OGH 7Ob300/00v

OGH7Ob300/00v14.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, ***** vertreten durch Dr. K. Rainer Onz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. A***** GesmbH, und 2. B***** GesmbH, ***** beide vertreten durch Dr. Michael Hasberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 772.200,-- sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 5. August 2000, GZ 4 R 125/00g-14, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 18. April 2000, GZ 15 Cg 3/99d-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 24.320,34 (darin enthalten S 4.053,39 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei, deren Aktienmehrheit (66,7 %) die ***** P***** AG (im Folgenden kurz P***** AG genannt) besitzt, ist Immobilienmakler und -verwalter. Sie wurde von der P*****gesellschaft mbH (im Folgenden nur mehr Fa P***** genannt) als außerbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft ***** W***** - allein - mit der Verwaltung und der Vermittlung des Verkaufs dieses Objekts betraut und bot es mit Schreiben vom 24. 2. 1998 dem Geschäftsführer der erstbeklagten Partei Johann G***** sen um S 23 Mio zum Kauf an. Im Fall des Erwerbs des Objekts durch ihn oder einen von ihm namhaft gemachten Dritten werde sie ihm ein Honorar von 3 % des Kaufpreises zuzüglich Mehrwertsteuer in Rechnung stellen. Auf Grund dieses Schreibens vereinbarte Johann G***** sen mit dem Angestellten der klagenden Partei Michael S***** eine Besichtigung des Kaufobjekts, an der auch der Geschäftsführer der Zweitbeklagten Johann G***** jun teilnahm. Dabei wies Michael S***** darauf hin, dass das Objekt zwar im bücherlichen Eigentum der - auf Schildern angeführten - A***** stehe, außerbücherlicher Eigentümer aber die Fa P***** sei; deren Eigentümer seien die T***** Aktiengesellschaft und die P***** AG; die Klägerin sei die Immobiliengesellschaft des P*****-Konzerns. Diese Informationen waren richtig: Die Gesellschafter der Fa P***** waren bzw sind zu je 50 % die P***** AG und die T***** Aktiengesellschaft, an der die P***** AG eine Minderheitsbeteiligung hält. Darüber, dass die Fa P***** mit der P***** AG konzernmäßig verflochten ist und ihren Sitz im selben Haus wie diese hatte, waren die Geschäftsführer der beklagten Parteien ohnehin bereits informiert; ihnen war auch schon vor der Besichtigung bekannt, dass die Klägerin auch die Hausverwaltung der Liegenschaft besorgte.

In der Folge wurden zwischen der klagenden Partei und den Geschäftsführern der Beklagten Verhandlungen geführt, die in ein schriftliches Anbot der Beklagten mündeten, die Liegenschaft um S 21,450.000 zu erwerben. Dieses Anbot wurde von P***** am 25. 3. 1998 angenommen.

Die klagende Partei begehrt für die Vermittlung des Liegenschaftskaufs von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand S

772.200 (d.s. 3 % des Kaufpreises zuzüglich 20 % Umsatzsteuer) an Immobilienmaklerprovision.

Die beklagten Parteien beantragten, die Klage abzuweisen. Soweit im Revisionsverfahren noch wesentlich, wendeten sie ein, im Hinblick auf die wirtschaftliche Verflechtung der klagenden Partei mit der Fa P***** liege ein Eigengeschäft der Klägerin vor, die gemäß § 6 Abs 4 MaklerG daher keinen Provisionsanspruch habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Beklagten hätten gewusst, dass die Klägerin mit der P***** AG konzernmäßig verflochten sei und auch die Hausverwaltung der Liegenschaft besorgte. Bei der Besichtigung sei ihnen darüber hinaus mitgeteilt worden, dass die außerbücherliche Eigentümerin auch dem P*****-Konzern angehöre. Trotzdem hätten sie eine Vermittlungstätigkeit der Klägerin nicht abgelehnt und mit dieser zumindest schlüssig einen Maklervertrag abgeschlossen. Der Klägerin stehe daher die vereinbarte Provision in Höhe des Klagsbetrages zu.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die streitentscheidende Frage sei, ob die Klägerin ihrer besonderen Aufklärungspflicht, die Auftraggeber "unverzüglich" auf ihr wirtschaftliches Naheverhältnis zur Liegenschaftseigentümerin hinzuweisen, nachgekommen sei. Zwischen den Streitteilen sei spätestens beim Besichtigungstermin konkludent ein Maklervertrag abgeschlossen worden. Bei der Besichtigung habe der Mitarbeiter der klagenden Partei das vom Gesetzgeber als bedenklich angesehene wirtschaftliche Naheverhältnis zwischen der Klägerin als Makler und dem vermittelten Dritten (Fa P*****) im Sinne des § 6 Abs 4 MaklerG hinreichend deutlich aufgeklärt. Zu prüfen sei, ob dies "unverzüglich" geschehen sei. Die unverzügliche Mitteilung solle es dem Auftraggeber ermöglichen, schon bei Beginn des Vertragsverhältnisses zu beurteilen, ob er die möglichen Nachteile eines wirtschaftlichen Naheverhältnisses auf Seiten des Maklers in Kauf zu nehmen bereit sei. Wenn also gleich zu Beginn der ernstlichen Gespräche nach oder bei Abschluss eines Maklervertrages über ein konkretes Vermittlungsobjekt die notwendige Aufklärung erfolge, müsse von einem "unverzüglichen" Hinweis im Sinne des § 6 Abs 4 MaklerG ausgegangen werden. Der Ansicht von Fromherz (Komm zum MaklerG, Rz 54 zu § 6), dass eine solche Aufklärung vor Abschluss des Maklervertrages erfolgen müsse, könne nicht beigetreten werden. Es sei dem Makler nämlich nicht zuzumuten, seine internen wirtschaftlichen oder familiären Nahebeziehungen zum Dritten offenzulegen, wenn der Auftraggeber möglicherweise gar kein Interesse am konkreten Objekt habe. Da hier die klagende Partei bereits anlässlich der ersten Besichtigung, bei der (auch nach Ansicht der Beklagten) spätestens der konkludente Maklervertrag abgeschlossen worden sei, die erforderliche Aufklärung gegeben habe, könne von einem Verlust der Maklerprovision nach § 6 Abs 4 MaklerG keine Rede sein.

Da eine Rechtsprechung zum Begriff der Unverzüglichkeit im Sinn des § 6 Abs 4 MaklerG nicht vorliege, sei die ordentliche Revision zuzulassen.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten, die unrichtige rechtliche Beurteilung der Rechtssache geltend machen und beantragen, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass die Klage abgewiesen werde. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Die klagende Partei strebt mit ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten oder die Bestätigung des Urteils der zweiten Instanz an.

Die Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zwar zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Einwand, das gegenständliche Geschäft komme wirtschaftlich einem Eigengeschäft der Klägerin iSd zweiten Satzes des § 6 Abs 4 MaklerG gleich, wird von den Revisionswerberinnen ohnehin nicht mehr aufrecht erhalten.

Unstrittig ist aber auch, dass nach den hiefür maßgeblichen Umständen des Einzelfalls (vgl 5 Ob 49/00t = RIS-Justiz RS0114079) ein wirtschaftliches Naheverhältnis zwischen der Klägerin (Makler) und der Fa P***** ("vermittelter Dritter") vorliegt, das iSd § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG die Wahrung der Interessen der Beklagten als Auftraggeber beeinträchtigen konnte. Für das Bestehen eines Provisionsanspruchs der Klägerin maßgeblich und daher hier streitentscheidend ist demnach, ob die Beklagten über dieses Naheverhältnis im Sinne der zitierten Gesetzesstelle "unverzüglich" informiert wurden. Da kein Streit darüber besteht, dass der Angestellte der Klägerin Michael S***** deren wirtschaftliches Naheverhältnis zur Liegenschaftseigentümerin ausreichend klargelegt hat, kommt es nur mehr darauf an, ob die betreffende Mitteilung an die Geschäftsführer der beklagten Parteien anlässlich der Besichtigung der Liegenschaft so rechtzeitig erfolgt ist, um dem im § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG aufgestellten Postulat der Unverzüglichkeit zu genügen. Allein dies ist im Revisionsverfahren noch strittig: Die Beklagten vertreten im Anschluss an Fromherz MaklerG (1997) Rz 54 zu § 6 die Auffassung, dass der Zeitpunkt des Abschlusses des Maklervertrages die maßgebende Zäsur bilde: Nur wenn die Aufklärung vor diesem Zeitpunkt erfolge, werde dem Kunden die Möglichkeit eröffnet, sich objektiv zu entscheiden, ob er ungeachtet der allfälligen Interessenskollision die Vermittlungstätigkeit des Maklers in Anspruch nehmen möchte. Im Übrigen habe der Gesetzgeber in der vergleichbaren Regelung des § 30b Abs 1 KSchG eine eindeutige Aussage getroffen und den Immobilienmakler verpflichtet, seinen Auftraggeber vor Abschluss des Maklervertrages auf ein allfälliges wirtschaftliches oder familiäres Naheverhältnis im Sinn des § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG hinzuweisen. Fromherz begründet seine Ansicht aaO im Wesentlichen damit, der Makler habe seiner betreffenden Aufklärungspflicht vor Aufnahme seiner Tätigkeit gegenüber dem Auftraggeber nachzukommen, da nach Aufnahme der Maklertätigkeit "der Auftraggeber durch die (allenfalls bloß teilweise) Kenntnis von der Vertragsgelegenheit nicht mehr völlig unbefangen wäre, die Objektivität des Maklers einzuschätzen".

Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:

Der Umstand, dass der Gesetzgeber im § 30b Abs 1 KSchG ausdrücklich bestimmt hat, dass der Immobilienmakler den Aufttraggeber, der Verbraucher ist, auf ein allfälliges wirtschaftliches oder familiäres Naheverhältnis im Sinn des § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG vor Abschluss des Maklervertrages hinzuweisen hat, spricht entgegen der Meinung der Revisionswerber eher nicht für, sondern gegen die Annahme, dass dies auch für die Hinweispflicht des Maklers gegenüber Unternehmern zu gelten habe. Wie der Oberste Gerichtshof in der E 5 Ob 49/00t = RIS-Justiz RS0114076) ausgeführt hat, stellt die betreffende Bestimmung des § 30b KSchG eine typische Verbraucherschutzvorschrift dar, die bestimmte vorvertragliche Informationspflichten regelt. Nach den Erläuterungen zur RV 2 GP XX S 39 ist die Wendung "vor Abschluss des Maklervertrages" so zu verstehen, dass der Auftraggeber spätestens bis zu diesem Zeitpunkt über die in der Folge angeführten Kostenpunkte aufgeklärt sein müsse, die darauf abzielten, dem Konsumenten die typischerweise mit einem Immobiliengeschäft verbundenen Nebenkosten vor Augen zu führen. Da Geschäfte über Immobilien (für den Verbraucher) in der Regel große - oft existentielle - Bedeutung hätten, sei diese besondere Betonung der Aufklärungspflicht gerechtfertigt. Durch die im 2. Halbsatz des zweiten Satzes des § 30b Abs 1 KSchG geforderte Schriftlichkeit des Hinweises nach § 6 Abs 4 3. Satz MaklerG solle sichergestellt werden, dass dem Verbraucher das familiäre oder wirtschaftliche Naheverhältnis zwischen Makler und dem zu vermittelnden Dritten bewusst werde.

Die besondere Schutzwürdigkeit, die dem Konsumenten damit vom Gesetzgeber attestiert wird, kann aber nicht in gleichem Maße auch Unternehmern zugebilligt werden. So gesehen erscheint es konsequent, dass § 6 Abs 4 MaklerG die Aufklärungspflicht des Maklers gegenüber Unternehmern - anders als gegenüber Verbrauchern - nicht als vorvertragliche Obliegenheit formuliert und auch nicht an die Schriftform bindet. Erscheint doch die für Konsumenten wohl berechtigte Befürchtung einer Befangenheit im Sinne der Ausführungen von Fromherz (aaO) hinsichtlich Unternehmern übertrieben. Diesen ist ohne weiteres zuzusinnen, dass sie auch noch "nach Kenntnis von der Vertragsgelegenheit" durchaus in der Lage sind, den Umstand eines Naheverhältnisses des Maklers zum Dritten (hier dem Liegenschaftseigentümer) mit ins Kalkül zu ziehen. Dass diese Erwartung offenbar vom Gesetzgeber geteilt wurde, wird aus den Erläuterungen zur RV 2 GP XX, S 20 deutlich, wo nach dem Hinweis, dass der Makler die Nahebeziehung zum vermittelten Dritten dem Auftraggeber offenlegen muss, um seinen Provisionsanspruch zu wahren, ausgeführt wird: "Wenn der Aufttraggeber auch unter diesen Umständen mit der weiteren Vermittlungstätigkeit des Maklers einverstanden ist, kann von einer vertragsgemäß verdienstlichen Tätigkeit des Maklers ausgegangen werden". Offenbar nahm der Gesetzgeber also an, dass der Makler seiner Aufklärungspflicht über ein wirtschaftliches Naheverhältnis gegenüber Unternehmern auch nach Aufnahme erster Maklertätigkeiten noch insofern rechtzeitig nachkommen kann, damit der Zweck einer wirksamen Warnung vor einer möglichen Interessenskollision erreicht wird. Dem Berufungsgericht ist daher darin beizupflichten, dass allenfalls auch ein nach Aufnahme der Vermittlungstätigkeit des Maklers kurz nach Abschluss des Maklervertrages getätigter Hinweis iSd § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG als "unverzüglich" vorgenommen anzusehen ist.

Da der Abschluss des Maklervertrages zwischen den Streitteilen bei der erwähnten Besichtigung der Liegenschaft durch die Geschäftsführer der Beklagten, frühestens aber mit der Vereinbarung dieses Besichtigungstermins anzunehmen ist (s dazu die Darstellung der jüngeren Rspr zum konkludenten Abschluss des Maklervertrages von Fromherz aaO Rz 46 zu § 1 MaklerG), ist die Ansicht des Berufungsgerichtes, die anlässlich der Besichtigung erfolgte Aufklärung gemäß § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG sei im Sinne dieser Gesetzesstelle rechtzeitig (= "unverzüglich") erfolgt, daher zu billigen. Der Meinung der Revisionsgegnerin (die deshalb die vom Berufungsgericht für iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblich erachtete Rechtsfrage für nicht entscheidungswesentlich hält), der gegenständliche Maklervertrag sei erst mit dem Anbot der Beklagten vom 25. 3. 1998 zustande gekommen, weil die Beklagten damit erstmals mit ihr, der Klägerin, Kontakt aufgenommen hätten, nachdem zuvor nur ihre Geschäftsführer in Erscheinung getreten seien, kann nicht beigepflichtet werden. Es muss nämlich davon ausgegangen werden, dass die Geschäftsführer stets für die Beklagten eingeschritten sind. Gegenteiliges, dass sie also zuvor die Dienste der Klägerin persönlich - etwa als Verbraucher - in Anspruch genommen hätten, hat die Klägerin in erster Instanz gar nicht behauptet.

Das erzielte Ergebnis des Bestehens des Provisionsanspruchs erscheint umso mehr sachgerecht, als den beklagten Parteien auf Grund ihrer Kenntnis der Verwaltertätigkeit der Klägerin ein Naheverhältnis zur Liegenschaftseigentümerin von vornherein (schon vor Abschluss des Maklervertrages) bekannt war (siehe dazu die Ausführungen in der RV S 20, und von S. Bydlinski, Maklergesetz Rz 16 zu § 6, wonach der makelnde Hausverwalter seinen Provisionsanspruch gegenüber einem zukünftigen Mieter dadurch wahren kann, dass er auf seine Stellung als Hausverwalter hinweist und damit sein Naheverhältnis zum vermittelten Dritten offenlegt).

Einen Einwand, die Tätigkeit der Klägerin als Hausverwalter habe ihren Provisionsanspruch verhindert oder zumindest vermindert, weil sie nicht zusätzlich zur Verwalterentlohnung noch (volles) Maklerhonorar verlangen könne (vgl 5 Ob 233/98w = RdW 1999, 205; vgl dazu neuerlich auch die betreffenden Ausführungen in der RV S 20; vgl auch Ostermayer/Schuster, Maklerrecht 52) haben die Beklagten nicht erhoben.

Ihre Revision muss demnach erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.

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