OGH 5Ob234/01z

OGH5Ob234/01z9.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Mag. Dr. Reinhard W*****, vertreten durch Mag. Andreas Netzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Wohnungseigentümergemeinschaft *****, wegen Nichtigerklärung des Verfahrens 35 C 1982/00g des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien (34 R 9/01d des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9. August 2001, GZ 34 R 396/01i-3, mit dem die Wiederaufnahmsklage zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zwischen den Streitteilen war zu 35 C 1982/00g (zuvor 25 C 414/98i) des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien ein Verfahren ahängig, in dem die nunmehr beklagte Partei als Klägerin vom nunmehrigen Kläger als Beklagten S 52.066,41 sA begehrte. Die dort klagende Wohnungseigentümergemeinschaft war durch den Rechtsanwalt Dr. Roland K***** vertreten, dem wiederum vom Hausverwalter Gerhard B***** Vertretungsvollmacht erteilt worden war. Nachdem der dort Beklagte, nunmehrige Nichtigkeitskläger, im ersten Rechtsgang rechtskräftig zur Zahlung von S 40.042,14 sA verpflichtet worden war (Bestätigung durch das Berufungsgericht am 28. 9. 1999 als Teilurteil) wurde er im zweiten Rechtsgang (Urteil vom 19. 6. 2000) zur Zahlung weiterer S 5.768,97 verpflichtet und ein darüber hinausgehendes Begehren von S 6.255,30 sA abgewiesen. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht bestätigte mit Urteil vom 29. 3. 2001 dieses Urteil. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wurde der Rechtsvertreterin des nunmehrigen Nichtigkeitsklägers am 17. 4. 2001 zugestellt.

Am 22. 5. 2001 begehrte der Nichtigkeitskläger die Nichtigerklärung des letztbezeichneten Berufungsurteils sowie das diesem vorausgegangene Verfahren seit 1. 1. 2000. Es liege der Nichtigkeitsklagsgrund des § 529 Abs 1 Z 2 ZPO vor, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft seit 1. 1. 2000 nicht mehr durch den Verwalter B***** vertreten gewesen sei, sodass die von diesem dem Dr. K***** erteilte Vollmacht erloschen sei. Eine nachträgliche ordnungsgemäße Genehmigung oder Bevollmächtigung des Rechtsanwalts durch die Wohnungseigentümergemeinschaft sei nicht erfolgt. Bekannt geworden sei dem Nichtigkeitskläger dieser Umstand erst durch Zustellung des Sachbeschlusses 48 Msch 5/00v des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien infolge seiner Zuständigkeit nach § 532 Abs 1 ZPO im Vorprüfungsverfahren nach § 538 Abs 1 ZPO die Nichtigkeitsklage wegen Unschlüssigkeit zurück. Gemäß § 17 Abs 2 WEG sei der bestellte Verwalter zur Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft und damit auch zur Bestellung eines berufsmäßigen Parteienvertreters für diese in Angelegenheiten, die die Verwaltung der Liegenschaft mit sich bringe, befugt. Im Rahmen der Verwaltung der Liegenschaft sei also Gerhard B***** im Jahr 1998 befugt gewesen, als Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft aushaftende Beträge eines Miteigentümers einzufordern und für die Erhebung einer solchen Klage einen berufsmäßigen Parteienvertreter zu bestellen. Dabei habe er als Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft gehandelt. Vertragspartner des Auftragsverhältnisses seien also einerseits der Rechtsanwalt, andererseits die Wohnungseigentümergemeinschaft gewesen. Mit der Beendigung des Verwaltungsvertrages sei entgegen der Ansicht des Nichtigkeitsklägers das Vollmachtsverhältnis zum Rechtsanwalt nicht beendet worden. Weder sei die Vollmacht widerrufen worden noch das Auftragsverhältnis beendet worden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Klägers, der rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht, jedoch unrichtigerweise an das Oberlandesgericht Wien gerichtet war und dem Obersten Gerichtshof vorgelegt wurde. Der Rekurswerber beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche Entscheidung "unter Abstandnahme vom angezogenen Nichtigkeitsgrund" aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Gemäß § 535 ZPO sind für die Anfechtbarkeit von Entscheidungen, die ein höheres Gericht im Zuge eines bei ihm anhängigen Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsverfahrens fällt, diejenigen Bestimmungen maßgebend, welche für dieses Gericht als Rechtsmittelinstanz maßgebend wären. Es gelten daher die Rekursbeschränkungen der §§ 519 und 528 ZPO (SZ 67/234 mwN, RIS-Justiz RS0043965; 6 Ob 506/94; 2 Ob 344/98x).

Es ist also zu differenzieren: Wendet sich die Nichtigkeitsklage gegen ein Urteil des Berufungsgerichtes des Hauptprozesses, dann richtet sich die Anfechtung von im Nichtigkeitsverfahren gefassten Beschlüssen des gemäß § 532 Abs 2 ZPO angerufenen Berufungsgerichtes nach § 519 ZPO und nicht nach § 528 ZPO (SZ 64/234; 2 Ob 344/98x; anders aber EvBl 1985/30; EFSlg 76.114; 3 Ob 559/94; RIS-Justiz RS0044316; unter Darstellung des Judikaturstandes: 3 Ob 176/99z).

Die Vorschrift des § 528 ZPO wäre anzuwenden, wenn die Nichtigkeitsklage einen Beschluss des Rekursgerichtes des Hauptprozesses beträfe (vgl SZ 22/8; RZ 1993/66; SZ 67/5; 6 Ob 15/99w ua).

Die Zurückweisung einer Nichtigkeitsklage, die sich gegen ein Urteil des Berufungsgerichtes richtet, ist daher zufolge § 519 ZPO jedenfalls anfechtbar (EvBl 1991/62; 1 Ob 2386/96f mwN; 6 Ob 316/98h; 8 Ob 528/94). Dem Kläger steht daher gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO unabhängig von der Höhe des Streitwerts ein Rekurs zu (SZ 67/234 ua).

Im Vorprüfungsverfahren nach § 538 ZPO ist von Amts wegen eine Zulässigkeitsprüfung vorzunehmen, unter anderem eine Schlüssigkeitsprüfung dahin, ob bei Zutreffen der aufgestellten Behauptungen der Klage stattzugeben wäre.

Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, dass der geltend gemachte Nichtigkeitsklagegrund nach § 529 Abs 1 Z 2 ZPO nicht vorliegt, weil eine hier unstrittig wirksame Bevollmächtigung des Rechtsvertreters der Wohnungseigentümergemeinschaft durch einen Wechsel in der Person des Verwalters nicht berührt wird. Dies ergibt sich ohne jeden Zweifel aus § 35 Abs 1 ZPO. Behauptungen über den Widerruf der Prozessvollmacht im Rekurs unterliegen dem Neuerungsverbot, reichen aber überdies in Anbetracht der Bestimmung des § 36 ZPO nicht aus, wonach erst durch Zustellung eines Schriftsatzes an den Prozessgegner ein Vollmachtsverhältnis im Außenverhältnis - im Anwaltsprozess sogar erst durch die Mitteilung, welcher andere Rechtsanwalt bestellt wurde - wirksam beendet wird (EvBl 1937/707; EvBl 1962/38 ua). Damit kann, wie im angefochtenen Beschluss ausgeführt, die Prüfung aller übrigen Voraussetzungen der Nichtigkeitsklage, etwa ihrer Rechtzeitigkeit, auf sich beruhen.

Dem Rekurs war der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte