Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.315,-- (darin enthalten USt von S 3.052,50, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Tante der Beklagten befindet sich seit 4. 3. 1996 in stationärer Pflege in einem Pflegeheim der klagenden Partei. Mit Notariatsakt vom 16. 10. 1996 schenkte sie der Beklagten die ihr gehörenden Anteile an einer Liegenschaft, verbunden mit dem Nutzungsrecht an einer Wohnung, wobei ihr das Wohnrecht verblieb. Das Motiv für die Schenkung bestand in der Entschädigung für die jahrelange Betreuung und Pflege durch die Beklagte. Die Tante sagte der Beklagten schon voraus, sie werde ihr die Wohnung als Dank dafür schenken. Der Beklagten war eine allfällige Absicht ihrer Tante, die klagende Partei als Gläubiger ihrer Pflegekosten durch die Schenkung der Eigentumswohnung zu benachteiligen, nicht bekannt.
Am 22. 10. 1996 stellte die Beklagte den Grundbuchsantrag, am 6. 11. 1996 wurde die Eigentumswohnrechtsvormerkung vollzogen.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 30. 9. 1998 wurde der Tante der Beklagten aufgetragen, dem Sozialhilfeträger die für den Aufenthalt im Pflegeheim aufgewendeten Kosten in der Höhe des Klagsbetrages zu ersetzen. Gegen diesen Bescheid erhob die Tante der Beklagten Vorstellung. Diese wurde mit Bescheid vom 2. 11. 1998 als unbegründet abgewiesen und der Bescheid vom 30. 9. 1998 bestätigt.
Mit Schriftsatz vom 13. 10. 1998 stellte die klagende Partei den Antrag auf Zustellung dieses Schriftsatzes an die Beklagte, um diese als Anfechtungsgegnerin von der Anfechtungsabsicht bezüglich des Schenkungsvertrages in Kenntnis zu setzen. Der Schriftsatz wurde am 14. 10. 1991 beim Bezirksgericht Meidling überreicht und der Beklagten am 20. 10. 1998 durch Hinterlegung zugestellt.
Mit der beim Erstgericht am 31. 12. 1998 eingelangten Klage begehrt die klagende Partei von der Beklagten die Bezahlung von S 407.539,73 sA bei sonstiger Exekution in die ihr geschenkte Liegenschaft und brachte vor, es handle sich bei den geschenkten Liegenschaftsanteilen um den einzig relevanten Vermögenswert der Tante der Beklagten, dessen sich diese durch die Schenkung begeben und so die klagende Partei außer Stande gesetzt habe, die Forderung einbringlich zu machen. Sie fechte den Vertrag nach den §§ 2 und 3 AnfO an, weil es sich um eine unentgeltliche Verfügung handle, welche sie benachteilige und welche in den letzten zwei Jahren vor der Anfechtung vorgenommen worden sei; der Beklagten sei die Benachteiligungsabsicht ihrer Tante bekannt gewesen bzw hätte sie ihr bekannt sein müssen.
Die Beklagte wendete ein, es hafte nur ein Rückstand von S 56.305,24 aus. Die geschenkten Liegenschaftsanteile seien nicht der einzig relevante Vermögenswert ihrer Tante gewesen. Weder sie noch ihre Tante hätten Benachteiligungsabsicht gehabt. Die Schenkung sei in Erfüllung einer sittlichen Pflicht erfolgt. Die Beklagte habe vor der Aufnahme ihrer Tante im Pflegeheim diese über Jahre hinweg verköstigt, den Haushalt geführt, für sie eingekauft und sonstige Verrichtungen erledigt; dies habe ihre Tante letztlich dazu veranlasst, ihr die Wohnung zu schenken. Schließlich sei die Anfechtungsfrist abgelaufen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt führte es aus, es sei zum Zeitpunkte der Klagseinbringung die zweijährige Frist des § 3 AnfO bereits abgelaufen gewesen. Der am 14. 10. 1998 überreichte Schriftsatz sei der Beklagten erst am 20. 10. 1998 durch Hinterlegung wirksam zugestellt worden. Zweck dieser Verständigung sei die Dokumentation des Zeitpunktes der Anfechtungsmitteilung durch eine öffentliche Urkunde und die erhöhte Warnfunktion gegenüber dem späteren Anfechtungsgegner. Die Mitteilung der Anfechtungsabsicht nach § 9 AnfO sei eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die Zustellung des Schriftsatzes müsse bis zum Ablauf der Frist bewirkt sein, das bloße Einlangen des Schriftsatzes bei Gericht reiche nicht aus.
Grundsätzlich könne die Verbücherung des Eigentumserwerbes an einer Liegenschaft auch unabhängig von der Anfechtbarkeit des Grundgeschäftes angefochten werden. Die Anfechtungsfrist laufe in diesem Fall ab der Verbücherung, nicht ab dem Abschluss des Grundgeschäftes. Die klagende Partei habe mit ihrer Klage die Schenkung mittels Notariatsaktes angefochten, nicht aber die auf Grund der Schenkung erfolgte Eigentumsübertragung an die Beklagte. Verlange der Anfechtungstatbestand eine Rechtshandlung des Schuldners, so sei diesfalls der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der Schuldner das Grundgeschäft abschließe. Stelle jedoch der Schuldner auch den Grundbuchsantrag, so setze er damit eine weitere benachteiligende Handlung, die frist- und voraussetzungserheblich sei. Schuldnerin sei hier die Tante der Beklagten, den Grundbuchsantrag habe jedoch die Beklagte gestellt, weshalb maßgeblicher Zeitpunkt der des Verfügungsgeschäftes, sohin der 16. 10. 1996 sei. Die zweijährige Präklusivfrist des § 3 AnfO sei zum Zeitpunkte der Zustellung des Schriftstückes nach § 9 AnfO am 22. 10. 1998 bereits abgelaufen gewesen und eine sechsmonatige Hemmung der Frist gemäß § 9 AnfO nicht eingetreten.
Gemäß § 2 Z 2 und 3 AnfO seien alle Rechtshandlungen anfechtbar, die der Schuldner in der dem anderen Teil bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, in den letzten 10 Jahren vor der Anfechtung vorgenommen habe. Eine allfällige Benachteiligungsabsicht ihrer Tante habe aber die Beklagte nicht gekannt.
Das dagegen von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte die angefochtene Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.
Das Berufungsgericht führte aus, der Zweck der Formvorschrift des § 9 AnfO sei die Dokumentation des Zeitpunktes der Zustellung der Anfechtungsmitteilung durch eine öffentliche Urkunde und die erhöhte Warnfunktion gegenüber dem späteren Anfechtungsgegner. Die Mitteilung der Anfechtungsabsicht nach § 9 AnfO sei eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die Zustellung des Schriftsatzes müsse bis zum Ablauf der Frist bewirkt sein, das bloße Einlangen des Schriftsatzes bei Gericht reiche nicht aus. Die Anordnung der Zustellung nach den Vorschriften für die Klagszustellung im § 9 Abs 2 AnfO könne nicht isoliert betrachtet werden. Die für die Auslegung maßgebliche Bestimmung finde sich nämlich im § 9 Abs 1 Z 3 AnfO, wonach in den Fällen des § 9 Abs 1 Z 1 und 2 AnfO demjenigen, demgegenüber die Rechtshandlung vorgenommen worden sei, die Anfechtungsabsicht vor Ablauf der Anfechtungsfrist mit einem gerichtlich oder notariell zugestellten Schriftsatz mitzuteilen sei. Die in der Berufung zitierten Entscheidungen SZ 45/80, EvBl 1973/18 und auch ecolex 1990, 608, seien zu den Fällen des § 9 Abs 1 Z 1 und 2 AnfO ergangen, auf die die Judikatur zur Unterbrechung der Verjährung durch Klage analog anzuwenden sei. Auf die Zustellung des Schriftsatzes nach § 9 Abs 1 Z 3 AnfO könne diese Judikatur aber nicht angewendet werden. Dabei handle es sich nicht um ein durch Klage eingeleitetes oder unverzüglich fortgesetztes Verfahren zur Anspruchsdurchsetzung, sondern um die Mitteilung von einem solchen Verfahren gegenüber dem Anfechtungsgegner.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil ein vergleichbarer Fall nach § 9 Abs 1 Z 3 und Abs 2 KO bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden worden sei.
Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der klagenden Partei nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die klagende Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, das Berufungsgericht übersehe, dass im § 9 Abs 2 AnfO keine Differenzierung zwischen den Z 1 bis 3 des § 9 AnfO gemacht werde, sondern auf alle Fälle des Abs 1 die Vorschriften über die Zustellung von Klagen Geltung hätten. Aus dem Gesetzestext lasse sich nicht ableiten, dass die Zustellung des Schriftsatzes bis zum Ablauf der Frist bewirkt sein müsse.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
Gemäß § 9 Abs 1 AnfO wird der Ablauf der Anfechtungsfrist für den Gläubiger einer vor diesem Ablauf fällig gewordenen, aber noch nicht vollstreckbaren Forderung bis zum Ende des 6. Monats seit dem Eintritt der Vollstreckbarkeit der Forderung gehemmt, wenn der Gläubiger, nachdem er von der anfechtbaren Rechtshandlung des Schuldners erfahren hat, 1. das Verfahren gegen den Schuldner über die bereits anhängige Klage gehörig fortsetzt oder 2. den Schuldner unverzüglich klagt und das Verfahren über die Klage gehörig fortsetzt und 3. in beiden Fällen demjenigen, dem gegenüber die Rechtshandlung vorgenommen worden ist, oder dessen Erben seine Anfechtungsabsicht vor dem Ablauf der Anfechtungsfrist mit einem gerichtlich oder noteriell zugestellten Schriftsatz mitteilt. Gemäß § 9 Abs 2 AnfO ist die Zustellung dieses Schriftsatzes nach den Vorschriften über die Zustellung von Klagen vorzunehmen. Diese Vorschrift nötigt den Gläubiger, sich um die Schaffung der für die Hemmung erforderlichen Voraussetzungen zu bemühen (SZ 69/22 = ZIK 1997, 30). Schon die Wortinterpretation der Bestimmung des § 9 Abs 1 Z 3 AnfO ergibt, dass die Zustellung dieses Schriftsatzes innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgen muss und das bloße Einlangen des Schriftsatzes bei Gericht nicht ausreicht. Es muss nämlich in den Fällen des § 9 Abs 1 Z 1 und 2 AnfO demjenigen, dem gegenüber die Rechtshandlung vorgenommen worden ist, oder dessen Erben die Anfechtungsabsicht vor dem Ablauf der Anfechtungsfrist mitgeteilt werden. Eine Mitteilung vor Ablauf der Anfechtungsfrist erfolgt aber nicht durch das bloße Einlangen des Schriftsatzes bei Gericht, sondern erst durch dessen Zustellung (Langer, Die Anfechtungsmitteilung nach § 9 AnfO, ZIK 1997, 170 [174], Presser, Die Anfechtungsfristen und deren Erstreckung, ZBl 1916, 892 f [902 f]; Bartsch/Pollak II3 Anm 10 zu § 9 AnfO). Der Zweck der Formvorschrift des § 9 Abs 1 Z 3 AnfO ist unter anderem eine erhöhte Warnfunktion gegenüber dem späteren Anfechtungsgegner (Langer, ZIK 1997, 173), die aber erst durch die Zustellung erreicht wird.
Richtig ist zwar, dass es sich bei den Anfechtungsfristen der §§ 2 und 3 AnfO um Klagefristen, vergleichbar jener des § 43 Abs 2 KO, handelt (SZ 63/71 mwN). Für deren Wahrung genügt es grundsätzlich, dass die Klage innerhalb der Frist bei Gericht eingelangt ist. Diese Frage hat aber mit der hier zu beurteilenden Hemmung des Ablaufes der Anfechtungsfrist nach § 9 Abs 1 KO nichts zu tun.
Zutreffend haben daher die Vorinstanzen das Klagebegehren wegen Versäumung der Anfechtungsfrist abgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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