OGH 10ObS182/00p

OGH10ObS182/00p25.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerhard Gotschy (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Helmut S*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. März 2000, GZ 23 Rs 18/00v-40, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. Oktober 1999, GZ 43 Cgs 59/98w-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb auf die Richtigkeit dieser Ausführungen verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Den Revisionsausführungen ist noch Folgendes entgegenzuhalten:

Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass der Kläger Berufsschutz als angelernter Koch genießt; die Voraussetzungen für die begehrte Leistung lägen jedoch nicht vor, weil der Kläger weiterhin als Koch bzw "in qualifizierten Verweisungsberufen insbesondere in der Systemgastronomie" tätig sein könne. Dies zieht der Kläger grundsätzlich nicht in Zweifel, hält jedoch dem von den Vorinstanzen gewonnenen Ergebnis entgegen, dass er nur eine Normalarbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich erbringen und daher im Hinblick auf die im Hotel- und Gastgewerbe üblichen Überstundenleistungen nicht die erforderliche Lohnhälfte im Sinn des § 255 Abs 1 ASVG erzielen könne.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

War ein Versicherter überwiegend in erlernten oder angelernten Berufen tätig, so gilt er gemäß § 255 Abs 1 ASVG als invalid, wenn seine Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in diesem Beruf herabgesunken ist. Auch bei Prüfung der Invalidität nach § 255 Abs 1 ASVG kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob die Einkünfte aus dem Einsatz der verbliebenen Arbeitskraft weniger als die Hälfte des regelmäßigen Einkommens eines voll belastbaren vergleichbaren Versicherten betragen. Dabei ist der durchschnittliche Verdienst, den ein gesunder Versicherter in der entsprechenden Berufsgruppe erzielen kann, heranzuziehen. Soweit der durchschnittliche Verdienst zB in Kollektivverträgen festgelegt ist, sind die danach zustehenden Löhne und Gehälter auch dann als Vergleichsmaßstab heranzuziehen, wenn in Einzelfällen höhere Verdienste erreicht werden. Werden jedoch in der in Betracht kommenden Berufsgruppe regelmäßig über den kollektivvertraglichen Löhnen und Gehältern liegende Entgelte gezahlt, sind diese zugrundezulegen. Da auf den Durchschnittsverdienst abzustellen ist, darf in der Regel nicht von dem Entgelt ausgegangen werden, das unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten (Überstunden, Akkord etc) in Einzelfällen erzielt werden kann. Es ist daher regelmäßig von der Normalarbeitszeit auszugehen (SSV-NF 9/46 mwN; RIS-Justiz RS0084408).

Nach den Feststellungen ist der Kläger weiterhin in der Lage, im Rahmen der wöchentlichen Normalarbeitszeit von 40 Stunden als Koch bzw in vom Erstgericht nicht näher genannten qualifizierten Verweisungsberufen insbesondere in der Systemgastronomie tätig zu sein. Da das Erstgericht keine näheren Feststellungen über die vom Kläger im maßgebenden Zeitraum überwiegend ausgeübte Tätigkeit als Koch, insbesondere über das zeitliche Ausmaß seiner Tätigkeit, getroffen hat, kann nicht beurteilt werden, ob der Kläger seine bisher ausgeübte Tätigkeit weiterhin verrichten könnte. Im Falle der Bejahung dieser Frage würde sich die vom Kläger in seinen Revisionsausführungen relevierte Frage der "Lohnhälfte" gar nicht stellen (vgl 10 ObS 26/99t mwN; SSV-NF 1/68; SVSlg 33.300 ua).

Aber auch die vom Kläger gegen die von den Vorinstanzen vorgenommene Verweisung ins Treffen geführten Argumente überzeugen nicht. So ist nach der erwähnten Rechtsprechung beim Lohnvergleich grundsätzlich auf das für die Normalarbeitszeit geleistete Entgelt abzustellen. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass die vom Kläger für den Verweisungsberuf eines Koches im Hotel- und Gastgewerbe (im Saisonbetrieb) vorgebrachte Notwendigkeit einer regelmäßigen Überstundenleistung für andere Arbeitsstellen von Köchen beispielsweise in großen Küchenbetrieben (Betriebsküchen, Küchen in Altersheimen, Kaufhäusern, Jugendheimen, Erholungsheimen, Internaten usw) nicht ohne weiteres angenommen werden kann. Darüber hinaus ist auch im Hotel- und Gastgewerbe unter Berücksichtigung der gesetzlichen (vgl §§ 7, 9 AZG) und kollektivvertraglichen Bestimmungen über das zulässige Ausmaß der Überstundenleistung auszuschließen, dass Überstundenleistungen von Köchen im Hotel- und Gastgewerbe regelmäßig zulässigerweise in einem solchen Ausmaß geleistet werden, dass dadurch der während der wöchentlichen Normalarbeitszeit von 40 Stunden einsetzbare Kläger nicht die Hälfte des Einkommens eines gesunden Arbeitnehmers im Verweisungsberuf zu erzielen imstande wäre. Da der Kläger in der Lage ist, die Verweisungsberufe während der vorgesehenen wöchentlichen Normalarbeitszeit von 40 Stunden auszuüben, ist auch davon auszugehen, dass er in der Lage ist, ein Einkommen in der Höhe des für diese Tätigkeiten vorgesehenen kollektivvertraglichen Lohns zu erzielen (SSV-NF 3/157 mwN uva). Gesichert kann auch davon ausgegangen werden, dass in den hier in Frage kommenden Verweisungstätigkeiten das Durchschnittsein- kommen gleichartig Beschäftigter den Betrag des doppelten Kollektivvertragslohnes nicht übersteigt, da über dem Kollektivvertrag bezahlte "Ist-Löhne" regelmäßig allen Beschäftigten einer Berufssparte bezahlt werden (SSV-NF 1/54 mwN ua). Da der Kläger imstande ist, die Verweisungstätigkeiten vollzeitig und ohne Einschränkungen zu verrichten, kann er jedenfalls auch die Lohnhälfte erzielen. Ob ein Versicherter auch tatsächlich einen ihm nach dem Leistungskalkül noch zumutbaren Dienstposten finden wird, ist nach ständiger Rechtsprechung für die Frage der Invalidität ohne Bedeutung (SSV-NF 8/92; 6/56 uva).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Stichworte