OGH 9Ob154/00p

OGH9Ob154/00p6.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Norbert K*****, vertreten durch Dr. Winfried Sattlegger und andere, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte und widerklagende Partei Dr. Alfred R*****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger und andere, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 55.337,08 sA (eingeschränkt) und 30.843,16 sA, über die Revision (Revisionsinteresse S 55.337,08) der beklagten und widerklagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 10. Februar 2000, GZ 11 R 347/99x-35, womit infolge Berufung der beklagten und widerklagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 1. August 1999, GZ 32 C 367/98f, 32 C 509/99i-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit ihrer Klage vom 9.7.1997 begehrte die Norbert K***** Gesellschaft mbH & Co KG zunächst den Zuspruch von S 132.557,28 sA. Die Klägerin habe im Auftrag des Beklagten über einen längeren Zeitraum verteilt eine Vielzahl von Arbeiten betreffend die Innenaussstattung seines Hauses durchgeführt bzw Lieferungen getätigt. Lieferungen und Leistungen seien zu vereinbarten und angemessenen Preisen mängelfrei erfüllt worden. Nach einem Grundauftrag mit geringerem Umfang habe der Beklagte eine Reihe von Zusatzaufträgen sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht erteilt. Er könne sich demnach nicht darauf berufen, dass die Rechnung einen Betrag von S 81.000 ohne Umsatzsteuer überstiegen habe, weil durch die vielfachen Änderungs- und Ergänzungswünsche klar sein musste, dass die vom Geschäftsführer der Klägerin handschriftlich angefertigte grobe Aufstellung dies nicht abdecken könne. Dem Verjährungseinwand des Beklagten wurde entgegengehalten, dass seinem Wunsche entsprechend eine einheitliche Rechnung gelegt werden sollte, diese auch unmittelbar nach Abschluss der Leistungserbringung gelegt und die Klage somit innerhalb der Verjährungsfrist erhoben worden sei. Infolge einer weiteren Zahlung vom 11. 7. 1997 in Höhe von S 77.220,20 schränkte die klagende Partei ihr Begehren auf S 55.337,08 sA ein.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klageberehrens und wendete ein, dass dem Auftrag ein verbindlicher Kostenvoranschlag der klagenden Partei zu Grunde gelegen sei. Die weiteren und gesondert abzurechnenden Einzelaufträge könnten damit nicht im Zusammenhang gesehen werden, sodass die vom Kostenvoranschlag umfassten Leistungen nur in der veranschlagten Höhe zu zahlen seien. Sämtliche Forderungen der Klägerin fänden in den bisherigen Zahlungen jedenfalls Deckung. Im Übrigen sei ein Teil der Forderungen bereits verjährt, weil für den ursprünglich vereinbarten Leistungsumfang einerseits und für die zusätzlich aufgetragenen Leistungen andererseits getrennte Rechnungen vereinbart worden seien. Weiters wurde eingewendet, dass die Gesamtrechnung, weil vereinbarungswidrig, auch die Fälligkeit noch nicht verjährter Teilforderungen hindere.

In der Tagsatzung vom 27. 10. 1998 (ON 13) gab der Klagevertreter bekannt, dass sich die Rechtsform der klagenden Partei geändert habe, weil sich sowohl die GesmbH (Komplementär) als auch die GmbH & Co KG aufgelöst hätten und es sich "nunmehr um ein nicht protokolliertes Einzelunternehmen, lautend auf Norbert K*****, mit Standort M***** so wie bisher handle". Daraufhin fasste das Erstgericht von Amts wegen den Beschluss, womit die Parteienbezeichnung auf "Norbert K*****, nicht protokolliertes Einzelunternehmen, M*****" richtiggestellt wurde (AS 59). Beide Parteien beantragten keine Beschlussausfertigung und äußerten sich zunächst auch sonst nicht zu diesem Beschluss. In der vom Beklagten gegen Norbert K***** persönlich eingebrachten Widerklage vom 2. 6. 1999 (32 C 509/99i) berief sich der Beklagte und Widerkläger vielmehr ausdrücklich darauf, dass der genannte Beschluss des Erstgerichtes in Rechtskraft erwachsen sei. In dieser Widerklage begehrte er die Rückzahlung von S 30.843,16 sA. Auf Grund des Sachverständigengutachtens sei nämlich davon auszugehen, dass der Beklagte und Widerkläger nicht nur alles gezahlt habe, was er dem (nunmehrigen) Kläger schulde, sondern sogar eine Überzahlung in der in der Widerklage genannten Höhe getätigt habe.

Sowohl den Einwand der Verjährung als auch den weiteren Einwand, nur zur Hälfte passiv legitimiert zu sein, hielt der Beklagte und Widerkläger im Revisionsverfahren nicht mehr aufrecht.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten und Widerkläger schuldig, dem Kläger S 55.337,08 zuzüglich 4 % gestaffelter Zinsen zu zahlen und wies das Begehren der Widerklage auf Zahlung von S 30.843,16 sA ab.

Es traf im Wesentlichen folgende Feststellungen:

Der Beklagte und Widerkläger (im Folgenden nur Beklagter genannt) suchte seinen Schulfreund, den Kläger und Widerbeklagten (im Folgenden nur Kläger genannt) auf, um von ihm die Ausstattung seines neu erworbenen Hauses mit Textilien durchführen zu lassen. Im März 1992 erfolgte zunächst eine Auftragserteilung; im Laufe der Werkausführung reihten sich daran sukzessive Ergänzungs- und Abänderungswünsche. Letztlich wurde die Arbeit im Juli 1994 fertiggestellt. Besprechungen über die Ausstattungswünsche fanden im Beisein der Gattin des Beklagten statt. Die Arbeiten begannen mit dem Esszimmer. Die Gattin des Beklagten hatte Stoffe für die Tapezierung ausgesucht, aus demselben Stoff sollten Vorhänge genäht werden. Der Kläger fertigte für sich eine handschriftliche Kalkulation mit überschlagsmäßigen Zahlungen an (Blg./B). Die Positionen Material, Arbeitszeit etc wurden nicht sauber getrennt, ein Mehrwertsteuerbetrag schien auf dem Konzept nicht auf. Als Basis für den Überschlag diente eine vom Beklagten übergebene Planskizze einer Rundbank. Zur Ausführung kam eine aufwendigere Variante, welche der Beklagte gewünscht hatte. Im Obergeschoß wurden die Fenster textil gestaltet; auch hier wurde die Auswahl des Stoffes vom Beklagten getroffen. Die Werkerfüllung erfolgte Raum für Raum. Die Rechnungslegung wurde jedoch nicht je Zimmer nach dessen Fertigstellung gewünscht, sondern es sollte eine Gesamtrechnung für das ganze Haus gelegt werden. Während der Ausführung der Arbeiten wurden Ergänzungsaufträge erteilt, wie die Anfertigung von Zierkissen, Tapezierung eines Klavierhockers, einer Erker-Draperie, fünf Pölstern für eine Rattan-Gruppe etc. Im Schlafzimmer wurde anstelle eines zunächst bestellten Stores die Tapezierung gewünscht. Als letzter Arbeitsschritt wurde die Gestaltung im Eingangsbereich vorgenommen. Vorerst wollte der Beklagte dort ein Raff-Rollo, wünschte sich jedoch nachträglich einen Wolkenstore. Diese Umänderung wurde dem Beklagten nicht in Rechnung gestellt. Machten die Abänderungswünsche einen Mehraufwand erforderlich, so wurde der Beklagte darauf hingewiesen; des weiteren lag es auf der Hand, dass die Auswahl überdurchschnittlicher Stoffe auch höhere Preise nach sich zieht. Nachdem das Werk im Sommer 1994 beendet war, erhob der Beklagte keine Mängelrüge, sondern war mit der Ausführung zufrieden.

Während der laufenden Arbeiten leistete der Beklagte zweimal Akonti von je S 40.000. Im März 1996 wurde die Rechnung gelegt. Eine endgültige Besprechung dieser Faktura fand am 28.12.1996 statt, dabei wurden Irrtümer, wie ein unterlaufener Ziffernsturz oder die verfehlte Aufnahme eines von dritter Seite gelieferten Dekorstoffes korrigiert. Der Kläger legte eine Gesamtrechnung über einen Betrag von S 183.390,86 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer. Angemessen war ein Nettobetrag von S 188.027,11. Die Preisansätze, die der Kläger in seinem "handschriftlichen Anschlag" (gemeint wohl: Überschlagsrechnung) gewählt hatte, gingen von einer durchschnittlichen Ausführung mit Standardmaterialien aus; tatsächlich stellte die Arbeit zum Teil eine gehobene Ausführung mit teureren Materialien dar. Das Gesamtausmaß der erbrachten Arbeiten wurde korrekt verzeichnet.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass die handschriftliche Notiz des Klägers keinen verbindlichen Kostenvoranschlag dargestellt habe und sich der Kläger überdies auch auf keine Preisvereinbarung berufen könne, weil er zahlreiche Änderungswünsche auf kostspieligere Ausstattung getätigt habe. Mangels Preisvereinbarung habe der Kläger Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Preises; daran habe er sich bei der Rechnungslegung gehalten. Schließlich führte das Erstgericht zur Aktivlegitimation des Klägers aus, dass die Parteiberichtigung gemäß § 235 Abs 5 ZPO zutreffend erfolgt sei, weil eine nicht mehr existierende GmbH & Co KG die Klägerin gewesen sei und die Parteibezeichnung daher auf den tatsächlich für sie Handelnden umgestellt werden konnte. Aus dem gesamten Prozessvolumen als auch aus der Widerklage gehe ohnedies deutlich und unmissverständlich hervor, dass Norbert K***** das anspruchsberechtigte Rechtssubjekt bzw nach dem Wunsch des Klägers das verpflichtete Rechtssubjekt sein sollte.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es vertrat zunächst die Rechtsauffassung, dass sich der Beschluss des Erstgerichtes über die "Änderung der Parteibezeichnung" als überflüssig erwiesen habe. Bei der Auflösung der GesmbH & Co KG sei es auch zur Auflösung der Gesamthandschaft und somit zu einer Änderung der Rechtsform gekommen, auf welche die Parteien und das Gericht reagiert hätten. Der nunmehrige Kläger sei als persönlich haftender Gesamthänder der vormalig klagserhebenden Kommanditgesellschaft für eben denselben Klagsanspruch wie die Kommanditgesellschaft prozessführungsbefugt, der Beklagte habe durch Zustimmung zu diesem Beschluss sein Einverständnis zum gewillkürten Parteiwechsel erklärt.

Es vertrat im Übrigen wie das Erstgericht die Meinung, dass ein verbindlicher Kostenvoranschlag nicht erstellt worden und der Beklagte daher nicht berechtigt sei, sich auf einen solchen zu berufen.

Nach Antragstellung des Beklagten im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO erklärte das Berufungsgericht die ordentliche Revision für zulässig. Es fehle an Rechtsprechung zur Frage, wer als Partei legitimiert sei, wenn nach Auflösung einer Personengesellschaft ein Gesellschafter das Verfahren fortsetze, dieser an sich zulässige Parteiwechsel aber vom Gericht unrichtig in einen Beschluss über die Berichtigung der Parteienbezeichnung gekleidet werde.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes, soweit damit der Klage des Norbert K***** stattgegeben wurde, richtet sich die Revision des Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass die Klage abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei der Annahme eines zulässigen Parteiwechsels auf Klagsseite die tatsächlich eingetretene Rechtsnachfolge nicht berücksichtigt hat; sie ist aber nicht berechtigt.

Aus dem Firmenbuch des Landesgerichtes Linz ergibt sich Folgendes:

Komplementärin der zu FN ***** eingetragenen Norbert K***** Gesellschaft mbH & Co KG mit dem Sitz in Linz war die Norbert K***** GesmbH, Kommanditist war Norbert K*****. Am 8.10.1998 wurde die Löschung der GesmbH & Co KG eingetragen, gemäß § 142 HGB wurde das Vermögen der Gesellschaft durch die Norbert K***** GesmbH übernommen. Nach der Rechtsprechung (EvBl 1996/101 mwN, insbes zur herrschenden Lehre) gilt die Anwachsung im Sinne des § 142 HGB als Universalsukzession. Die zu FN ***** des Firmenbuches des Landesgerichtes Linz eingetragene Norbert K***** GesmbH mit dem Sitz in Linz, deren Alleingesellschafter und zuletzt auch alleiniger Geschäftsführer Norbert K***** war, wurde am 13.10.1998 im Firmenbuch gelöscht. Auf Grund eines Generalversammlungsbeschlusses vom 8.9.1998 wurde die GesmbH gemäß § 2 f UmwG durch Übertragung des Unternehmens auf den Gesellschafter Norbert K***** umgewandelt. Eine solche Umwandlung stellt gemäß § 1 UmwG (EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz), BGBl Nr 304/1996, ebenfalls eine Gesamtrechtsnachfolge dar.

Es entspricht nunmehr ständiger Rechtsprechung, dass Fälle der Gesamtrechtsnachfolge zu einer Berichtigung der Parteibezeichnung gemäß § 235 Abs 5 ZPO führen (EvBl 1996/101 mwN). Daraus folgt, dass das Erstgericht völlig zu Recht eine (von den Parteien unbekämpfte) Richtigstellung der Parteibezeichnung auf den Gesamtrechtsnachfolger der Komplementärgesellschaft, welche ihrerseits wieder Gesamtrechtsnachfolger der GmbH & Co KG war, vorgenommen hat, sodass sowohl die Erwägungen des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit eines Parteiwechsels auf sich beruhen können als auch die in diesem Zusammenhang vom Beklagten geltend gemachten Aktenwidrigkeiten unerheblich sind. Auf Grund der Gesamtrechtsnachfolge des nunmehrigen Klägers ist aber auch dem Einwand der mangelnden Aktivlegitimation der Boden entzogen.

Der weiters vom Beklagten gerügte Verfahrensmangel wurde geprüft, er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Letztlich vermögen auch die zum Vorliegen eines verbindlichen Kostenvoranschlages vorgebrachten Argumente nicht zu überzeugen. Das Erstgericht hat nämlich festgestellt, dass der Kläger für sich eine handschriftliche Kalkulation angefertigt hat (AS 143 f). Nicht festgestellt wurde hingegen, dass dieser Kostenvoranschlag dem Beklagten übergeben oder aber mit diesem erörtert worden wäre. Wohl rügte der Beklagte in seiner Berufung die vorgenannte Feststellung (AS 171), doch erachtete das Berufungsgericht, auf diese Tatsachenrüge mangels gesetzmäßiger Ausführung nicht eingehen zu können (AS 196 f). Diese Auffassung des Berufungsgerichtes ist zutreffend und stellt daher auch keinen Verfahrensmangel dar. Die Beweisrüge lässt nämlich sowohl vermissen, auf Grund welcher unrichtiger Beweiswürdigung die bekämpfte Feststellung getroffen wurde, als auch, welche alternative Feststellung begehrt wird und auf Grund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen eine andere Feststellung zu treffen gewesen wäre (Kodek in Rechberger ZPO2 mwN).

Somit fehlt es aber an Tatsachenfeststellungen, welche auf das Vorliegen eines (verbindlichen) Kostenvoranschlages oder aber einer - bei notwendigen Abweichungen - mit Warnpflichten verbundenen Kostenschätzung schließen ließen, sodass auf die diesbezüglichen Ausführungen des Revisionswerbers nicht weiter einzugehen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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