Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der Sachbeschluss des Rekursgerichtes aufgehoben.
Text
Begründung
Nach Anrufung des Gerichtes durch die Antragsgegnerin (15. 3. 2000) hielt das Erstgericht am 3. 5. 2000 eine mündliche Verhandlung ab, zu der die Antragsgegnerin nicht erschien, weil ihr bzw ihrem Vertreter keine Ladung zugegangen war. Am 16. 5. 2000 fasste das Erstgericht einen Sachbeschluss, in dem es der Antragsgegnerin diverse Arbeiten zur Behebung von Schäden im Wartezimmer der Ordination des Antragstellers in ***** auftrug. Lediglich der Antrag auf Wiederherstellung einer Türe an der Straßenfront zum Warteraum wurde abgewiesen.
Am 17. 5. 2000 erhob die Antragsgegnerin einen Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Tagsatzung vom 3. 5. 2000, in dem die Äußerungen zum verfahrenseinleitenden Antrag nachgeholt wurden, dass keine Hauptzinsmietreserve vorhanden sei, daher nur privilegierte Arbeiten durchzuführen seien und dass die begehrten Arbeiten nicht notwendig seien, insbesondere sei der Fussboden nicht beschädigt. Es wäre auch zu prüfen gewesen, ob nicht eine andere Sanierungsart kostengünstiger möglich gewesen wäre.
Mit Entscheidung vom 29. 11. 2000 zu GZ 39 R 358/00m-18 wurde der Antragsgegnerin schließlich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Tagsatzung vom 3. 5. 2000 bewilligt. Bereits am 21. 6. 2000 (ON 11) hatte die Antragsgegnerin den erstinstanzlichen Sachbeschluss in seinem Punkt 2 mit Rekurs bekämpft. Der Rekurs enthält keinerlei Rüge dahingehend, dass der Antragsgegnerin jegliche Beteiligungsmöglichkeit am erstinstanzlichen Verfahren in Folge Ausschlusses von der einzigen mündlichen Verhandlung vom 3. 5. 2000 genommen worden wäre.
Im Zeitpunkt der Rekursentscheidung (28. 3. 2001) war die Wiedereinsetzung bereits rechtskräftig bewilligt. Dennoch entschied das Rekursgericht meritorisch über den Rekurs der Antragsgegnerin, gab ihm teilweise Folge, hob den angefochtenen Beschluss in seinem Punkt I. 2 teilweise auf und bestätigte in Übrigen den erstinstanzlichen Sachbeschluss. Auf den Ausschluss der Antragsgegnerin von der Verhandlung vom 3. 5. 2000 nahm das Rekursgericht insoweit Bezug, als es der Antragsgegnerin vorwarf, in ihrem Rekurs keine Mängelrüge erhoben zu haben, in der sie ein relevantes Bestreitungsvorbringen hätte erstatten können.
Gegen den Teilsachbeschluss des Rekursgerichtes richtet sich das außerordentliche Rechtsmittel der Antragsgegnerin mit dem Begehren auf Aufhebung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses, in eventu auch des Sachbeschlusses erster Instanz und Abänderung im Sinn einer Antragsabweisung, in eventu Zurückverweisung an das Rekursgericht bzw das Gericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung.
Das außerordentliche Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist zulässig, weil das Rekursgericht dadurch eine Nichtigkeit bewirkte, dass es die mittlerweile rechtskräftige Bewilligung der Wiedereinsetzung und damit § 150 ZPO unbeachtet ließ.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Mit ihrem außerordentlichen Rechtsmittel macht die Antragsgegnerin geltend, dass durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung der Rechtsstreit gemäß § 150 ZPO in jene Lage zurückgetreten sei, in welcher er sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden habe. Ein infolge Säumnis bereits erlassenes Urteil - hier Sachbeschluss - sei bei Bewilligung der Wiedereinsetzung aufzuheben. Der Sachbeschluss über den das Rekursgericht meritorisch entschieden habe, sei somit im Zeitpunkt der Entscheidung hierüber ohne rechtlichen Bestand gewesen. Das Rekursgericht hätte daher, wenn auch mit nur deklarativer Wirkung, den erstinstanzlichen Sachbeschluss aus Anlass des Rekurses zur Gänze aufheben müssen. Geltend gemacht werden die Rekursgründe der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens, der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Das Rekursgericht habe die Rechtskraft der Bewilligung der Wiedereinsetzung und die daraus folgende prozessuale Unwirksamkeit des Sachbeschlusses unrichtigerweise nicht beachtet. Im weiteren liege Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO vor, weil der Antragsgegnerin jegliche Möglichkeit, sich am erstinstanzlichen Verfahren zu beteiligen, gesetzwidrigerweise entzogen worden sei.
Der zwar im Zeitpunkt seiner Einbringung zulässige, in der Folge nach Bewilligung der Wiedereinsetzung und Wegfall des erstinstanzlichen Sachbeschlusses aber unzulässig gewordene Rekurs wäre zurückzuweisen gewesen. Keinesfalls hätte eine meritorische Entscheidung durch das Rekursgericht ergehen dürfen.
Dem Rekursgericht sei auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung darin unterlaufen, dass dieses der Antragsgegnerin vorgeworfen habe, keine ordnungsgemäße Mängelrüge erstattet zu haben, obwohl eine Mängelrüge in diesem Stadion des Verfahrens am Neuerungsverbot gescheitert wäre.
Dazu hat der erkennende Senat erwogen:
Dem angefochtenen Sachbeschluss des Rekursgerichtes haftet zwar keine Nichtigkeit im Sinn des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO an, die erstinstanzlich bewirkte Nichtigkeit des Verfahrens durch Entziehung des rechtlichen Gehörs ist durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung beseitigt. Allerdings ist die rekursgerichtliche Entscheidung insofern nichtig, als meritorisch nicht über ein Rechtsmittel gegen einen prozessual nicht mehr existenten verfahrensbeendenden Sachbeschluss abgesprochen hätte werden dürfen.
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ein Rechtsbehelf zur Beseitigung der Folgen prozessualer Versäumnisse. Durch ihre Bewilligung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Eintritt der Versäumung befunden hat (§ 150 Abs 1 ZPO). Die Bewilligung der Wiedereinsetzung hat die Aufhebung der in Folge der Versäumung ergangenen, das Verfahren beendenden Entscheidung zur Folge. Nur dann, wenn die Entscheidung selbst nicht auf die Säumnis zurückzuführen ist, wird sie durch die Aufhebung nicht erfasst (8 Ob 56/87: Säumnis in einem Zwischenverfahren). Dass im § 150 Abs 1 letzer Satz ZPO von "Urteilen" die Rede ist, obwohl ein Verfahren auch durch einen Beschluss beendet werden kann (vgl Fasching II 746), bedeutet nicht, dass bei einer Verfahrensbeendigung durch einen Sachbeschluss § 150 Abs 1 letzter Satz ZPO nicht anzuwenden wäre. Auch, dass im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG eine mündliche Verhandlung nicht zwingend vorgeschrieben ist und den Parteien das rechtliche Gehör auch auf andere Weise gewährt werden kann (RIS-Justiz RS0070407), spricht nicht dagegen, die Wirkung des § 150 ZPO auch im außerstreitigen Verfahren, bei Versäumung einer mündlichen Verhandlung anzuwenden. Im Verfahren nach § 37 MRG werden durch § 37 Abs 3 Z 13 ausdrücklich die Bestimmungen der §§ 146 bis 153 ZPO für anwendbar erklärt, nicht jedoch jene über Versäumungsurteile. Das Verfahren ist durch einen die Mitwirkungspflicht der Parteien beschränkten Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Damit ist zwar nicht gesagt, dass ein unechtes Versäumnisurteil in Frage käme, im Ergebnis bewirkt jedoch die Versäumung einer einzigen mündlichen Verhandlung durch eine Prozesspartei, der auch keine schriftliche Äußerungsmöglichkeit eingeräumt wurde, deren Ausschluss von jeglichem prozessualem Vorbringen und als Folge dessen die Erlassung eines verfahrensbeendenden Sachbeschlusses, also eine Sachentscheidung "infolge" der unverschuldeten Versäumnis.
Ausdrücklich ist die Aufhebung einer infolge der Versäumung erlassenen Entscheidung in § 150 Abs 1 Satz 2 ZPO nur hinsichtlich eines Versäumungsurteils angeordnet. In allen anderen Fällen hätte eine ausdrückliche Aufhebung der infolge der Versäumung gefällten Entscheidung nur deklarative Bedeutung (3 Ob 65/88; SSV-NF 9/1; 6 Ob 274/98g; EvBl 1999/68). Also auch ohne dass das Bewilligungsgericht einen deklarativen Aufhebungsbeschluss hinsichtlich des erstinstanzlichen Sachbeschlusses gefasst hat, ist dieser prozessual weggefallen (vgl Gitschtaler in Rechberger Rz 1 zu § 150 ZPO mit Rechtsprechungshinweisen). Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung fallen nämlich alle Versäumnisfolgen ex lege weg (zuletzt 3 Ob 273/99i; RIS-Justiz RS0036692).
Das Rekursgericht hätte daher nicht meritorisch über den erstinstanzlichen Sachbeschluss entscheiden dürfen. Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung war im Übrigen das Rechtsschutzinteresse der Antragsgegnerin an einer Beseitigung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses nachträglich weggefallen, sodass der Rekurs mangels Beschwer zurückzuweisen gewesen wäre.
Das Verfahren befindet sich somit wieder in jenem Stadium, in dem es sich vor der von der Antragsgegnerin unverschuldeten Säumnis befand.
Inhaltlich war auf die Ausführungen der Antraggegnerin und wie weit sie von Relevanz für den Verfahrensausgang sind, aus folgenden Erwägungen nicht einzugehen: Der Anordnung des § 150 Abs 1 ZPO kommt unbedingter Charakter zu, wenn die Wiedereinsetzung rechtskräftig bewilligt wurde, sodass die Relevanz des bewirkten Verfahrensmangels nicht zu untersuchen ist. Die Prüfung der Relevanz hat nämlich bereits bei Prüfung der Voraussetzungen der Wiedereinsetzung stattzufinden, sodass, wenn diese rechtskräftig bewilligt ist, eine Abschwächung der Wirkung der Wiedereinsetzung dadurch nicht in Betracht kommt, dass ihr nunmehr die Relevanz für den Verfahrensausgang abgesprochen werden könnte.
Aus diesen Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.
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