OGH 3Ob208/00k

OGH3Ob208/00k29.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut P*****, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Helene P*****, vertreten durch Dr. Stefan Prokop, Rechtsanwalt in Perchtoldsdorf, wegen Ehescheidung infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt als Berufungsgericht vom 22. Mai 2000, GZ 18 R 148/99i-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 17. Mai 1999, GZ 2 C 120/98f-25, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird mit der Maßgabe nicht Folge gegeben, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin enthalten S 811,84 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile hatten am 10. 4. 1967 die Ehe geschlossen, aus der drei bereits volljährige Kinder entstammen.

Auf Grund der ganz unterschiedlichen Wesensarten der Streitteile (der Kläger ist ein extrem ruhiger, geradezu scheuer Mensch, die Beklagte eine dominante resolute Persönlichkeit, die die täglichen Dinge des Lebens selbst fest in die Hand nimmt) kam es im Lauf der Ehejahre immer wieder zu Streitigkeiten über Nichtigkeiten des täglichen Alltags. Dabei wurde die Beklagte gegen den Kläger mitunter auch handgreiflich, so auch während des letzten gemeinsamen Urlaubs der Eheleute zu Ostern 1987. Nach solchen Auseinandersetzungen kam es mehrmals vor, dass die Beklagte die Wohnungstür von innen derart versperrte, dass der Kläger nicht mehr in die Wohnung gelangen konnte und die Nacht im Auto verbringen musste. Danach versöhnten sich die Eheleute immer wieder. Die Ehe hatte ihre Höhen und Tiefen, war aber im Großen und Ganzen vor 1987 nicht zerrüttet.

Der Kläger kannte etwa seit 1986 eine geschiedene Arbeitskollegin der Beklagten und unterhielt zu ihr - etwa einmal in der Woche oder alle 14 Tage - freundschaftlichen Kontakt. Er traf sie insbesondere dann, wenn es bei ihm zu Hause Streit gegeben hatte, wonach er sie anrief und sich bei ihr "ausweinte". Auf einem Faschingsball im Jänner oder Februar 1987, als sich die Beklagten allein auf Kur befand, kam er dieser Frau näher. Seither besuchte er sie immer öfter, und zwar abends oder am Wochenende, einerseits um ihr bei handwerklichen Arbeiten in ihrer Wohnung behilflich zu sein, und andererseits, um sich bei ihr "auszuweinen" und sich mit ihr zu unterhalten. Entgegen seinen bisherigen Gewohnheiten begann der Kläger ab Februar bzw intensiver ab März 1987, beinahe täglich auszugehen; er suchte meist diese Frau auf, wobei er der Beklagten weder mitteilte, wohin er ging, noch wann er wieder komme. Dass der Kläger mit dieser Frau die Ehe im Sinne des vollzogenen Geschlechtsverkehrs gebrochen hätte, konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, jedenfalls verbrachte er in ehewidriger Weise gegen den Willen der Beklagten in diesem Zeitraum den überwiegenden Teil seiner Freizeit bei dieser Frau, der er jedenfalls eng freundschaftlich verbunden war. Für seine häufigen Arbeitsverrichtungen zahlte sie ihm nichts mehr, bereitete ihm aber stets nach Beendigung seiner Arbeit eine Mahlzeit zu.

Im Juni 1987 zog der Kläger endgültig aus dem ehemaligen ehelichen Haushalt aus und zog zu seiner Mutter. Seitdem ist die eheliche Lebensgemeinschaft endgültig aufgehoben. Die Beklagte ließ im Laufe des darauf folgenden Monats die Schlösser zur Ehewohnung ändern, wobei es ihr egal war, ob der Kläger dann noch aus oder eingehen konnte oder nicht.

Nach dem Auszug fuhr die Beklagte einmal dem Kläger mit dem Auto nach. In der Folge fuhr sie dann dem Kläger und dessen Bekannter hinterher, wobei sie deren Fahrzeug überholte und derart abdrängte, dass der Kläger anhalten musste. Ob es dabei blieb oder ob es zu einem Auffahrunfall kam, konnte nicht festgestellt werden. Danach stiegen die Streitteile aus den Autos aus, und es kam zu einem heftigen Wortwechsel mit Handgreiflichkeiten, weil die Beklagte den Kläger auf der Straße zur Rede stellte und ihm heftige Vorwürfe machte. Dabei packte sie ihn auch am Pullover, riss daran und ersuchte ihn, jetzt mit ihr zu kommen. Das tat er dann auch.

Am 27. 6. 1987 brachte die Beklagte den Kläger mit dem gemeinsamen Auto zu einer Veranstaltung. Dabei weinte sie ihm vor, dass es ihr ohne ihn so dreckig ginge und dass er doch wieder zu ihr zurückkommen solle. Er wollte jedoch nicht mit ihr diskutieren. In der Folge kam es zu Handgreiflichkeiten und zu einer tätlichen Auseinandersetzung in der Weise, dass der Kläger der Beklagten mehrere Schläge gegen den Kopf und die Handgelenke versetzte, wodurch sie Prellungen erlitt. Dafür wurde gegen ihn mittels Strafverfügung eine bedingt nachgesehene Geldstrafe verhängt. Im Zuge der Auseinandersetzung wehrte sich die Beklagten dadurch, dass sie den Kläger in dessen Oberarm biss. Sie wurde aber rechtskräftig freigesprochen.

Da die Beklagte wegen des veränderten Verhaltens des Klägers seit dessen intensiver Freundschaft mit der anderen Frau völlig verzweifelt war, weil sie ihn nach wie vor über alles liebte und an der Ehe festhalten wollte, wandte sie sich am 11. 6. 1987 an einen Rechtsanwalt. Dieser verfasste ein Schreiben an den Kläger, in dem er festhielt, dass dieser schwere Eheverfehlungen begangen habe. Über diesen Vorwurf machte sich der Kläger keine weiteren Gedanken, weil er nichts mehr dagegen hatte, die eheliche Wohnung zu verlassen.

Als der Kläger nach seinem Auszug sein Gewand aus der Ehewohnung abholen wollte, versuchte ihn die Beklagte zunächst zu überreden, bei ihr zu bleiben, schlug aber dann mit der Hand gegen ihn und warf sein Gewand die Stiegen hinunter, weil sie sich wegen des Verhaltens des Klägers kränkte.

Etwa eineinhalb bis zwei Jahre nach dem Auszug des Klägers aus der Ehewohnung unterhielt die Beklagte zwei oder drei Jahre lang eine Beziehung mit einem Mann, mit dem sie auch mehrmals geschlechtlich verkehrte. Derzeit hat sie zu ihm nur etwa einmal im Jahr Kontakt. Sonst hatte sie zu keinem Zeitpunkt eine außereheliche Beziehung.

Mit seiner am 20. 5. 1998 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Scheidung der Ehe und brachte dazu vor, dass die eheliche Gemeinschaft seit Mitte des Jahres 1987 aufgehoben sei. Die Ehe sei tiefgreifend und unheilbar zerrüttet.

Weiters brachte der Kläger vor, die Ehezerrüttung beruhe zumindest auf gleichteiligem Verschulden der Streitteile. Er habe bis zum Auszug aus der Ehewohnung keine außereheliche Beziehungen unterhalten und sei auch nicht zu einer Freundin, sondern zu seiner Mutter gezogen. Im Übrigen sei die Ehe im März 1987 bereits unheilbar zerrüttet gewesen.

In der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung stützte der Kläger sein Scheidungsbegehren "auch" auf Ehebruch. Die Beklagte habe nach ihren eigenen Angaben die Ehe gebrochen. Ein entsprechendes Vorbringen hatte der Kläger bereits in seinem Schriftsatz (ON 19) vom 1. 2. 1999 erstattet.

Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete ferner ein, dass den Kläger das alleinige Verschulden an der Ehezerrüttung treffe. Der gemeinsame Haushalt sei ab 1987 aufgelöst gewesen, weil der Kläger seit März 1987 eine Freundin und eine außereheliche Beziehung mit dieser unterhalten habe und nach zwanzig Jahren plötzlich nichts mehr von der Ehe und von den gemeinsamen Kindern habe wissen wollen. Er sei dann nächtelang ausgeblieben und im Juni 1987 endgültig ausgezogen. Er habe ihr nicht mehr gesagt, was er tue und wohin er gehe.

Die außereheliche Beziehung bestritt die Beklagte nicht, wohl aber die Eheschädlichkeit des Ehebruchs, weil dieser lange nach dem Auszug des Klägers und nach seinem eigenen Ehebruch erfolgt sei.

Das Erstgericht schied die Ehe nach § 55 EheG und sprach aus, dass das überwiegende Verschulden an deren Zerrüttung den Kläger treffe. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass die Berufung des Klägers auf den Ehebruch der Beklagten nichts am vorrangig geltend gemachten Scheidungsgrund nach § 55 EheG ändere. Dessen Voraussetzungen seien gegeben.

Den Kläger treffe das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe, weil er etwa seit Februar 1987 intensiven freundschaftlichen Kontakt zu einer anderen Frau gepflegt und mit dieser den überwiegenden Teil seiner Freizeit verbracht habe. Da auch die Aufrechterhaltung einer freundschaftlichen Beziehung zu einer Person des anderen Geschlechts, wenn sie gegen den ausdrücklichen oder erkennbaren Willen des anderen Ehegatten erfolgt, geeignet sei, eine Entfremdung zwischen den Ehegatten herbeizuführen, stelle sie ebenso wie das überwiegende Alleinlassen des anderen Ehegatten auch in der Freizeit eine schwere Eheverfehlung dar. Höhepunkt dieses ehewidrigen Verhaltens sei der Auszug des Klägers entgegen dem deutlich bekundeten Willen der Beklagten gewesen. Dazu beigetragen habe auch die Körperverletzung der Beklagten am 27. 6. 1987. Dass die Beklagte auf einer Aussprache beharrt habe, habe zwar zu dieser Handlung des Klägers letztlich beigetragen, vermöge diese aber in keiner Weise zu entschuldigen.

Im Verhältnis zu den Verfehlungen des Klägers träten jene der Beklagten, soweit es um das Verschulden gehe, fast völlig in den Hintergrund, weil diese als verständliches Reaktionsverhalten zu beurteilen seien, namentlich soweit sie den Kläger, als dieser sein Gewand abgeholt habe, einmal geschlagen und sein Gewand die Stiege hinuntergeworfen habe. Dasselbe gelte dafür, dass sie dem Kläger und seiner Bekannten nachgefahren sei und ihn dann auf der Straße zur Rede gestellt habe. Die von ihr etwa eineinhalb bis zwei Jahre, nachdem sie vom Kläger verlassen worden sei, aufgenommene intime Beziehung sei der Beklagten in keiner Weise vorzuwerfen, weil die Ehe zu diesem Zeitpunkt längst vollkommen zerrüttet und dem Kläger eine allfällige neue Beziehung völlig egal gewesen sei.

Mit seiner Berufung bekämpfte der Kläger allein den Verschuldensausspruch, nicht jedoch auch den Scheidungsausspruch, und begehrte die Abänderung dahin, dass die Ehe aus dem alleinigen, in eventu dem überwiegenden, in eventu dem gleichteiligen Verschulden der Beklagten geschieden werde.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung nicht Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, dass es vorrangig das auf Scheidung wegen Verschuldens gerichtete Klagebegehren abwies.

Im Gegensatz zum Erstgericht leitete es aus dem Vorbringen, der Kläger stütze sein Entscheidungsbegehren "auch" auf Ehebruch, nicht ab, dass vorrangig die Auflösung nach § 55 EheG geltend gemacht werde. Bei der hier unbestrittenermaßen länger als sechs Jahre aufgehobenen häuslichen Gemeinschaft sei dem Scheidungsbegehren gemäß § 55 Abs 3 EheG jedenfalls stattzugeben, weshalb ein auf Ehebruch gestütztes Eventualbegehren überflüssig wäre. Da eine Scheidung wegen Verschuldens einer Scheidung nach § 55 EheG vorgehe, sei daher erstere zu behandeln.

Gemäß § 57 Abs 1 EheG sei jedoch das Recht auf Scheidung wegen Verschuldens erloschen, wenn der Ehegatte nicht binnen sechs Monaten die Klage erhebe. Da das Verhältnis der Beklagten mit einem anderen Mann etwa eineinhalb bis zwei Jahre nach dem Juni 1987 für die Dauer von zwei bis drei Jahren bestanden habe, sei die Eheverfehlung bei der Klagserhebung (Mai 1998) bzw der Geltendmachung des Scheidungsgrunds in der Verhandlungstagsatzung vom 21. 4. 1999 bereits verfristet gewesen. Die Frist des § 57 EheG sei eine materiellrechtliche Ausschlussfrist, die von Amts wegen wahrzunehmen sei. Dass der Kläger den Ehebruch nicht fristgerecht habe geltend machen können, sei nicht einmal behauptet worden. Aus dem Vorbringen des Beklagten lasse sich keinesfalls der Schluss ziehen, er habe vom Ehebruch erst auf Grund der Aussage der Beklagte vom 8. 2. 1999 Kenntnis erlangt, sei doch diese Eheverfehlung bereits Inhalt des Schriftsatzes vom 1. 2. 1999 gewesen. Auch eine Hemmung des Fristablaufs im Sinne des § 57 Abs 1 EheG sei zu verneinen. Zur Zeit des Ehebruchs sei die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers unheilbar zerrüttet und die häusliche Gemeinschaft nicht wiederherstellbar gewesen, weshalb kein Zusammenhang zwischen der Eheverfehlung und der Trennung beider Ehegatten bestanden habe.

Soweit der Kläger mit seiner Rechtsrüge darauf verweise, dass es sich beim Ehebruch um eine absolute Eheverfehlung handle, sei ihm zwar für die hier anzuwendende Rechtslage vor dem EheRÄG 1999 (vgl Art VII Z 3 BGBl I 125/1999) zuzustimmen, was jedoch nichts daran ändere, dass darauf das Scheidungsbegehren wegen Verfristung nicht mehr gestützt werden könne.

Aus diesen Gründen hätte das Erstgericht die Feststellungen über den Ehebruch der Beklagten nicht nur im Rahmen des auf Zerrüttung gestützten Scheidungsverfahrens, sondern vorrangig auch auf Grund der deshalb beantragten Verschuldensscheidung beurteilen und das darauf gestützte Klagebegehren als verfristet abweisen müssen, was mittels Maßgabebestätigung nachzuholen sei.

Was das Verschulden an der Zerrüttung im Rahmen der Ehescheidung nach § 55 EheG angehe, habe die Beklagte konkretes Vorbringen erstattet. Dagegen habe sich der Kläger darauf beschränkt, ihr Vorbringen mit dem bloßen Hinweis auf ihr gleichteiliges Verschulden zu bestreiten, ohne seinerseits entsprechendes, ihren Behauptungen entgegengesetztes Tatsachenvorbringen zu erstatten. Er habe auch nicht vorgebracht, dass die Zuwendung zu einer anderen Frau eine verständliche Reaktionshandlung gewesen sei. Der angefochtene Entscheidung hafte daher eine sekundäre Mangelhaftigkeit nicht an.

Die damaligen Ereignisse zeigten, dass die unheilbare Zerrüttung der Ehe bereits eingetreten sei, als der Kläger aus der Ehewohnung ausgezogen sei. Ab diesem Zeitpunkt habe bei ihm die eheliche Gesinnung aufgehört und auch objektiv sei die Ehe als unheilbar zerrüttet anzusehen gewesen. Seit damals sei die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft keinesfalls mehr zu erwarten gewesen. Davon gehe im Wesentlichen auch der Kläger aus. Diese Zerrüttung sei durch den Auszug des Klägers aus der Ehewohnung und seine Beziehung zu einer anderen Frau herbeigeführt worden.

Da die Ehe bereits unheilbar zerrüttet gewesen sei, als die Beklagte am 27. 6. 1987 versucht habe, den Beklagten zur Rückkehr zu bewegen, habe ihr damit im Zusammenhang stehendes Verhalten eine weitere Zerrüttungswirkung nicht mehr entfalten können, selbst wenn man die vom Kläger in seiner Tatsachenrüge angestrebten Feststellungen unterstelle, die Beklagte habe ihn attackiert und es sei bloß im Zuge von Abwehrhandlungen zu den Verletzungen gekommen. Vor dem Hintergrund der gesamten Situation habe er eine solche allfällige Attacke nicht mehr als ehezerstörend oder als Vertiefung der Ehezerstörung empfinden können. Abgesehen davon habe er zu diesem Vorfall im Verfahren erster Instanz kein Tatsachenvorbringen erstattet. Daher sei auf die dazu erstattete Tatsachenrüge nicht mehr einzugehen.

Bei der Beurteilung des Mitverschulden komme es nach der jüngeren Rechtsprechung (EFSlg. 54.466; 57.219; 4 Ob 520/88; 2 Ob 523/90; 4 Ob 563/95) auch, soweit es um Ehebruch gehe, immer darauf an, ob und inwieweit dieser zur Zerrüttung der Ehe beigetragen habe und welches Gewicht ihm im Vergleich zu den Eheverfehlungen des anderen Ehepartners zukomme. Da die ehewidrige Beziehung der Beklagten lange nach dem Auszug des Klägers bzw nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung begonnen habe, habe dadurch eine weitere Zerrüttung nicht mehr herbeigeführt werden können. Dass der Kläger diese nach seinem Auszug eingegangene ehebrecherische Beziehung noch als ehezerstörend oder als Vertiefung der Ehezerstörung empfunden hätte, habe er nicht einmal behauptet. Dies könne im Hinblick darauf, dass er damals die Beklagten schon verlassen und sich einer anderen Frau zugewendet gehabt habe, auch nicht angenommen werden. Daher habe der Kläger infolge seiner Beziehung zu einer anderen Frau und seines Auszugs aus dem gemeinsamen Haushalt 1987 die Zerrüttung der Ehe überwiegend herbeigeführt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach Ansicht des erkennenden Senats hat nämlich das Berufungsgericht zu Unrecht die Voraussetzungen einer Scheidung wegen Ehebruchs nach § 47 EheG geprüft.

Der Kläger hat nämlich ungeachtet seines Vorbringens zum Ehebruch der Beklagten sein auf Scheidung nach § 55 EheG gerichtetes Klagebegehren nicht in ein solches aus Verschulden geändert, weshalb das Erstgericht im Ergebnis zu Recht über ein derartiges Begehren nicht abgesprochen hat. Auf die im Zusammenhang damit stehenden Rechtsfragen ist somit nicht einzugehen, vielmehr in diesem Punkt die Entscheidung des Berufungsgerichts zu beseitigen.

Was die Frage des Mitverschuldens nach § 61 Abs 3 EheG angeht, haftet dem Berufungsurteil keine unrichtige rechtliche Beurteilung an. Im Gegensatz zu seiner Behauptung in der Revision hat der Kläger nämlich, worauf auch schon das Berufungsgericht hingewiesen hat, Tätlichkeiten der Beklagten niemals geltend gemacht. Die Rechtsprechung zur Frage der Beurteilung von Eheverfehlungen nach Eintritt der vollständigen Zerrüttung der Ehe ist auch entgegen der Ansicht des Klägers in den letzten Jahren keineswegs uneinheitlich. Die von ihm als Belegstellen zitierten Entscheidungen sind großteils solche von Gerichten zweiter Instanz und nicht solche des Obersten Gerichtshofs. Soweit in EFSlg. 60.191 davon die Rede ist, dass selbst auf die nach weitgehender Zerrüttung der Ehe gesetzten Eheverfehlungen Bedacht zu nehmen sei, steht dies im Einklang mit der Entscheidung 8 Ob 597/92 = EFSlg 69.323, die trotz Erreichens eines gewissen Zerrüttungsgrads noch eine anständige Begegnung der Partner verlangt. Nichts anderes wird auch in 10 Ob 2298/96f = EFSlg 81.630 und 81.631 zum Ausdruck gebracht. Daran ändert auch nichts, dass nach der zuletzt zitierten Entscheidung Eheverfehlungen, die erst nach Eintritt der vollständigen Zerrüttung begangen wurden, diesem Ehegatten nicht mehr anzulasten sind. Überdies besteht zuletzt eine praktisch einheitliche Judikaturlinie, nach der selbst ein nach unheilbarer Zerrüttung der Ehe begangener Ehebruch für die Frage der Verschuldensteilung keine entscheidende Rolle mehr spielt (jüngst 3 Ob 224/98g = EFSlg 87.499; 7 Ob 13/00p und 9 Ob 207/00g). Wesentlich sind jeweils die Umstände des Einzelfalls. Angesichts dieser hat das Berufungsgericht völlig richtig entschieden, weshalb es genügt, insoweit auf dessen Entscheidungsgründe hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Revision konnte somit kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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