OGH 13Os124/00 (13Os125/00)

OGH13Os124/00 (13Os125/00)29.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. November 2000 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krauss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ali Haydar G***** und andere wegen des Verbrechens nach §§ 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 1. Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde, die Berufung sowie die Beschwerde des Angeklagten Klaus P***** und die Berufung des Angeklagten Alfons W***** gegen das Urteil und den Beschluss des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 12. Juli 2000, GZ 2 Vr 161/00-95, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

II. Aus deren Anlass werden jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO aufgehoben:

1. das angefochtene Urteil im Ausspruch, Klaus P***** und Ferdinand S***** hätten die zu A) I) 2) d) bezeichnete Tat gewerbsmäßig begangen und in deren rechtlichen Unterstellung auch unter Abs 3 erster Fall des § 28 SMG, demnach weiters in den diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (ausgenommen die Entscheidungen betreffend Vorhaften, Einziehung und Bereicherung),

2. der betreffend Klaus P***** gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefasste Beschluss.

Die Sache wird im Umfange dieser Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

III. Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte Klaus P***** auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

IV. Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Alfons W***** werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

V. Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten Klaus P***** die Kosten seiner erfolglos gebliebenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden - neben anderen Angeklagten - Ferdinand S***** und Klaus P***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG (Punkt A I. 2. d des Urteilsspruchs) schuldig erkannt, der Nichtigkeitswerber Klaus P***** auch noch des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG (Punkt C des Urteilsspruches) und Ferdinand S***** ebenfalls noch wegen weiterer Vergehen nach dem SMG.

Danach haben sie - soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Relevanz

-

(zu A) I) 2) d)) als Mittäter (§ 12 StGB) zwischen August 1999 und 13. Februar 2000 gewerbsmäßig Suchtgift in großer Menge (Abs 6) in Verkehr gesetzt, und zwar durch Verkauf "einer unbekannten, jedenfalls aber großen Menge" Cannabisharz in Teilmengen an unbekannte Abnehmer;

(zu C) Klaus P***** von 24. September 1997 bis Anfang März 2000 regelmäßig Suchtgift, nämlich Cannabisharz zur Eigenkonsumation erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Schuldspruch wegen des Suchtgiftverbrechens gerichteten, auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Klaus P***** kommt keine Berechtigung zu; dies gilt auch für den inhaltlich eine Rüge nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO darstellenden Teil der Berufung.

Die Mängelrüge wendet sich vorerst gegen die Feststellung der weiterverkauften Suchtgiftmenge als undeutlich und in sich widersprüchlich, weil im Urteilsspruch einerseits vom Verkauf einer "unbekannten" Menge Cannabisharz, in der Begründung aber der Verkauf von "zumindest je fünf bis sieben Kilogramm" gesprochen wird.

Die Beschwerde übersieht, dass es sich bei der Mengenangabe von fünf bis sieben Kilogramm Cannabisharz um die vom Mitangeklagten G***** an die Angeklagten P***** und S***** verkaufte Menge, sohin die von diesen angekaufte Menge handelt, die mit der von ihnen verkauften (wie die weiteren Urteilsgründe zeigen) nicht ident ist. Der angelastete Verkauf einer unbekannten, jedenfalls aber großen Menge ist daher weder undeutlich noch widersprüchlich.

Bekämpft wird auch die Feststellung, dass der Nichtigkeitswerber und Ferdinand S***** als Partner zusammengearbeitet, gemeinsam ihre Suchtgiftbestellungen - unter Beisteuerung von Geldmitteln durch beide - getätigt und ihrerseits einen größeren Kreis von Abnehmern beliefert hätten. Dazu vermisst die Beschwerde jeweils "nähere Begründungen", sie richtet sich jedoch mit ihren diesbezüglichen Ausführungen, indem sie selbst Beweiserörterungen anstellt, nur gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung, ohne formale Begründungsmängel aufzuzeigen.

Weiters führt die Beschwerde (sachlich Z 10) ins Treffen, der Angeklagte hätte die Straftat begangen, um für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, und meint, dass diese Konstatierung (zur Privilegierung des § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG) trotz Vorliegens entsprechender Beweisergebnisse unterlassen worden wäre.

Dies kann im Hinblick auf das amtswegige Vorgehen gemäß § 290 StPO auf sich beruhen.

Soweit die Berufung - inhaltlich den Nichtigkeitsgrund nach der Z 11 erster Fall des § 281 Abs 1 StPO geltend macht - die Unzulässigkeit der vorgenommenen Abschöpfung der Bereicherung (in Höhe von 150.000 S) rügt und vorbringt, § 20 StGB sei auf den aus der strafbaren Handlung erlangten Gewinn nicht anwendbar, nach § 20a StGB sei die Abschöpfung der Bereicherung nämlich nur zulässig, wenn das Ausmaß 1,000.000 S übersteige, übersieht sie (was auch durch die entsprechenden Verweise im Rechtsmittel auf Leukauf-Steininger Komm3 § 20 und 20a, Ausgabe: 1992 verdeutlicht wird), dass mit BGBl 1996/762 die Bestimmungen der §§ 20 und § 20a StGB ganz wesentlich geändert wurden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Aus deren Anlass hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, dass das angefochtene Urteil zum Nachteil des Nichtigkeitswerbers mit einer von diesem nicht geltend gemachten Nichtigkeit nach Z 10 des § 281 Abs 1 StPO behaftet ist, die auch den Angeklagten Ferdinand S***** betrifft.

Das Erstgericht stellte hinsichtlich dieser beiden Angeklagten nämlich fest, dass sie bei dem Verkauf "einer unbekannten jedenfalls aber großen Menge" Cannabisharz in Teilmengen in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und unterstellte dies der Gewerbsmäßigkeit nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG.

Hiezu ist zu erwägen:

Die zuvor erwähnte Qualifikation verlangt, dass die in § 28 Abs 2 bezeichnete Tat gewerbsmäßig (§ 70 StGB) begangen wird; das heißt, dass sich die Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) des Täters auf wiederkehrende Begehung von im § 28 Abs 2 bezeichneten Taten bezieht, die jeweils für sich allein als Verbrechen nach Abs 2 zu beurteilen sind (13 Os 8, 11/98; 11Os 129/98; 15 Os 58/00 ua). Da § 28 Abs 2 SMG auch in Teilakten verwirklicht werden kann, kann dies auch wiederkehrend geschehen (Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 28 bis 31 Rz 107), sofern sich die Absicht des Täters auch auf diese sukzessive Wiederholung von Handlungskomplexen, die jeweils als solche für sich als Verbrechen nach § 28 Abs 2 SMG zu werten wären, erstreckt (11 Os 91/00, 13 Os 107/00). Nach den Urteilsfeststellungen handelten die Angeklagten Klaus P***** und Ferdinand S***** beim wiederholten Verkauf kleinerer Suchtgiftmengen zwar in einer auf fortlaufende Erzielung nicht unbeträchtlicher Einkünfte gerichteten Absicht, doch lässt sich den Feststellungen (unter Berücksichtigung des Urteilsspruches: "einer jedenfalls großen Menge") nicht entnehmen, dass die Absicht der Täter auf die sukzessive Wiederholung nach § 28 Abs 2 SMG zu wertender Taten und Tatkomplexe gerichtet war.

Da dieser Mangel (der jedoch nicht die Mitangeklagten G*****, K***** und W***** zufolge deren Schuldspruchs wegen mehrfacher Tatbegehung bezüglich jeweils großer Mengen betrifft) vom Obersten Gerichtshof nicht behoben werden kann und sohin eine neue Hauptverhandlung und Entscheidung notwendig ist, war das angefochtene Urteil im aufgezeigten Umfang schon bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben (§ 285e StPO).

Dem Klaus P***** betreffenden Widerrufsbeschluss ist durch die Aufhebung des damit zusammenhängenden Strafausspruches der Boden entzogen; er war daher ebenfalls zu beseitigen.

Demzufolge war Klaus P***** mit seiner Berufung und seiner Beschwerde auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen; zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Alfons W*****, dessen Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist, ist das Oberlandesgericht Wien zuständig (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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