OGH 1Ob266/00z

OGH1Ob266/00z27.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton S***** Gesellschaft mbH, *****vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner Rechtsanwaltssocietät in Linz, wider die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 35.000 S sA und Feststellung (Streitwert 500.000 S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 7. April 2000, GZ 39 R 524/99v-21, womit infolge von Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 22. Juli 1999, GZ 12 C 2215/98g-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 21.493 S (darin 3.580,50 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Gesellschafter der beklagten Gesellschaft mbH sowie einer weiteren Gesellschaft mbH, die noch im Berufungsverfahren als zweitbeklagte Partei belangt war, am Revisionsverfahren jedoch nicht mehr beteiligt ist, weil das das Klagebegehren gegen diese Partei abweisende Endurteil bestätigende Berufungsurteil in diesem Umfang unbekämpft blieb, sind jeweils deren Alleingeschäftsführer und eine Minderheitsgesellschafterin.

Die beklagte Partei ist seit 1994 Alleineigentümerin einer Liegenschaft in Wien mit einem darauf errichteten Einkaufszentrum (im Folgenden nur 1.EZ) und vermietete darin im Februar 1995 der klagenden Partei eine Verkaufsfläche von etwa 140 m2. Punkt 12. des Mietvertrags lautet: "Der Vermieter verpflichtet sich, für die Dauer des Mietverhältnisses keine Drogerie und keinen Drogeriemarkt auf dem Mietgrundstück oder im Umkreis von 1.000 m selbst zu errichten, zu betreiben oder betreiben zu lassen, noch sich unmittelbar oder mittelbar an einem solchen zu beteiligen, noch für ein solches unmittelbar oder mittelbar tätig zu sein. ... Der Vermieter leistet im Falle des Zuwiderhandelns eine Konventionalstrafe pro Vorfall in der Höhe von S 35.000,- -. Die Mieterin ist berechtigt, den darüber hinausgehenden Schaden extra geltend zu machen".

Die Ende 1996 gegründete, früher zweitbeklagte Partei kaufte 1997 eine an das 1.EZ angrenzende Liegenschaft und errichtete darauf ein Einkaufs- und Kinocenter (im Folgenden nur 2.EZ), das mit dem 1.EZ durch Brücken verbunden wurde. Beide Einkaufszentren werden unter einem bestimmten Schlagwort gemeinsam vermarktet, die Dekoration und Innenausstattung ist einheitlich gestaltet. Die Verkaufsfläche des 1.EZ beträgt etwa 3.000 m2, jene des 2.EZ 10.000 m2. Die durch den Geschäftsführer vertretene, früher zweitbeklagte Partei vermietete im 2.EZ etwa 80 m von jener von der klagenden Partei gemieteten Verkaufsfläche im 1.EZ entfernt einem Drogeriemarkt zum Betrieb einer - 1998 eröffneten - Filiale eine Verkaufsfläche. Das Warensortiment der klagenden Partei und dieser Filiale decken sich zum überwiegenden Teil. Die beiden Einkaufszentren werden nicht von Dritten, sondern das 1.EZ wird von der beklagten Partei und das 2.EZ von der früher zweitbeklagten Partei verwaltet. Es gibt einen "Zentrumsleiter", der jedoch fast ausschließlich für die früher zweitbeklagte Partei tätig ist. Mit den Angelegenheiten der beklagten Partei befasst sich der Geschäftsführer meist selbst.

Das Erstgericht verhielt die beklagte Partei zur Zahlung der begehrten Konventionalstrafe von 35.000 S sA (Punkt 1.) und stellte ihr gegenüber fest, dass sie der klagenden Partei für alle zukünftigen Schäden, die dieser aus der Vermietung einer Verkaufsfläche an den näher genannten Drogeriemarkt in Zukunft entstehen werden, hafte (Punkt 2.); die übrigen Spruchpunkte betreffen die bereits rechtskräftige Abweisung von Begehren gegen die früher zweitbeklagte Partei und die Kostenentscheidung.

In rechtlicher Hinsicht führte die Erstrichterin aus, der Wille einer Körperschaft werde durch ihre Organe gebildet. Der Geschäftsführer der beklagten Partei sei gleichzeitig alleiniger Geschäftsführer der früher zweitbeklagten Partei. Auch bei seiner organschaftlichen Tätigkeit für diese bleibe er Organ der beklagten Partei. In dieser Funktion hätte er deren Verpflichtung aus dem Mietvertrag mit der klagenden Partei mitberücksichtigen und den Willen der früher zweitbeklagten Partei nicht dahin beeinflussen dürfen, dass diese einen Mietvertrag mit einem Konkurrenten der klagenden Partei abschließe. Mögen auch Konkurrenzverbote im Allgemeinen einschränkend auszulegen sein, so ergebe eine Vertragsauslegung von Punkt 12. des vorliegenden Mietvertrags doch, dass die beklagte Partei jedenfalls die Willensbildung der früher zweitbeklagten Partei dahin zu bestimmen gehabt hätte, entsprechend der der klagenden Partei gegenüber eingegangenen Verpflichtung aus dem Mietvertrag keinen Mietvertrag mit einem Konkurrenten abzuschließen. Die Vorgangsweise der beklagten Partei sei unter die Konkurrenzklausel zu subsumieren, sodass sie der klagenden Partei die bedungene Vertragsstrafe zu leisten habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und erachtete die ordentliche Revision als zulässig.

Ob die früher zweitbeklagte Partei zu Umgehungszwecken gegründet worden sei bzw. zwischen den beiden Gesellschaften ein "kollusives" Zusammenwirken vorliege, sei nicht relevant, weil die beklagte Partei aufgrund des zwischen ihr und der klagenden Partei geschlossenen Mietvertrags eine Haftung treffe. Ausgehend von der von der beklagten Partei in Punkt 12.1 des Mietvertrags übernommenen Verpflichtung hätte die beklagte Partei wegen der Identität der Gesellschafter und des Geschäftsführers beider belangten Gesellschaften darauf hinwirken müssen, dass die früher zweitbeklagte Partei auf ihrem Grundstück (im Umkreis von 1.000 m vom Geschäftslokal der klagenden Partei) keine Drogerie und keinen Drogerie-Markt "betreiben läßt".

Die Revision der beklagten Partei ist ungeachtet des (nicht bindenden) Ausspruchs der zweiten Instanz (§ 508a Abs 1 ZPO) mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

a) Zu der vom Gericht zweiter Instanz als erheblich erachteten Rechtsfrage, "ob bei völliger Identität der Gesellschafter und des Geschäftsführers die von einer Gesellschaft eingegangene Verpflichtung auch von einer zweiten Gesellschaft einzuhalten bzw. schon aufgrund der genannten Identität ein kollusives Zusammenwirken zu unterstellen" sei, wird im Rechtsmittel nichts ausgeführt. Diese Frage ist daher nicht zu lösen.

b) Auch sonst werden im Rechtsmittel keine erheblichen Rechtsfragen zur Darstellung gebracht.

Die beklagte Vermieterin verpflichtete sich in ihrem Mietvertrag mit der klagenden Geschäftsraummieterin ua, für die Dauer des Mietverhältnisses keine Drogerie und keinen Drogeriemarkt auf dem Mietgrundstück oder im Umkreis von 1.000 m selbst zu errichten, zu betreiben oder betreiben zu lassen. Ein derartiges Konkurrenzverbot, vereinbart für die Dauer des Bestandvertrags, bedeutet eine Regelung der durch diesen Vertrag geschaffenen rechtlichen Beziehungen und kann durch eine Vertragsstrafe bewehrt werden. Die Vorinstanzen sahen nun im Umstand, dass die - gleichfalls durch den Geschäftsführer der beklagten Partei vertretene - früher zweitbeklagte Partei durch den Abschluss eines Mietvertrags mit einem Konkurrenten der klagenden Partei im Umkreis von 1.000 m (im 2.EZ) einen Drogeriemarkt "betreiben läßt", einen Verstoß gegen die vereinbarte Konkurrenzklausel. Dabei handelt es sich um eine ganz einzelfallbezogene Auslegung eines Vertragspunkts unter dem Gesichtspunkt der Vertrauenstheorie (Verständnis der Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage durch einen redlichen, verständigen Menschen; vgl. 1 Ob 2409/96p = SZ 70/198 uva). Die vorinstanzliche Auslegung berücksichtigt ausreichend die übrigen Bestimmungen des Mietvertrags sowie den Geschäftszweck und die Interessenlage beider Vertragsparteien und führt damit zu keinem unvertretbaren Auslegungsergebnis, das im Rahmen des § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifen wäre.

Von einer auffallenden Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, kann keine Rede sein. Festzuhalten bleibt, dass die frühere These, Konkurrenzklauseln seien wegen des Prinzips der Vertragsfreiheit im Zweifel einschränkend auszulegen - was die beklagte Partei im Übrigen nicht für sich ins Treffen führt - in dieser Allgemeinheit mit Recht aufgegeben worden sein dürfte (vgl. dazu Rummel in Rummel3, § 914 ABGB Rz 5 mwN aus Lehre und Rsp). Inhaltlich bedeutet die Zusage der beklagten Partei in Punkt 12. des Mietvertrags im hier maßgeblichen Umfang eine Verwendungszusage, bei der der Versprechende ersatzpflichtig wird, wenn er sich nicht oder nicht mit der gehörigen Sorgfalt verwendet (SZ 58/127 u.a.; RIS-Justiz RS0017035). Das Maß der Bemühungen bestimmt sich bei bloßer Verwendungszusage nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte. Eine Haftung kommt nur bei unterlassener Verwendung, nicht aber bei einem unverschuldetem Misserfolg in Frage. Im vorliegenden Fall ist indes die beklagte Partei jeden Nachweis dafür schuldig geblieben, warum ihr Geschäftsführer bei seinen - hier unterstellten - Bemühungen bei der anderen Gesellschaft, deren alleiniger Geschäftsührer er ja war, erfolglos geblieben ist, dass diese keinen Mietvertrag mit einem Konkurrenten der klagenden Partei abschließt, somit, warum er bei seiner Verwendung bei sich selbst scheiterte.

Die Tatsache allein, dass aus der Verletzung einer Konkurrenzklausel kein nachweisbarer Schaden erwachsen ist, führt nicht zum Entfall der Konventionalstrafe, weil sie auch und vor allem der Verstärkung und Befestigung der Verpflichtung dienen soll (RIS-Justiz RS0029839). Dazu wird im Übrigen im Rechtsmittel ebensowenig etwas ins Treffen geführt wie zur Berechtigung des Feststellungsbegehrens.

Die Revision ist demnach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen.

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