OGH 14Os31/01

OGH14Os31/018.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Mann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mehmet D***** und einen anderen Angeklagten wegen der Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Recep S***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Mehmet D***** und Recep S***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 20. Dezember 2000, GZ 26 Vr 2311/00-73, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Recep S***** fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Recep S***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zweiter, dritter und vierter Fall) SMG schuldig erkannt.

Nach dem angefochtenen Teil des Schuldspruches hat er den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge aus- und eingeführt bzw in Verkehr gesetzt, und zwar

(A 2) durch Verkauf einer ziffernmäßig nicht mehr feststellbaren, die Grenzmenge des Abs. 6 jedoch jedenfalls übersteigenden Menge qualitativ hochwertigen Kokains an Mehmet D***** sowie weitere namentlich nicht ausforschbare Drogenkonsumenten in Verkehr gesetzt und

(A 3) im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten Mehmet D***** und den abgesondert verfolgten Ali U***** und Tarik A***** als Mittäter ca 230 Gramm qualitativ hochwertiges Kokain von den Niederlanden aus- und über Deutschland nach Österreich eingeführt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten Recep S***** aus § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Soweit der Beschwerdeführer unter der Z 3 einen ausdrücklichen Verzicht (§ 152 Abs 5 StPO) des Zeugen Ali U***** (S 359/II) vermisst, ist er nicht im Recht. Da dieser Zeuge in dem abgesondert gegen ihn geführten Verfahren voll geständig war, bestand für ihn von vornherein keine Selbstbelastungsgefahr im Sinne der angeführten Gesetzesstelle und damit auch kein Anlass für eine ausdrückliche Entschlagungserklärung gemäß § 152 Abs 5 letzter Satz StPO (EvBl 1999/133; 11 Os 167/94).

Weil Vorhalte bei der Vernehmung des Angeklagten nicht Gegenstand des (eingeschränkten) Verlesungsverbotes nach § 252 StPO sind, ist auch die Kritik daran, dass das Hauptverhandlungsprotokoll, aus dem diese stammten, noch nicht abgeschlossen war, aus Z 3 unbeachtlich (vgl Ratz, Zweifelsfragen beim [eingeschränkten] Verlesungsverbot nach § 252 StPO ÖJZ 2000, 550).

Der Verfahrensrüge nach der Z 4, worin der Beschwerdeführer zur Stützung seiner Einlassung, er habe den Großteil seiner Geldbehebungen (20.000 S und 30.000 S) zur Bezahlung einer Schuld bzw für seinen Bruder vorgenommen, eine Vernehmung seines Bruders und eine Aufforderung an ihn, "konkret jene Verbindlichkeiten zu bezeichnen, die er abgedeckt hat", vermisst, fehlt es schon an der formellen Voraussetzung einer entsprechenden Antragsstellung. Die unter diesem Nichtigkeitsgrund vermisste Frage an den Angeklagten wurde vom Beschwerdeführer nicht gestellt und war daher auch nicht Gegenstand eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages an das erkennende Gericht.

Den Ausführungen der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat das Schöffengericht logisch und empirisch einwandfrei begründet, warum es den Angaben des Mitangeklagten Mehmet D***** nur in dem angeführten Teil Glauben schenkte (US 11). Demgegenüber erschöpft sich die weitergehende Kritik des Beschwerdeführers in einer unzulässigen Anfechtung der kollegialgerichtlichen Beweiswürdigung.

Warum der Angeklagte "nach Holland mitgefahren" ist, stellt keine aus Z 5 bekämpfbare entscheidende Tatsache dar.

Indem die Mängelrüge bei ihrer Kritik, wonach einige in den Entscheidungsgründen erwogene Schriftstücke mangels Verlesung (vgl § 258 Abs 1 zweiter Satz StPO) in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen seien, das Unterlassen eines Verlesungsverzichts gar nicht behauptet (vgl § 252 Abs 2 StPO), verfehlt sie die erforderliche Ausrichtung am Verfahrensrecht (JBl 2000, 554 m Anm von Medigovic; 13 Os 153/99 ua).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) legt nicht dar, weshalb ein angeblicher Widerspruch in Ansehung "der jeweiligen Tatzeiten" einen Freispruch zur Folge haben sollte und ist damit ebenfalls nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Recep S***** und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten sowie des Angeklagten Mehmet D***** folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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