OGH 4Ob192/00i

OGH4Ob192/00i17.8.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael S*****, vertreten durch Dr. Elfriede Kropiunik, Rechtsanwältin in Leoben, als Verfahrenshelferin, gegen die beklagte Partei I***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Heinz Kalss, Rechtsanwalt in Bad Aussee, wegen Unterlassung (Streitwert 500.000 S) und Zahlung von 3,000.000 S, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 23. März 2000, GZ 6 R 263/99i-102, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG handelt, wer als Mitbewerber bewusst in den gesetzlichen Vorbehaltsbereich einer fremden Gewerbeberechtigung eingreift, um so im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber seinen gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen (stRsp ua ÖBl 1990, 7 - Rupertitag; ÖBl 1991, 67 - Bankfeiertag; ÖBl 1992, 120 - Plakatkampagne; ÖBl 1994, 15 - Kontaktlinsen; ÖBl 1994, 213 - Haushaltsübliche Reinigungsarbeiten). Nur eine auch subjektiv vorwerfbare Missachtung der Vorschriften der Gewerbeordnung würde es aber rechtfertigen, über die bloße Verantwortlichkeit nach der übertretenen Verwaltungsvorschrift hinaus auch eine unlautere, gegen die guten Sitten verstoßende Wettbewerbshandlung iSd § 1 UWG anzunehmen.

Dieser Grundsatz muss vor allem dort gelten, wo es um eine unterschiedliche Auslegung der angeblich verletzten Rechtsvorschrift geht. Kein sittenwidriges Handeln liegt vor, wenn die Auffassung des Beklagten über die Auslegung der verletzten Norm durch das Gesetz so weit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann. Ist dies der Fall, so kann eine auf dieser Auslegung beruhende Tätigkeit nicht mehr als eine gegen das Anstandsgefühl der betroffenen Verkehrskreise verstoßende Handlung angesehen werden (stRsp ua WBl 1989, 25 - Heizöl-Leicht Avanti 2003; ÖBl 1992, 268 - Naturfreunde; WBl 1997, 260 - Ungarischer Zahnarzt; MR 1997, 113 = ÖBl 1998, 9 - SN-Presseförderung; 4 Ob 35/00a uva). Steht (objektiv) die Rechtsauffassung des Beklagten nicht im Gegensatz zu einem klaren Gesetzeswortlaut, zur offenkundigen Absicht des Gesetzgebers oder zu einer feststehenden höchstrichterlichen Judikatur (ÖBl 1994, 213 - Haushaltsübliche Reinigungsarbeiten ua), kommt es nicht weiter darauf an, auf Grund welcher subjektiven Umstände er gerade zu dieser Rechtsauffassung gelangt ist.

Die Beklagte hat stets den Standpunkt vertreten, mit den von ihr vorgenommenen Tätigkeiten gegen keine gewerberechtlichen Vorschriften verstoßen zu haben (vgl etwa Beilage ./AJ). Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage den rechtlichen Schluss gezogen haben, eine allfällige Missachtung der Vorschriften der Gewerbeordnung könne der Beklagten subjektiv nicht vorgeworfen werden, weil diese Auffassung hinreichend durch das Gesetz gedeckt sei, bedurfte diese Beurteilung keiner weiteren Feststellungen darüber, ob der Geschäftsführer der Beklagten allenfalls Auskünfte über den Umfang der Gewerbeberechtigung der Beklagten eingeholt hat oder nicht.

Eine eindeutige und allgemein gültige Abgrenzung zwischen dem Gewerbe eines Immobilienmaklers und dem Gastgewerbe bzw Reisebürogewerbe ist dem Gesetz nicht zu entnehmen; nach der Rsp des VwGH kommt es bei der Frage, ob die Vermietung von Räumlichkeiten eine gewerbliche Tätigkeit begründet, darauf an, ob die dabei anfallende Verwaltungstätigkeit in erheblichem Umfang jenes Maß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Liegenschaftsvermögens verbunden ist (ecolex 1990, 380). Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass die von der Beklagten konkret entfaltete Verwaltungstätigkeit noch kein derartiges Ausmaß erreicht hat, dass kein Zweifel daran aufkommen hätte können, es liege bereits eine gewerbliche Tätigkeit vor. Diese Beurteilung der Umstände des Einzelfalls ist nicht zu beanstanden (so schon 4 Ob 54/98i in einem Verfahren desselben Klägers mit vergleichbarem Sachverhalt, wo vor allem mangels täglicher Reinigung der vermieteten Räumlichkeiten sowie mangels Bereitstellung eines kompletten Frühstücks kein der Beklagten subjektiv zurechenbarer Wettbewerbsverstoß angenommen worden ist).

Stichworte