OGH 4Ob44/01a

OGH4Ob44/01a14.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wolfgang R*****, vertreten durch Dr. Franz Thienen-Adlerflycht, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei V***** KG, ***** vertreten durch Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Schadenersatz (Gesamtstreitwert 630.000 S), über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 6. Dezember 2000, GZ 5 R 155/00a-34, womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 22. Mai 2000, GZ 24 Cg 38/99t-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 21.456 S (darin 3.576 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

2. Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die in ihren Aussprüchen über das Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren bestätigt werden, werden im Übrigen dahin abgeändert, dass die Entscheidung über das Entschädigungsbegehren und die Kostenentscheidung nunmehr zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 10.000 S samt 4% Zinsen seit 26. 4. 1999 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 90.000 S samt 4% Zinsen seit 26. 4. 1999 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 44.953,86 S (darin 7.492,31 S USt) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 39.185,58 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Eigentümerin, Verlegerin und Produzentin des Wochenmagazins F***** war im Oktober 1998 die ursprünglich beklagte F***** Zeitschriftenverlagsgesellschaft m.b.H. (FN 168320f), die auf Grund des Generalversammlungsbeschlusses vom 16. 2. 1999 gem § 5 UmwG unter gleichzeitiger Errichtung der Personengesellschaft F***** GesmbH & Co KG (FN 182284s) aufgelöst und gelöscht wurde. Letztere Personengesellschaft wurde infolge Zusammenschlussvertrags vom 27. 7. 1999 nach Übertragung ihres Vermögens gem § 142 HGB auf die nunmehr Beklagte aufgelöst und gelöscht. Die Beklagte (FN 25493s) brachte auf Grund des Zusammenschlussvertrags vom 27. 7. 1999 den Betrieb der Zeitschrift F***** gem Art IV UmgrStG in die V***** Gesellschaft m. b.H. (FN 183971x) ein. Einzige Gesellschafterin der V***** Gesellschaft m.b.H. (als neue Medieninhaberin von F*****) ist die Beklagte.

In der Ausgabe Nr. 3 vom 19. 10. 1998 erschien unter der Überschrift "Das 700-Millionen-Ding des Bankiers R*****" ein Artikel über den Kriminalfall Wolfgang R*****, der mit zwei Lichtbildern des Klägers illustriert ist. Rechts neben dem ersten Bild ist unter anderem zu lesen: "Wolfgang R*****, Bankier und Bankräuber, Strafanzeige: ...". Links neben dem ersten Bild befindet sich unter anderem folgende Textpassage: "... wie R***** jahrelang unbemerkt Bilanzen frisierte, Finanzministerium und Anleger täuschte". Rechts neben dem zweiten Bild befindet sich der Text "Plumpe Fälschung: Beträge ausgelackt, korrigiert, und nur eine Unterschrift. Und trotzdem null Probleme mit den Bilanzprüfern." In der Textberichterstattung finden sich unter anderem folgende Passagen:

"Minutiös geplanter Millionencoup. Der Verdächtige sammelte bereits am 30. September die Tresorschlüssel seiner Mitarbeiter ein. (...)

Die Vorbereitungen. Der Bankier hatte den Coup wochen-, wenn nicht sogar monatelang intensiv vorbereitet. (...) Der gebürtige Oberösterreicher (...) steht jetzt im dringenden Verdacht, bereits seit 1992 zumindest 600 Millionen Schilling veruntreut zu haben. Zusammen mit den nun aus dem Safe entwendeten 107 Millionen ergibt dies die bemerkenswerte Summe von 707 Millionen Schilling. Mindestens. (...) Am Dienstag der vergangenen Woche tauchten erstmals Belege dafür auf, dass R***** die Bilanzen des als äußerst profitabel geltenden Bankhauses jahrelang frisiert hatte. F***** vorliegenden Dokumenten zufolge gelang es ihm in mehreren Fällen, gefälschte Saldenbestätigungen (eine Art verbindlicher Bestätigung des Kontostandes) von Geschäftsbanken, bei denen er Konten unterhielt, beizuschaffen. (...) Auf diesem Wege gelang es R*****, seinen Buchprüfern wenigstens 300 Millionen Schilling an Guthaben vorzutäuschen. (...) Dennoch gelang es R***** bis ins heurige Jahr, offensichtlich fingierte Saldenbestätigungen über diese Konten vorzulegen (...) Diese Fälschungen waren nicht einmal gut gemacht.

(...) Nachdem R*****s Schwindel am Dienstag aufgeflogen war (...)

Auch die umstrittene ministerielle Bankenaufsicht ... und die

OeNB-Prüfer ... stießen sich nicht im geringsten an den plumpen

Fälschungen."

Der Artikel enthielt weiters die nicht der Wahrheit entsprechende Behauptung: "Die 320 Millionen Anlegergelder dürften bereits Monate vor seinem [gemeint: R*****s] Verschwinden auf ein halbes Dutzend seiner Privatkonten im Ausland geflossen sein."

Am 29. 10. 1998 gewährte der Kläger einem Mitarbeiter der Beklagten ein Interview, in welchem er den wirtschaftlichen Niedergang der betroffenen Bank schilderte. In diesem Interview gestand der Kläger, zahlreiche Geschäftsbücher gefälscht sowie durch Spekulationen einen Verlust von rund 900 Mio S erlitten zu haben. Eine nachträgliche Zustimmung zur Veröffentlichung der Bildnisse im Artikel vom 19. 10. 1998 erfolgte nicht. Mit Schreiben vom 17. 11. 1998 widerrief der Kläger gegenüber der Beklagten sein Geständnis. Der Kläger wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11. 2. 1999 wegen Veruntreuung von 69,366.997 S und 1,000.000 Schweizer Franken sowie wegen betrügerischer Krida hinsichtlich 10,450.000 S und 7,000.000 S schuldig erkannt; dieses Urteil wurde am 17. 3. 1999 rechtskräftig.

Der Kläger begehrt zuletzt,

1. die Beklagte sei schuldig, die Veröffentlichung von Lichtbildern des Klägers zu unterlassen, wenn im Begleittext zur Bildveröffentlichung die Behauptung aufgestellt werde,

a) der Kläger habe jahrelang Bilanzen frisiert, Saldenbestätigungen gefälscht, nicht vorhandene Guthaben vorgetäuscht und schon Monate vor seinem Verschwinden 600 Millionen S veruntreut, oder wenn durch sinngleiche Behauptungen der Kläger vor Rechtskraft eines diesbezüglichen Urteils als einer strafbaren Handlung überführt oder schuldig hingestellt und nicht bloß als tatverdächtig bezeichnet werde, und/oder

b) die 320 Millionen S Anlegergelder dürften bereits Monate vor seinem Verschwinden auf ein halbes Dutzend seiner Privatkonten im Ausland geflossen sein und/oder der Kläger hätte schon Monate vor seinem Verschwinden 600 Millionen S veruntreut, und/oder wenn inhaltsgleiche Behauptungen aufgestellt würden;

2. der Kläger werde ermächtigt, binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Urteiles dessen Punkte 1. und 2. auf Kosten der Beklagten in der periodischen Druckschrift F***** veröffentlichen zu lassen, wobei die Überschrift "Im Namen der Republik", sowie die Namen der Parteien in Fettdruck und die Namen der Parteienvertreter gesperrt gedruckt zu setzen sein werden und die Form der Veröffentlichung insgesamt den Anforderungen gemäß § 13 MedienG zu entsprechen hat;

3. die Beklagte sei schuldig, dem Kläger 100.00 S sA zu zahlen.

Die ohne Zustimmung des Klägers vorgenommene Veröffentlichung der beiden Lichtbilder habe unter Berücksichtigung des Begleittextes die Interessen des Klägers gröblichst verletzt und verstoße gegen § 78 UrhG. Der Kläger werde im Text einerseits der Begehung strafbarer Handlungen nicht nur verdächtig bezeichnet, sondern trotz fehlender rechtskräftiger Verurteilung als überführt oder schuldig hingestellt; andererseits werde er durch die unter Punkt 1b) beanstandete unrichtige Behauptung vor breiter Öffentlichkeit in einem Druckwerk in einer für Dritte wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung geziehen oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet sei, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen. Damit werde der Tatbestand der üblen Nachrede hergestellt. Der Kläger habe das ein Tatsachengeständnis enthaltende Interview erst nach der Veröffentlichung des beanstandeten Artikels samt Lichtbildern gegenüber der Zeitschrift N***** abgegeben, es jedoch nach Abdruck widerrufen. Es sei evident, dass die beanstandeten Bildnisveröffentlichungen im Zusammenhang mit den Verstößen gegen die Unschuldsvermutung und der eben beschriebenen unrichtigen Behauptung beim Kläger besonders empfindliche Kränkungen und Verletzungen verursacht hätten, die über das übliche Ausmaß eines mit einer unzulässigen Bildnisveröffentlichung regelmäßig verbundenen Ärgers weit hinausgingen. Die besondere Kränkung ergäbe sich schon aus dem Inhalt des beanstandeten Artikels. Der Kläger habe deshalb Anspruch auf Zuerkennung einer Entschädigung gemäß § 87 Abs 2 UrhG.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei nicht klagelegitimiert, weil über sein Vermögen das Konkursverfahren eingeleitet worden sei und er an den Klagevertreter sämtliche Ansprüche verpfändet habe. Die Veröffentlichung des beanstandeten Artikels sei vor dem Widerruf des Eingeständnisses der Tat erfolgt. Der Kläger sei persönlich anwesend gewesen, als der Redakteur von N***** die Redaktion der Beklagten angerufen und den gesamten Text des Interviews durchgegeben habe. Er habe damit nicht nur den dem Interview entsprechenden Artikel bestätigt und freigegeben, sondern auch den Gesamttext des Interviews bestätigt und eingestanden. Das Foto des Klägers, gegen den ein internationaler Haftbefehl erlassen worden sei, sei ausschließlich zu Fahndungszwecken veröffentlicht worden. Zudem sei er als Präsident eines Linzer Fußballclubs eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Die Beklagte wendet eine Gegenforderung in Höhe von 1,000.000 S aufrechnungsweise gegen die Klageforderung ein (AS 199); es handle sich um eine Forderung der R***** gegen den Kläger, die die V***** Gesellschaft m.b.H. erworben habe (AS 235).

Der Kläger bestritt den Bestand der Gegenforderung; deren Abtretung sei unzulässig und sittenwidrig.

Das Erstgericht stellte die Bezeichnung der Beklagten auf die V***** KG um; es sprach aus, die Beklagte sei schuldig, die Veröffentlichung von Lichtbildern des Klägers ab sofort zu unterlassen, wenn im Begleittext zur Bildveröffentlichung die Behauptung aufgestellt wird,

a) der Kläger habe jahrelang Bilanzen frisiert, Saldenbestätigungen gefälscht, nicht vorhandene Guthaben vorgetäuscht und schon Monate vor seinem Verschwinden 600 Millionen S veruntreut, oder wenn durch sinngleiche Behauptungen der Kläger vor Rechtskraft eines diesbezüglichen Urteils als einer strafbaren Handlung überführt oder als schuldig hingestellt und nicht bloß als tatverdächtig bezeichnet wird, und/oder b) die 320 Millionen S Anlegergelder dürften bereits Monate vor seinem Verschwinden auf ein halbes Dutzend seiner Privatkonten im Ausland geflossen sein, und/oder inhaltsgleiche Behauptungen aufgestellt werden. Weiters gab das Erstgericht dem Veröffentlichungsbegehren statt, während es das Leistungsbegehren abwies.

Das Erstgericht traf die "Feststellung", die gegenständliche Veröffentlichung bedeute keine empfindliche Kränkung für den Kläger; dies folge aus dem Umstand, dass der Kläger nicht bereit gewesen sei, zu seiner Einvernahme - auch wenn dies auf Grund seiner Haft mit gewissen Unannehmlichkeiten verbunden wäre - vor Gericht zu erscheinen. In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche Ansprüche höchstpersönlicher Natur seien, die überdies vom Konkursgericht gemäß § 119 Abs 5 KO aus der Konkursmasse ausgeschieden worden seien. Somit sei der Kläger über diese Ansprüche verfügungsberechtigt, prozessfähig und prozesslegitimiert, woran auch die Verpfändung von Ersatzansprüchen an die Klagevertreter nichts ändere. Der Gesamteindruck der beanstandeten Textpassagen vermittle dem Leser die Überzeugung, dass der Kläger die ihm vorgeworfenen Handlungen begangen habe. Durch diese Behauptungen, die vor Rechtskraft eines diesbezüglichen Strafurteils veröffentlicht worden seien bzw gar nicht Gegenstand des später gegen den Kläger erlassenen Strafurteils gewesen seien, habe die Beklagte die Unschuldsvermutung und damit auch berechtigte Interessen des Klägers iSd § 78 UrhG verletzt. Ein schützenswertes Interesse der Beklagten an dieser tatsachenwidrigen Information liege nicht vor. Das - später widerrufene - Tatsachengeständnis des Klägers sei rechtlich ohne Bedeutung, weil es erst nach erfolgter Veröffentlichung des Artikels abgelegt worden sei. Wiederholungsgefahr liege deshalb vor, weil die Beklagte während des Verfahrens nicht überzeugend dargetan habe, sie werde eine gleichartige Handlung in Zukunft nicht mehr ausführen. Immaterieller Schaden sei nur dann zu ersetzen, wenn es sich um eine ganz empfindliche Kränkung handle; eine solche liege hier nicht vor. Dass die Beklagte nicht mehr Medieninhaber von F***** sei, habe gem § 234 ZPO keinen Einfluss auf das Verfahren. Da die Gegenforderung nicht der Beklagten, sondern allenfalls der Verlagsgruppe N***** GmbH zustehe, sei darauf nicht näher einzugehen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit der Maßgabe, dass es die Aufstellung folgender Behauptung untersagte: "Die 320 Millionen S Anlegergelder dürften bereits Monate vor seinem Verschwinden auf ein halbes Dutzend seiner Privatkonten im Ausland geflossen sein, und/oder der Kläger hätte schon Monate vor seinem Verschwinden 600 Millionen S veruntreut und/oder inhaltsgleiche Behauptungen aufgestellt werden"; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision mangels Abweichung von höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht zulässig sei. Der Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens bedürfe besonderer, eine Entschädigung rechtfertigender Umstände, etwa einer ganz erheblichen Kränkung oder eines besonderen Ärgers. Zutreffend stelle das Erstgericht auf das subjektive Empfinden des Verletzten ab. Der Umstand, dass der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht bereit gewesen sei, bei Gericht zu seiner Einvernahme zu erscheinen, sei in richtiger Anwendung des § 381 ZPO dahin gewürdigt worden, dass die subjektive Kränkung des Klägers kein ganz empfindliches Ausmaß erreicht habe, zumal die Entschuldigung eines mit einer gerichtlichen Einvernahme verbundenen erhöhten Haftübels (Unannehmlichkeiten mit der Überstellung nach Wien) keine Berücksichtigung finden könne. Zu Recht sei das Erstgericht auch vom Bestehen einer Wiederholungsgefahr ausgegangen. Daran ändere auch der Wechsel der Medieninhaberin von F***** nichts, weil die nunmehr Beklagte Rechtsnachfolgerin der früheren Medieninhaberin sei, als solche auch existiere und neuerlich Verstöße im Sinne des Unterlassungsbegehrens begehen könne. Über die Gegenforderung sei schon deshalb nicht abzusprechen gewesen, weil das Zahlungsbegehren abgewiesen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers und die Revision der Beklagten sind zulässig, weil das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines auf § 87 Abs 2 UrhG gestützten Schadenersatzanspruchs unrichtig beurteilt hat und weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Wiederholungsgefahr im Zusammenhang mit einer Rechtsnachfolge fehlt; nur das Rechtsmittel des Klägers ist auch teilweise berechtigt.

1. Zur Revision der Beklagten

Die nunmehrige Beklagte vertritt die Ansicht, Wiederholungsgefahr liege deshalb nicht vor, weil die Person des Verletzers nicht mit ihr ident sei; sie habe nur ein Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommen, jedenfalls nicht die der ursprünglich Beklagten vorgeworfene Verletzungshandlung begangen und auch keine derartige Absicht bekundet. Der Übergang von Forderungen und Verbindlichkeiten könne dem Übergang von Unterlassungsverpflichtungen nicht gleichgehalten werden. Darüber hinaus falle Wiederholungsgefahr in der Regel mit der Einstellung des Unternehmens weg; die Beklagte habe den Zeitungsbetrieb der V***** Gesellschaft m.b.H. übertragen, was einer Schließung ihres Geschäftsbetriebs gleichkomme. Dazu ist zu erwägen:

Die nunmehrige Beklagte ist durch Umwandlung nach § 5 UmwG und Vermögensübernahme nach § 142 HGB - beides Fälle einer Gesamtrechtsnachfolge (zum UmwG: HS 14.355; 9 Ob 154/00p; zu § 142 HGB: EvBl 2000/154 = GesRZ 2000, 167 = RdW 2000, 193 mwN) - entstanden. Ist sie damit auf Grund dieser Vorgänge uno actu in sämtliche Rechte und Pflichten ihrer Rechtsvorgänger eingetreten (vgl RdW 1997, 724 = RdW 1998, 405 = ecolex 1998, 922 [Reich-Rohrwig 915], wonach selbst Unterlassungsverpflichtungen auf den Gesamtrechtsnachfolger übergehen), muss sie sich als juristische Person konsequenterweise auch das bisherige rechtswidrige Verhalten jener Gesellschaften, die ihre Rechtsvorgänger waren, zurechnen lassen.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hat die Beklagte den Betrieb der Zeitschrift F***** durch Zusammenschlussvertrag vom 27. 7. 1999 im Wege der Einzelrechtsnachfolge an die V*****Gesellschaft m. b.H. übertragen. Der Beklagten ist darin zuzustimmen, dass nach Ansicht der Rechtsprechung die Wiederholungsgefahr bei der Veräußerung eines Unternehmens (SZ 37/49 = ÖBl 1964, 75 - Heereskraftfahrerabzeichen) oder seiner Schließung (ÖBl 1972, 126 - Perücken-Ausverkauf) im Allgemeinen wegfallen wird. Anderes gilt aber etwa dann, wenn ernstliche Anzeichen dafür bestehen, dass der Betrieb

Auch im vorliegenden Fall ist die Betriebsübertragung allein kein

ausreichendes Indiz für einen Wegfall der Wiederholungsgefahr: Zwar

hat die Beklagte nach den Feststellungen den Betrieb jener

Zeitschrift, in der die Urheberrechtsverletzung erfolgt ist,

vertraglich einer GmbH überlassen; entscheidend fällt dabei aber ins Gewicht, dass Alleingesellschafterin dieser GmbH wiederum die Beklagte selbst ist. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise kann somit bei diesem Sachverhalt keine Rede davon sein, es sei auszuschließen, dass die Beklagte zukünftig jemals wieder eine Tätigkeit auf dem Gebiet des Medienwesens ausüben werde, zumal dafür nur die (allein von ihrem Willen abhängige) Rückübertragung der Betriebsführung der Zeitschrift auf sie erforderlich wäre. Es liegen somit auf Grund der aufgezeigten gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen entgegen dem äußeren Anschein besondere Gründe dafür vor, dass mit der Aufgabe einer bestimmten Geschäftstätigkeit durch die Beklagte noch nicht ihr endgültiger Rückzug vom Markt verbunden ist. Der Beklagten kann daher nicht darin beigepflichtet werden, es sei unter den vorliegenden Umständen von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr auszugehen. Ihrer Revision kann somit kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

2. Zur Revision des Klägers:

Nach Ansicht des Klägers könne eine empfindliche Kränkung iSd § 87 Abs 2 UrhG auch in der Art und Intensität des Eingriffs in Bildnisrechte des Verletzten liegen; solches sei hier der Fall. Abzustellen sei regelmäßig nicht auf die konkrete Persönlichkeitsstruktur des Geschädigten, sondern darauf, ob auch ein Durchschnittsmensch in dessen Situation nachvollziehbar Unlustgefühle verspüre.

Immaterieller Schaden nach § 87 Abs 2 UrhG ist dann zu ersetzen, wenn die Beeinträchtigung den mit jeder Urheberrechtsverletzung verbundenen Ärger übersteigt, es sich also um eine ganz empfindliche Kränkung handelt; das gilt auch bei Verletzungen des Bildnisschutzes gem § 78 UrhG (SZ 67/71 = ÖBl 1995, 186 - Lebensberater mwN). Der Zuspruch einer Entschädigung setzt dabei konkrete Behauptungen voraus, welche Nachteile persönlicher Art entstanden seien und warum das Verhalten des Schädigers als besondere Kränkung empfunden werde

(stRsp SZ 71/92 = JBl 1998, 793 = MR 1998, 194 - Rauchfänge mwN;

ÖBl-LS 2000/127 = MR 2000, 303 - Wirtschaftspolizist). Ergibt sich

aber schon aus der Behauptung der im konkreten Einzelfall

beeinträchtigten Interessen eine solche empfindliche Kränkung, dann

hat der Kläger damit auch schon die Voraussetzungen für den Anspruch

auf Ersatz des immateriellen Schadens gemäß § 87 Abs 2 UrhG dargetan

(SZ 67/71 = ÖBl 1995, 186 - Lebensberater mwN; MR 1996, 185 [Walter

240] = ÖBl 1996, 298 - Gerhard Berger II; SZ 71/131).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger zur Verletzung seiner berechtigten Interessen iSd § 78 UrhG vorgetragen, über das übliche Ausmaß weit hinausgehende besonders empfindliche Kränkungen und Verletzungen durch die beanstandete Bildnisveröffentlichung seien "evident". Mit diesen Behauptungen zur Verletzung seiner berechtigten Interessen hat der Kläger hinreichend dargetan, dass durch die beanstandeten Bildnisveröffentlichungen eine den üblichen, mit solchen Rechtsverletzungen stets verbundenen Ärger weit übersteigende besonders empfindliche Kränkung bewirkt worden sei. Er hat damit zum Vorliegen der Voraussetzungen gem § 87 Abs 2 UrhG ausreichend konkrete Behauptungen aufgestellt, deren Richtigkeit - auch ohne Durchführung der Parteienvernehmung des Klägers - allein durch Einsichtnahme in den Begleittext zur Bildnisveröffentlichung beurteilt werden kann. Zu berücksichtigen ist im Fall des § 87 Abs 2 UrhG nämlich nicht allein das subjektive Empfinden des Verletzten; maßgebend ist vielmehr, ob und in welchem Ausmaß seine Persönlichkeit im weitesten Sinn - Gefühlssphäre, geistige Interessen und äußerer Bereich der Persönlichkeit - durch die Rechtsverletzung in objektivierbarer Weise beeinträchtigt wird (MR 2000, 16 - Psychotest). Dass der Kläger zur Parteienvernehmung nicht erschienen ist, lässt deshalb - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - noch nicht den Schluss zu, mit der beanstandeten Veröffentlichung sei für den Kläger keine empfindliche Kränkung verbunden. Eine solche ergibt sich vielmehr bereits aus der Verletzung der Unschuldsvermutung durch die Textberichterstattung sowie des gegen ihn erhobenen - unberechtigten - Vorwurfs strafbarer Handlungen, nämlich des Verschiebens von Kundengeldern auf seine Privatkonten. Dass konkrete Umstände vorlägen, aus welchen geschlossen werden müsse, der Kläger habe durch diese Berichterstattung keinen Gefühlsschaden erlitten, hat die Beklagte in erster Instanz weder behauptet noch bewiesen. Der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens erweist sich daher dem Grunde nach als berechtigt.

Bei Ausmessung der Höhe des Ersatzbetrags ist in Fällen der Verletzung des Bildnisschutzes in Verbindung mit einer herabsetzenden, das Sachlichkeitsgebot und die Unschuldsvermutung verletzenden Kriminalberichterstattung zu berücksichtigen, wie weit sich die beanstandete Textberichterstattung im nachfolgenden Strafverfahren als zutreffend herausgestellt hat; wird nämlich der Schadenersatzkläger in der Folge tatsächlich strafgerichtlich verurteilt, ist er umso geringer in berechtigten Interessen verletzt, je näher die "überschießende" Berichterstattung dem Strafurteil gekommen ist (MR 2000, 16 - Psychotest).

Durch die Textberichterstattung zur Bildnisveröffentlichung wird der Kläger einerseits unter Verletzung der Unschuldsvermutung der Begehung strafbarer Handlungen als überführt dargestellt, obwohl im Veröffentlichungszeitpunkt nur ein Tatverdacht gegen ihn bestand, andererseits wird ihm vorgeworfen, Kundengelder in großem Ausmaß auf Privatkonten verschoben zu haben, wobei die Richtigkeit dieser Behauptung im Strafverfahren nicht erwiesen worden ist. Zu Lasten des Klägers fällt hingegen ins Gewicht, dass das gegen ihn geführte Strafverfahren mit einer Verurteilung wegen Veruntreuung geendet hat. Bei Abwägung der aufgezeigten Kriterien ist der Anspruch des Klägers für den durch die Berichterstattung der Beklagten erlittenen immateriellen Schaden mit 10.000 S zu bemessen (§ 273 ZPO). Die eingewendete Gegenforderung führt zu keiner Prozessaufrechnung, weil sie - nach ihrem eigenen Vorbringen - nicht der Beklagten, sondern der V***** Gesellschaft m.b.H. zusteht, es somit an der Gegenseitigkeit der Forderungen fehlt (Koziol/Welser II11, 90 mwN). Das angefochtene Urteil war deshalb im aufgezeigten Umfang abzuändern, im Übrigen aber zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO, im Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO. Im Verfahren erster Instanz hat der Kläger mit 85 % seines Begehrens obsiegt; die Beklagte hat ihm deshalb 70 % seines Kostenaufwands zu ersetzen. Im Rechtsmittelverfahren war der Kläger mit seinen Rechtsmitteln zu 20 % erfolgreich und hat die Rechtsmittel der Beklagten zur Gänze erfolgreich abgewehrt; ihm waren deshalb die Kosten seiner Rechtsmittelgegenschriften abzüglich 60 % der Kosten der Beklagten für deren Rechtsmittelgegenschriften zuzusprechen.

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