OGH 8ObS2291/96m

OGH8ObS2291/96m17.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Wolf und Gerhard Taucher als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ing.Manfred A*****, Angestellter, ***** vertreten durch Mag.Andrea Hilber, Referentin der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Linz, Volksgartenstraße 40, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Oberösterreich, Linz, Gruberstraße 63, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Insolvenzausfallgeld (S 74.052,-- netto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4.Juli 1996, GZ 11 Rs 142/96y-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom 4.März 1996, GZ 30 Cgs 34/95f-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

In Abänderung des Urteiles des Berufungsgerichtes wird das Urteil erster Instanz wiederhergestellt.

Der Kläger hat seine Verfahrenskosten (der ersten und zweiten Instanz) selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 1.4.1968 bis 27.6.1994 Angestellter der nachmaligen Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 28.6.1994 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Er beendete sein Arbeitsverhältnis durch berechtigten vorzeitigen Austritt wegen vorenthaltenen Entgelts.

Mit Bescheid vom 16.5.1995 wies die beklagte Partei den Antrag auf Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld von insgesamt S 315.089,-- brutto als die Grenzbeträge überschreitend ab, unter anderem Teile der Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 28.6. bis 27.9.1994 in der Höhe von S 48.749,-- (Differenz zwischen angemeldetem Betrag von S 264.749,-- und dem sich unter Berücksichtigung des Grenzbetrages von S 72.000,-- je Monat errechnenden Betrag von S 216.000,--), S 5.917,-- (Differenz hinsichtlich der Sonderzahlungen dieser Periode = S 41.917,-- - S 36.000,--) und S 50.374,-- (Differenz hinsichtlich der Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 28.9. bis 31.12.1994 = S 273.574,-- - S 223.200,--) und S 6.130,-- (Differenz hinsichtlich der Sonderzahlungen dieser Periode = S 43.314,-- - S 37.184,--).

Das Erstgericht wies das der Höhe nach außer Streit stehende Klagebegehren von S 74.052,-- netto - dieser Betrag entspricht dem vom Kläger angemeldeten Bruttobetrag - an Kündigungsentschädigungen, das über den Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 4 IESG im Ausmaß der zweifachen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 Abs 1 ASVG hinausgeht, ab. Entgegen der Ansicht des Klägers gelte die Betragsbeschränkung nicht nur für Entgeltansprüche, sondern auch für den Anspruch auf Kündigungsentschädigung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß dem Klagebegehren stattgegeben wurde. Die Betragsbeschränkung nach § 1 Abs 4 IESG gelte nur für Entgeltansprüche, nicht aber für die Kündigungsentschädigung als pauschaliertem Schadenersatz. Eine teleologische Reduktion habe nicht zu erfolgen, da eine Beschränkung der Kündigungsentschädigung hinsichtlich des 3 Monate übersteigenden Zeitraumes nur hinsichtlich der Anrechnung des anderweitig Erworbenen bzw durch Unterbleibens der Arbeitsleistung Ersparten zu erfolgen habe. Weiters habe der Gesetzgeber dieser einhelligen Ansicht von Lehre und Rechtsprechung in mehrfachen Novellen des IESG nicht widersprochen.

Die Revision sei gemäß § 46 Abs 1 ASGG zulässig, weil erst eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (9 Ob S 3/90) hiezu Stellung genommen habe, die überdies schon vor geraumer Zeit ergangen sei.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es abzuändern und das Urteil erster Instanz wiederherzustellen.

Der Kläger beteiligte sich nicht am Revisionsverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

In der von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 25.4.1996, 8 Ob S 2001/96i (= ARD 4766/44/96), hat der Gerichtshof seine frühere Rechtsprechung (9 Ob S 3/90) aufgegeben und ausgeführt, daß die Kündigungsentschädigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn ein Entgeltanspruch sei, der der Betragsbeschränkung gemäß § 1 Abs 4 IESG unterliege, wodurch die Rechtsfolgen der Betragsbeschränkung für Entgeltansprüche (im Falle der Kündigung durch den Masseverwalter gemäß § 25 KO) und für Ansprüche auf Kündigungsentschädigung (im Falle des vorzeitigen Austrittes des Arbeitnehmers) harmonisiert werden.

Ergänzend zu den in der vorgenannten Entscheidung angeführten Argumenten ist darauf hinzuweisen, daß die Gleichsetzung des Entgeltes mit der Kündigungsentschädigung im Sinne des Anspruchsprinzipes (gemäß § 49 Abs 1 ASVG; vgl VwGH 30.3.1993, Zl 92/08/0050 = ind 2199 ua) durch die Ausdehnung der Sozialversicherungspflicht auf die Zeit des Bezuges einer Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung sowie auf die Zeit des Bezuges einer Kündigungsentschädigung auch nach dem formellen Ende des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl 201/1996 (Art 34 Z 8) bestätigt wird (die Pflichtversicherung besteht gemäß § 11 Abs 2 ASVG für diese Zeiten weiter).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG, wobei ein Kostenzuspruch nach Billigkeit deshalb nicht in Betracht kommt, weil dem Kläger ein überwiegender Teil seiner Ansprüche (Auszahlungsbetrag S 142.995,-- netto) von der beklagten Partei ohnedies zuerkannt worden war.

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