OGH 7Ob53/01x

OGH7Ob53/01x17.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Süleyman K*****, vertreten durch Dr. Manfred Ammann, Rechtsanwalt in Rankweil, gegen die beklagte Partei Dietmar B*****, vertreten durch Dr. Andreas Brandtner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen S 108.000,-- samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 27. November 2000, GZ 4 R 193/00p-18, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 13. Juni 2000, GZ 7 C 104/00f-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird - soweit es nicht hinsichtlich der Teilabweisung von S 8.000,-- samt 4 % Zinsen seit 4. 4. 1991 unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist - im Übrigen aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Rechtsvorgängerin des Klägers, die B***** GmbH (in der Folge: Gesellschaft), pachtete mit Vertrag vom 20. 4. 1992 im damals noch im Miteigentum stehenden Haus F***** von Karl A***** Räumlichkeiten zum Betrieb eines Gast- u. Schankgewerbes. Der Geschäftsführer der Gesellschaft, der Kläger, leistete an Karl A***** am 3. 4. 1991 eine Kaution über S 145.000. Im Pachtvertrag war vereinbart, dass das Pachtverhältnis durch Zeitablauf mit 30. 3. 2001 enden sollte. Beiden Parteien wurde die Kündigung aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist eingeräumt.

Othmar M***** erwarb mit Kaufvertrag vom 5. 8. 1994 das Pachtobjekt, und zwar nach zwischenzeitig erfolgter Wohnungseigentumsbegründung 80/618-Anteile, mit dem Wohnungseigentum an GR 8, 42/618-Anteile mit dem verbundenen Wohnungseigentum an GR 9 sowie 24/618-Anteile mit dem verbundenen Wohnungseigentum an GR 10, je EZ *****, GB *****.

Mit Schreiben vom 23. 6. 1998 kündigte die früher klagende Gesellschaft unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten das Pachtverhältnis zum 31. 12. 1998 auf.

Am 25. 9. 1998 brachte Othmar M***** gegen die Gesellschaft beim Bezirksgericht Feldkirch zu 7 C 1250/98d eine Klage wegen rückständigen Pachtzinses und vom Bestandnehmer zu bezahlenden öffentlichen Abgaben in der Höhe von insgesamt S 65.499,22 samt Anhang ein. Am 20. 1. 1999 vereinbarten die Parteien Ruhen des Verfahrens.

Mit Kaufvertrag vom 15. 12. 1998 veräußerte Othmar M***** die vorhin genannten Wohnungseigentumseinheiten an den Beklagten. Als Gesamtkaufpreis wurde im Kaufvertrag ein Betrag von S 2 Mio vereinbart. Der Beklagte sollte keine Barzahlung leisten, sondern den grundbücherlich sichergestellten Kredit, den die Raiffeisenbank V***** regGenmbH Othmar M***** eingeräumt hatte, per 15. 4. 1999 zur Rückzahlung übernehmen. Es war bereits bei Abschluss des Kaufvertrages klargestellt, dass das Pachtverhältnis mit der früher klagenden Gesellschaft per 31. 12. 1998 aufgelöst ist. Dieser Umstand war für den Beklagten Bedingung für den Abschluss des Kaufvertrages, da der Beklagte die Liegenschaft selbst im Wege der Verpachtung hatte nutzen wollen.

Der Beklagte beantragte beim Bezirksgericht Feldkirch am 28. 12. 1998

die Einverleibung des Eigentumsrechts ob der 80/618-Anteile (= GR 8)

und der 42/618-Anteile (= GR 9) je EZ *****, Grundbuch *****, die mit

Beschluss vom 29. 12. 1998 bewilligt wurde.

Ende Dezember 1998 räumte die Gesellschaft das Pachtobjekt und übergab dem Beklagten im Auftrag und im Namen von Othmar M***** das Pachtobjekt. Im Februar 1999 führte er Gespräche mit potentiellen Pächtern. Erst am 4. 3. 1999 begehrte der Beklagte die Einverleibung des Eigentumsrechts hinsichtlich der 24/618-Anteile (= GR 10), die mit 8. 3. 1999 bewilligt wurde.

Der Kläger begehrt nun den Rückersatz der Kaution in der Höhe des Klagsbetrages vom Beklagten als nunmehrigen Eigentümer der Pachtobjekte. Im Verfahren 7 C 1250/98d des Bezirksgerichtes Feldkirch seien sämtliche Pacht- und Betriebskostenrückstände verglichen bzw ruhend gestellt worden. Es sei zuviel an Pachtzins verrechnet worden.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren nur damit, dass er die Miteigentumsanteile erst zu einem Zeitpunkt käuflich erworben habe, als die Gesellschaft das Bestandverhältnis bereits aufgelöst habe. Die Gesellschaft habe im zitierten Vorverfahren selbst mit der Kaution gegen die Forderung des Bestandgebers Othmar M***** aufgerechnet. Per 31. 12. 1998 stehe daher kein Kautionsrückforderungsanspruch mehr zu. Auf Grund der Aufrechnung sei Ruhen des Verfahrens vereinbart worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren vollinhaltlich ab. Da bezüglich der 24/618-Anteile (= GR 10) der Verbücherungsantrag des Beklagten beim Grundbuch erst am 4. 3. 1999 eingelangt sei, sei erst ab diesem Zeitpunkt der Eintritt des Objektwerbers in das Bestandverhältnis als bewirkt anzusehen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch das Bestandverhältnis längst aufgelöst gewesen.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Bei Erwerb von Teilen des Bestandobjektes erfolge noch kein Eintritt des Erwerbers nach § 1120 ABGB in das Bestandverhältnis. Wo mehrere Sachen durch einen Vertrag in Bestand gegeben seien, sei bei Veräußerung einer oder mehrerer von ihnen zwar grundsätzlich ein teilweiser Eintritt des Erwerbers möglich, doch sei dies auszuschließen, wenn durch den Vertragszweck die Einheit des Bestandverhältnisses bedingt sei. Davon müsse im konkreten Fall ausgegangen werden, da sich schon aus dem Pachtvertrag ergebe, dass die Räumlichkeiten einem einheitlichen Vertragszweck, nämlich der Ausübung des Gast- und Schankgewerbes, dienen sollten. Da die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Beklagten hinsichtlich der 24/618-Anteile erst am 4. 3. 1999 erfolgt sei, sei die Übergabe hinsichtlich des gesamten Pachtobjektes erst mit diesem Zeitpunkt als bewirkt anzusehen. Da dem Beklagten vom Veräußerer nicht Besitz und Verwaltung der Liegenschaft übertragen worden sei, reiche der außerbücherliche Erwerb nicht aus.

Das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig, da eine jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der Frage fehle, ob auch der Erwerb eines Teiles des Bestandobjektes, insbesondere bei Wohnungseigentum, den Eintritt gemäß § 1120 ABGB zur Folge habe.

Nur gegen die Abweisung eines Teilbetrages von S 100.000 samt 4 % Zinsen seit 4. 4. 1991 richtet sich die Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag, in eventu wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Rechtsfall fehlt, sie ist auch im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, dass auf Grund des Verbesserungsauftrages des Obersten Gerichtshofs vom 7. 5. 2001 klargestellt wurde, dass der Kläger die Revision erhoben hat.

Der Erwerber einer Bestandsache tritt mit deren Übergabe in das an ihr bestehende, durch Rechtsbesitz geschützte Bestandverhältnis ex lege ein (2 Ob 2344/96m; Würth in Rummel I3, § 1120 ABGB, Rz 1; RIS-Justiz RS0104141). Bei verbücherten Liegenschaften erfolgt dieser Eintritt des Erwerbers in die für das Kaufobjekt bestehenden Bestandverträge mit den gleichen Rechten und Pflichten wie sein Rechtsvorgänger erst mit der Eintragung ins Grundbuch (RIS-Justiz RS0021158, RS0011256). Nach § 1120 ABGB tritt der Erwerber auch in ihm unbekannte Nebenabreden des Bestandvertrages ein, soweit sie mit dessen Inhalt zusammenhängen und nicht bloß gelegentlich des Vertrages vereinbart wurden (2 Ob 2344/96m mwN). Die Vereinbarung einer Barkaution hängt mit dem Inhalt des Bestandvertrages zusammen, sie regelt das durch den Bestandvertrag geschaffene Rechtsverhältnis näher und soll dem Bestandgeber einen Deckungsfonds für künftige Forderungen (aus dem Bestandverhältnis) verschaffen. Der Anspruch auf Rückzahlung einer erlegten Kaution ist daher gegen den Objekterwerber durchzusetzen (2 Ob 2344/96m, 8 Ob 122/00z).

Als Erwerber der gegenständlichen Bestandsache hätte der Beklagte dem Kläger daher für eine noch zurückzuerstattende Barkaution grundsätzlich zu haften.

Der von den Vorinstanzen als entscheidungswesentlich angesehene Umstand, dass die Kündigung des Pachtvertrages schon vor dem (endgültigen) bücherlichen Erwerb der Bestandsache durch den Beklagten im März 1999 erfolgte, ist, falls - wie der Kläger behauptet - im März 1999 noch ein Kautionsrückforderungsanspruch bestand, unerheblich: war doch dann das Pachtverhältnis noch nicht zur Gänze abgewickelt und wirkte über den Zeitpunkt des bücherlichen Erwerbs der (gesamten) Bestandsache durch den Beklagten hinaus fort. Von diesem könnte die Kaution daher gemäß § 1120 ABGB (zurück)gefordert werden.

Damit stellt sich die vom Berufungsgericht als iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblich angesehene Rechtsfrage gar nicht.

Da das rechtswirksame Zustandekommen des Pachtvertrages mit dem Kläger (bzw seiner Rechtsvorgängerin) unstrittig ist, muss auch auf die kontroversiellen Lehrmeinungen Würths in Rummel3, § 1120 ABGB, Rz 2 und Binders in Schwimann2 § 1120 ABGB Rz 12 nicht eingegangen werden.

Die Rechtssache ist aber deshalb noch nicht zur Entscheidung reif, weil sich das Berufungsgericht mit der vom Beklagten erhobenen Beweisrüge (Berufungsbeantwortung ON 14 S 3 Punkt 3) bisher nicht auseinandergesetzt hat. Es fehlt damit noch an entsprechendem Tatsachensubstrat, um beurteilen zu können, ob nun der Kautionsrückforderungsanspruch des Klägers bereits vor Klagseinbringung durch Kompensation erloschen ist. Das Berufungsgericht wird im fortzusetzenden Verfahren die Beweisrüge des Beklagten einer Erledigung zuführen müssen, bevor es neuerlich seine Entscheidung fällen wird können.

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 52 ZPO.

Stichworte