OGH 9Ob105/00g

OGH9Ob105/00g31.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Heinz Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwalt in Wien, als Masseverwalter im Konkurs des Peter J. J*****, Bauunternehmer, ***** gegen die beklagte Partei Ing. Wilhelm M***** GmbH, ***** vertreten durch Gruböck & Gruböck, Rechtsanwälte OEG in Baden, wegen S 2,478.983,14 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 17. Dezember 1999, GZ 4 R 227/99b-57, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Da das Berufungsgericht davon ausgeht, dass sich keine Annahme dafür findet, dass der Gemeinschuldner Akontozahlungen bewusst verschwiegen hätte, stellen die diesbezüglichen Ausführungen solche zur subjektiven Absicht dar, die in den Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung gehören (RIS-Justiz RS0043418). Soweit die Revisionswerberin eine bewusste, absichtliche Verschweigung dieser Akontozahlungen und eine dolose Irreführung behauptet, ist die außerordentliche Revision daher als von der Tatsachengrundlage abweichend nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Im Übrigen ist die Frage, ob ein Vergleichspartner arglistig gehandelt hat, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen und stellt in der Regel keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (9 ObA 221/99m).

Auch die Ausführungen zum Vorliegen eines Vergleiches folgen nicht den eindeutigen Feststellungen, dass über einen Betrag von 3,211.983,14 S Einigung erzielt wurde. Dass auf der diesbezüglichen Urkunde auch noch ein weiterer Betrag aufscheint, der nicht aufgeklärt werden konnte, steht der Annahme eines Vergleiches durch die Vorinstanzen nicht im Wege, weil die Frage, warum die Tatsacheninstanzen eine Einigung über den vorgenannten Betrag feststellten, ebenfalls die Beweiswürdigung betrifft. Soweit die Revisionswerberin eine Einigung über eine unzweifelhaft nachvollziehbare Rückzahlungssumme in Zweifel zieht, geht sie nicht mit den Feststellungen konform.

Keiner der Streitteile ging bei Abschluss des Vergleichs davon aus, dass ein Anspruch des Klägers nicht bestehe; es sollten vielmehr die Forderungen des Klägers und die Akontobeträge der Beklagten, deren Höhe strittig bzw von der Beklagten nicht überprüft und ihr daher nicht bekannt waren, einer Bereinigung unterzogen werden. Ein Vergleich kann zwar wegen Irrtums über die "Vergleichsgrundlage", das heißt über Umstände, die die Parteien bei Vergleichsabschluss als feststehend, unzweifelhaft und unstreitig angenommen haben, angefochten werden (RIS-Justiz RS0032511, 0032543); bloße, wenn auch wahrheitswidrige Behauptungen des Vertragspartners, deren Überprüfung dem anderen Teil offen standen und vor allem in dessen Bereich lagen, können aber nicht als zur Täuschung geeignete Irreführungshandlungen angesehen werden (RIS-Justiz RS0032511).

Die Grundsätze dieser Rechtsprechung hat das Berufungsgericht im vorliegenden Einzelfall angewendet und den Irrtum der Beklagten über die Höhe der strittigen Forderung und Gegenforderung nicht auf die "Vergleichsgrundlage" bezogen, sondern auf die der Streitbereinigung unterliegenden Umstände. Ein zu korrigierender Rechtsirrtum und somit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO liegen daher nicht vor.

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