OGH 13Os3/01 (13Os4/01)

OGH13Os3/01 (13Os4/01)31.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Ratz und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schmidt als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Marcel C***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wider den Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 2. Oktober 2000, AZ 15 U 125/00p, sowie wegen hiezu unterbliebener Vorgänge nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Verfahren 15 U 125/00p des Bezirksgerichtes Feldkirch verletzen das Gesetz

1. der Beschluss vom 2. Oktober 2000 in seinem Ausspruch über die Verlängerung der Probezeit in der Bestimmung des § 15 Abs 2 JGG;

2. die Unterlassung der Anhörung des Beschuldigten zum Antrag des Bezirksanwaltes auf Verlängerung der Probezeit und der Einsichtnahme in die Akten über die frühere Verurteilung oder in eine Abschrift des früheren Urteils vor der Beschlussfassung in der Bestimmung des § 494a Abs 2 StPO.

Der Beschluss, der im Übrigen unberührt bleibt, wird im bezeichneten Ausspruch aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 28. März 2000, AZ 15 U 31/00i, wurde der am 29. Jänner 1985 geborene jugendliche Beschuldigte Marcel C***** des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG schuldig erkannt. Gemäß § 13 Abs 1 JGG wurde der Ausspruch der zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 2. Oktober 2000, GZ 15 Z 125/00p-6, wurde Marcel Conrad der in der Probezeit begangenen Vergehen des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Unter einem fasste das Gericht gemäß § 494a (ergänze: Abs 1 Z 1) StPO den Beschluss, dass vom nachträglichen Ausspruch der Strafe zum oben erwähnten Urteil abgesehen wird, ordnete jedoch gleichzeitig - dem Antrag des Bezirksanwaltes entsprechend - die Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre an. Nach dem Protokoll über die Hauptverhandlung nahm das Gericht weder Einsicht in die Akten der früheren Verurteilung noch in eine Abschrift des früheren Urteils und hörte auch nicht den Beschuldigten zum Antrag des Bezirksanwaltes auf Verlängerung der Probezeit. Der Beschluss erwuchs in Rechtskraft.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in der von ihm gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, wurde im zweitgenannten Verfahren mehrfach das Gesetz verletzt:

Vor einer Entscheidung nach § 494a StPO hat das Gericht den Ankläger, den Beschuldigten (Angeklagten) und den Bewährungshelfer zu hören und Einsicht in die Akten über die frühere Verurteilung zu nehmen (§ 494a Abs 3 erster Satz StPO). Anstelle der Einsicht in die Akten kann sich das Gericht mit der Einsicht in eine Abschrift des früheren Urteils begnügen, wenn diese eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung darzustellen vermag (§ 494a Abs 3 letzter Satz StPO). Es unterblieben die Anhörung des Beschuldigten und die Akten- bzw Urteilseinsicht.

Die Verlängerung einer gemäß § 13 Abs 1 JGG bestimmten Probezeit ist überhaupt unzulässig. Einer analogen Anwendung des § 53 Abs 2 StGB steht die jugendstrafrechtliche Sonderregelung (lex specialis) des § 15 Abs 2 JGG entgegen, welche eine Verlängerung der Probezeit nicht vorsieht (13 Os 44/00 ua).

Die demnach gesetzwidrig angeordnete Verlängerung der Probezeit hat sich zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt, sodass ein Vorgehen gemäß § 292 letzter Satz StPO geboten und sohin spruchgemäß zu entscheiden war.

Stichworte