OGH 2Ob104/00h

OGH2Ob104/00h28.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon-Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Verlassenschaft nach der am 9. Juli 1999 verstorbenen Gerlinde H*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Dr. Friedrich H*****, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Schenkungswiderruf infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. Jänner 2000, GZ 45 R 616/99t-48, womit der Beschluss (einstweilige Verfügung) des Bezirksgerichtes Liesing vom 19. Juli 1999, GZ 7 C 6/98g-40, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die gefährdete Partei ist schuldig, ihrem Gegner die mit S 13.725,-- (darin S 2.287,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die inzwischen verstorbene Gerlinde H***** machte in ihrer am 28. 1. 1998 eingebrachten Klage Widerruf einer Liegenschaftsschenkung wegen groben Undanks gemäß § 948 ABGB geltend und begehrte den Ausspruch, dass der zwischen ihr und dem Beklagten am 22. 1. 1985 abgeschlossene Schenkungsvertrag auf den Todesfall betreffend die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** aufgehoben sei, der Beklagte nicht berechtigt sei, im Falle ihres Todes die Einverleibung des Eigentumsrechts ob dieser Liegenschaft zu erwirken, und der Beklagte weiters schuldig sei, seine Einwilligung zur Einverleibung der Löschung des zu seinen Gunsten einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu erteilen.

Nach dem Ableben der Gerlinde H***** am 9. 7. 1999 stellte die klagende Partei (nunmehr Verlassenschaft nach Gerlinde H*****) den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung, 1. einem namentlich genannten Notar zu untersagen, bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über die gegenständliche Klage weitere Ausfertigungen des Schenkungsvertrages auf den Todesfall zu erstellen sowie bereits vorhandene Originalausfertigungen dieses Schenkungsvertrages auf den Todesfall an den Beklagten oder eine von diesem beauftragte Person auszufolgen, 2. dem Magistratischen Bezirksamt für den 23. Bezirk zu untersagen, dem Beklagten oder einer von diesem beauftragten Person eine Sterbeurkunde hinsichtlich Gerlinde H***** auszufolgen, 3. dem Beklagten zu untersagen, auf Grund der Vorlage einer Sterbeurkunde hinsichtlich der verstorbenen Gerlinde H***** und des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Schenkungsvertrages auf den Todesfall die Einverleibung des Eigentumsrechts ob dieser Liegenschaft zu erwirken. Sie brachte vor, es sei nunmehr damit zu rechnen, dass der Beklagte unter Vorlage einer Sterbeurkunde und des Schenkungsvertrages sein Eigentumsrecht auf der gegenständlichen Liegenschaft einverleiben lassen werde. Was die Bescheinigung der geltend gemachten Gründe zum Schenkungswiderruf betreffe, seien mittlerweile vier Kinder der Verstorbenen im Scheidungsverfahren einvernommen worden.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es zitierte in rechtlicher Hinsicht § 381 Z 1 EO, §§ 948, 949 ABGB und führte aus, dass auf Grund der Ergebnisse des Bescheinigungsverfahrens das Vorliegen von Schenkungswiderrufsgründen bescheinigt sei. Angesichts des Todes der vormaligen Klägerin und der festgestellten feindseligen Haltung zwischen den Streitteilen liege auch eine konkrete Gefahr vor, dass der Beklagte durch Vorlage des Schenkungsvertrages und einer Sterbeurkunde für sich das Eigentumsrecht an der streitgegenständlichen Liegenschaft einverleiben lassen könnte.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten Folge und wies den Antrag auf einstweilige Verfügung ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, und führte im Wesentlichen Folgendes aus:

Der nunmehr ergangenen Entscheidung des Erstgerichts stehe im Hinblick auf ein früheres Provisorialverfahren nicht der Nichtigkeitsgrund der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegen. Jedoch habe der Oberste Gerichtshof in 2 Ob 325/98b = JBl 1999, 537 ausgeführt, dass es zur Sicherung von Ansprüchen, die mit einer Löschungsklage nach § 61 GBG geltend zu machen seien, keiner einstweiligen Verfügung nach den §§ 381, 382 Z 6 EO bedürfe, weil hier das Rechtsinstitut der Streitanmerkung nach § 61 Abs 1 GBG zur Verfügung stehe. Die Streitanmerkung nach § 61 Abs 1 GBG trage den Charakter einer einstweiligen Verfügung in sich und stelle das zur Sicherung dieser Ansprüche zweckdienliche Mittel dar, welches das Gericht nach §§ 382 und 392 Abs 2 EO nach seinem Ermessen und in der Regel ohne Beschränkung auf die Anträge der Partei auszuwählen habe. Mit der Löschungsklage werde eine das materielle Recht des Klägers verletzende Eintragung bekämpft, die durch einen formgerechten und der Aktenlage entsprechenden Beschluss des Gerichts entstanden sein könnte. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn der der Eintragung zugrunde liegende Vertrag wegen mangelnder Willensübereinstimmung, Zwanges, Betruges, Irrtums oder Verletzung über die Hälfte nicht zustande gekommen oder anfechtbar sei.

Im vorliegenden Fall habe die Klägerin mit ihrer Klage die Aufhebung des zwischen den Parteien am 22. 1. 1985 abgeschlossenen Schenkungsvertrages auf den Todesfall sowie die Aussprüche begehrt, der Beklagte sei nicht berechtigt, im Falle des Todes der Klägerin die Einverleibung seines Eigentumsrechts zu erwirken, und sei weiters schuldig, seine Einwilligung zur Einverleibung der Löschung des zu seinen Gunsten einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu erteilen. Über Antrag der Klägerin sei auf Grund des Beschlusses des Erstgerichts vom 3. 4. 1998 die grundbücherliche Anmerkung der Klage auf Widerruf der Schenkung der Liegenschaft erfolgt. Es sei somit davon auszugehen, dass eine nach Klagsanmerkung erfolgte bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechts des Antragsgegners im Fall des Obsiegens der klagenden Partei ebenso zu löschen sein werde, wie allfällige von dritten Personen vom Antragsgegner erworbene dingliche Rechte. Es bedürfe somit nicht der Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Verhinderung der Einverleibung des Eigentumsrechtes des Antragsgegners, weil eine derartige im Fall des Obsiegens der Antragstellerin im Verfahren zu löschen sein würde.

Soweit Bedenken bestehen könnten, ob die vorliegende Klage auf Widerruf der Schenkung auf den Todesfall zur Streitanmerkung gemäß § 61 GBG berechtige, sei auf die Judikatur zu verweisen, wonach die Wirkungen der Streitanmerkung nach § 61 GBG auch dann einträten, wenn die Streitanmerkung nach dem Gesetz nicht zu bewilligen gewesen wäre. Zwar begründe die Streitanmerkung keine Rangordnung im Sinne des § 53 GBG. Sie schließe jedoch den guten Glauben der Personen aus, die später bücherliche Rechte erworben hätten.

Die vom Rekursgericht herangezogene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 2 Ob 325/98b unterscheide sich vom vorliegenden Sachverhalt insofern, als hier noch keine Löschungsklage erhoben worden sei, vielmehr durch die Klage auf Widerruf der Schenkung auf den Todesfall die mögliche grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechts des Beklagten verhindert werden solle. Es erscheine jedoch im vorliegenden Fall ebenfalls durch die Streitanmerkung nach § 61 GBG eine ausreichende Sicherung der geltend gemachten Ansprüche gegeben.

Da eine auf denselben Voraussetzungen beruhende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der ausreichenden Sicherstellung der Klägerin durch die grundbücherliche Klagsanmerkung nicht vorliege und es sich hiebei um eine Rechtsfrage von den Einzelfall übersteigender Bedeutung handle, sei gegen diese Entscheidung der ordentliche Revisionsrekurs zulässig.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung des Erstgerichts.

Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelwerberin macht im Wesentlichen geltend, der in 2 Ob 325/98b beurteilte Sachverhalt sei mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Hier wäre der Beklagte in der Lage, durch Vorlage einer Sterbeurkunde und des Schenkungsvertrages auf den Todesfall sein Eigentumsrecht einverleiben zu lassen; in weiterer Folge bestehe die Gefahr, dass die Liegenschaft zur Befriedigung der Verbindlichkeiten des Beklagten belastet oder veräußert werde. Eine Rückübertragung an die Erben der Verstorbenen würde faktisch und rechtlich Schwierigkeiten mit sich bringen. Ohne die begehrte einstweilige Verfügung hätte die klagende Partei die Eigentumseinverleibung des Gegners hinzunehmen und stünde ihr die Einbringung einer Löschungsklage erst nach einem Obsiegen im gegenständlichen Verfahren auf Widerruf der Schenkung offen.

Hiezu wurde erwogen:

Im Verhältnis zwischen den Streitteilen wäre der geltend gemachte Anspruch auf Vertragsauflösung wegen groben Undanks des Beschenkten - womit der Titel für dessen Eigentumserwerb wegfallen würde - durch die Einverleibung des Eigentumsrechts des Beklagten an der auf den Todesfall geschenkten Liegenschaft nicht im Sinne des § 381 EO gefährdet, weil die klagende Partei im Falle der Berechtigung des Schenkungswiderrufs dann die Löschung der Eigentumseinverleibung des Beschenkten und die Rückgabe des Geschenks erreichen könnte. Die damit verbundenen Mühen rechtfertigen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung nicht.

Eine Gefährdung könnte sich allerdings durch einen nachfolgenden Rechtserwerb gutgläubiger Dritter ergeben. Der klagenden Partei ist es aber gelungen, eine Streitanmerkung im Grundbuch zu erreichen. Nun ist es zwar richtig, dass die Grundsätze der Entscheidung 2 Ob 325/98f = JBl 1999, 537 im vorliegenden Fall nicht unmittelbar herangezogen werden können; dort wurde ausgesprochen, es bedürfe zur Sicherung von Ansprüchen, die mit einer Löschungsklage nach § 61 GBG geltend zu machen sind, keiner einstweiligen Verfügung nach den §§ 381, 382 Z 6 EO, weil das Rechtsinstitut der Streitanmerkung nach § 61 Abs 1 GBG zur Verfügung stehe. Hier handelt es sich aber (noch) nicht um die Löschung einer bücherlichen Eintragung. Es ist auch zweifelhaft, ob die vorliegende Klage überhaupt hätte angemerkt werden dürfen (SZ 26/135; JBl 1986, 53; 9 Ob 227/99v). Dies kann aber auf sich beruhen, weil die im § 61 Abs 2 GBG geregelten Wirkungen der Streitanmerkung auch dann eintreten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Bewilligung fehlten, sofern der Bewilligungsbeschluss - wie hier - in Rechtskraft erwachsen ist (SZ 22/99; RIS-Justiz RS0060664). Eine solche Eintragung ist weder nichtig wegen Grundbuchswidrigkeit im Sinne des § 130 GBG (SZ 22/99) noch gegenstandslos im Sinne des § 131 GBG (zweifelnd offenbar 6 Ob 308/58 = RIS-Justiz RS0004962). Gemäß § 61 Abs 2 GBG hat die Streitanmerkung zur Folge, dass das über die Klage ergehende Urteil auch gegen die Personen, die erst nach dem Zeitpunkt, in dem das Gesuch um die Streitanmerkung an das Grundbuchsgericht gelangt ist, bücherliche Rechte erlangt haben, seine volle Wirksamkeit äußert. Die Anmerkung hindert also einen Rechtserwerb im Vertrauen auf die Richtigkeit des Grundbuchs (Rechberger/Bittner, Grundbuchsrecht Rz 299; vgl SZ 52/47). Somit ist die klagende Partei auch insoweit nicht gefährdet.

Aus der von der Rechtsmittelwerberin zitierten Entscheidung 7 Ob 99/99f ergibt sich kein Argument für eine andere Beurteilung.

Dem Revisionsrekurs war somit der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 402, 78 EO, § 41 ZPO.

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