OGH 4Ob352/63

OGH4Ob352/637.4.1964

SZ 37/49

Normen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §14
UrhG §81 (1)
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §14
UrhG §81 (1)

 

Spruch:

Ausschluß der Wiederholungsgefahr (§ 14 UWG., § 81 UrhG.) durch Veräußerung des Unternehmens und Ausscheiden aus dem Gewerbebetrieb.

Entscheidung vom 7. April 1964, 4 Ob 352/63. I. Instanz:

Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger betreibt ein Metallprägewerk. Er behauptet, für das österreichische Bundesheer ein Heereskraftfahrerabzeichen entworfen und hergestellt zu haben. Es bestehe aus einem aus Blättern gebildeten Kranz, an welchem sich oben das Bundeswappen befinde. In der ausgesparten runden Mitte sei ein Flügel mit einem Lenkrad samt Lenksäule und dreieckartigem Abschluß. Die Beklagte betreibe eine Metallwarenfabrik, die sich unter anderem auch mit der Herstellung von Abzeichen befasse. Die Beklagte habe für die österreichische Bundesgendarmerie ein Abzeichen hergestellt und geliefert, das eine sklavische Nachahmung des Erzeugnisses des Klägers darstelle. Diese verletze das Urheberrecht des Klägers und verstoße auch gegen den lauteren Wettbewerb. Der Kläger begehrt Verurteilung der Beklagten, die Herstellung und den Vertrieb des Abzeichens mit der Inschrift "Kraftfahrer - Bundesgendarmerie" in einer den von der klagenden Partei hergestellten Abzeichen mit der Inschrift:

"Heereskraftfahrer" gleichen oder ähnlichen Weise zu unterlassen; die bereits hergestellten oder verbreiteten sowie die zur Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke der beschriebenen Art zu vernichten und die ausschließlich zur widerrechtlichen Vervielfältigung bestimmte Prägestanze unbrauchbar zu machen; hinsichtlich der bereits veräußerten Abzeichen Rechnung über den dabei erzielten Gewinn zu legen und einen Eid darüber zu leisten, daß ihre Angaben richtig und vollständig sind; diesen Gewinn, dessen ziffernmäßige Angabe erst nach Durchführung des Verfahrens nach Art. XII EGzZPO. erfolgen werde, der klagenden Partei herauszugeben; dieses Urteil auf ihre Kosten durch die klagende Partei einmal in der "Wiener Zeitung" veröffentlichen zu lassen.

Die Beklagte beantragt Klagsabweisung. Sie behauptet, der Gesamteindruck der in Frage stehenden Abzeichen sei grundverschieden, eine verwechselbare Ähnlichkeit bestehe nicht. Die Beklagte habe im Sommer 1962 ihr Unternehmen an Eleonore R. verkauft und den Gewerbeschein für die Erzeugung von Gürtlerwaren vom 23. März 1926 am 27. August 1962 zurückgelegt. Es bestehe somit keine Wiederholungsgefahr. Die Beklagte sei nach keiner Vorschrift des bürgerlichen Rechtes verpflichtet, dem Kläger ihr Vermögen oder ihre Schulden anzugeben. Weil sie nicht mehr Eigentümer des Unternehmens sei, könne sie auch nicht verpflichtet werden, die verbreiteten Stücke, an denen dritte Personen bereits Eigentum erworben haben, zu vernichten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab; es stellte fest:

Der Kläger betreibe ein Metallprägewerk in Wien, er habe im Auftrage des österreichischen Bundesheeres ein Heereskraftfahrerabzeichen hergestellt, bei dem es sich um einen aus Blättern gebildeten Kranz, in welchem sich das Bundeswappen befinde, handle. In der ausgesparten runden Mitte sei ein Fügel mit einem Rad samt Lenksäule mit dreieckigem Abschluß. Die Inschrift laute "Heereskraftfahrergehilfe" ...... Das von der Beklagten früher erzeugte Abzeichen bestehe ebenfalls aus Kranz mit Staatswappen und Flügelrad mit Lenksäule. Es sei kleiner und trage die Aufschrift "Bundesgendarmerie Fahrlehrer". Die Farben seien in Gold oder Silber. Am unteren Teil des Kranzes befänden sich zwei Eicheln. Der Kranz sei beim Staatswappen unterbrochen. Das Unternehmen der beklagten Partei sei am 1. August 1962 verkauft und am 6. August 1962 von Eleonore R. übernommen worden. Werkzeuge und Maschinen seien von der Käuferin ebenso wie die Räumlichkeiten zur Gänze übernommen worden. Die Beklagte arbeite nicht im Betriebe der Käuferin und sei auch niemals dort tätig gewesen. Sie übe eine derartige Tätigkeit seither nicht mehr aus.

Das Erstgericht nahm an, daß Wiederholungsgefahr nicht bestehe. Weder am Werke als Ganzem noch in seinen Teilen werde ein Urheberrecht des Klägers verletzt. Mangels privatrechtlicher Auskunftspflicht des Schädigers sei eine Klage auf Rechnungslegung zur Ermittlung der Höhe des Schadens unzulässig.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger berufen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige. Das Berufungsgericht billigte die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes sowie im wesentlichen auch seine Rechtsansichten. Es hielt aber für überflüssig darauf einzugehen, ob das Abzeichen des Klägers ein urheberrechtlich geschütztes Werk sei und ob die Beklagte ein Urheberrecht des Klägers verletzt habe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger hat in seinem Beweisantrag vom 24. April 1963 behauptet, daß die Beklagte mit der Veräußerung ihres Unternehmens offenbar auch alle Stampiglien und Werkzeuge, die der Herstellung des streitgegenständlichen Abzeichens dienten, mitveräußert habe. In der Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung vom 22. Mai 1963 beantragte der Klagevertreter die Vernehmung der Zeugin Anna R. zum Beweise dafür, daß die Stanzen, mit denen das Abzeichen hergestellt wurde und immer noch erzeugt werde, durch Eleonore R. von der Beklagten übernommen wurden. Das Erstgericht hat diesen Beweis wegen Unerheblichkeit nicht durchgeführt. Es stellte in seinem Urteile fest, daß Eleonore R. das Unternehmen der beklagten Partei gekauft und am 6. August 1962 samt Werkzeugen und Maschinen einschließlich der Räumlichkeiten zur Gänze übernommen habe. Das Berufungsgericht hat diese Feststellungen gebilligt. In der Berufung macht der Kläger Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, weil die Zeugin Anna R. nicht über seine Behauptung vernommen wurde, daß die Stanzen für das strittige Abzeichen von der Beklagten weiterveräußert worden seien und diese Abzeichen auch weiterhin noch erzeugt werden. Das Berufungsgericht hielt eine Beweiserhebung darüber, ob die Käuferin die dem Beseitigungsanspruch unterworfenen Gegenstände besitze, oder gar verwende, für unerheblich. In der Revision wird neuerlich Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht, weil nicht untersucht und festgestellt worden sei, ob auch die gegenständlichen Stanzen mitveräußert worden seien. Das sei in I. Instanz bestritten worden. Diese letzte Behauptung ist aktenwidrig. Der Kläger hat ja im Gegenteil die Mitveräußerung der Stanzen samt dem Unternehmen behauptet. Auch das Berufungsgericht ging davon aus, daß die Beklagte die Stanzen nicht mehr besitze, da dies ja aus den Feststellungen des Erstgerichtes, das Unternehmen sei samt Werkzeugen und Maschinen veräußert worden, folge. Der Versuch der Revision, nunmehr eine Mangelhaftigkeit daraus abzuleiten, daß nicht untersucht und festgestellt worden sei, ob die gegenständlichen Stanzen mitveräußert worden seien, führt schon deshalb nicht zum Ziele, weil die Revision gar nicht ausführt, welche Beweismittel vom Berufungsgerichte übergangen worden sind und welche andere Feststellungen das Berufungsgericht hätte treffen sollen. Der Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist somit nicht gesetzmäßig ausgeführt, auf ihn ist deshalb nicht Bedacht zu nehmen.

Die Untergerichte haben auch mit Recht angenommen, daß durch die Unternehmensveräußerung und das Ausscheiden der Beklagten aus dem Gewerbebetrieb Wiederholungsgefahr nicht mehr besteht. Es ist zwar richtig, daß Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht[3] (S. 802) bei Geschäftsaufgabe eine Wiederholungsgefahr dann nicht ausschließt, wenn die Möglichkeit besteht, daß der Beklagte sein Geschäft nur in anderer Form wieder aufnimmt. Hiefür bestehen aber im vorliegenden Falle gar keine Anzeichen, so daß ernstlich von einer Wiederholungsgefahr nicht gesprochen werden kann. Ob sich die neue Inhaberin des Unternehmens persönlich nicht um den Betrieb kümmert, kann dahin gestellt bleiben, weil dadurch Wiederholungsgefahr durch die Beklagte nicht begrundet werden kann. Im übrigen hat auch die Zeugin R. ausgesagt, daß von ihr Abzeichen für die Exekutive nicht mehr erzeugt werden. Die weiteren vom Berufungsgericht geäußerten Rechtsansichten werden durch die Revision nicht mehr bekämpft.

Es ist auch die Meinung der Untergerichte, daß sich der Beseitigungsanspruch nach § 82 UrhG. und nach § 15 UWG. (im Berufungsurteil unrichtig § 16 UWG.) gegen den Eigentümer (§ 82 (6) UrhG.) bzw. gegen den, dem die Verfügung über die Eingriffsgegenstände zusteht (§ 15 UWG.), richtet, im Gesetze begrundet. Die Beklagte ist aber nicht mehr Eigentümerin oder Verfügungsberechtigte der im Punkt 2 des Klagebegehrens angeführten Gegenstände.

Mangels Wiederholungsgefahr besteht weder ein Unterlassungsanspruch nach dem § 81 (1) UrhG., falls eine Urheberrechtsverletzung überhaupt vorliegen sollte, noch nach dem § 14 UWG. Daraus folgt aber auch, daß ein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung nicht besteht (§ 85 (1) UrhG., § 25 (4) UWG.).

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