aufzugreifender Rechtsirrtum vorzuwerfen, wenn es für ein vorsätzliches, auf Täuschung gerichtetes Verhalten keinen Anhaltspunkt aus der bloßen Tatsache der Unterlassung der Anführung des Emissionspreises der Mitarbeiteraktien im Prospekt findet, zumal nicht einmal grobe Fahrlässigkeit List begründet (SZ 67/170).

Richtig ist, dass die Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB erst in Gang gesetzt wird, wenn dem Geschädigten der Schaden und der Ursachenzusammenhang sowie die Person des Schädigers bekannt geworden sind. Die Verjährungszeit beginnt nicht zu laufen, wenn der Geschädigte als Laie keinen Einblick in die für das Verschulden maßgeblichen Zusammenhänge hat (WBl 1987, 66; JBl 1991, 654). Auf die Schadenshöhe kommt es nicht an, weil nur die Erkennbarkeit des Schadens ausschlaggebend war (RIS-Justiz RS0034366; RS0034524; JBl 1996, 321).

Das Berufungsgericht hat die Rechtslage vertretbar beurteilt. Soweit es von einem professionellen Aktienkäufer erwartet, sich mit der Bilanz, aus der der angebliche Schaden erkennbar war, zu beschäftigen, so hat es sich unter Heranziehung der hier gegebenen besonderen Umstände des Einzelfalles an die Rechtsprechung gehalten, dass die Kenntnisnahme für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendige Voraussetzung der Kenntnis des Schadens in dem Zeitpunkt erlangt ist, als sie der Geschädigte ohne nennenswerte Mühe bei angemessener Erkundigung in Erfahrung bringen kann (EvBl 1990/129; JBl 1991, 654; SZ 44/115; ecolex 1994, 527). Die hier vertretene Rechtsauffassung ist nicht krass unvertretbar, zumal auch private Investoren auf Grund des Studiums des Geschäftsberichtes und der Bilanz die auffallende Diskrepanz der Ausgabekurse erkannten und entsprechende Forderungen stellten.

Bei der Frage, ob eine Überspannung der Erkundigungspflicht anzunehmen ist, bzw wann die zumutbare angemessene Kenntnis von Schaden und Schädiger als erlangt gilt, ist auf die besonderen Umstände des Einzelfalles abzustellen (EvBl 1990/129; ecolex 1994, 537), so dass keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt.

Insgesamt liegen keine über die Beurteilung des Einzelfalles hinausgehende erhebliche Rechtsfragen des § 502 Abs 1 ZPO vor.

Stichworte