OGH 1Ob247/00f

OGH1Ob247/00f28.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Dipl. Ing. Rudolf G*****, vertreten durch Dr. Elisabeth Geymüller, Rechtsanwältin in Krems-Hollenburg, wider die Antragsgegner 1. Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, und 2. Ö***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Otto Pichler und Dr. Max Pichler, Rechtsanwälte in Wien, wegen Leistung einer Entschädigung gemäß § 117 WRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 11. Juli 2000, GZ 1 R 98/00t-16, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 14. März 2000, GZ 1 Nc 4/99z-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Erstantragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 30. 10. 1998 gab das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft dem Antrag des Antragstellers auf Verpflichtung der Zweitantragsgegnerin zur Leistung einer (Fischerei-)Entschädigung von S 5,622.353 sA nicht Folge. Es begründete seine Entscheidung mit mangelnder Zuständigkeit, weil die selbständige Entscheidung über eine Entschädigung im "Stammbescheid" nicht ausdrücklich vorbehalten worden sei; einer behördlichen Sachentscheidung über den Entschädigungsantrag sei durch die WRG-Novelle 1990 und die damit verbundene Aufhebung des § 114 WRG die Grundlage entzogen.

Der Verwaltungsgerichtshof wies mit Beschluss vom 11. 3. 1999 die vom Antragsteller gegen den zuvor genannten Bescheid erhobene Beschwerde zurück. Die Entscheidung, dass der Antragsteller zur Geltendmachung seines Entschädigungsanspruchs vor der Wasserrechtsbehörde nicht berechtigt sei, unterliege der im § 117 Abs 4 WRG angeordneten sukzessiven Gerichtskompetenz und entziehe sich nicht nur einer Anfechtung im verwaltungsbehördlichen Instanzenzug, sondern auch einer Bekämpfung vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Der Antragsteller begehrte als Fischereiberechtigter eines Fischereireviers beim Erstgericht unter Hinweis auf die sukzessive Zuständigkeit des Erstgerichts nach § 117 Abs 4 WRG für den ihm am Fischereirevier entstandenen Schaden durch den Bau eines Donaukraftwerks eine Entschädigung von S 3,399.700,70 sA.

Die Antragsgegner wendeten unter anderem die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein, weil die Wasserrechtsbehörde keine Sachentscheidung gefällt habe, demgemäß deren Entscheidung nur im administrativen Instanzenzug angefochten werden könne und eine (sukzessive) Zuständigkeit im Sinne des § 117 Abs 4 WRG deshalb nicht gegeben sei. Der Antragsteller müsse seine Ansprüche im streitigen Verfahren durchsetzen.

Das Erstgericht wies den Antrag des Antragstellers auf Leistung einer Entschädigung zurück. Die Verwaltungsbehörde habe keine meritorische Entscheidung über das "Ob" einer Entschädigung bzw das Ausmaß derselben getroffen, sondern den Entschädigungsantrag mangels Zuständigkeit, also aus formellen Gründen, zurückgewiesen. In einem solchen Fall werde keine sukzessive Gerichtskompetenz nach § 117 Abs 4 WRG begründet, vielmehr stehe der administrative Instanzenzug offen. An die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene gegenteilige Rechtsansicht sei das Gericht nicht gebunden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Voraussetzung für die im § 117 Abs 4 WRG festgelegte sukzessive Kompetenz des Gerichts zur Entscheidung über einen Entschädigungsanspruch sei, dass die Wasserrechtsbehörde eine meritorische Entscheidung getroffen habe. Habe - wie hier - die Wasserrechtsbehörde den Entschädigungsantrag wegen Fehlens der formellen Sachentscheidungsvoraussetzungen zurückgewiesen, weil sie sich als nicht zuständig erachtete, so sei die Anrufung des Gerichts nach § 117 Abs 4 und 6 WRG unzulässig und die Entscheidung im Verwaltungsweg anfechtbar. Im gegenteiligen Fall hätte es der den Ersatz Begehrende selbst in der Hand, Ansprüche nach § 26 Abs 1 bis 3 WRG, die gemäß § 26 Abs 6 WRG im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen seien, ins außerstreitige Verfahren zu verlagern, was dem Regelungszweck der Zuständigkeitsbestimmungen des Wasserrechtsgesetzes widerspräche. Die Wasserrechtsbehörde habe mit Bescheid vom 30. 10. 1998 keine Sachentscheidung getroffen, sodass die sukzessive Gerichtszuständigkeit des § 117 Abs 4 WRG nicht eröffnet sei. Rekursbeantwortungen habe das Erstgericht zu Recht nicht eingeholt, weil § 30 Abs 4 EisbEG nicht anzuwenden und eine Gegenschrift zum Rekurs im Außerstreitverfahren grundsätzlich nicht vorgesehen sei.

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig, aber nicht berechtigt; die Revisionsrekursbeantwortung der Erstantragsgegnerin ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Wasserrechtsbehörde hat mit dem Bescheid vom 30. 10. 1998 keine Sachentscheidung getroffen. Wenngleich die Formulierung des Spruchs, dem Antrag des Antragstellers werde keine Folge gegeben, auf eine meritorische Entscheidung hindeutet, ergibt sich aus dem Inhalt des Bescheids ganz eindeutig, dass die Verwaltungsbehörde eine Sachentscheidung mangels Kognitionsbefugnis abgelehnt hat. Sie erachtete sich nämlich für die Zuerkennung einer Entschädigung als nicht zuständig, einer Sachentscheidung durch sie sei die Grundlage entzogen. Schadenersatzansprüche nach § 26 Abs 1 bis 3 WRG seien im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann das Gericht nach § 117 Abs 4 und 6 WRG im Zusammenhang mit dem Ersatz von Schäden nur angerufen werden, wenn die Verwaltungsbehörde eine Sachentscheidung getroffen hat, nicht aber auch dann, wenn sie eine solche mangels Kognitionsbefugnis ablehnte; in letzterem Fall steht nur der administrative Instanzenzug offen (ecolex 2000, 359; SZ 67/7; SZ 67/25; SZ 66/177 ua; Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz 2 zu § 26 und Rz 9 und 11 zu § 117 WRG; Aichlreiter in AnwBl 1989, 595 [598]).

Der mit der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs im Widerspruch stehenden ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, eine Entscheidung des Inhalts, dass ein Antragsteller zur Geltendmachung seines Entschädigungsanspruchs vor der Wasserrechtsbehörde nicht berechtigt sei bzw der Antragsteller mit solchen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen werde, unterliege der im § 117 Abs 4 WRG angeordneten sukzessiven Gerichtskompetenz und entziehe sich deshalb nicht nur einer Anfechtung im verwaltungsbehördlichen Instanzenzug, sondern auch einer Bekämpfung vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH in E zu AZ 98/07/0136, 97/07/0201, 97/07/0082, 96/07/0205, 95/07/0219 uva), kann nicht beigetreten werden. Der Gesetzgeber brachte durch § 26 Abs 6 WRG ganz deutlich zum Ausdruck, dass Schadenersatzansprüche nach § 26 Abs 1 bis 3 WRG im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen seien. Gemäß § 117 Abs 1 WRG hat die Wasserrechtsbehörde über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen etc nur insoweit zu entscheiden, sofern das WRG, insbesondere dessen § 26, nichts Anderes bestimmt. Die Wasserrechtsbehörde ist also gewiss nicht zur Entscheidung über Schadenersatzansprüche im Sinne des § 26 Abs 1 bis 3 WRG berufen. Soweit die Verwaltungsbehörde im Bescheid vom 30. 10. 1998 aussprach, sie sei zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch nicht berufen, weil dieser einen Schadenersatzanspruch im Sinne des § 26 Abs 1 bis 3 WRG darstelle, wäre es geradezu sinnwidrig, diesen Ausspruch als Entscheidung der Wasserrechtsbehörde anzusehen, der gegenüber die gerichtliche Entscheidung im Sinne des § 117 Abs 4 WRG beantragt werden könnte. Dies hätte - wie schon das Rekursgericht treffend ausführte - zur Folge, dass der Antragsteller durch eine "geeignete" Antragstellung selbst bestimmen könnte, ob er Ansprüche nach § 26 Abs 1 bis 3 WRG, die im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen sind, auf diesem Weg oder im - sich nicht zuletzt in den Kostenfolgen unterschiedlich auswirkenden - Verfahren außer Streitsachen geltend macht. Eine solche Intention kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Die vom Verwaltungsgerichtshof gebrauchte Begründung, mit einer Verweisung von Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg werde ebenso wie mit dem Ausspruch, dass der Antragsteller zur Geltendmachung seines Entschädigungsanspruchs vor der Wasserrechtsbehörde nicht berechtigt sei, auch eine negative Entscheidung über das "Ob" einer Entschädigung im Sinne des § 117 Abs 1 WRG getroffen, haftet allzu sehr zu sehr am Wortlaut, ohne dem Sinn der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den §§ 26 und 117 WRG Rechnung zu tragen.

Dem Revisionsrekurs ist demnach ein Erfolg zu versagen.

Gemäß § 117 Abs 6 WRG finden auf das Verfahren über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen die Bestimmungen des EisbEG 1954 sinngemäße Anwendung. Es kann dahingestellt bleiben, ob das vorliegende Verfahren ein "gerichtliches Verfahren zur Feststellung der Entschädigung" im Sinne des § 44 Abs 2 EisbEG darstellt und nach dieser Bestimmung dem Antragsteller für sein erfolgloses Rechtsmittel kein Kostenersatz zusteht, oder ob der Antragsteller schon nach den allgemeinen Regeln des Außerstreitgesetzes zur Tragung seiner eigenen Kosten verpflichtet ist: Jedenfalls hat er die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Erstantragsgegnerin ist unzulässig. Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausführte, ist § 30 Abs 4 EisbEG nicht anzuwenden, weil die Bestimmungen des § 30 Abs 2 bis 5 EisbEG nur für Rekurse gegen Entscheidungen über die zu leistende Entschädigung gelten (RZ 1977/123; EvBl 1973/52). Im Außerstreitverfahren ist die Erstattung einer Rekursbeantwortung aber nur in den vom Gesetz bestimmten Ausnahmsfällen zulässig; ein solcher Ausnahmsfall (eine "besondere Verfahrensvorschrift" im Sinne des § 14a Abs 5 AußStrG) liegt nicht vor.

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