Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, dass sie in der Hauptsache lauten:
"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger die Invaliditätspension in gesetzlicher Höhe ab dem 1. 1. 1997 zu gewähren, besteht dem Grunde nach zu Recht. Der beklagten Partei wird aufgetragen, dem Kläger ab 1. 1. 1997 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von 5.000 S monatlich zu erbringen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Urteils fälligen vorläufigen Zahlungen binnen 14 Tagen, die weiteren jeweils monatlich im Nachhinein am Ersten des Folgemonats."
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 4.058,88 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 676,48 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger ab dem 1. 1. 1997 die Invaliditätspension "im gesetzlichen Ausmaß" zu gewähren. Es ging davon aus, dass er Berufsschutz als angelernter Universalschweißer genieße, diesen oder einen verwandten Beruf aber nicht mehr ausüben könne und daher invalid nach § 255 Abs 1 und 2 ASVG sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge.
Die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ist nicht berechtigt.
Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist den Revisionsausführungen in Kürze entgegen zu halten:
Die beklagte Partei steht auf dem Standpunkt, dass nach den erstgerichtlichen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen nicht davon auszugehen sei, der Kläger könne einen Berufsschutz als angelernter Universalschweißer geltend machen. Die von ihm nicht beherrschten Schweißtechniken seien wesentliche Teile des genannten Berufsbildes.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Ansicht kann nicht beigepflichtet werden. Ein angelernter Beruf iS des § 255 Abs 2 ASVG liegt vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Diese Kenntnisse und Fähigkeiten müssen nicht die eines bestimmten geregelten Lehrberufes sein, allerdings den in einem Lehrberuf erworbenen besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten an Umfang und Qualität entsprechen.
Wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, ist nicht der Nachweis des Vorliegens aller Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich, die nach den Ausbildungsvorschriften zum Berufsbild eines Lehrberufes zählen und daher einem Lehrling während der Lehrzeit zu vermitteln sind. Es kommt vielmehr darauf an, dass ein angelernter Arbeiter über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die üblicherweise von ausgelernten Facharbeitern des jeweiligen Berufes in dessen auf dem Arbeitsmarkt gefragten Varianten (Berufsgruppen) unter Berücksichtigung einer betriebsüblichen Einschulungszeit verlangt werden. Hingegen reicht es nicht aus, wenn sich die Kenntnisse und Fähigkeiten auf ein oder mehrere Teilgebiete eines Berufes erstrecken, der von ausgelernten Facharbeitern allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht wird (SSV-NF 3/70, 4/80, 6/69, 7/108 ua).
Die Kenntnisse und Fähigkeiten für einen angelernten Beruf können im Fall des Klägers an den Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf Universalschweißer gemessen werden. Dabei gehört die Feststellung der Kenntnisse und Fähigkeiten, über die der Versicherte verfügt, zur Tatfrage, die Beurteilung, ob er in einem angelernten Beruf tätig war, zur rechtlichen Beurteilung (SSV-NF 6/69 ua).
Den Vorinstanzen ist beizupflichten, dass der Kläger bei Berücksichtigung des genannten Berufsbildes über jene Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die üblicherweise von gelernten Universalschweißern in den auf dem Arbeitsmarkt gefragten Varianten dieses Berufes verlangt werden. Auch wenn er die eine oder andere in der Praxis eher untergeordnete Schweißtechnik wie etwa das Gusschweißverfahren, das Kunststoff- und Gasschmelzschweißen oder das Hartlöten nicht beherrscht, so kann doch keine Rede davon sein, dass sich seine Kenntnisse und Fähigkeiten nur auf ein oder mehrere Teilgebiete eines Tätigkeitsbereiches beschränken, der von ausgelernten Universalschweißern allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht wird (wie im Fall der E 10 ObS 175/00h, wo einem Kläger, der lediglich die Teiltätigkeit eines Elektroschweißers im Stahlbaubereich ausgeübt hatte, der Berufsschutz verwehrt wurde). Nach den Feststellungen gibt es in Österreich überhaupt keinen Betrieb, in dem das Anforderungsprofil des gesamten Spektrums des genannten Lehrberufes tatsächlich zur Anwendung gelangt, vielmehr hat der Kläger eine theoretische Ausbildung erlangt, die im Wesentlichen der des Universalschweißers im Sinne des Berufsbildes entspricht. Werden aber in der Praxis auch von gelernten Universalschweißern bestimmte Tätigkeiten, insbesondere eher seltene Schweißtechniken, nicht ausgeübt, dann kann dem Fehlen solcher Kenntnisse keine entscheidende Bedeutung zukommen (ebenso in einem vergleichbaren Fall SSV-NF 7/108).
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Gemäß § 89 Abs 2 ASGG kann das Gericht dann, wenn sich in einem Verfahren, in dem das Klagebegehren auf eine Geldleistung gerichtet und dem Grund und der Höhe nach bestritten ist, ergibt, dass das Klagebegehren in einer zahlenmäßig noch nicht bestimmten Höhe gerechtfertigt ist, die Rechtsstreitigkeit dadurch erledigen, dass es das Begehren des Klägers dem Grunde nach für berechtigt erkennt; gleichzeitig hat es nach dieser Bestimmung dem Versicherungsträger aufzutragen, dem Kläger bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung zu erbringen. Diese Bestimmungen haben beide Vorinstanzen unbeachtet gelassen. In Rechtsstreitigkeiten nach § 65 Abs 1 Z 1, 6 oder 8 ist der Auftrag nach § 89 Abs 2 ASGG in das Urteil des Rechtsmittelgerichtes von Amts wegen aufzunehmen, auch wenn dieser Auftrag im angefochtenen Urteil fehlt (§ 90 Z 3 ASGG). Der Auftrag zur Erbringung einer im Sinne des § 89 Abs 2 ASGG bestimmten vorläufigen Zahlung war daher in sinngemäßer Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO durch das Revisionsgericht nachzutragen (10 ObS 263/97t; 10 ObS 423/98y; 10 ObS 256/00w).
Dabei war gemäß § 409 Abs 1 ZPO eine 14tägige Leistungsfrist für die bis zur Zustellung dieses Urteils fällig gewordenen vorläufigen Zahlung anzuordnen. Für die weiteren bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides fällig werdenden vorläufigen Zahlungen war im Hinblick auf § 104 Abs 2 ASVG, demzufolge die Pensionen aus der Pensionsversicherung monatlich im Nachhinein am Ersten des Folgemonats ausgezahlt werden, auszusprechen, dass auch die vorläufigen Zahlungen jeweils am Ersten des Folgemonats im Nachhinein zu erbringen sind (10 ObS 45/99m; 10 ObS 260/00h).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Im Revisionsverfahren gebührt jedoch mangels einer dem Berufungsverfahren entsprechenden Rechtsgrundlage (§ 23 RATG) nicht - wie vom Klagevertreter verzeichnet - der vierfache, sondern nur der einfache Einheitssatz für Nebenleistungen in Höhe von 60 %.
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