OGH 6Ob182/00h

OGH6Ob182/00h13.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Christian Hopp, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Zlata G*****, vertreten durch Dr. Eva Schneider, Rechtsanwältin in Bludenz, wegen 54.790 S über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 23. März 2000, GZ 3 R 95/00v-12, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Bludenz vom 26. Jänner 2000, GZ 4 C 1927/99f-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 54.790 S samt 2,875 % Zinsen zu bezahlen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit insgesamt 11.974,08 S (darin 1.995 S USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der elektronischen Mahnklage mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Begehren wurde bei "Angaben über Forderung" angeführt:

"Darlehen/Kredit/Bürgschaft (Konto Nr 321344151)". Die Beklagte wurde als "Pensionistin" bezeichnet.

Gegen den antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl erhob die Beklagte fristgerecht Einspruch, ließ aber die daraufhin anberaumte Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung unbesucht, sodass auf Antrag der klagenden Partei ein klagestattgebendes Versäumungsurteil erging.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung machte die Beklagte geltend, sie sei Verbraucherin im Sinn des KSchG. Die Klage sei unschlüssig, weil die in § 13 KSchG normierten besonderen Voraussetzungen für die Fälligkeit des Klagebetrages nicht behauptet worden seien. Hilfsweise wandte sich die Beklagte mit einem Widerspruch gegen das Versäumungsurteil.

Das Berufungsgericht bestätigte das Versäumungsurteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die klagende Partei stütze ihren Anspruch nicht auf einen Terminsverlust im Sinn des § 13 KSchG. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf sämtliche Ansprüche eines Unternehmers gegen einen Verbraucher aus einem Darlehen, einem Kredit oder einer Bürgschaft sei mit der wörtlichen Auslegung des § 13 KSchG nicht in Einklang zu bringen. Daraus ergebe sich, dass die klagende Partei nicht verpflichtet gewesen sei, Behauptungen zu einem Terminsverlust und einer qualifizierten Mahnung aufzustellen. Die rechtserzeugenden Tatsachen seien daher von der klagenden Partei gemäß § 226 Abs 1 ZPO zwar kurz, aber vollständig angegeben worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Gemäß § 226 Abs 1 ZPO sind in der Klage die rechtserzeugenden Tatsachen im Einzelnen kurz und vollständig anzugeben. Die Klage muss insoweit Tatsachenbehauptungen enthalten, dass der geltend gemachte Anspruch hinreichend substantiiert erscheint. Ob alle für eine Stattgebung des Klagebegehrens erforderlichen rechtserzeugenden Tatsachen behauptet wurden, hat das Gericht, wenn die klagende Partei die Fällung eines Versäumungsurteiles beantragt, nach amtswegiger Prüfung der Rechtslage zu beurteilen und das Klagebegehren abzuweisen, wenn der vorgebrachte Sachverhalt den geltend gemachten Anspruch nicht rechtfertigt (SZ 57/69 ua). Undeutliches und unvollständiges Vorbringen in der Klage geht zu Lasten der klagenden Partei und führt, wenn diese die Fällung eines Versäumungsurteiles beantragt, zur Abweisung des Klagebegehrens (JBl 1979, 492 ua).

Im vorliegenden Fall mangelte es bereits an der hinreichenden Bestimmtheit des geltend gemachten Rechtsgrundes. Es bleibt nach dem Klagevorbringen unklar, ob das Begehren auf den Rückzahlungsanspruch aus einem gewährten Darlehen bzw Kredit gestützt wird oder die Beklagte auf Grund ihrer Haftung als Bürgin in Anspruch genommen werden soll oder ob der eine Klagegrund primär und der andere hilfsweise geltend gemacht wird.

Insbesondere aber hat die klagende Partei zur Fälligkeit des eingeklagten Anspruches in ihrer Klage überhaupt kein Vorbringen erstattet. Damit weist die vorliegende Klage ein noch geringeres Tatsachensubstrat auf, als die den bisher zu § 13 KSchG ergangenen Entscheidungen SZ 57/69, 2 Ob 609/88, 1 Ob 606/95, 2 Ob 524/95 = RdW 1997, 18 und 8 Ob 205/99a zugrunde liegenden Klagen, in denen immerhin Verzug der beklagten Partei mit den vereinbarten Raten und Eintritt des Terminsverlustes oder zumindest Fälligstellung behauptet wurde.

In der Klage wurde die Beklagte als "Pensionistin" bezeichnet. Somit ist die Eigenschaft der Beklagten als Verbraucherin im Sinn des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG zu vermuten (vgl 8 Ob 205/99a mwN). Da nach dem Klagevorbringen zumindest auch ein fällig gestellter Kredit als Anspruchsgrundlage in Anspruch kommt, wären die rechtserzeugenden Tatsachen nach § 13 KSchG - Fälligkeit einer rückständigen Leistungs seit mindestens sechs Wochen und qualifizierte Mahnung - schon in der Klage auszuführen gewesen (vgl die bereits oben zitierten Entscheidungen).

Das Erstgericht hatte auch kein Verbesserungsverfahren im Sinn des § 84 Abs 3 ZPO durchzuführen, weil eine Verbesserung nicht möglich ist, wenn das Vorbringen zwar unvollständig und damit auch unschlüssig, eine sachliche Erledigung aber nicht ausgeschlossen ist (8 Ob 205/99a mwN). Das Klagebegehren war daher mangels Schlüssigkeit mit "negativem" Versäumungsurteil abzuweisen (2 Ob 2390/96a = EvBl 1997/104; 8 Ob 205/99a).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO iVm § 70 ZPO.

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