Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien haben der klagenden Partei die mit 12.573 S (darin 2.095,50 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zur ungeteilten Hand zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist als Unternehmer und Investor in den USA und in Europa, so auch in Österreich tätig. Der Erstbeklagte ist Wirtschaftsjournalist der Kleinen Zeitung Graz (im Folgenden nur Zeitung), die Zweitbeklagte deren Medieninhaberin. Im Wirtschaftsteil der Zeitung erschien am 16. 10. 1998 ein Bericht über die R***** Bank und ihren Vorstand. Unter der Überschrift "Bei R***** Bank geht es um eine Milliarde" wird über die Fahndung nach dem Vorstand der Bank wie folgt berichtet: "Indes werden die abenteuerlichsten Gerüchte über den möglichen Verbleib R***** kolportiert. Gestern hieß es sogar, der Bankier und LASK-Präsident könnte bei Josef "Lucky Joe" S***** (Kläger) in den USA Unterschlupf gefunden haben.... Die US-Bundespolizei FBI verdächtigt "Lucky Joe", in Geldwäschegeschäfte verstrickt zu sein.....".
Der in diesem Bericht enthaltene Vorwurf, die US-Bundespolizei FBI verdächtige den Kläger der Geldwäsche ist unbestritten unrichtig.
Der Kläger begehrt - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - die Unterlassung des Aufstellens und/oder Verbreitens der Behauptung, er werde von der US-Bundespolizei FBI verdächtigt, in Geldwäschegeschäfte verstrickt zu sein oder gleichsinniger Äußerungen, den Widerruf dieser Behauptung gegenüber den Lesern der Zeitung als unwahr und Veröffentlichung des Widerrufs im redaktionellen Teil der Zeitung. Der von den Beklagten erhobene Vorwurf einer vorsätzlichen, gerichtlich strafbaren Handlung entspreche nicht der Wahrheit, er erfülle den Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und 2 StGB, der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB und der Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung nach § 1330 Abs 1 und Abs 2 ABGB. Der Erstbeklagte habe schuldhaft gehandelt, habe er es doch unterlassen, konkrete Nachforschungen über diese Behauptung anzustellen, deren Wahrheitsgehalt zu prüfen oder eine Stellungnahme des Klägers einzuholen.
Die Beklagten wendeten ein, die Zweitbeklagte habe angesichts der Unrichtigkeit des Vorwurfes ein entsprechendes Gegendarstellungsbegehren im Sinn des § 9 MedG veröffentlicht und den Sachverhalt auch ohne rechtliche Verpflichtung in einer Kolumne der Zeitung ausführlich und in einer über einen allfälligen Widerruf hinausgehenden Weise dargestellt. Beide Beklagten hätten den Abschluss eines Vergleichs über das Unterlassungsbegehren, somit alles das angeboten, was der Kläger durch ein klagestattgebendes Urteil hätte erreichen können; die Wiederholungsgefahr sei somit weggefallen.
In der ersten Tagsatzung boten die Beklagten neuerlich den Abschluss eines vollstreckbaren Teilvergleichs über das Unterlassungsbegehren an; der Kläger nahm dieses Anbot nicht an. Er wendete noch ein, die Beklagten versuchten in dem beim Landesgericht für Strafsachen Graz anhängigen Verfahren, den Wahrheitsbeweis anzutreten, sodass die Wiederholungsgefahr weiterhin gegeben sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt. Es stellte noch fest, die Zweitbeklagte habe am 23. 12. 1998 in der Zeitung eine Gegendarstellung des Klägers veröffentlicht. Darin sei festgestellt worden, dass der Vorwurf der Geldwäsche unrichtig und der Kläger weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart jemals Gegenstand von Ermittlungen des FBI gewesen sei. Auf derselben Seite sei ein Kommentar zur Gegendarstellung nachstehenden Inhalts erschienen:
"Josef S*****, auch "Lucky Joe" genannt, seit der Steirer im US-Lotto ein Vermögen gemacht hat, begehrt von uns, wie unschwer auf dieser Seite zu erkennen, eine Gegendarstellung. Wir hatten "Lucky Joe" in einem Bericht über die R*****-Bank nachgesagt, die US-Bundespolizei FBI ermittle gegen ihn wegen Geldwäscheverdachtes. Diese Tatsachenbehauptung, die auf entsprechenden Berichten des Nachrichtenmagazins "NEWS" beruht, dürfte tatsächlich nicht stimmen. Allerdings gibt es ein Schreiben der EDOK (Einsatzgruppe zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität) vom 28. November 1995, in dem die Österreichische Nationalbank um devisenrechtliche Überprüfungen ersucht wird - und zwar "im Zuge von Erhebungen gegen S***** Josef, geboren am *****, Spitzname Lucky Joe, im Zusammenhang wegen des Verdachtes der Geldwäsche". Der Fairness halber sei festgehalten, dass die Erhebungen der EDOK, wie es nun aussieht, ohne Ergebnis bleiben. ..."
Das Erstgericht stellte weiter fest, das im Kommentar erwähnte Schreiben der EDOK existiere tatsächlich, Gegenstand der Erhebungen sei jedoch nicht ein Verdacht der Geldwäscherei, sondern nur die Frage gewesen, ob die wirtschaftliche Situation des Klägers es zulasse, dass dieser, wie zum damaligen Zeitpunkt angekündigt, beim Fußballklub LASK als Sponsor eintrete. Das Landesgericht für Strafsachen Graz habe mit Urteil vom 26. 5. 1999 den Erstbeklagten wegen des in der Veröffentlichung vom 16. 10. 1998 ausgesprochenen Vorwurfes der üblen Nachrede im Sinn des § 111 Abs 1 und 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Zweitbeklagte sei zur Zahlung eines Entschädigungsbetrages an den Privatankläger (den Kläger) sowie zur Urteilsveröffentlichung nach § 34 Abs 1 iVm § 8a MedG verurteilt worden. Dabei habe das Landesgericht für Strafsachen Graz erkannt, dass die in der Zeitung vom 16. 10. 1998 veröffentlichten Behauptungen den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllten, und die Beklagten weder den Wahrheitsbeweis noch den Beweis der Einhaltung der notwendigen journalistischen Sorgfalt hätten erbringen können.
In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht einen Verstoß gegen § 1330 Abs 1 und 2 ABGB. Das Anbot eines Unterlassungsvergleiches habe auch in Verbindung mit der veröffentlichten Gegendarstellung nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr geführt. Wiederholungsgefahr sei im Allgemeinen dann noch zu bejahen, wenn der Beklagte sein Vergleichsanbot nur auf einen Teil des Klagebegehrens (etwa wie hier nur auf den Unterlassungsanspruch) beschränke. Sie bleibe aber jedenfalls dann bestehen, wenn der Beklagte im Prozess weiterhin die Auffassung vertrete, zur beanstandeten Handlung berechtigt gewesen zu sein. Dass die Beklagten im Strafverfahren versuchten, den Wahrheitsbeweis für die von ihnen aufgestellte Behauptung anzutreten, lasse den Weiterbestand der Wiederholungsgefahr geboten erscheinen. Hinzu komme noch, dass die Beklagten zwar eine Gegendarstellung veröffentlicht, ihren Inhalt jedoch durch einen auf derselben Seite wiedergegebenen Kommentar stark abgeschwächt und als zweifelhaft dargestellt hätten. Mangels Wegfalls der Wiederholungsgefahr sei das Unterlassungsbegehren somit berechtigt. Der Kläger habe ungeachtet der veröffentlichten Gegendarstellung auch einen Anspruch auf Widerruf der unwahren Tatsachenbehauptung und dessen Veröffentlichung.
Das Erstgericht bejahte auch das rechtliche Interesse des Klägers an der von ihm begehrten Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Nachteile und erließ die begehrte Feststellung. Sie ist in Rechtskraft erwachsen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in der Hauptsache und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und - nach Antragstellung im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO - die ordentliche Revision zulässig sei. Das Anbot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs habe die Wiederholungsgefahr schon deshalb nicht beseitigen können, weil es dem Veröffentlichungsbegehren des Klägers nicht Rechnung getragen habe. Im Übrigen sei das Vergleichsanbot nur ein Indiz für eine Sinnesänderung des Störers, das durch andere Umstände, insbesondere durch die Fortsetzung des störerischen Verhaltens widerlegt werden könne. Angesichts des Versuches der Beklagten im Strafverfahren, den Wahrheitsbeweis für die von ihnen aufgestellten Behauptungen anzutreten und der Veröffentlichung einer Gegendarstellung, deren Inhalt durch den zugleich veröffentlichten Kommentar stark abgeschwächt worden sei, könne das nur zum Unterlassungsbegehren gestellte Anbot eines vollstreckbaren Vergleichs den Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht bewirken.
Auch das Begehren auf Widerruf und dessen Veröffentlichung sei berechtigt. Es sei durch die im Medienverfahren veröffentlichte Gegendarstellung schon deshalb nicht obsolet geworden, weil diese dem Widerrufsbegehren des Klägers nicht entsprochen habe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes beseitigt das - wenngleich vom Kläger abgelehnte - Angebot des Beklagten, sich in einem vollstreckbaren Vergleich zu der vom Kläger begehrten Unterlassung zu verpflichten und ihm damit all das zu bieten, was er durch ein seinem Unterlassungsbegehren stattgebendes Urteil erlangen könnte, regelmäßig die Wiederholungsgefahr (SZ 51/87, SZ 69/28 uva; RIS-Justiz RS0079899). Die Frage der Wiederholungsgefahr ist nur im Zusammenhang mit der Beurteilung des Unterlassungsanspruches von Bedeutung. Während das Urteilsveröffentlichungsbegehren nach § 25 Abs 3 UWG einen Nebenanspruch zu einem auf UWG gegründeten Unterlassungsanspruch bildet, handelt es sich beim Begehren auf Widerruf und seine Veröffentlichung nach § 1330 ABGB nicht um einen derartigen Nebenanspruch zum, sondern um einen vom Unterlassungsbegehren verschiedenen, selbständigen Anspruch. Aus dieser Erwägung hat der Oberste Gerichtshof schon bisher die Auffassung vertreten, bei Kumulierung mehrerer auf § 1330 ABGB gestützter Ansprüche stehe es dem Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht entgegen, wenn der Beklagte über das Unterlassungsbegehren hinausreichende weitere Ansprüche nicht anerkennt und diesbezüglich eine gerichtliche Entscheidung fordert (SZ 69/28; RIS-Justiz RS0102057). Die Wiederholungsgefahr kann daher auch dann wegfallen, wenn der Beklagte nur einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich, nicht aber einen Vergleich auch hinsichtlich des gestellten Widerrufsbegehrens (hinsichtlich des Begehrens auf Veröffentlichung des Widerrufs) anbietet (SZ 69/28; RIS-Justiz RS0102057), sofern nicht besondere Gründe gegen den Wegfall der Wiederholungsgefahr sprechen (6 Ob 95/97g).
Der Kläger weist im vorliegenden Fall zutreffend darauf hin, dass (trotz eines Anbotes der Beklagten auf Abschluss eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs) Gründe vorliegen, die am ernstlichen Willen der Beklagten, von künftigen Gesetzesverletzungen Abstand zu nehmen (SZ 51/87) zweifeln lassen. Die Beklagten haben im zeitgleich anhängigen Strafverfahren nicht nur den Beweis der Einhaltung der journalistischen Sorgfalt bei der Veröffentlichung geführt (wozu es ausgereicht hätte, zu beweisen, dass auch bei Aufwendung der gebotenen journalistischen Sorgfalt hinreichende Gründe bestanden haben, die Behauptung für wahr zu halten; siehe § 29 Abs 1 MedG), sondern haben auch ausdrücklich den Wahrheitsbeweis angetreten. Damit haben sie aber zugleich auch ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, zur beanstandeten (behauptetermaßen wahren) Äußerung berechtigt zu sein. Dass die Zweitbeklagte - aus welchen Gründen auch immer - nur die Berufung wegen des Ausspruches über den Entschädigungsbetrag ausgeführt hat (der Erstbeklagte hat die angemeldete volle Berufung zurückgezogen), lässt unter Berücksichtigung aller übrigen Umstände eine Gesinnungsänderung nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen. So haben die Beklagten zwar die vom Kläger begehrte Gegendarstellung veröffentlicht, diese jedoch mit einem umfangreichen Kommentar versehen, der ihren Inhalt weitgehendst in Frage stellte. Davon, dass sich die Beklagten in diesem Kommentar von ihren früheren Vorwürfen distanziert hätten, kann keine Rede sein. Die gewählten Formulierungen "dürfte nicht stimmen", "wie es nun aussieht", lassen im Zusammenhang mit den nach den Feststellungen irreführenden Hinweisen auf Erhebungen der EDOK vielmehr den Eindruck entstehen, die ursprünglichen Vorwürfe könnten doch richtig sein. Die Vorinstanzen haben daher einen Entfall der Wiederholungsgefahr im Ergebnis zutreffend verneint. Der Unterlassungsanspruch ist somit berechtigt.
Die Revisionswerber vertreten weiters die Auffassung, der begehrte Widerruf und dessen Veröffentlichung seien bereits durch eine im Kommentar zur Gegendarstellung vom 23. 12. 1998 vorgenommene "redaktionelle Richtigstellung" vorweggenommen worden. Eine redaktionelle Richtigstellung vermag zwar die Veröffentlichung der Gegendarstellung des Betroffenen insofern zu ersetzen, als eine Pflicht des Medieninhabers (als der zur Gegendarstellung Verpflichtete, vgl Weiß, Handbuch der Gegendarstellung 52) zur Veröffentlichung der Gegendarstellung unter anderem dann nicht besteht (§ 11 Abs 1 Z 8 MedG), wenn bereits vor ihrem Einlangen eine gleichwertige redaktionelle Richtigstellung oder Ergänzung veröffentlicht wurde (Hanusch, Mediengesetz Rz 12 zu § 11). Dem Begehren auf Veröffentlichung der Gegendarstellung kann auch durch Veröffentlichung einer gleichwertigen redaktionellen Richtigstellung, Ergänzung oder Mitteilung bis zu dem in § 13 MedG näher bezeichneten Zeitpunkt entsprochen werden (Hanusch aaO Rz 5 zu § 12).
Zweck der durch eine redaktionelle Richtigstellung somit ersetzbaren Gegendarstellung und deren Veröffentlichung im Sinne der §§ 9 ff MedG ist es, dem von einer Tatsachenmitteilung in einem periodischen Medium Betroffenen Gelegenheit zur Darstellung seines Standpunktes zu geben. Ob der Bericht wahr oder unwahr ist oder ob er Persönlichkeitsrechte verletzt, ist dabei ohne Bedeutung (Swoboda, Das Recht der Presse2 165 f). Der Anspruch des Betroffenen richtet sich gegen den Medieninhaber (Weiß aaO 52). Demgegenüber setzt der gegen den Störer durchsetzbare Anspruch auf Widerruf und Veröffentlichung nach § 1330 ABGB eine schuldhafte Beeinträchtigung durch unwahre Tatsachenbehauptungen voraus und dient der Beseitigung schon eingetretener Folgen der Rufschädigung (SZ 69/28).
Ob nun - wie die Beklagten meinen - eine redaktionelle Richtigstellung auch den Widerruf und dessen Veröffentlichung im Sinn des § 1330 ABGB ersetzen könnte, ist schon angesichts der unterschiedlichen Voraussetzungen und Ziele dieser Behelfe mehr als zweifelhaft, braucht aber schon deshalb nicht abschließend geklärt zu werden, weil der im vorliegenden Fall veröffentlichte Kommentar der Beklagten in keiner Weise dem Inhalt eines Widerrufs gleichwertig angesehen werden kann. Durch den "Kommentar" zur Gegendarstellung wurde diese als "Widerrufserklärung" maßgeblich beeinträchtigt. Denn die von den Beklagten gewählten Formulierungen lassen (wie bereits ausgeführt) vielmehr den Eindruck entstehen, der frühere Vorwurf könnte doch zutreffen, er sei nur derzeit nicht beweisbar.
Das Berufungsgericht hat somit zutreffend eine Verpflichtung der Beklagten zum Widerruf und dessen Veröffentlichung bejaht. Der unberechtigten Revision der Beklagten ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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