Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass das Urteil erster Instanz wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die mit S 3.248,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 541.40,-- USt) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war von 1. 7. 1990 bis 28. 11. 1996 bei der V***** GmbH als Angestellter beschäftigt. Er beendete das Dienstverhältnis durch berechtigten vorzeitigen Austritt. Nach der Beendigung des Dienstverhältnisses wurde über das Vermögen der V***** GmbH zu 19 S 760/96g des Landesgerichtes Eisenstadt der Konkurs eröffnet.
Am 27. 2. 1997 beantragte der Kläger Insolvenzausfallgeld für Kündigungsentschädigung vom 29. 11. 1996 bis 28. 2. 1997 von S 163.248,13 netto und für Kündigungsentschädigung vom 1. bis 31. 3. 1997 von S 54.310,15 netto. Mit Bescheid vom 2. 7. 1998 erkannte die beklagte Partei dem Kläger Insolvenzausfallgeld für Kündigungsentschädigung vom 29. 11. 1996 bis 28. 2. 1997 von S 143.756,85 netto und für Kündigungsentschädigung vom 1. bis 31. 3. 1997 von S 6.807,16 netto zu. Mit weiterem Bescheid vom 2. 7. 1998 wies die beklagte Partei den Antrag auf Insolvenzausfallgeld im darüber hinausgehenden Umfang ab.
Der Kläger begehrte den Zuspruch von S 22.625,55 netto sA an Insolvenzausfallgeld mit dem wesentlichen Vorbringen, der Anspruch auf Insolvenzausfallgeld für Kündigungsentschädigung vom 29. 11. 1996 bis 28. 2. 1997 betrage unter Berücksichtigung des Grenzbetrages gemäß § 1 Abs 4 IESG S 159.871,02 netto. Die beklagte Partei habe ihm jedoch nur S 143.756,85 netto zuerkannt (Differenz S 16.114,17 netto). Der Anspruch auf Insolvenzausfallgeld für Kündigungsentschädigung vom 1. bis 31. 3. 1997 betrage unter Berücksichtigung des Grenzbetrages S 52.166,34 netto, somit S 1.738,88 netto täglich. Da er im Zeitraum 1. bis 7. 3. 1997 S 13.198,97 ins Verdienen gebracht habe, gebühre ihm insoweit kein Insolvenzausfallgeld. Für 8. und 9. 3. 1997 habe er keinen Verdienst aufgewiesen und daher Anspruch auf Insolvenzausfallgeld von S 3.477,76 netto. Für 10. bis 31. 3. 1997 betrage der Anspruch S 36.516,48 netto. Da er in diesem Zeitraum S 26.675,70 verdient habe, ergebe sich ein Anspruch auf Insolvenzausfallgeld für diesen Zeitraum von S 9.840,78 netto. Die beklagte Partei habe ihm für Kündigungsentschädigung für März 1997 lediglich S 6.807,16 netto an Insolvenzausfallgeld zuerkannt (Differenz S 6.511,38 netto). Er habe daher noch Anspruch auf die begehrten S 22.625,55 netto (S 16.114,17 netto zuzüglich S 6.511,38 netto).
Die beklagte Partei bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, der Anspruch auf Kündigungsentschädigung umfasse grundsätzlich neben den laufenden Bezugsbestandteilen auch die aliquoten Sonderzahlungen. Es seien daher entgegen der Auffassung des Klägers die Sonderzahlungen dem Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 4 IESG nicht gesondert gegenüberzustellen.
Der Anspruch auf Insolvenzausfallgeld für Kündigungsentschädigung vom 29. 11. 1996 bis 28. 2. 1997 betrage unter Berücksichtigung der Betragsbegrenzung gemäß § 1 Abs 4 IESG vom 1996 von S 78.000,-- brutto (= S 45.811,50 netto) S 143.756,85 netto und vom 1. bis 31. 3. 1997 S 46.682,10 netto. Darauf sei das im März 1997 verdiente Entgelt von S 39.874,94 netto anzurechnen. Es bestehe daher Anspruch auf Insolvenzausfallgeld für Kündigungsentschädigung für März 1997 im Ausmaß von S 6.807,16 netto. Die begehrten Differenzbeträge gebührten nicht.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Kündigungsentschädigung sei nicht als einheitlicher Anspruch zu werten, sondern aufzuteilen in Sonderzahlungen und Schadenersatz in der Höhe des monatlichen Gehaltes. Diese Beträge seien gesondert der Betragsbegrenzung zu unterziehen. Die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 25. 4. 1996 zu 8 ObS 2001/96i zeige, dass durch die Anwendung der Betragsbeschränkung gemäß § 1 Abs 4 IESG auch auf den Anspruch auf Kündigungsentschädigung eine Besserstellung von Dienstnehmern, die Kündigungsentschädigung begehrten gegenüber jenen, die Anspruch auf laufendes Entgelt erheben, vermieden werden solle. Diese Überlegung müsse auch in die andere Richtung hin Gültigkeit haben. Ansonsten müssten nämlich Dienstnehmer, die Kündigungsentschädigung beanspruchten, eine Einbuße gegenüber Dienstnehmern hinnehmen, die laufendes Entgelt begehrten. Die Natur des Anspruches auf Kündigungsentschädigung, den Arbeitnehmer so zu stellen, wie er im Falle einer ordnungsgemäßen Dienstgeberkündigung stünde, verbiete es, diesen Anspruch im Falle der Insolvenz gegenüber sonstigen Entgeltansprüchen zu schmälern. Hinsichtlich des laufenden Entgelts habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27. 6. 1989 zu 88/11/0201 ausgesprochen, dass der Anspruch auf Sonderzahlungen gesonderter gesetzlicher Begrenzung unterliege.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung Folge und änderte das Urteil im klagsabweisenden Sinne ab. Weiters sprach es aus, dass die Revision zulässig sei.
In rechtlicher Hinsicht führte es aus, das Erstgericht stütze seine Auffassung unter Zitierung der Entscheidung 8 ObS 2001/96i (= DRdA 1996, 428) im Wesentlichen darauf, dass die Rechtsfolgen der Betragsbeschränkung des § 1 Abs 4 IESG für Entgeltansprüche und für Ansprüche auf Kündigungsentschädigung harmonisiert werden müssten (vgl dazu auch OGH vom 17. 10. 1996 zu 8 ObS 2291/96m = ASoK 1997, 95). Damit sei richtig erkannt, dass der Oberste Gerichtshof durch die zitierten Entscheidungen eine gewisse Harmonisierung der Rechtsfolgen der Betragsbeschränkung gemäß § 1 Abs 4 IESG herbeigeführt habe. Es werde allerdings übersehen, dass diese Harmonisierung nur den Problemkreis der Anwendung der Betragsbeschränkung überhaupt betreffe. Dass der Anspruch auf Kündigungsentschädigung als bloßes Surrogat für das laufende Entgelt eines bestimmten Zeitraumes ebenso wie dieses grundsätzlich nur begrenzt und nicht etwa unbegrenzt gesichert sein solle, sei einsichtig. Von der Frage, ob die Betragsbeschränkung des § 1 Abs 4 IESG auch auf den Anspruch auf Kündigungsentschädigung zur Anwendung gelangen solle, sei allerdings jene zu unterscheiden, wie die Betragsbeschränkungen in Bezug auf die in Diskussion stehenden Ansprüche im Einzelnen jeweils vorgenommen werden solle. Im Hinblick auf diese Unterscheidung erweise sich das Argument des Erstgerichtes, dass die auf eine Harmonisierung abstellende Überlegung des Obersten Gerichtshofes auch "in die andere Richtung hin" gültig sein müsse, als keineswegs zwingend. Vielmehr enthalte gerade das vom Erstgericht zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. 6. 1989, Zl 88/11/0201 (= ARD 4242/6/91) die wesentlichen Ansatzpunkte für eine differenzierende Betrachtungsweise. Der Verwaltungsgerichtshof stelle im genannten Erkenntnis nämlich primär darauf ab, dass Gehalt und Sonderzahlungen den Grenzbetrag deshalb nicht gemeinsam gegenüber zu stellen seien, weil sie nicht als einheitlicher Entgeltanspruch anzusehen seien. In § 1 Abs 3 Z 4 und Abs 4 IESG sei von "Entgeltansprüchen" und dem "Einzelanspruch" (§ 1 Abs 4 zweiter Satz IESG) und gerade nicht von "Entgelt" die Rede, woraus folge, dass der einzelne Entgeltanspruch gesichert und dem Grenzbetrag gegenüberzustellen sei. Diesen Überlegungen sei - mit Holzer/Reissner/Schwarz, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz4, 189 - voll und ganz beizupflichten. Sei aber der einzelne Anspruch gesichert und dem Grenzbetrag gegenüberzustellen, komme es zur Lösung der Frage, wie die Betragsbeschränkung im Fall einer aus Gehalt und anteiligen Sonderzahlungen errechneten Kündigungsentschädigung vorzunehmen sei, allein darauf an, ob der Anspruch auf Kündigungsentschädigung als eigener, einheitlicher Anspruch anzusehen sei.
Dies sei zu bejahen. Nach gefestigter Auffassung handle es sich beim Anspruch auf Kündigungsentschädigung um einen Schadenersatzanspruch, der - im Hinblick auf Umfang, Fälligkeit und Verfall - durch gesonderte Regelungen ausgestaltet werde. Schon daraus erhelle, dass der Anspruch auf Kündigungsentschädigung als einheitlicher Anspruch sui generis qualifiziert werden müsse, der nicht mit dem zu seiner Berechnung heranzuziehenden einzelnen Entgeltbestandteilen ident sei.
Dies stehe im Einklang mit der Entscheidung vom 16. 11. 1988, 9 ObS 12/88 (= SZ 61/254), dass die nicht in ihre Entgeltbestandteile aufspaltbare Einheitlichkeit des Anspruches auf Urlaubsentschädigung gegeben sei und dieser Anspruch unter ausdrücklicher Ablehnung einer Aufspaltung in ihrer Gesamtheit dem Grenzbetrag des § 1 Abs 4 IESG gegenüberzustellen sei. Diese Auffassung sei - soweit überblickbar - unwidersprochen geblieben (vgl Holzer ua, aaO, 185; Liebeg IESG2 § 1 Rz 259 FN 382).
Es ergebe sich daher, dass die Kündigungsentschädigung als eigener Anspruch in ihrer Gesamtheit am Grenzbetrag zu messen sei. Erst dadurch werde nämlich eine sachgerechte Harmonisierung der Rechtsfolgen hinsichtlich der Betragsbeschränkungen erzielt. Werde auf die in der Berechnung der Kündigungsentschädigung - ebenso wie in die Berechnung von Urlaubsentschädigung und Abfertigung - einzubeziehenden anteiligen Sonderzahlungen doch durch die Berücksichtigung bei der Ermittlung der "Basisgröße", also des auf die jeweilige Zeiteinheit entfallenden Entgelt- bzw Entschädigungsbetrages ausreichend Bedacht genommen. Ein Anlass, auf diese Anspruchsteile den Grenzbetrag gesondert anzuwenden, bestehe nicht.
Die Revision sei zulässig, da soweit überblickbar - zur gegenständlichen Rechtsfrage eine höchstgerichtliche Entscheidung noch nicht vorliege.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es abzuändern und die Entscheidung erster Instanz wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist auch begründet.
Rechtliche Beurteilung
§ 1 Abs 4 IESG verweist auf die Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 Abs 1 ASVG, wobei für einen Kalendermonat der Beitragszeitraum mit 30 Tagen anzusetzen ist. Für Sonderzahlungen gilt gemäß § 54 Abs 1 ASVG eine eigene Höchstbeitragsgrundlage in Höhe des 60-fachen des gemäß § 45 Abs 1 ASVG auf den Kalendertag entfallenden Betrages. Daraus und aus der Leistung der Versicherungsbeiträge gemäß § 12 Abs 1 Z 4 IESG durch einen vom Arbeitgeber zu leistenden Zuschlag zum Arbeitgeberanteil zur Arbeitslosenversicherung, der gemäß § 2 Abs 2 AMPFG (Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz) auch Beiträge für die Sonderzahlungen umfasst, ist zu schließen, dass die in § 1 Abs 4 IESG genannte Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 Abs 1 ASVG für einen Kalendermonat im Ausmaß des 30-fachen täglichen Betrages nur das laufende Entgelt unter Ausschluss der Sonderzahlungen erfasst, denn für die Sonderzahlungen gilt nach dem ASVG - wie zuvor ausgeführt - eine andere Beitragsgrundlage (60-facher Tagesbetrag im Jahr). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des vor dem Inkrafttreten des ASGG zuständigen VwGH, der ausgeführt hat (27. 6. 1989, 88/11/0201 = VwSlg 12.957 A), die Ansprüche auf fortlaufendes Gehalt (§ 15 AngG) und auf Sonderzahlungen (Urlaubszuschuss, Weihnachtsremuneration usw) seien nicht als ein einheitlicher Entgeltanspruch anzusehen, der gemeinsam den Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 4 IESG gegenüberzustellen sei. Werden die Sonderzahlungen aber bei Sicherung des laufenden Entgelts nicht im Rahmen des in § 1 Abs 4 Satz 1 IESG genannten zweifachen Höchstbetrages nach § 45 Abs 1 ASVG berücksichtigt, dann sind sie auch bei Sicherung der Kündigungsentschädigung nicht einzubeziehen, sondern ist für ihre Sicherung gleichfalls die in § 54 Abs 1 ASVG normierte Höchstbeitragsgrundlage maßgeblich.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)