OGH 7Ob91/01k

OGH7Ob91/01k27.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Miller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Milisav M*****, vertreten durch Dr. Helmut Meindl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 170.225 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2000, GZ 12 R 192/00v-32, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 15. Mai 2000, GZ 13 Cg 332/97g-24, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 9.135 (hierin enthalten S 1.522,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte verschuldete am 12. 11. 1994 in Wien einen Verkehrsunfall mit dem bei der Klägerin haftpflichtversicherten PKW und einem von Peter K***** gelenkten PKW, bei dem beide Fahrzeuge total beschädigt und der zweitgenannte Lenker auch leicht verletzt wurden. Nach diesem Unfall fuhr der Beklagte weiter, ohne mit dem Unfallgegner Kontakt aufzunehmen. Erst am Tag nach dem Unfall meldete er den Unfall bei der Polizei. Ob der Beklagte alkoholisiert war, war nicht feststellbar. Wegen dieses Unfalles führten die Unfallgegner vor zwei Wiener Bezirksgerichten zwei jeweils getrennt geführte Verfahren gegeneinander; beide Schadenersatzprozesse endeten mit Vergleichen, aufgrund derer die hier klagende (dort beklagte) Partei S 31.409 bzw S 114.390 bezahlte.

Mit der am 24. 12. 1997 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin unter Hinweis darauf, dass sie als Haftpflichtversicherer gemäß § 158c VersVG Leistungen an die Geschädigten im Gesamtausmaß von S

201.262 erbracht habe, vom Beklagten wegen Obliegenheitsverletzungen gemäß Art 8 Abs 2, Art 8 Abs 1 Z 1 AKHB 1988 iVm § 6 Abs 3 VersVG den Rückersatz von S 170.225 sA (hievon S 100.000 begrenzter Regressbetrag und S 70.225 "Mehraufwand").

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und wendete insbesondere Verjährung ein.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von S 100.000 samt 5 % Zinsen seit 27. 11. 1997 und wies das Mehrbegehren ab.

Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht, jener der beklagten Partei hingegen Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung (wegen Verjährung) ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Über Antrag der klagenden Partei gemäß § 508 Abs 1 ZPO wurde dieser Ausspruch dahin abgeändert, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Begründung des Berufungsgerichtes in rechtlicher Hinsicht unvollständig ist und insoweit einer Klarstellung bedarf, welche aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof nachzuholen ist (§ 502 Abs 1 ZPO), jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

Voranzustellen ist, dass es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entspricht, dass die Auslegung des Vorbringens einer Prozesspartei grundsätzlich immer nur einzelfallbezogen und daher nicht geeignet ist, eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu begründen (RIS-Justiz RS0042828; zuletzt 7 Ob 254/00d, 7 Ob 314/00d, 7 Ob 322/00d uva). Es steht auch mit der Aktenlage in Widerspruch, dass - wie die Revisionswerberin vermeint - die beklagte Partei in erster Instanz "lediglich vorsichtshalber" Verjährung eingewendet habe; vielmehr wurde nach einer tatsächlich insoweit bloß kursorischen Einwendung in der Streitverhandlung vom 8. 3. 1999 (AS 65) in der nächstfolgenden (und letzten) Streitverhandlung vom 10. 1. 2000 dieses Vorbringen vom Beklagtenvertreter dahingehend präzisiert und konkretisiert, "dass die Verjährungsfrist zwischen Regressberechtigtem und Geschädigtem gegen den Schädiger gleichzeitig zu laufen beginne" (AS 97). Damit wurde jedoch jedenfalls in ausreichender Weise dargetan, dass die erst am 24. 12. 1997, also - gerechnet vom unstrittigen Unfalldatum am 12. 11. 1994 - mehr als drei Jahre später eingebrachte Klage verspätet sei. Strengere Anforderungen zum Vorbringen werden auch in den (im Übrigen gänzlich andere Sachverhalte betreffenden) Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes SZ 59/129 und SZ 71/201 nicht aufgestellt. Die Verjährungseinrede des Beklagten entsprach daher den gesetzlichen (Mindest-)Voraussetzungen, um darauf nach § 1501 ABGB Bedacht zu nehmen. Ob sie für eine Abwehr der klägerischen Regressforderung auch schlagend werden konnte, betraf hingegen eine Frage der rechtlichen Beurteilung, deren Prüfung den Gerichten zukommt. Eines weitergehenden Vorbringens durch den Beklagten hiefür bedurfte es daher nicht. Wenn das Berufungsgericht sohin auf die Verjährungseinrede des Beklagten einging, entsprach dies dem Gesetz und war sohin zutreffend, ohne dass dies noch einer weitergehenden Begründung (oder Klarstellung) durch den Obersten Gerichtshof bedürfte (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

Auch die daraus gezogenen weiteren rechtlichen Konsequenzen des Berufungsgerichtes sind zutreffend. Die Rechtsprechung stellt nämlich den Verjährungsbeginn lediglich bei Regressforderungen nach § 896 ABGB (also unter Gesamtschuldnern) oder gegen einen Erfüllungsgehilfen nach § 1313 Satz 2 ABGB - wenn auch zum Teil mit unterschiedlicher Begründung - auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Leistung, also der Zahlung ab (RS0017459, 0017390; 1 Ob 120/99z). Für die Regressforderung nach § 158 f VersVG greift hingegen nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung die für den übergegangenen Anspruch geltende Verjährungszeit Platz (RS0080423) - was wegen des fast wortgleichen Regelungsinhaltes auch für den Regress nach § 24 Abs 4 KHVG zu gelten hat. Zu 7 Ob 233/99m (der Entscheidung lag ein vergleichbarer Sachverhalt einer Regressklage des Haftpflichtversicherers, der den bei einem Unfall des Versicherungsnehmers geschädigten Dritten befriedigt und mit der Begründung, der Versicherungsnehmer sei zum Unfallszeitpunkt alkoholisiert gewesen, S 100.000 von diesem gefordert hatte zugrunde) hat der erkennende Senat daher bereits unter Hinweis auf diese ständige Rechtsprechung abermals ausgesprochen, dass die Regressforderung des Versicherers nach § 24 Abs 4 KHVG in der gleichen Zeit wie der zugrunde liegende Schadenersatzanspruch des geschädigten Dritten verjährt, welche Frist gemäß § 1489 ABGB drei Jahre beträgt, da es sich bei der gemäß § 24 Abs 4 KHVG auf den Versicherer übergegangenen Forderung ja um die ursprüngliche Schadenersatzforderung des Geschädigten gegen den Versicherungsnehmer handelt, ohne dass diese durch die in der genannten Gesetzesstelle festgelegte Legalzession eine inhaltliche Änderung erfährt; demgemäß ist auch der Zeitpunkt, zu dem der Versicherer von der Person des Regresspflichtigen oder von den Umständen, die seine Regresspflicht begründen, Kenntnis erhält, für die Verjährung der Regressforderung ohne Bedeutung (RS0080423, 0034383, 0034541; so ausdrücklich auch schon JBl 1979, 257, ZVR 1989/87 uam; ebenso Hübsch im Berliner Kommentar, Rn 22 zu § 158 f auch zur Rechtslage zum insoweit wortgleichen § 158 f dVersVG), weil sich am Beginn und Ablauf der Verjährungszeit nichts ändert (SZ 58/90). Die Regressforderung verjährt sohin gemäß § 1489 ABGB ebenso in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Schaden und die Person des Schädigers dem Geschädigten (und nicht auch dem regressberechtigten Versicherer) bekannt geworden ist (RS0034383). Selbst unter Zugrundelegung der polizeilichen Unfallmeldung durch den Beklagten erst einen Tag später, nämlich am 13. 11. 1994, ab welchem Tag für den geschädigten Unfallsgegner sohin auch sein ersatzpflichtiger Schädiger feststand (RS0034374), erweist sich aber damit die erst am 24. 12. 1997 eingebrachte Klage als verjährt. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, der gegenständliche, auf Leistungsfreiheit der Klägerin gemäß Art 8 AKHB 1988 basierende Regressanspruch sei verjährt, ist damit frei von Rechtsirrtum. Da hiezu - wie ausgeführt - auch eine bereits ausreichende Judikatur des Höchstgerichtes vorliegt, mangelt es auch hiezu nicht an einer diesbezüglichen Rechtsprechung.

Die Legalzession nach § 158 f VersVG (bzw § 24 Abs 4 KHVG) erfasst jedoch stets nur eine Forderung des geschädigten Dritten gegen den Versicherungsnehmer (ZVR 1973/42). Die vom Forderungsübergang nach dieser Gesetzesstelle erfassten (und im Regressweg vom Versicherungsnehmer geforderten) Leistungen des Versicherers umfassen hiebei regelmäßig den unstrittigen oder durch Urteil, Vergleich (hier im Rahmen zweier Vorverfahren bei zwei Wiener Bezirksgerichten) oder Anerkenntnis festgestellten Haftpflichtanspruch des Dritten einschließlich der dem Dritten entstandenen Rechtsverfolgungskosten (Hübsch, aaO Rz 11 zu § 158 f), wie sie hier ebenfalls von der Klägerin nach den getroffenen Feststellungen titelgemäß befriedigt wurden (Bezirksgericht Fünfhaus: S 25.596,69; Bezirksgericht Hietzing: S 11.969,36). Dieser Betrag von zusammen sohin S 37.566,05 - welcher im Gesamtbetrag von S 70.225,30 enthalten ist (siehe die Aufschlüsselung der klagenden Partei in ihrem Schriftsatz ON 3) - unterliegt daher ebenfalls den bereits näher behandelten Verjährungsregeln. Der von der Klägerin (auch im Revisionsverfahren verfochtene) Anspruch von S 70.225 enthält aber auch noch Kosten für eigenen Mehraufwand im Rahmen der Schadensabwicklung (gegenüber dem geschädigten Dritten) in Höhe von sohin (restlich) S 32.658,95. Dieser Teilbetrag kann daher schon vom Rechtsgrund her nicht Gegenstand des gesetzlichen Rückgriffes nach § 24 Abs 4 KHVG und damit der diesbezüglichen (vom Berufungsgericht insoweit ununterschieden zur Anwendung gebrachten) Verjährungsregeln sein. Dies führt jedoch deswegen ebenfalls nicht zu einem für die Klägerin vorteilhafteren Ergebnis, entspricht es doch dem herrschenden Stand der Rechtsprechung, dass der Versicherer solche eigenen Schadensregulierungskosten (stets) nur ersetzt verlangen kann, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs aus Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen, weil der Prozess (samt Abschluss der Vergleiche) zum klaren, überwiegenden Vorteil des Versicherten geführt wurde (SZ 31/39, 60/100; VersE 1325; Hübsch, aaO Rn 28 zu § 158f) oder der Versicherungsnehmer die Kosten durch eine positive Vertragsverletzung in Form von vorsätzlich falschen Angaben verursacht hat (VersR 1990, 1376; Hübsch, aaO). Abgesehen davon, dass es zu beiden Sachverhalten an jeglichem Prozessvorbringen mangelt, befasst sich auch die Revision - das Verhalten des Beklagten betreffend - ausschließlich mit dessen (Verdacht auf) Alkoholisierung (bei der Unfallfahrt), wofür es nach den Beweisergebnissen "Gerüchte" gegeben habe, welchen die Vorinstanzen jedoch nicht (ausreichend) nachgegangen seien; damit werden jedoch ausschließlich Argumente der Beweiswürdigung gegen die Feststellungen der Vorinstanzen, wonach eine solche Alkoholisierung des Beklagten gerade nicht erweislich ist, sowie überdies zu einem (für die Frage dieser Verjährung) rechtlich nicht mehr erheblichen Thema releviert, wofür dem Obersten Gerichtshof aber jegliche Prüfungskompetenz fehlt (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 1 zu § 503).

Damit erweist sich die Revision auch zu diesem Anfechtungspunkt als unberechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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