Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegnerin hat die Rekurskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht hat den Beschluss des Internationalen Kommerziellen Schiedsgerichtes bei der Handels- und Industriekammer der Ukraine vom 12. 11. 1999, Sache AC Nr 347a/99, für vollstreckbar erklärt und die Exekution durch Pfändung einer Forderung bewilligt.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; es sprach aus, der "ordentliche Revisionsrekurs" sei zulässig, weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob die Nichtberücksichtigung einer Gegenforderung in einem im Ausland abgeführten Schiedsverfahren dem ordre public iSd Art IV Abs 2 (richtig Art V Abs 2 lit b) des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche BGBl 1961/200 (UN-Übk über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche) widerspreche, nicht vorliege.
Das Rekursgericht ging davon aus, dass bei der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruches entsprechend der Subsidiaritätsklausel des § 86 EO primär das UN-Übk über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche anzuwenden sei, dem auch die Ukraine beigetreten sei. Die Antragsgegnerin mache zu Recht die Verletzung des Art IV Abs 2 dieses Übk geltend, weil eine danach vorgesehene Beglaubigung der Übersetzung des Titels fehle. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht gemäß § 54 Abs 3, § 83 Abs 2 EO ein Verbesserungsverfahren durchzuführen haben.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin könne jedoch die Nichtberücksichtigung der von ihr im Schiedsgerichtsverfahren in der Ukraine geltend gemachten "Gegenklageforderungen" nicht als ordre public-widrig angesehen werden. Gemäß Art V Abs 2 lit b UN-Übk dürfe die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches auch versagt werden, wenn festgestellt werde, dass die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches der öffentlichen Ordnung dieses Landes (ordre public) widersprechen würde. Dabei komme es eindeutig auf einen Widerspruch mit der öffentlichen Ordnung des Landes an, in dem der Schiedsspruch vollstreckt werden soll (SZ 56/77); ein Eingehen auf den von der Antragsgegnerin zitierten Art 217 des Zivilgesetzbuches der Ukraine, wonach eine Aufrechnung immer zulässig und wirksam sei, erübrige sich daher. Weil die ordre public-Klausel eine systemwidrige Ausnahme darstelle, werde allgemein sparsamster Gebrauch gefordert, eine schlichte Unbilligkeit des Ergebnisses genüge ebensowenig wie der bloße Widerspruch zu zwingenden österreichischen Vorschriften. Gegenstand der Verletzung müssten vielmehr Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung sein; Schutzobjekt seien primär die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung und nicht subjektive Rechtspositionen von Inländern. Unter den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung würden vor allem die tragenden Grundsätze der Bundesverfassung sowie des Strafrechtes, Privatrechtes und Prozessrechtes, aber auch des öffentlichen Rechtes verstanden. Maßgebend für die durch die ordentlichen Gerichte in diesem Rahmen mögliche Überprüfung sei nicht die Begründung, sondern das Ergebnis des Schiedsspruches. Der Kreis der durch die Rechtsordnung geschützten Grundwertungen sei auch enger als der Bereich zwingenden Rechtes.
Unzutreffend sei die Meinung der Antragsgegnerin, wonach eine Aufrechnung nach der österreichischen Zivilprozessordnung immer zulässig und wirksam sei. Auch für die Aufrechnungseinrede im Prozess nach österreichischem Recht müssten grundsätzlich die Prozessvoraussetzungen vorliegen bzw die Prozesshindernisse fehlen; ansonsten sei die Einrede zurückzuweisen. Nun habe sich im vorliegenden Fall das Schiedsgericht mit der "Gegenklageforderung" der Antragsgegnerin auseinandergesetzt und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es zur Entscheidung darüber nicht zuständig sei. Welchem tragenden Grundgedanken der österreichischen Rechtsordnung mit der Anerkennung und Vollstreckung dieses Schiedsspruches widersprochen würde, sei nicht ersichtlich.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Verpflichteten, die sich nicht gegen die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens, weil die Voraussetzungen gemäß Art IV Abs 2 UN-Übk nicht vorliegen, wendet, ist nicht berechtigt.
Da der Antrag auf Vollstreckbarerklärung bis 30. 9. 2000 bei Gericht eingelangt ist, sind gemäß der Übergangsbestimmung des Art III Abs 10 EO-Nov 2000 § 84 und § 86 EO idF vor der EO-Nov 2000 anzuwenden.
Aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 86 EO sind hier die Versagungsgründe des Art V UN-Übk maßgebend. Die Verpflichtete vertritt im Rekurs die Ansicht, es liege der Versagungsgrund des Art V Abs 2 lit b vor. Danach darf die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches auch versagt werden, wenn die zuständige Behörde des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, feststellt, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruches der öffentlichen Ordnung dieses Landes widersprechen würde. Dieser Versagungsgrund ist von Amts wegen wahrzunehmen (F. Hoyer/Loewe in Heller/Berger/Stix 796 FN 20). Bei der im Rahmen des Rekursverfahrens auf Grundlage des vorliegenden Schiedsspruches vorzunehmenden Prüfung, ob der - auch in § 81 Z 3 EO vorgesehene - Versagungsgrund des ordre pubic vorliegt, ist vom Grundsatz auszugehen, dass dieser Versagungsgrund nur dort anzuwenden ist, wo die Anerkennung bzw Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Titels mit der österreichischen Rechtsordnung völlig unvereinbar ist. Keinesfalls darf dieser Versagungsgrund dazu führen, eine Überprüfung des ausländischen Titels in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht durchzuführen. Es handelt sich um eine Ausnahmeregel, von der nur sparsamster Gebrauch gemacht werden darf, um den internationalen Entscheidungseinklang nicht unverhältnismäßig zu stören. Es soll die Anerkennung bzw Vollstreckung ausländischer Titel verhindert werden, denen ein mit der inländischen Rechtsordnung vollkommen unvereinbarer ausländischer Rechtsgedanke zugrundeliegt und die daher mit der inländischen Rechtsordnung völlig unvereinbar sind (Schütz in Angst, EO Rz 4 f zu § 81 mwN).
Das Rekursgericht hat bereits mit zutreffender Begründung dargelegt, dass die Verneinung einer Aufrechnungsmöglichkeit keineswegs gegen den ordre public verstößt, zumal auch nach österreichischem Recht ein Aufrechnungsverbot grundsätzlich gültig vereinbart werden kann und die Möglichkeit einer prozessualen Geltendmachung einer Gegenforderung keineswegs uneingeschränkt gegeben ist.
Mit ihren weiteren Ausführungen verletzt die Antragsgegnerin das im Rekursverfahren nach § 84 EO idF vor der EO-Nov 2000 geltende Neuerungsverbot.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.
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