Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Erblasserin verstarb am 10. 3. 1999, ohne Nachkommen oder einen Ehegatten zu hinterlassen. Zu diesem Zeitpunkt waren ihre drei Geschwister bereits verstorben. Ihre nächsten noch lebenden Blutsverwandten sind Nichten, Neffen, drei Großneffen und eine Großnichte.
In eigenhändig geschriebenen Testamenten vom 1. 4. 1990 und vom 25. 12. 1993 hatte die Erblasserin den nunmehrigen Revisionsrekurswerber, den Ehemann einer vorverstorbenen Nichte, zum Alleinerben eingesetzt. Dieser gab auf Grund des späteren Testamentes zum gesamten Nachlass eine unbedingte Erbserklärung ab. Mit Beschluss vom 17. 5. 1999, der in der Folge über Rekurs eine Nichte aufgehoben worden war, hatte das Erstgericht diesem Testamentserben den Nachlass bereits eingeantwortet.
Im fortgesetzten Verfahren stützte der Testamentserbe seine Erbserklärung auch auf die mit 1. 4. 1990 datierte letztwillige Verfügung. Während zwei Nichten und ein Neffe der Verstorbenen vor dem Gerichtskommissär ihre auf Grund des Gesetzes bereits abgegebene Erbserklärungen wiederholten, erschien eine weitere Nichte (Rosa M*****) nicht zu dem vom Gerichtskommissär anberaumten Termin. Schließlich gab noch ein Großneffe der Erblasserin eine bedingte Erbserklärung ab, dagegen erklärten eine Großnichte und zwei Großneffen, die Kinder des Testamentserben, zum Nachlass keine Erbserklärungen abzugeben.
Mit Beschluss vom 29. 10. 1999 wies das Erstgericht - ohne die Erbserklärung der gesetzlichen Erben ausdrücklich anzunehmen - den gesetzlichen Erben Konrad H*****, Dr. Stefana H*****, Augustine A***** und Josef H***** sowie den Kindern des Testamentserben (ungeachtet der Tatsache, dass diese erklärt hatten, keine Erbserklärungen abzugeben) die Klägerrolle zu und trug ihnen auf, binnen vier Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses die Erbrechtsklage gegen den Testamentserben einzubringen, widrigenfalls ihre Erbansprüche im weiteren Verfahren nicht mehr berücksichtigt würden. Die Nichte Rosa M*****, die ebenfalls eine Erbserklärung abgegeben hatte, wird in diesem Beschluss nicht erwähnt; der Beschluss wurde ihr auch nicht zugestellt.
Die Zustellung dieses Beschlusses an Konrad H***** erfolgte am 9. 11. 1999, den übrigen darin Genannten (außer dem Testamentserben) wurde der Beschluss jeweils am 8. 11. 1999 zugestellt.
Am 30. 11. 1999 erklärte Konrad H***** beim Verlassenschaftsgericht, gegen den Testamentserben und nunmehrigen Revisionsrekurswerber die Erbrechtsklage mit einem Streitwert von S 1,244.444,52 (Wert des Reinnachlasses) einbringen zu wollen, und beantragte unter Vorlage eines Vermögensbekenntnisses die Bewilligung der Verfahrenshilfe für diesen Rechtsstreit. Dieser Antrag langte am 6. 12. 1999 beim Landesgericht Wels als zuständigem Prozessgericht ein. Dieses bewilligte mit Beschluss vom 9. 12. 1999 die Verfahrenshilfe und setzte dem Kläger eine später bis 25. 2. 2000 verlängerte Frist zur Einbringung der Erbrechtsklage.
Am 11. 2. 2000 antwortete das Erstgericht, das keine Verständigung von der Einbringung einer Erbrechtsklage erhalten hatte, den Nachlass erneut dem Testamentserben ein und erklärte die Verlassenschaft für beendet.
Dem dagegen erhobenen Rekurs des Konrad H***** gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss Folge. Es hob den erstgerichtlichen Beschluss ersatzlos auf und trug dem Erstgericht die Innehaltung mit der Verlassenschaftsabhandlung bis zur rechtskräftigen Erledigung des über die mittlerweile eingebrachte Erbrechtsklage abzuführenden Verfahrens auf. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Zur Begründung dieser Entscheidung führte das Rekursgericht im Wesentlichen aus:
Das Erstgericht habe zutreffend die nach § 125 AußStrG zu bestimmende Klagefrist so festgesetzt, dass sie erst mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Zuteilung der Parteirollen zu laufen begann (5 Ob 221/98f; 2 Ob 538/78 ua). Die Frist für den Rekurswerber habe am 21. 12. 1999 geendet - auch bei Annahme einer einheitlichen Streitpartei, gebildet aus den mehreren Erbansprechern (vgl dazu JBl 1989, 795, in welcher Entscheidung in einem solchen Fall die analoge Anwendung der Vorschriften und Rechtswirkungen über die einheitliche Streitpartei im außerstreitigen Verfahren bejaht wird). Maßgeblich sei die Zustellung an den Rekurswerber als den letzten Streitgenossen am 9. 11. 1999 gewesen. Die Zustellung an die Großnichte, die tatsächlich aber keine Erbserklärung abgegeben hatte, sei zwar zeitlich später gelegen. Sie sei aber mangels Geltendmachung eines Erbrechts nicht Teil der einheitlichen Streitpartei gewesen. Die erst am 24. 2. 2000 - nach Fassung des angefochtenen Beschlusses - beim Prozessgericht überreichte Erbrechtsklage habe daher die Frist nicht gewahrt.
Aus im Einzelnen angeführten Gründen sei aber der Verfahrenshilfeantrag des Erbrechtsklägers die Frist wahrend eingebracht worden. Ihm könne auch keine nachträgliche Untätigkeit vorgeworfen werden, die die Annahme einer Fristversäumung wegen nicht gehöriger Fortsetzung rechtfertigen würde.
Demnach habe das Erstgericht unrichtig eine Fristversäumung des Rekurswerbers angenommen. Die innerhalb der gesetzten Frist eingebrachte (wenn auch verbesserungsbedürftige) Erbrechtsklage hindere (derzeit) die Einantwortung des Nachlasses an den Testamentserben und sei daher ersatzlos zu beheben gewesen. Gemäß § 127 Abs 1 AußStrG sei mit der Verlassenschaftsabhandlung bis zur Entscheidung des Rechtsstreits innezuhalten; allerdings werde das Erstgericht auch noch über die Erbserklärung der Rosa M***** zu entscheiden haben, die bereits eine formgerechte schriftliche Erbserklärung abgegeben habe (§ 117 Abs 1 AußStrG). Sie sei somit trotz Nichtbesuchs der Verhandlung vor dem Gerichtskommissär vom Erstgericht zu Unrecht als säumig im Sinn des § 120 Abs 1 AußStrG behandelt worden. Da sie aber die Einantwortung an den Testamentserben unbekämpft gelassen habe und das Erstgericht ihre Erbserklärung bisher nicht der Abhandlung zu Grunde gelegt habe, erscheine es zweckmäßig, sie vorerst zu befragen, ob sie an dieser Erklärung festhalte (vgl RPflSlgA 8043). Die auf den Rechtsweg verwiesenen Erben, die die Frist des § 125 AußStrG nicht gewahrt haben, seien am weiteren Verlassenschaftsverfahren nicht mehr zu beteiligen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei nach § 14 Abs 1 AußStrG zuzulassen gewesen, weil zur Rechtsfrage, ob ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Wahrung der vom Abhandlungsgericht nach §§ 125 f AußStrG gesetzten Frist ausreiche, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege und dieser Rechtsfrage wesentliche über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Testamentserben mit dem Antrag, den Beschluss dahin abzuändern, dass dem Rekurs des Konrad H***** keine Folge gegeben werde.
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nach § 16 Abs 3 AußStrG nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Rekursgericht als erheblich nach § 14 Abs 1 AußStrG angesehene Rechtsfrage ist nämlich aus den nachstehend angeführten Gründen in Wahrheit nicht zu lösen:
In der ohnehin vom Rekursgericht zitierten Entscheidung JBl 1989, 795 = NZ 1990, 258 hat der Oberste Gerichtshof die Teilrechtskraft eines Beschlusses nach § 125 AußStrG mit der Begründung verneint, dass mehrere erbserklärte Erben, deren Erbserklärungen zu Gericht angenommen wurden, in Verfolgung der von ihnen angesprochenen Erbrechte gegenüber konkurrierenden Erbansprechern schon wegen des gemeinsamen Ziels ihrer Rechtsverfolgung, sei es als Testaments- oder gesetzliche Erbengruppe, in einer verfahrensrechtlichen Gemeinschaft nach der Art einer Streitgenossenschaft wie eine einheitliche Streitpartei im Sinn des § 14 ZPO verbunden seien. Bejahe man die Frage, ob die Vorschriften und Rechtswirkungen über die einheitliche Streitpartei analog auch im außerstreitigen Verfahren anzuwenden seien, dann führe im Sinne des § 14 Satz 2 ZPO die erfolgreiche Ergreifung eines Rechtsmittels gegen die Klägerrollenzuweisung auch nur durch einen von mehreren Erbansprechern einer Erbengruppe zur Abänderung der Entscheidung zu Gunsten aller anderen Erbansprecher derselben Erbengruppe. Für seine Rechtsansicht konnte sich der Oberste Gerichtshof auf übereinstimmende Lehrmeinungen von vier Autoren aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts berufen. Der erkennende Senat sieht keinen Grund, von dieser Rechtsansicht abzugehen, spricht dafür doch auch die Erwägung, dass es nicht sachgerecht wäre, wenn den Erbansprechern ein und derselben Erbengruppe eine verschiedene Parteirolle zufallen könnte. Ob in anderem Zusammenhang oder in dem Fall, dass aus Zweckmäßigkeitsgründen eine Verteilung der Parteirollen bereits vor Abgabe aller in Frage kommenden Erbserklärungen erfolgt wäre (vgl EFSlg 85.796 = EvBl 1998/7 = RZ 1998/48), etwas anderes gilt, ist hier nicht zu prüfen.
Wie bereits vom Rekursgericht zutreffend erkannt wurde, hat das Erstgericht die Erbserklärung der Nichte der Erblasserin Rosa M***** völlig übergangen und diese im Beschluss nach § 125 AußStrG nicht erwähnt. Demnach wurde ihr dieser Beschluss auch - nach der Aktenlage - bisher nicht zugestellt. Bilden aber sämtliche Personen, die eine Erbserklärung abgegeben haben, eine einheitliche Partei analog § 14 ZPO, dann läuft auch eine ihnen gesetzte Frist erst ab Zustellung der Entscheidung an den letzten von ihnen (Fucik in Rechberger, ZPO2 Rz 6 zu § 14). Demnach konnte die Frist, die erst mit der Rechtskraft des Beschlusses vom 29. 10. 1999 zu laufen beginnen sollte, bisher nicht einmal zu laufen beginnen, weshalb bei Beschlussfassung des Erstgerichtes am 11. 2. 2000 jedenfalls die Frist noch keinesfalls ungenutzt verstrichen sein konnte. Schon aus diesem Grund hat das Rekursgericht völlig zu Recht diese Entscheidung des Erstgerichts ersatzlos aufgehoben.
An dieser Rechtslage vermag es auch nichts zu ändern, dass der Erstrichter entgegen § 125 AußStrG die Erbserklärungen nicht ausdrücklich angenommen hat. Eine Zurückweisung von Erbserklärungen ist nicht aktenkundig, das gilt auch besonders für die Nichte Rosa M*****, die im erstgerichtlichen Beschluss übergangen wurde. Diese Übergehung ändert aber nichts daran, dass sie zu derselben Gruppe der gesetzlichen Erben, die eine Erbserklärung abgegeben haben, wie die übrigen, denen das Erstgericht die Klägerrolle zugewiesen hat, gehört (allerdings mit Ausnahme der Kinder des Testamentserben, die, was das Erstgericht nicht beachtet hat, gar keine Erbserklärungen abgegeben haben).
Demnach wird das Erstgericht seine Entscheidung vom 29. 10. 1999 über die Verteilung der Parteirollen im Erbrechtsstreit auch Rosa M***** zuzustellen haben, steht ihr doch auch ohne Erwähnung ihrer Person in der Entscheidung ein Rechtsmittel gegen diese zu, weil sie eben darin nicht berücksichtigt wurde (vgl § 496 Abs 1 Z 1 ZPO).
Da sohin die hier für die Entscheidung maßgebenden Rechtsfragen in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (JBl 1989, 795 = NZ 1990, 258) Deckung finden, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
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