OGH 10Ob114/00p

OGH10Ob114/00p11.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Susanne H*****, geboren am 5. November 1983, und Alexander H*****, geboren am 11. Dezember 1987, beide vertreten durch den Vater Dipl. Ing. Günther H*****, dieser vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Großmutter Irene O*****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 13. März 2000, GZ 2 R 73/00w-170, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Großmutter wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ob und inwiefern den Großeltern ein Besuchsrecht im Sinn des § 148 ABGB zusteht, hängt in erster Linie vom Wohl des Kindes ab. Darüber hinaus darf aber durch das Besuchsrecht der Großeltern auch nicht die Ehe oder das Familienleben der Eltern (eines Elternteiles) oder deren Beziehungen zum Kind gestört werden; hiebei ist ein objektiver Maßstab anzulegen (EvBl 1979/32; EFSlg 33.527; EFSlg 45.783 uva; RIS-Justiz RS0048004). Das Besuchsrecht der Großeltern ist schwächer als das der Eltern, das Kindeswohl hat hier eindeutig Vorrang (MGA, ABGB35 ENr 191 f zu § 148; Pichler in Rummel, ABGB2 Rz 5 zu § 148 mwN uva). Im Konfliktfall hat der Besuchsrechtsanspruch eines Eltern-(Großeltern-)Teils gegenüber dem Kindeswohl zurückzutreten (EFSlg 71.660 ua), bei Irritationen des Kindes kann das Besuchsrecht sogar gänzlich versagt werden (EFSlg 71.707 ua). In der Frage der Gewährung eines Besuchsrechtes kommt der Stellungnahme mündiger Kinder erhebliche Bedeutung zu. Es ist nämlich nicht sinnvoll, einen mündigen Minderjährigen gegen seinen ausdrücklich erklärten Willen zur Aufnahme des persönlichen Verkehrs zu zwingen, weil dadurch seine ablehnende Haltung nur noch vertieft und verstärkt würde (Pichler aaO Rz 3; EFSlg 45.737 ff; 53.911; 56.633; 75.001; ÖA 1997, 168 uva).

Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, ob und inwieweit einem Eltern-(Großeltern-)Teil unter Bedachtnahme auf Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände das Besuchsrecht eingeräumt werden soll, ist grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalles abhängig; es kann ihr deshalb keine Bedeutung im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG zuerkannt werden, wenn nicht leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt werden (RIS-Justiz RS0097114).

Die angeführte Entscheidung bewegt sich im Rahmen der zitierten Rechtsprechung, wenn sie der antragstellenden Großmutter im Hinblick auf die Erklärung der im 17. Lebensjahr stehenden mündigen minderjährigen Susanne, sie wolle keinen Kontakt haben, im Hinblick auf das Kindeswohl kein Besuchsrecht zuerkannt hat (vgl auch 4 Ob 260/98h ua). Ob einer im 17. Lebensjahr stehenden Mittelschülerin eine selbständige verstandesmäßige Willensbildung über den persönlichen Verkehr zur Großmutter zuzugestehen ist, die bei der Beurteilung des Kindeswohls nicht übergangen werden darf, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (vgl 4 Ob 260/98h ua).

Im Hinblick auf den im 13. Lebensjahr stehenden mj Alexander hat das Rekursgericht ebenfalls zutreffend darauf hingewiesen, dass, auch wenn dem Wunsch von unmündigen Kindern nicht in jedem Fall zu entsprechen ist, deren Meinung zur Frage des Besuchsrechtes im Sinn des § 178b ABGB dennoch zu berücksichtigen ist (MGA aaO ENr 89 und 203 zu § 148 mwN ua). Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, das angestrebte Besuchsrecht würde derzeit auch nicht dem Wohl des mj Alexander entsprechen, weil dieser infolge Verweigerung des Besuchsrechtes durch seine Schwester das Besuchsrecht allein absolvieren müsste, er sich aber auf Grund seines Alters und der langen Unterbrechung des Besuchskontaktes an seine Großmutter kaum noch erinnert und er ebenfalls eine Kontaktaufnahme abgelehnt hat und darüber hinaus zwischen der antragstellenden Großmutter und dem obsorgeberechtigen Vater massive persönliche Animositäten bestehen, bewegt sich im Rahmen der zitierten Rechtsprechung, wonach die Gewährung eines Besuchsrechtes von Großeltern in erster Linie vom Wohl des Kindes abhängt. Die Revisionsrekurswerberin vermag nicht darzulegen, dass das Rekursgericht bei seiner Entscheidung das pflichtgemäße Ermessen verletzt hätte. Auch die Beantwortung der Frage, ob an der Ernstlichkeit der Erklärungen des mj Alexander Zweifel bestehen, die die Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens erforderlich machen, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Rechtsfragen von der Qualität des § 14 Abs 1 AußStrG werden somit im Rechtsmittel nicht aufgezeigt, weshalb der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen war.

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