OGH 7Ob187/01b

OGH7Ob187/01b26.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** GmbH, ***** vertreten durch Gabler & Gibel Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Josef B***** , vertreten durch Dr. Heinrich H. Rösch, Rechtsanwalt in Wien, wegen eingeschränkt S 66.223,20,-- sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgericht vom 21. März 2001, GZ 36 R 259/00f-54, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 8. März 2000, GZ 7 C 729/98v-46, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.500,80 (darin enthalten S 916,80 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Das Berufungsgericht hat die Revision gegen seine das erstinstanzliche Urteil (abgesehen vom Zinsenzuspruch) bestätigende Entscheidung mit der Begründung für zulässig erklärt, dass "im Hinblick auf die zitierte Entscheidung RdW 1999, 780 die Revision zur Frage der Unverhältnismäßigkeit iSd § 1167 ABGB" zuzulassen sei, doch liegen die in § 502 Abs 1 ZPO normierten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes nicht vor:

Nach Beseitigung sämtlicher mit wirtschaftlichen Mitteln behebbarer Mängel (vgl Seite 15 des Ersturteils und das ausdrückliche Zugeständnis in den Ausführungen unter dem Titel "unrichtige Tatsachenfeststellungen" [!] auf Seite 2 f der Revision) verweigert der Beklagte der klagenden Werkunternehmerin weiterhin die Bezahlung des Werklohns (für die Lieferung und Verlegung von Boden- und Wandplatten aus Marmor in seinem Badezimmer und WC) unter Berufung auf das ihm wegen der noch vorhandenen Mängel gemäß §§ 1052, 1167 ABGB zustehende Leistungsverweigerungsrecht. Dass er dennoch zur Zahlung des Werklohns verurteilt wurde, hat das Berufungsgericht damit begründet, dass ein lediglich verschiedene Fugenbreiten betreffender Mangel wohl nicht die in der Entscheidung RdW 1999, 780 herausgearbeiteten Kriterien erfülle, die einen nochmaligen Austausch der Platten rechtfertigten. Habe es sich doch beim dortigen Sachverhalt um fünf Fliesen gehandelt, die nach der Verlegung Sprünge aufwiesen, während hier die letztendlich belassene "Wandplatte 2" eine um 4 mm geringere Höhe aufweise als die "Wandplatte 3" und geringfügig unterschiedliche Fugenbreiten als optische mit wirtschaftlichen Mitteln nicht behebbare Mängel verblieben seien. Ebenso verhalte es sich mit den Mängeln im WC (verdrehte Verlegung der Platten), wobei der Beklagte bereits mit Fax vom 12. 12. 1997 selbst festgehalten habe, dass der "Kläger" wegen der nicht wunschgemäß verlegten Platten eine Preisreduktion bei der Schlussrechnung zugesagt habe; der Beklagte sei hier also ursprünglich ebenfalls von einem Preisminderungsanspruch ausgegangen.

Dem hält die Revision "zusammenfassend" entgegen, dass am gegenständlichen Werk nach wie vor wesentliche und behebbare Mängel vorhanden seien, deren Beseitigung in Anbetracht der gesamten Umstände keinen unverhältnismäßig hohen Aufwand im Sinne des § 1167 ABGB erforderten (Punkt 2 der Revision).

Das Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers setzt nach herrschender Judikatur einen aufrechten Verbesserungsanspruch voraus (SZ 56/59; RdW 1984, 41; SZ 62/169; JBl 1992, 243 mwN; ecolex 1993, 83; RIS-Justiz RS0021925 [T4]). Ein solcher fehlt, wenn die begehrte Verbesserung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde (§ 1167 ABGB). Demnach dürfen die aufzuwendenden Verbesserungskosten nicht außer Relation zu dem für den Übernehmer aus der Mängelbehebung erzielbaren Vorteil stehen, wobei sich das Mißverhältnis auch mit Rücksicht auf die Geringwertigkeit des erzielbaren Vorteils im Vergleich zum Aufwand der Werkunternehmers ergeben kann (Binder in Schwimann V**2 Rz 15 zu § 932 ABGB und Rebhahn in Schwimann VI**2 Rz 48 zu § 1167 ABGB). Der Werkbesteller kann bei Unmöglichkeit oder Unverhältnismäßigkeit der Verbesserung nur Preisminderung begehren (5 Ob 630/89 = SZ 62/169 = JBl 1990, 248 [Rebhahn] mwN; RIS-Justiz RS0019929). Wo eine Verbesserung nicht in Betracht kommt, ist auch kein Recht zur Verweigerung der Gegenleistung anzuerkennen (RIS-Justiz RS0021925 zuletzt: 6 Ob 72/00g).

Nach der Rsp ist der vom Unternehmer zu leistende Aufwand dann unverhältnismäßig, wenn der Vorteil, den die Beseitigung des Mangels dem Besteller gewährt, gegen den für die Beseitigung erforderlichen Aufwand an Kosten und Arbeit so geringwertig ist, dass Vorteil und Aufwand in offensichtlichem Missverhältnis stehen und sich die Beseitigung daher nicht lohnt (6 Ob 58/74 = SZ 47/58 uva, RIS-Justiz RS0021717). Die Höhe der Behebungskosten ist dabei - wie bereits das Berufungsgericht zutreffend aufzeigt - nicht allein ausschlaggebend. Es ist vielmehr auf die Wichtigkeit einer Behebung des Mangels für

den Besteller Bedacht zu nehmen (7 Ob 131/99m = RdW 1999, 780 = bbl

1999/265 mwN; 7 Ob 238/99x = RdW 2000/110 = ecolex 2000/167 [Rabl];

RIS-Justiz RS0022044; zuletzt: 5 Ob 44/01h). Hiebei sind nicht nur Mängel, die die Gebrauchstauglichkeit des Werkes beeinträchtigen, zu berücksichtigen sondern auch die Unzumutbarkeit des Mangels für den Besteller aus sonstigen Gründen. Auch der Ästhetik kann unter Umständen eine gewisse Werksfunktion zukommen, nämlich insbesondere dann, wenn das Werk gerade mit Rücksicht auf seine optische Qualität besonders kostspielig ist (zuletzt: 6 Ob 72/00g mit Hinweis auf 7 Ob 131/99m = RdW 1999, 780).

Eine Abkehr vom Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der Frage des Verbesserungsanspruches nach Gewährleistungsrecht lässt allerdings auch die zuletzt zitierte, vom Berufungsgericht zur Begründung seines Zulässigkeitsausspruches herangezogene Entscheidung nicht erkennen. Aus ihr kann - wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (6 Ob 72/00g) - nur der Grundsatz abgeleitet werden, dass selbst bloße "Schönheitsfehler", die die Funktionalität eines Werkes nicht beeinträchtigen und nur mit hohem Aufwand beseitigt werden können, unter bestimmten Voraussetzungen die Verbesserung nicht zumutbar erscheinen lassen.

Ob diese Voraussetzungen im jeweils zu beurteilenden Einzelfall vorliegen, hängt aber immer von den konkreten Umständen ab (6 Ob 72/00g). Dass unterschiedliche Sachverhalte zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können, begründet noch kein Abweichen von den von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorgegebenen Grundsätzen (RIS-Justiz RS0042779 [T5], RS0042698 [T1]). Ein solches Abweichen durch die Vorinstanzen ist im vorliegenden Fall ebensowenig erkennbar wie eine Überschreitung des im Einzelfall jeweils bestehen bleibenden Ermessensspielraumes. Die Verneinung eines die Zurückbehaltung des Werklohns rechtfertigenden Verbesserungsanspruchs des Werkbestellers ist mit der dargestellten Judikatur - von der die Vorinstanzen ausgegangen sind - vielmehr durchaus vereinbar.

Zur Frage, ob bei den im gegenständlichen Fall verbliebenen Mängeln die zu erwartende Ästhetik eines bestimmten Bades so wenig beeinträchtigt wird, dass die Annahme des geforderten Missverhältnisses zwischen Vorteil und Aufwand gerechtfertigt erscheint, ist eine richtungsweisende, auch für künftige Rechtsstreitigkeiten Klarheit schaffende Entscheidung - auf Grund der unbegrenzten Fülle möglicher Sachverhalte - nicht zu erwarten. Auch insoweit liegt daher entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes und den Ausführungen der Revision keine Rechtsfrage von der Qualifikation des § 502 Abs 1 ZPO vor (6 Ob 72/00g).

Soweit die Revision aber daran festhält, am gegenständlichen Werk seien nach wie vor Mängel vorhanden, die (mit wirtschaftlichen Mitteln) behebbar und wesentlich seien (Punkt 2 c und d der Revision), geht der Beklagte nicht von dem für den Obersten Gerichtshof bindend festgestellten (zu Pkt 1 der Revision sogar ausdrücklich zugestandenen) Sachverhalt aus.

Die Revision ist daher mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO hingewiesen.

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