OGH 7Ob282/00x

OGH7Ob282/00x23.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** K*****, vertreten durch Dr. Christian Kleinszig ua Rechtsanwälte in St. Veit/Glan, gegen die beklagte Partei N***** P*****, vertreten durch Dr. Harald Mlinar, Rechtsanwalt in St. Veit/Glan, wegen Unterlassung (Streitwert S 120.000,--) über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 5. September 2000, GZ 2 R 127/00i-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 28. April 2000, GZ 24 Cg 118/97b-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.112,-- (darin enthalten S 1.352,-- an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das relativ höher gelegene Grundstück des Klägers und das relativ tiefer gelegene Grundstück des Beklagten grenzen aneinander an. Beide Grundstücke werden landwirtschaftlich genützt. Die Grundgrenze verläuft im Wesentlichen im Bereich der Oberkante eines Ackerrains, der stark bewachsen ist. Die Böschung des Ackerrains befindet sich auf Grund des dort angeschwemmten Sedimentmaterials in Abhängigkeit vom Durchfeuchtungsgrad auf Grund natürlicher Vorgänge (bodenmechanisch) in labilem Zustand. Durch die Erosion auf dem oberen Grundstück des Klägers wird zum Ackerrain hin Sedimentmaterial angehäuft, das in Abhängigkeit vom Durchfeuchtungsgrad in einem Zeitraum zwischen fünf und zehn Jahren die Haftreibung verliert, sodass es zu Hangrutschungen kommt. Erschütterungen durch heute übliche landwirtschaftliche Maschinen (auch nur im oberen Grundstück des Klägers) bedingen bereits ein rascheres Abgleiten. Das Anschneiden (zB durch Pflügen bis zur Grundgrenze) des Böschungsfußes durch den Beklagte, reduziert als weitere Möglichkeit auch den Zeitraum vor der nächsten Absackung, aber nur wenn das Material trocken ist. Wird das Material durch den nächsten Regen nass, ereignen sich die Abrutschungen zeitgleich.

Der Kläger begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, jegliche wie immer geartete Vertiefung seines Grundstückes, wodurch das Grundstück des Klägers seine Stütze verliere, zu unterlassen und stützt diesen Anspruch auf § 364b ABGB.

Der Beklagte beantragt kostenpflichtige Klagsabweisung im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Hangabrisse auf naturgesetzliche Vorgänge, die Steilheit der Böschung und die Oberflächenwässer zurückzuführen seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass die Anwendung des § 364b ABGB unzulässige Vertiefungen des Nachbargrundstückes, sohin Handlungen oder pflichtwidrige Unterlassungen fordere, nicht bloß die Wirkung von Naturkräften. Selbst wenn der Beklagte seinen Acker nicht mehr bearbeiten würde, führte dies trotzdem wegen der Erschütterungen durch den Gebrauch von landwirtschaftlichen Maschinen durch den Kläger selbst zum weiteren Abrutschen des Ackerrains.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und vertrat die Rechtsansicht, dass eine Vertiefung im Sinne des § 364b ABGB keine Unterschreitung des allgemeinen Bodenniveaus voraussetze, sondern auch in der Abtragung eines Hanges oder Hangfußes erfolgen könne oder durch Veränderung der Bodenbeschaffenheit des Grundstücks des Obliegers wodurch die Strömungsverhältnisse im Boden zum Nachteil des Unterliegers verändert werden. Nicht hingegen können naturgesetzliche Vorgänge § 364b ABGB unterstellt werden. Durch die Bearbeitung des Grundstücks des Klägers bestehe kein ständiger dichter Grasbewuchs, sodass das durch die Erosion abgetragene Material vom Ackerrain aufgefangen werde. Durch das Anschneiden des Ackerrainfußes durch den Beklagten sei es nicht zu einer Verminderung der Festigkeit und Standsicherheit des Grundstücks des Klägers gekommen, sondern bloß zu einem (möglichen) vorzeitigen Abrutschen der ohnehin labilen, vom Grundstück des Klägers stammenden Feinkornsedimente. Damit wäre aber nicht in die bodenphysikalische Beschaffenheit des Grundstücks des Klägers nach § 364b ABGB eingegriffen worden. Es werde dem Grundstück des Klägers keine Stütze entzogen, sondern bloß labiles Sedimentmaterial weitergeleitet.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage fehle, ob auch das Anschneiden eines labilen Ackerrainfußes unter den gegebenen Umständen, die im Wesentlichen immer wieder vorkommen können, einen Unterlassungsanspruch nach § 364b ABGB rechtfertigen.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte erstattet eine Revisionsbeantwortung.

Die Revision ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes liegt hier keine erhebliche Rechtsfrage, der über den Einzelfall Bedeutung zukommt, zur Entscheidung vor. Im Vordergrund steht hier die im Revisionsverfahren nicht mehr aufgreifbare Tatfrage.

Die vom Kläger behauptete Aktenwidrigkeit liegt, wie der erkennende Senat geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Kläger geht bei seinen Revisionsausführungen, die sich darauf stützen, dass es zu den Absetzungen nur deshalb gekommen sei, weil der Beklagte den Böschungsfuß angeschnitten habe und dadurch die erforderliche Stütze seines Grundstücks verloren gegangen sei, nicht von den erstgerichtlichen Feststellungen aus. Die Revision ist insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Das Berufungsgericht hat die Grundsätze zu § 364b ABGB richtig dargelegt (§ 510 Abs 3 ZPO). Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch ist, dass der Kläger ein bestimmtes, die Festigkeit seines eigenen Grundstückes gefährdendes Verhalten des Nachbarn als materiell rechtliche Voraussetzung des Anspruchs behauptet und beweist (1 Ob 221/98a, RS0010710). Gerade dies ist dem Kläger nach den erstgerichtlichen Feststellungen nicht gelungen. Einerseits führen auch die Erschütterungen auf dem Grundstück des Klägers durch landwirtschaftliche Maschinen zu den Abrutschungen, andererseits führt das Anschneiden des Böschungsfußes bei durchnässtem Material nur zu einem zeitgleichen Abrutschen. Ein für das (vorzeitige) Abrutschen des Sedimentmaterials kausales Verhalten des Beklagten steht daher nicht fest. Im Übrigen ist die Beurteilung der konkreten Geländesituation und des konkreten Verhaltens des Beklagten eine Frage des Einzelfalls, dem keine besondere allgemeine Bedeutung zukommt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Da der Beklagte auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, war seine Revisionsbeantwortung zur Rechtsverfolgung zweckmäßig.

Stichworte