OGH 7Ob197/01y

OGH7Ob197/01y26.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei (im Folgenden nur mehr als Kläger bezeichnet) Dr. Johannes S***** , gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei (im Folgenden nur mehr als Beklagte bezeichnet) A***** GmbH, *****, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer ua Rechtsanwälte in Wels, wegen einstweiliger Verfügung zur Sicherung einer Geldforderung von S 500.000,--, über den Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 27. April 2001, GZ 3 R 64/01d-42, womit der Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 1. Februar 2001, GZ 5 Cg 213/98p-37, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden im Umfang der Anfechtung dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

"Das Sicherungsbegehren (Punkt 1.) der erstinstanzlichen Entscheidung), der Beklagten werde aufgetragen, binnen einer Woche S 750.000,-- beim Erstgericht zu hinterlegen, wird abgewiesen."

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 17.806,-- (darin enthalten S 2.967,-- USt) bestimmten Kosten des Rekurses vom 2. März 2001 und die mit S 21.374,-- (darin enthalten S 3.562,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Zur Sicherung seiner mit der Klage geltend gemachten Forderung von S 500.000,-- (sA) für anwaltliche Leistungen, die er der Beklagten erbracht habe, begehrte der Kläger die einstweilige Verfügung

1.) der Beklagten aufzutragen, binnen einer Woche S 750.000,-- beim Erstgericht zu hinterlegen und

2.) der Bank ***** AG das gerichtliche Drittverbot zu erteilen, über ein nach BLZ und Kontonummer bezeichnetes Konto der Beklagten bei der O***** Zweigstelle L*****, nur so weit Verfügungen zuzulassen, als der Betrag von S 750.000,-- verbleibe. Sollte dieses Konto keine Deckung in dieser Höhe oder nur eine geringere aufweisen, so sei dieser Betrag oder darauf zukünftig eingehende Beträge bis zu dieser Höhe gesperrt zu halten.

Zwei weitere vom Kläger erhobene Sicherungsbegehren wurden rechtskräftig abgewiesen, weshalb hier nicht mehr darauf einzugehen ist.

Der Kläger brachte dazu vor, das einzige der Beklagten verbliebene Aktivvermögen seien ihre Gesellschaftsanteile an der W***** GmbH. 95 % dieser Gesellschaftsanteile habe die Beklagte während des Prozesses - offenbar um ihre Gläubiger zu benachteiligen - an die V***** Ltd, eine Briefkastenfirma in London, veräußert. Im Falle des Konkurses der Beklagten und einer Anfechtung dieses Geschäftes gemäß § 31 KO müsste die Vollstreckung gegen den Erwerber der Anteile im Ausland erfolgen.

Die Beklagte beantragte, den Sicherungsantrag abzuweisen. Der Wert der verbliebenen 5 % Gesellschaftsanteile reiche zur Deckung der Forderung aller Gläubiger aus. Unzulässig, weil in der taxativen Aufzählung des § 379 EO nicht enthalten, sei das Begehren, ihr die Hinterlegung eines Geldbetrages aufzutragen.

Das Erstgericht gab den beiden oben wiedergegebenen (restlichen) Sicherungsbegehren im dritten Rechtsgang mit Beschluss vom 1. 2. 2001, ON 37, statt. Der Kläger habe sowohl den Klagsanspruch als auch die subjektive Gefährdung iSd § 379 Abs 2 Z 1 EO und zuletzt auch bescheinigt, dass die Beklagte außer den verbliebenen Gesellschaftsanteilen über keine anderen geldwerten Mittel verfüge.

Dieser Beschluss wurde von der Beklagten nur hinsichtlich des Punktes 1.), nicht aber hinsichtlich des Drittverbotes bekämpft. Nach der Aktenlage wurde die erstinstanzliche Entscheidung lediglich den Parteien, nicht aber der Drittschuldnerin zugestellt (siehe Zustellverfügung AS 190). Eine Zustellung an die Drittschuldnerin ist aber erforderlich, da diese als vom Drittverbot Betroffene rechtsmittellegitimiert ist, soweit das Drittverbot in ihre Rechtssphäre eingreift (SZ 37/131; RIS-Justiz RS0004201; 4 Ob 366/97w), was hinsichtlich des Punktes 2.) der erstinstanzlichen Entscheidung zutrifft. Das Erstgericht wird seinen Beschluss ON 37, der hinsichtlich des Drittverbots - entgegen der offenbar von den Vorinstanzen vertretenen Ansicht - (noch) nicht in Rechtskraft erwachsen ist, daher auch noch der Drittschuldnerin zuzustellen haben.

Das Rekursgericht hat die von der Beklagten angefochtene Stattgebung des Sicherungsbegehrens, ihr die gerichtliche Hinterlegung von S 750.000,-- binnen einer Woche aufzutragen, bestätigt. Die zur Sicherung von Geldforderungen zulässigen Sicherungsmittel seien in § 379 Abs 3 EO taxativ aufgezählt. Die Hinterlegung von Geld werde in § 379 Abs 3 Z 1 EO als Unterfall der als Sicherungsmittel zulässigen Verwahrung und Verwaltung von beweglichen körperlichen Sachen des Gegners der gefährdeten Partei behandelt. Aus dem in dieser Gesetzesbestimmung enthaltenen Verweis auf die §§ 259 ff EO sei abzuleiten, dass der Vollzug der Hinterlegung von Bargeld dem Vollstrecker aufzutragen sei, der § 261 EO über die Abnahme von Bargeld sinngemäß anzuwenden habe. In Beschlag genommen werden könne daher nur Geld, das beim Gegner der gefährdeten Partei "vorgefunden" werde. Der Auftrag an die Beklagte, binnen einer Woche S 750.000,-- zu hinterlegen, sei gegenüber der uneingeschränkten Anordnung der Hinterlegung von Geld, verbunden mit dem sofortigen Vollzugsauftrag an den Vollstrecker, keine weitergehende oder andersartige und daher auf Grund der abschließenden Regelung in § 379 Abs 3 EO unzulässige Anordnung, sondern ein zulässiges Minus: der Beklagten werde die Möglichkeit eingeräumt, den Vollzug durch den freiwilligen Erlag des Geldbetrages bei Gericht binnen einer Woche abzuwenden. Erst nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist ergehe der Vollzugsauftrag an den Vollstrecker. Die Befürchtung der Beklagten, auf Grund der erstgerichtlichen Verfügung könnte Exekution zur Erwirkung von Handlungen nach § 353 oder § 354 EO geführt werden, erscheine unbegründet. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass Exekution zur Erwirkung des Erlages einer Geldsumme nicht nach den §§ 353 oder 354 EO, sondern nach den Bestimmungen über die Exekution zur Hereinbringung von Geldforderungen zu führen sei. Dies gelte jedoch nur für die Exekution auf Grund eines Exekutionstitels, der den materiell-rechtlichen Anspruch des betreibenden Gläubigers auf Hinterlegung eines Geldbetrages durch den Verpflichteten zum Inhalt habe. Ein solcher sei vom Erstgericht nicht geschaffen worden. Der Auftrag an die Beklagte, S 750.000,-- zu hinterlegen, könne daher nur mit den nach §§ 379 Abs 3 EO zulässigen Mitteln, also durch die Abnahme von Bargeld in sinngemäßer Anwendung des § 261 EO erfolgen (gemeint: exekutiert werden).

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, auf welche die von ihm vertretene Rechtsauffassung gestützt werden könnte, nicht aufzufinden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass die für Geldforderungen zulässigen Sicherungsmittel in § 379 EO taxativ aufgezählt werden (SZ 58/81; EvBl 1991/193; RIS-Justiz RS0005471; Heller/Berger/Stix Komm EO4 2709 f; Petschek/Hämmerle/Ludwig, Zwangsvollstreckung 227; Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht2 Rz 479; Kodek in Angst, Komm EO § 379 Rz 14; König, Einstweilige Verfügungen2 Rz 2/49; Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung, 124 mwN). Andere als die in Abs 3 leg cit genannten Sicherungsmittel kommen daher nicht in Betracht. Insofern ist daher auch das Gerichtsermessen in der Wahl des Sicherungsmittels beschränkt (RIS-Justiz RS0005519; Zechner aaO).

Die Meinung des Rekursgerichtes, dass das hier allein noch zu beurteilende Sicherungsbegehren, der Beklagten den Erlag eines Geldbetrages von S 750.000,-- binnen einer Woche aufzutragen, unter § 379 Abs 3 Z 1 EO zu subsumieren sei, weil ein Minus der in der genannten Gesetzesbestimmung erwähnten Hinterlegung von Geld vorliege, komme die Beklagte dem Auftrag zur Hinterlegung der bestimmten Geldsumme nicht nach, so sei nicht Exekution zur Hereinbringung von Geldforderungen zu führen, sondern habe die Abnahme von Bargeld durch den Vollstrecker in sinngemäßer Anwendung des § 261 EO zu erfolgen, der Beklagten werde nur die Möglichkeit eingeräumt, den Vollzug der Provisorialmaßnahme durch den freiwilligen gerichtlichen Erlag des Geldbetrages abzuwenden, ist unzutreffend. Die vom Rekursgericht erörterte Rechtswirkung einer Anordnung, der Beklagten den gerichtlichen Erlag eines bestimmten Geldbetrags aufzutragen, entspricht jener, die mit der Auferlegung (Einräumung) eines Befreiungsbetrages gemäß §§ 389 Abs 2, 391 Abs 1 EO verknüpft ist (siehe etwa Zechner aaO 213 f). Das Gesetz stellt daher ohnehin ein spezifisches Mittel zur Herbeiführung gerade jener Rechtswirkung zur Verfügung, die das Rekursgericht als Minus eines bestimmten Sicherungsmittels erzielen zu können glaubt. Somit ist aber die allfällige Einräumung einer Befreiungsleistung aus systematischen und teleologischen Gründen nicht auf dem Umweg über eine Erweiterung der vom Gesetzgeber erschöpfend aufgezählten Sicherungsmittel substituierbar.

Das Rekursgericht übersieht auch, dass der Kläger, wie er in seiner Rekursbeantwortung vom 26. 3. 2001 (ON 39, AS 197 ff) ausdrücklich betont, im begehrten Auftrag zur Hinterlegung von Geld keinen Unterfall der in § 379 Abs 3 Z 1, erster Halbsatz EO erwähnten Verwahrung und Verwaltung von beweglichen körperlichen Sachen erblickt; es sei vielmehr zwischen der Verwahrung und Verwaltung (beweglicher Sachen) einerseits und der Hinterlegung (von Geld) andererseits zu differenzieren. Der Kläger folgert daraus ausdrücklich, dass der Vollzug der letzteren Anordnung nicht dem Vollstrecker zu übertragen wäre und vertritt expressis verbis die Meinung, dass "direkt Exekution zur Hereinbringung von Geldforderungen zu führen" wäre.

Auf Grund dieser Ausführungen kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Kläger nicht die Auferlegung einer Befreiungsleistung nach den voranstehenden Erwägungen anstrebt. Er will - offenbar auf Grund einer Fehlinterpretation der zitierten Gesetzesstelle - anders als das Rekursgericht meint, nicht ein Vorgehen iSd § 261 EO, sondern vielmehr Exekution zur Hereinbringung von Geldforderungen führen, wofür alle geeigneten Exekutionsmittel nach den Bestimmungen der §§ 87 bis 345 EO in Betracht kämen (vgl JBl 1988, 797). Dies ginge aber über den von § 379 Abs 3 EO taxativ gezogenen Rahmen der Sicherungsmittel hinaus. Demnach würde durch eine Anordnung im Sinne der Auffassung des Rekursgerichts auch § 405 ZPO verletzt, weil der Kläger gerade das nicht will, was nach Ansicht des Rekursgerichts bloß ein Minus eines erlaubten Sicherungsmittels sein soll.

Eine Befreiungsleistung kann auch von Amts wegen auferlegt werden. Eine solche Maßnahme ist jedoch nach Beschaffenheit des Falls (§ 391 Abs 1 EO) derzeit nicht erforderlich. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die Beklagte den (weiteren) Vollzug einer einstweiligen Verfügung durch den Erlag einer Befreiungsleistung auch dann abwenden kann, wenn das Gericht eine solche Leistung nicht festsetzte (Zechner aaO 213 mN aus der Rsp).

In Stattgebung des Revisionsrekurses der Beklagten waren die Entscheidungen der Vorinstanzen daher spruchgemäß abzuändern.

Auf die vom Revisionsrekurs auch noch aufgeworfene Frage, ob im Hinblick auf das Erfordernis einer individualisierenden Beschreibung der vom Sicherungsantrag betroffenen Sachen des Gegners (1 Ob 2089/96d, RIS-Justiz RS0103665; Zechner aaO, 125 mwN) bei einer angeordneten Hinterlegung von Geld nach § 379 Abs 3 Z 1 EO zumindest der Besitz von Geld beim Antragsgegner zu bescheinigen wäre, muss nicht mehr eingegangen werden.

Die - ungeachtet des noch nicht rechtskräftigen Punktes 2) der begehrten einstweiligen Verfügung zu fällende - Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41 und 50 ZPO. Eine Entscheidung über die erstinstanzlichen Kosten des Provisorialverfahrens wurde vom Erstgericht unterlassen, ohne dass dies von einer der Parteien gerügt worden wäre.

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