OGH 7Ob43/01a

OGH7Ob43/01a28.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Gerichtserlagssache des Erlegers KR Richard L*****, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger, Rechtsanwalt in Kufstein, wider die Erlagsgegnerin Agrargemeinschaft S*****, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Ausfolgung von S 56.031,75, über den Revisionsrekurs der Erlagsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 5. September 2000, GZ 51 R 146/00w-11, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Kufstein vom 17. Juli 2000, GZ 1 Nc 17/00a-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der "außerordentliche" Revisionsrekurs (ON 12) wird zurückgewiesen.

Der ordentliche Revisionsrekurs (ON 17) wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Erleger gab für den Erlag von S 56.031,75 als Erlagsgrund neben dem Hinweis auf § 1425 ABGB "ungeklärte Rechtslage", nämlich die "rechtliche Unklarheit über die Höhe der Dienstbarkeitsentschädigung" laut Vertrag vom 4. 11. 1974/3. 3. 1975/6. 2. und 13. 2. 1978" an.

Der Erlag wurde mit Beschluss des Erstgerichtes vom 24. 2. 2000 angenommen und Verwahrungsauftrag erteilt.

Am 4. 7. 2000 beantragte die Erlagsgegnerin - ohne Begründung - die Ausfolgung des Erlagsbetrages. Der Erleger sprach sich über gerichtliche Aufforderung gegen eine Ausfolgung aus, weil die rechtlichen und tatsächlichen Unklarheiten über die Höhe der der Erlagsgegnerin zustehenden Dienstbarkeitsentschädigung keineswegs beseitigt seien.

Das Erstgericht wies den Ausfolgungsantrag ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Begründung, dass die behaupteten rechtlichen Unklarheiten über die Höhe der Dienstbarkeitsentschädigung zwar keinen tauglichen Hinterlegungsgrund bildeten, der Erleger aber durch die Angabe dieses Erlagsgrundes ausreichend deutlich dargetan habe, dass er durch den Erlag keine "ex-ante-Zustimmung" zur Ausfolgung erteilen, sondern sich die Einflussnahme auf die Ausfolgung vorbehalten wollte; wäre doch sonst kein Grund ersichtlich, weshalb überhaupt der Weg des Gerichtserlages gewählt und nicht - ungeachtet der Unklarheit - Zahlung an den Erlagsgegner geleistet worden sei. Dass der Erleger, obwohl er offensichtlich in Wahrheit gar nicht zur Leistung bereit sei, trotzdem den Erlag vorgenommen habe, führe nicht dazu, dass - unter Missachtung des schon im Erlagsantrag ausreichend klar deklarierten Willens und ohne Zustimmung des Erlegers - der Erlag ausgefolgt werden könnte.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht über Zulassungsantrag der Antragsgegnerin in der Folge für zulässig, weil höchstgerichtliche Judikatur zur Frage der Beachtlichkeit der Verweigerung der Zustimmung des Erlegers, wenn gar kein Hinterlegungsgrund iSd § 1425 ABGB vorliege und als Erlagsgrund eine rechtliche Unklarheit über die Höhe einer Forderung angeführt werde, fehle.

Der Revisionsrekurs ist mangels Erheblichkeit der Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Nach stRsp kann die Ausfolgung eines nach § 1425 ABGB erlegten Geldbetrages - von besonderen Zustimmungen abgesehen - nur erfolgen, wenn die vom Erleger hiefür gesetzten Bedingungen erfüllt sind (2 Ob 2387/96k mwN). Von dieser Problematik ist die - allenfalls im streitigen Verfahren zu entscheidende - Frage zu trennen, ob der Erleger die gestellten Bedingungen aufstellen durfte (RIS-Justiz RS0033517 [T6]; Reischauer in Rummel II**2 Rz 35 zu § 1425 ABGB; 2 Ob 2387/96k). Die Rechtmäßigkeit der Ausfolgungsbedingungen ist (ebenso wie die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung selbst) im Außerstreitverfahren nicht zu prüfen; diese Bedingungen sind aber - soweit sie nicht gegen die Rechtsordnung verstoßen - im Ausfolgungsverfahren zu berücksichtigen (Reischauer aaO Rz 29 zu § 1425 ABGB mwN; Harrer/Heidinger in Schwimann VII**2 Rz 38 zu § 1425 ABGB mwN).

Die Erlagsgegnerin macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass hier "nur mehr" zu klären sei, ob der bloße Hinweis auf § 1425 ABGB bzw auf die angeblich ungeklärte Rechtslage einen (ausdrücklichen) Hinweis im Erlagsgesuch (dass der Erlag mit Vorbehalt des Widerrufs erfolge, oder dass der hinterlegte Betrag nur mit Zustimmung des Erlegers ausgefolgt werden dürfe [- also eine derartige Bedingung -]), zu ersetzen vermöge. Bei dieser Frage handelt es sich jedoch um keine erhebliche Rechtsfrage, sondern um eine Entscheidung im Einzelfall, wie der Antrag des Erlegers zu verstehen sei, bei der dem Rekursgericht keine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen ist (vgl 8 Ob 176/99m):

Wenn die Vorinstanzen den Antrag des Erlegers dahin verstanden haben, dass er sich mit der als Erlagsgrund angegebenen "ungeklärten Rechtslage" jedenfalls eine Einflussnahme auf die Ausfolgung vorbehalten wollte, kann darin nämlich jedenfalls keine aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden; wäre doch andernfalls der Gerichtserlag für den Erleger - wie bereits das Rekursgericht festhält - von vornherein sinnlos gewesen. Indem er - noch vor der Entscheidung über den Ausfolgungsantrag - seine Zustimmung zur Ausfolgung ausdrücklich verweigerte, hat er die von der Erlagsgegnerin erblickten Unklarheiten aber ohnehin beseitigt.

Mangels Eintritts der im Ausfolgungsverfahren zu beachtenden Bedingung kam eine Ausfolgung somit nicht in Betracht; ohne dass hier zu prüfen gewesen wäre, ob die rechtliche Unklarheit über die Höhe einer Forderung überhaupt einen tauglichen Hinterlegungsgrund darstellt und inwieweit in einem solchen Fall die Zustimmung des Erlegers zur Ausfolgung (auch ohne eine derartige Bedingung) verweigert werden kann.

Auf die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage muss daher nicht eingegangen werden. Da auch im Revisionsrekurs keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgezeigt wird, war das Rechtsmittel - trotz des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruches des Rekursgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen.

Der am 22. 12. 2000 zur Post gegebene - inhaltsgleiche - "ordentliche Revisionsrekurs" (ON 17) verstößt gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0036673) und ist daher ebenfalls zurückzuweisen.

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