OGH 6Ob143/01z

OGH6Ob143/01z23.8.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr. Jörg H*****, vertreten durch Mag. Huberta Gheneff-Fürst, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei und den Gegner der gefährdeten Partei Josef K*****, vertreten durch Korn Zöchbauer Frauenberger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung ehrverletzender Äußerungen, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 22. März 2001, GZ 11 R 30/01i-14, mit dem der Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 4. Jänner 2001, GZ 2 Cg 263/00p-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 8.112 S (darin 1.352 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte sagte bei seiner Einvernahme vor der Wirtschaftspolizei am 21. 10. 2000 aus, dass der Kläger ihn und den Polizeibeamten Michael K***** ersucht habe, über zwei Personen Informationen zu besorgen.

Der Kläger begehrte mit seiner auf § 1330 ABGB gestützten Klage das gerichtliche Gebot der Unterlassung der Behauptung und/oder der Verbreitung der Behauptung, der Kläger wäre der Auftraggeber und/oder der Ansprechpartner von Michael K***** und/oder dem Beklagten im Zusammenhang mit der illegalen Beschaffung von Daten, insbesondere aus dem EKIS-Computersystem der Sicherheitsbehörden. Zudem stellte er ein weitgehend gleiches Sicherungsbegehren. Schon der Verdacht, in die "Spitzelaffäre" verwickelt zu sein, könne das Ende der politischen Laufbahn des Klägers bedeuten. Der Beklagte kenne die Unwahrheit seiner Aussage. Er wisse genau, mit wem und auf wessen Auftrag er illegale Datenabfragen durchgeführt habe. Es bestehe Wiederholungsgefahr, weil die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien und der Beklagte fast täglich einvernommen werde.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages. Seine Aussage sei wahr. Der Kläger habe zu bescheinigen, dass die nicht öffentlich erfolgte Äußerung unwahr und dass dies dem Beklagten bewusst gewesen sei.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Beweislast dafür, dass die Angaben des Beklagten vor der Wirtschaftspolizei unrichtig und wider besseres Wissen abgelegt worden seien, treffe - wie bei Behauptungen in Strafanträgen - den Kläger. Hier liege aber kein begründeter Anhaltspunkt für die Annahme vor, der Beklagte (im erstgerichtlichen Beschluss ganz offenbar irrtümlich "der Kläger") habe im Zuge seiner Vernehmung vor der Wirtschaftspolizei wissentlich unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Rechtsfrage erheblich sei, ob ein bloß bescheinigter Sachverhalt die Grundlage für ein Verbot sein könne, in einem anderen Verfahren in einem bestimmten Sinn als Zeuge auszusagen. Dies erscheine fraglich, obliege doch in einem anhängigen Verfahren die Beurteilung der Richtigkeit der dort aufgenommenen Beweismittel ausschließlich dem Gericht (oder der Behörde), das (oder die) das Verfahren führe. Überdies strebe der Kläger im Ergebnis das Verbot einer neuerlichen Aussage des Beklagten an. Der durch die begehrte einstweilige Verfügung getroffene Zustand könne nicht wieder beseitigt werden, wenn der Beklagte im Hauptprozess obsiege. Dies widerspreche aber dem Wesen einer Sicherungsmaßnahme.

Der Revisionsrekurs des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Kläger in der Unterlassung seiner Einvernahme eine Nichtigkeit im Sinn des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO erblickt, weil dadurch sein rechtliches Gehör verletzt worden sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser Nichtigkeitsgrund nur bei völligem Ausschluss der Partei von der Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, gegeben wäre. Dadurch, dass eine Partei im Rahmen des Beweis- oder Bescheinigungsverfahrens nicht als solche vernommen wurde, wurde ihr nicht die Möglichkeit entzogen, vor Gericht zu "verhandeln". Das Unterbleiben der Parteieneinvernahme bei voller Wahrung der Möglichkeit, Prozessvorbringen zu erstatten und Anträge zu stellen, begründet keine Nichtigkeit, sondern kann allenfalls nur - je nach den Umständen des Einzelfalles - einen einfachen Verfahrensmangel bewirken (RIS-Justiz RS0107383; RS0042221).

Das Rekursgericht hat die Mängelrüge des Klägers, dass er nicht einvernommen worden sei, nicht übersehen, sondern sich mit ihr beschäftigt (S 8 ff des angefochtenen Beschlusses), sodass insoweit kein Mangel des Rekursverfahrens gegeben ist. Es hat aber den angeblichen Verfahrensmangel erster Instanz im Ergebnis als nicht gegeben erachtet, weshalb er nach ständiger Rechtsprechung mit Revisionsrekurs nicht mehr gerügt und vom Obersten Gerichtshof nicht mehr wahrgenommen werden kann (RIS-Justiz RS0042963). Auch die Begründung, die das Gericht zweiter Instanz für das Nichtvorliegen des Verfahrensmangels gegeben hat, ist der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (10 ObS 100/93 ua). Ein sekundärer Feststellungsmangel liegt hier nicht vor, weil das Erstgericht - wenn auch erst im Zusammenhang mit seiner rechtlichen Beurteilung - ausdrücklich als nicht bescheinigt annahm, dass die dem Sicherungsbegehren zugrunde liegende Aussage des Beklagten vor der Wirtschaftspolizei wissentlich unwahr gewesen sei, wobei es bereits die Bescheinigung der objektiven Unwahrheit als nicht gelungen ansah, wie sich aus seinen Ausführungen zur Würdigung der Angaben des Beklagten ergibt.

Die Ansicht der Vorinstanzen, dass bei behaupteten wissentlich falschen Anzeigen oder Aussagen (soweit Letztere überhaupt - was hier nicht weiter zu prüfen ist - Gegenstand eines Unterlassungsbegehrens sein können) der Kläger die Behauptungs- und Beweislast sowohl für die Unrichtigkeit als auch für den Vorsatz des Täters trifft, entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0105665). Hier haben die Vorinstanzen - worauf der Beklagte in seiner Rechtsmittelbeantwortung zutreffend verweist - zur Wahrheit der Tatsachenbehauptung eine Negativfeststellung getroffen, die nach der aufgezeigten Beweislastregel zu Lasten des Klägers geht. Da seine Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt, sondern von der wissentlichen Unrichtigkeit der festgestellten Äußerung des Beklagten ausgeht und somit insgesamt keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 402, 78 EO und den §§ 41 und 50 ZPO. Die Revisionsrekursbeantwortung enthält zutreffende Ausführungen zur Unzulässigkeit des Revisionsrekurses mangels erheblicher Rechtsfragen und diente daher der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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