OGH 6Ob9/01v

OGH6Ob9/01v22.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Maria Ursula K*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Offer & Partner KEG Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Prof. h.c. Johann K*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr. Erwin Köll, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen einstweiligen Unterhalt und Prozesskostenvorschuss, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 28. April 2000, GZ 2 R 177/00v-23, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 1. März 2000, GZ 2 C 68/99x-18, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die am 12. 12. 1947 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 9. 4. 1999, GZ 2 C 6/93w, 2 C 99/98d, gemäß § 55 Abs 1 und 3 EheG geschieden. Der Beklagte hatte - wie auch die Klägerin in ihrer Widerklage - die Ehescheidung aus dem Verschulden des jeweils anderen Gatten, in eventu Scheidung nach § 55 Abs 1 und 3 EheG verbunden mit dem Ausspruch begehrt, dass den jeweils anderen Gatten das Verschulden am Eintritt der unheilbaren Zerrüttung treffe. Das beiderseitige auf Verschulden gestützte Klagebegehren wurde abgewiesen und die Ehe gemäß § 55 Abs 1 und 3 EheG geschieden. Ein Verschuldensausspruch unterblieb. Die Klägerin bezieht eine monatliche Pension von 4.530,80 S 14 x jährlich, der Beklagte bezieht eine Pension von 38.718 S einschließlich der Sonderzahlungen. Jeder der Streitteile hat Einkünfte aus Vermietung von 850 S monatlich, keiner von ihnen ist mit weiteren Sorgepflichten belastet. Bis zur Trennung der ehelichen Gemeinschaft im Jahr 1990 waren die ehelichen Verhältnisse einvernehmlich gestaltet. Der Beklagte ging einer Erwerbstätigkeit nach und kam für den Unterhalt der Familie auf, während die Klägerin den Haushalt führte und die Kindererziehung übernahm. Aus Anlass der einvernehmlichen Trennung im Jahr 1990 verpflichtete sich der Beklagte, einen Unterhaltsbeitrag von 40 % des gesamten gemeinsamen Einkommens vermehrt um einen "Unterhaltskostenbeitrag" für die von der Klägerin angemietete Wohnung zu leisten. Er verblieb zunächst in der Ehewohnung und zahlte die vereinbarten Beträge bis einschließlich Juni 1999. Beide Streitteile beabsichtigen, die in ihrem gleichteiligen Miteigentum stehende Ehewohnung zu verkaufen. Eine Immobilienmaklerin hat einen Schätzwert dafür von 3,996.000 S errechnet. Ein Verkauf ist bisher nicht zustande gekommen. Der Beklagte hat für monatliche Fixkosten von 8.250 S (Mietzins und Betriebskostenakonto) und 3.068 S (Krankenzusatzversicherung für beide Streitteile, Telefon, Haushaltsversicherung, PKW und Haftpflichtversicherung) aufzukommen. Die Beklagte trägt monatliche Fixkosten von insgesamt 9.755 S (Miete, Betriebskosten, TV, Rundfunk, Strom, Telefon, Kirchenbeitrag und Versicherungen).

Die Klägerin begehrt monatlichen Unterhalt von 14.500 S und einstweiligen Unterhalt ab 1. 7. 1999 in derselben Höhe sowie einen Prozesskostenvorschuss von 70.000 S. Im ersten Rechtsgang wurde das Begehren auf einstweiligen Unterhalt in dem 9.400 S übersteigenden Ausmaß und das Begehren auf Prozesskostenzuschuss in dem 25.000 S übersteigenden Ausmaß rechtskräftig abgewiesen. Gegenstand des Sicherungsantrages sind somit (nur mehr) die Begehren auf einstweiligen Unterhalt in Höhe von 9.400 S monatlich ab 22. 7. 1999 und auf Prozesskostenzuschuss von 25.000 S.

Die Klägerin machte geltend, der Beklagte habe sich im Jahr 1990 verpflichtet, 40 % des gemeinsamen Einkommens an Geldunterhalt "unabhängig von einer aufrechten Ehe" zu zahlen. Diese Vereinbarung bestehe auch nach Ehescheidung fort. Er habe diese Beträge auch bis Juni 1999 bezahlt, danach aber seine Unterhaltszahlungen eingestellt. Die Ehescheidung sei erst im Oktober 1999 rehtskräftig geworden, sodass er den bisher gezahlten Betrag von 14.500 S monatlich zumindest bis zu diesem Zeitpunkt zahlen müsse. Von dieser Vereinbarung abgesehen habe der Beklagte aufgrund der beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und unter Berücksichtigung der die Streitteile treffenden Fixkosten monatliche Unterhaltsbeiträge in der begehrten Höhe nach Billigkeit im Sinn des § 69 Abs 3 EheG zu leisten. Die Klägerin müsse ihren Unterhalt aus Kreditmitteln bestreiten, sodass sowohl der begehrte einstweilige Unterhalt als auch der Prozesskostenzuschuss berechtigt seien. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der beiden ehelichen Kinder rechtfertigten es im Vergleich zum hohen Einkommen des Beklagten nicht, den Kindern Unterhaltszahlungen an die Klägerin aufzuerlegen. Das einzige der Klägerin gehörende Vermögen, der Hälfteanteil an der ehemaligen Ehewohnung, habe noch nicht veräußert werden können. Der Verkaufserlös würde auch zur Deckung der wesentlichen Existenzbedürfnisse der Klägerin nicht ausreichen. Die begehrte Unterhaltszahlung gefährde den angemessenen Unterhalt des Beklagten nicht.

Der Beklagte wendete ein, die von der Klägerin angesprochene Unterhaltsvereinbarung sei nur für die Dauer der Ehe geschlossen worden. Ein Anspruch auf Billigkeitsunterhalt bestehe nicht, jedenfalls nicht in der begehrten Höhe, weil sonst sein notwendiger Unterhalt gefährdet wäre. Der Verkauf der gemeinsamen Ehewohnung sei schon in die Wege geleitet, die Klägerin könne ihren Unterhalt bis zum tatsächlichen Verkauf weiterhin aus Kreditmitteln, danach aus dem Verkaufserlös finanzieren.

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Leistung eines einstweiligen Unterhalts von 9.400 S monatlich ab 22. 7. 1999 und zu einem Prozesskostenvorschuss von 25.000 S. Es stellte noch fest, der Beklagte sei im Juli 1999 aus der ehemaligen Ehewohnung ausgezogen und bezahle seither die monatlichen Betriebskosten von 3.100 S weiter. Er habe für seine neue Wohnung eine Kaution von 16.500 S, Vermittlungsprovision von 14.400 S, Übersiedlungskosten von 7.000 S und Einrichtungsgegenstände um zusammen 35.000 bis 40.000 S aus Ersparnissen aufwenden müssen. Er sei aufgrund einer Erkrankung gezwungen, eine Haushaltshilfe zu beschäftigen, was ihn mit 1.000 S pro Monat belaste. Der Sohn der Streitteile betreibe eine Praxis als Lungenfacharzt; er sei für drei minderjährige Kinder unterhaltspflichtig und habe Abzahlungsverbindlichkeiten für die Liegenschaft zu leisten. Die eheliche Tochter sei Lehrerin mit einer halben Lehrverpflichtung; sie habe keine weiteren Sorgepflichten.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht die Unterhaltsansprüche der Klägerin bis Oktober 1999 (Rechtskraft des Scheidungsurteiles) nach § 94 bzw § 66 ff EheG, der noch strittige einstweilige Unterhalt von monatlich 9.400 S finde in dem nach diesen Bestimmungen zu bemessenden Unterhaltsanspruch Deckung. Die Klägerin könne sich nicht auf die 1990 geschlossene Vereinbarung stützen, die zweifelsfrei nicht auf Zeiträume nach Scheidung weiter wirken sollte. Hingegen habe sie Anspruch auf Unterhalt im Rahmen der Billigkeit nach § 69 Abs 3 EheG, wobei § 67 Abs 2 EheG einen Ehegatten von der Unterhaltsverpflichtung dann befreite, wenn der andere den Unterhalt aus dem Stamm seines Vermögens bestreiten könne; allerdings sei die Heranziehung des Vermögensstammes nur bei einer Selbstgefährdung des Unterhaltsverpflichteten möglich. Auch die Heranziehung unterhaltspflichtiger Verwandter gemäß § 71 EheG komme nur subsidiär in Betracht, diese hafteten vor dem Unterhaltspflichtigen nur dann, wenn dessen Existenz gefährdet wäre. Grundsätzlich sei daher zunächst der geschiedene Ehegatte zur Unterhaltsleistung heranzuziehen; ergebe der Vergleich der Bedürfnisse und der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des geschiedenen unterhaltspflichtigen Ehegatten mit jenen der nach § 71 EheG unterhaltspflichtigen Verwandten des Unterhaltsberechtigten eine Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts des Unterhaltspflichtigen, entspräche seine volle Heranziehung nicht mehr der Billigkeit; in einem solchen Fall hafteten dann die Verwandten vor dem geschiedenen Ehegatten. Im Übrigen sei zur Frage der Heranziehung unterhaltspflichtiger Verwandter nach § 71 EheG auch auf die neuen verschuldensunabhängigen Unterhaltstatbestände nach einer Ehescheidung, nämlich die §§ 68a und 69b EheG abzustellen. Sowohl in diesen Bestimmungen als auch in der neuen Fassung des § 68 EheG werde die Subsidiarität der Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten gegenüber der von Verwandten (insbesondere Kinder) als nicht mehr adäquat und zeitgemäß empfunden und daher eliminiert bzw nicht mehr aufgenommen. Dass demgegenüber nach § 69 Abs 3 EheG noch weiterhin die Einkommens- und Erwerbsverhältnisse der nach § 71 EheG unterhaltspflichtigen Verwandten des Berechtigten zu berücksichtigen seien, dürfte auf einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers beruhen. Eine teleologische Reduktion sei daher angebracht, weil ein Unterhaltsberechtigter nach § 69 Abs 3 EheG nicht schlechter gestellt sein dürfte als ein Unterhaltsberechtigter nach § 68 EheG (Unterhaltsanspruch bei gleichteiligem Verschulden) oder nach § 68a EheG (verschuldensunabhängiger Unterlassungsanspruch nach Scheidung).

Die nicht unbeträchtlichen Pensionseinkünfte des Beklagten und seine laufenden Aufwendungen ließen eine Gefährdung seines angemessenen Unterhalts nicht befürchten. Es brauche daher im Provisorialverfahren nicht weiter darauf eingegangen zu werden, ob die beiden Kinder der Streitteile aufgrund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse in der Lage wären, für den Unterhalt der Klägerin aufzukommen. Der der Klägerin zugesprochene einstweilige Unterhalt decke gerade die Befriedigung ihrer dringenden Lebensbedürfnisse, die notwendigen Prozess- und Anwaltskosten könnten jedoch nicht mehr befriedigt werden; ein Prozesskostenzuschuss in Höhe von 25.000 S sei somit gerechtfertigt.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Rangordnung des § 71 EheG im Zusammenhang mit einem Unterhaltsanspruch nach § 69 Abs 3 EheG und die Bedeutung der Verweisung auf § 67 Abs 1 zweiter Satz und Abs 2 EheG Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Der Unterhaltsanspruch nach § 69 Abs 3 EheG ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ("wenn und soweit") von Billigkeitsüberlegungen abhängig, in deren Rahmen die Bedürfnisse und die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der geschiedenen Ehegatten und der nach § 71 EheG unterhaltspflichtigen Verwandten des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen sind (Zankl in Schwimann, ABGB2 Rz 18 zu § 69; vgl JBl 1948, 163). Der Wortlaut des § 69 Abs 3 EheG lässt für sich allein nicht eindeutig erkennen, in welchem Verhältnis der Anspruch auf Billigkeitsunterhalt gegen den geschiedenen Ehegatten im Sinn dieser Bestimmung zum Unterhaltsanspruch gegenüber den in § 71 EheG genannten Verwandten steht, insbesondere ob - wie das Rekursgericht meint - eine primäre Unterhaltspflicht der Verwandten nur im Fall einer Gefährdung des Unterhalts des geschiedenen Ehegatten durch die ihm aufzuerlegende Leistung in Frage kommt oder aber, ob bei einer Scheidung nach § 55 EheG ohne Verschuldensausspruch ein Anspruch gegen den geschiedenen Ehegatten nur subsidiär zusteht. Zur Auslegung des § 68 EheG idF vor EheRÄG 1999, BGBl I 1999/125 und der in dieser Bestimmung enthaltenen Verweisung auf § 71 EheG vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung (SZ 22/140; SZ 54/140; EvBl 1982/5; EvBl 1989/66; 8 Ob 570/93), die Rangordnung des § 71 EheG (wonach der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte grundsätzlich vor den Verwandten des Berechtigten hafte) könne im Fall des § 68 EheG nicht Platz greifen. Diese Rangordnung setze nämlich einen Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten voraus. Fehle es jedoch an einer Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatte, hafteten die Verwandten nach den allgemeinen Vorschriften über die Unterhaltspflicht. Daraus müsse zwingend der Schluss gezogen werden, dass bei einer Scheidung nach § 68 EheG die Kinder primär haften, weil dem aus gleichteiligen Verschulden geschiedenen Ehegatten grundsätzlich kein Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten zustehe, sondern ein solcher nur ausnahmsweise aus Billigkeit zugestanden werden könne. Der Ausspruch auf Billigkeitsunterhalt nach § 68 EheG stehe daher im Regelfall subsidiär zu, soweit keine unterhaltspflichtigen Verwandten vorhanden sind oder diese im Einzelfall keinen (oder keinen ausreichenden) Unterhalt schulden, sie also Unterhalt entweder überhaupt nicht oder nur unter Gefährdung ihres eigenen angemessenen Unterhalts (unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Sorgepflichten) gewähren könnten. Von dieser grundsätzlichen Regel ist der Oberste Gerichtshof allerdings dann abgewichen, wenn sie im Einzelfall nicht der Billigkeit entsprochen hätte. So in Fällen, in denen der geschiedene Ehegatte über ein die Einkommensverhältnisse der (primär) unterhaltspflichtigen Kinder weit übersteigendes Einkommen verfügte (8 Ob 570/93).

Der erkennende Senat hält an dieser Rechtsprechung auch weiter fest. Diese für Unterhaltsansprüche nach § 68 EheG idF vor EheRÄG, BGBl I 1999/125 geltenden Grundsätze können auch auf insoweit vergleichbare Unterhaltsansprüche nach § 69 Abs 3 EheG angewendet werden. Zum einen sind die Billigkeitsvoraussetzungen des § 69 Abs 3 EheG nach Lehre und Rechtsprechung mit jenen des § 68 EheG identisch (Zankl aaO Rz 19 zu § 69; Pichler in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 69 EheG; 3 Ob 109/97v = RIS-Justiz RS0109064). Zum anderen ist auch die vom Gesetzgeber in Ansehung einer Berücksichtigung der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des geschiedenen Ehegatten und der nach § 71 EheG unterhaltspflichtigen Verwandten des Unterhaltsberechtigten gewählte Formulierung gleich. Der Anspruch auf Unterhalt nach Billigkeit im Sinn des § 69 Abs 3 EheG steht gegen den geschiedenen Gatten daher nur insoweit zu, als keine unterhaltspflichtigen Verwandten vorhanden sind oder diese im Einzelfall keinen - oder keinen ausreichenden - Unterhalt schulden, sie somit den Unterhalt überhaupt nicht oder nur unter Gefährdung ihres eigenen angemessenen Unterhalts (unter Mitberücksichtigung ihrer sonstigen Sorgepflichten) gewähren könnten. Von diesem Grundsatz ging offenbar auch der Gesetzgeber des EheRÄG 1999, BGBl I 1999/125, aus, der die Subsidiarität der Unterhaltspflicht des einen geschiedenen Ehegatten gegenüber der von Verwandten des anderen unterhaltsbedürftigen Ehegatten bei gleichteiligem Verschulden als nicht mehr adäquat und zeitgemäß beurteilt und die entsprechende Wendung in § 68 EheG eliminiert hat (Hopf/Stabentheiner, EheRÄG 1999, ÖJZ 1999, 861 ff). In § 69 Abs 3 EheG hat er die Formulierung allerdings weiter belassen. Ob angesichts des Entfalls der Subsidiarität bei § 68 EheG idF des EheRÄG 1999 eine entsprechende teleologische Reduktion in Frage käme (was schon Hopf/Stabentheiner aaO FN 112 als fraglich bezeichnet haben), kann offenbleiben, weil auf den vorliegenden Fall noch die Bestimmungen des Ehegesetzes vor dem EheRÄG 1999 zur Anwendung kommen.

Allerdings unterliegt auch der Grundsatz der Subsidiarität der Unterhaltsverpflichtung des geschiedenen Ehegatten nach § 69 Abs 3 EheG dem Vorbehalt der Billigkeit: Dieser Grundsatz kann daher dann nicht mehr gelten, wenn er nicht der Billigkeit entspricht. Dies ist

Im vorliegenden Fall steht zwar das jeweilige monatliche Einkommen der Ehegatten selbst außer Streit. Die Vorinstanzen haben auch Beruf und Sorgepflichten der ehelichen Nachkommen festgestellt, es fehlen jedoch präzise Feststellungen über die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der unterhaltspflichtigen Kinder. Es kann damit nicht beurteilt werden, ob der an sich subsidiär unterhaltspflichtige Beklagte angesichts der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der ehelichen Nachkommen aus Billigkeitsüberlegungen doch zur Gewährung von Unterhalt an die Klägerin verpflichtet werden kann, und in welchem Umfang seine Inanspruchnahme der Billigkeit entspricht.

Von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung ausgehend hat es das Erstgericht unterlassen, die maßgebliche Rechtsfrage mit den Parteien zu erörtern und dazu Beweise aufzunehmen. Die damit bewirkte sekundäre Mangelhaftigkeit des Verfahrens führt zur Aufhebung und Rückverweisung an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der beiden ehelichen Kinder zu erörtern, allfällige Beweisanbote der Parteien durchzuführen und - nach Verfahrensergänzung - neuerlich zu entscheiden haben. Dabei kann offenbleiben, ob der Miteigentumsanteil der Klägerin an der ehemaligen Ehewohnung ihren Unterhaltsanspruch nach § 69 Abs 3 EheG hindert oder nur dann zu berücksichtigen ist, wenn der Unterhalt der Beklagten selbst durch die auferlegte Unterhaltszahlung gefährdet wäre. Eine Berücksichtigung des Vermögensstammes des Unterhaltsberechtigten setzt nämlich voraus, dass der Unterhaltsberechtigte daraus seinen Unterhaltsbedarf decken kann (Zankl aaO Rz 27 zu § 66 und Rz 19 zu § 69). Dies ist jedenfalls solange nicht der Fall, als der von beiden Seiten ohnehin beabsichtigten Veräußerung der gemeinsamen Eigentumswohnung tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten entgegenstehen. Es entspräche nämlich nicht der Billigkeit, die Unterhaltsberechtigte zur Deckung ihrer Bedürfnisse solange auf eine Kreditaufnahme zu verweisen, als rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten einer ohnehin beabsichtigten Veräußerung entgegenstehen. Dass aber eine Veräußerung aus allein von der Klägerin zu vertretenden Gründen bisher nicht zustande gekommen wäre, ist nicht zu erkennen.

Dem Revisionsrekurs des Beklagten wird somit Folge gegeben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO.

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