OGH 1Ob183/01w

OGH1Ob183/01w25.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Zechner und Dr. Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Dr. Hanns H*****, und 2. Dr. Hannelies H*****, beide ***** vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Bestellung eines Kurators gemäß § 276 ABGB infolge Revisionsrekurses der Marktgemeinde O*****, vertreten durch Dr. Horst Koch, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 5. April 2001, GZ 14 R 30/01g-9, womit der Rekurs der Marktgemeinde O***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Urfahr-Umgebung vom 29. November 2000, GZ 8 P 209/00h-2, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragsteller begehrten die Bestellung des Erstantragstellers zum Kurator für mehrere Organe der Marktkommune O*****, die als juristische Person existent, aber mangels Vorhandenseins von Organen nicht handlungsfähig sei.

Das Erstgericht bestellte den Erstantragsteller zum Kurator dreier Organe der Marktkommune O***** zur Wahrnehmung und Durchsetzung ihrer Rechte. Die Kommune verfüge derzeit über keine Organe. Der Kurator werde zunächst zu klären haben, ob die 1938 erfolgte Auflösung der Marktkommune rechtswidrig erfolgt sei und diese jetzt noch als juristische Person bestehe.

Das Rekursgericht wies den von der Revisionsrekurswerberin gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs zurück, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands S 260.000 übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Wenngleich der Revisionsrekurswerberin im Zuge der Auflösung der Marktkommune offenbar deren Vermögen ins Eigentum übertragen worden sei, sei daraus noch nicht die Rechtsmittellegitimation der Marktgemeinde gegen die Kuratorbestellung abzuleiten. Es werde nämlich durch die Bestellung des Kurators nicht in das subjektive Recht der Gemeinde - ihr Eigentumsrecht am Kommunevermögen - eingegriffen. Die Beeinträchtigung wirtschaftlicher oder sonstiger Interessen der Marktgemeinde berechtige sie nicht zur Erhebung eines Rechtsmittels, ein Eingriff in ihre Rechtssphäre liege nicht vor.

Der dagegen von der Marktgemeinde erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Im außerstreitigen Verfahren hat grundsätzlich nur derjenige Beteiligtenstellung, in dessen subjektive Rechte das Verfahren und die dort ergangenen gerichtlichen Verfügungen eingreifen. Es muss ein Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen vorliegen, eine Beeinträchtigung bloß wirtschaftlicher Interessen reicht nicht aus (6 Ob 34/01w; 6 Ob 116/01d; 6 Ob 338/00z; 1 Ob 98/99i uva). Im Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung hat das Rekursgericht in der Kuratorbestellung keinen Eingriff in die Rechtssphäre der Revisionsrekurswerberin erblickt:

Der Beschluss auf Bestellung eines Kurators gemäß § 276 ABGB hat nur insoweit bindende Wirkung, als das Verhalten des Kurators namens des Kuranden diesem so zugerechnet wird, als hätte dieser sich selbst so verhalten. Über diese Vertretungsmacht hinaus bindet der Bestellungsbeschluss weder am Kuratorbestellungsverfahren nicht beteiligte Personen noch Behörden, die stets auch zur Beurteilung der Parteifähigkeit der bei ihnen einschreitenden Personen berufen sind. Die mit der Kuratorbestellung verknüpfte Vertretungswirkung berührt somit die Rechtssphäre eines Dritten, der mit dem Kuranden - allenfalls im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens - in rechtliche Berührung gerät, deshalb nicht, weil dessen materielle Rechtsstellung völlig gleich bleibt, ob nun die Person, für die der Kurator bestellt wurde, selbst einschreitet oder durch seinen gesetzlichen Vertreter handelt (6 Ob 185/00z; 6 Ob 744/89; JBl 1983, 94; vgl EvBl 1953/424). Auch im vorliegenden Fall wird die Parteifähigkeit - und damit die Frage, ob die Marktkommune überhaupt noch existent ist - erst von den zur Entscheidung berufenen Behörden selbständig zu prüfen sein, denn der gerichtliche Beschluss zur Bestellung eines Kurators hat zwar die Parteifähigkeit der vertretenen Person zur Voraussetzung, entwickelt aber - zumindest, was das Bestehen der Partei bzw deren Parteifähigkeit betrifft - keine Bindungswirkung für andere Behörden (JBl 1983, 94). Auch die Frage, ob ein Rechtssubjekt überhaupt existent ist, betrifft letztlich dessen Parteifähigkeit, und ist insoweit ohne Relevanz, ob auch die Frage zu klären ist, ob die Person, für die ein Kurator bestellt wurde, überhaupt rechtlich existent ist. In jedem Fall kann nämlich eine andere Person gezwungen sein, sich in ein vom Kurator angestrengtes Verfahren einzulassen, was aber nur eine wirtschaftliche Beschwer und keinen Eingriff in die Rechtssphäre hervorruft.

Der in Art 6 Abs 1 EMRK verankerte Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs wäre nur dann verletzt, hätte die Bestellung des Kurators einen Eingriff in die Rechtssphäre der Revisionsrekurswerberin zur Folge. Dies ist aber - wie schon dargestellt - nicht der Fall. Allein aus der Zustellung des Beschlusses über die Bestellung des Kurators an die Revisionsrekurswerberin lässt sich deren Beteiligtenstellung keinesfalls ableiten.

Dass der Oberste Gerichtshof auch Personen die Rechtsmittelbefugnis einräumte, die nicht unmittelbar vom Verfahren rechtlich betroffen waren, wurde von der Lehre kritisiert (Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren3 Rz 57). Eine nähere Erörterung dieser Einzelfälle erübrigt sich aber, weil es dort fast immer nur darum ging, dass benachteiligten Rechtsmittelwerbern auf Grund deren familienrechtlichen Position die Rechtsmittelbefugnis eingeräumt wurde (Klicka/Oberhammer aaO), und es dabei um die Abwendung von einem Pflegebefohlenen drohenden Gefahren ging (EvBl 1974/57; EvBl 1961/390; SZ 32/84 ua).

Soweit die Rechtsprechung im Firmenbuchverfahren ein Rekursrecht auch dort anerkennt, wo es infolge des Ergebnisse dieses Verfahrens ansonsten zu einer ganz erheblichen Erschwerung oder gar zur Unmöglichkeit der Rechtsdurchsetzung (eines Gläubigers) käme, ist festzuhalten, dass auch in diesen Fällen ein rechtliches Interesse vorliegen muss und eine sonstige Beschwer keine Beteiligtenstellung bewirkt (GesRZ 2001, 87 mwN).

Der Oberste Gerichtshof ist nur zur Prüfung der vom Rekursgericht verneinten Beteiligtenstellung und Rechtsmittelbefugnis der Rechtsmittelwerberin berufen. Er teilt die zweitinstanzliche Rechtsansicht über die der Rechtsmittelwerberin fehlende Rechtsmittelbefugnis. Daher ist es dem erkennenden Senat auch verwehrt, die rechtliche Beurteilung des Gerichts erster Instanz zu prüfen (JBl 1983, 94); die weitwendigen Ausführungen der Revisionsrekurswerberin zu diesem Thema gehen daher ins Leere.

Erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG sind nicht zu lösen. Der Revisionsrekurs ist demnach unzulässig und zurückzuweisen.

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