OGH 5Ob68/00m

OGH5Ob68/00m7.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers Faruk A*****, ***** vertreten durch Mag. Olga Z*****, ***** wider die Antragsgegnerin Helene S*****, vertreten durch Dr. Heide Strauss, Rechtsanwältin in Gänserndorf, wegen § 37 Abs 1 Z 8 und 8a MRG, infolge des Rekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 18. November 1999, GZ 22 R 34/99a-20, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 5. Juni 1999, GZ 2 Msch 35/98k-17, aufgehoben wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs der Antragsgegnerin wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 bis 18a MRG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Das auf der Liegenschaft ***** um die Jahrhundertwende errichtete, ebenerdige Haus besteht aus zwei gleichgearteten Trakten, die in der Mitte eine gemeinsame Einfahrt in den zwischen den Trakten liegenden Hof aufweist. Beide Trakte sind spiegelbildlich angeordnet. Beide Trakte bestehen jeweils aus vier hintereinander liegenden Räumen und werden jeweils zum Gartenbereich durch einen Schuppen abgeschlossen. In beiden Trakten befindet sich jeweils eine aus drei Räumen bestehende Wohnung, die jeweils selbständig vom Hof aus durch eine kleine Treppe erreichbar ist. Im südlichen Trakt befindet sich im vierten Raum, der ebenfalls durch eine Treppe vom Hof erreichbar ist, eine für alle Bewohner benutzbare Dusche und WC. Spiegelbildlich dazu befindet sich ein Eingang in den vierten Raum des nördlichen Trakts (ehemalige Waschküche laut Bauplan), welcher Raum durch eine Tapetentür mit der daneben liegenden Wohnung verbunden ist. Im Zeitpunkt der Vermietung der Wohnung im südlichen Trakt an den Antragsteller war dieser selbständig begehbare, jedoch baulich nicht völlig abgeschlossene Einzelraum von einer Familie ***** bewohnt. Der Raum war mit einem Wasseranschluss und einem Stromzähler versehen. Seit dem Auszug der Familie V***** im Frühjahr 1998 steht dieser Raum leer.

Das Erstgericht beurteilte diesen Sachverhalt dahin, dass im Haus ***** im maßgeblichen Zeitpunkt der Vermietung an den Antragsteller lediglich zwei selbständige Wohneinheiten bestanden hätten, wenn sich auch die zwei Familien den Nordtrakt geteilt hätten.

Einem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Eine selbständige Wohnung im Sinn des § 1 Abs 4 Z 2 MRG sei nach der Verkehrsauffassung ein selbständiger und in sich baulich geschlossener Teil eines Gebäudes, der geeignet sei, der Befriedigung des individuellen Wohnbedürfnisses von Menschen zu dienen. Zwar mache der Umstand, dass einzelne Räume einer als Einheit konzipierten Wohnung für sich allein vermietbar wären, diese noch nicht zu einer selbständigen Wohnung. Welche Betrachtung aber der Verkehrsauffassung entspreche, sei stets anhand der Gegebenheiten des Einzelfalls zu beurteilen. Es könne auch nicht maßgebend sein, ob eine jederzeite aktivierbare bzw verschließbare bauliche Verbindung zwischen Wohneinheiten bestehe. Entscheidend sei im vorliegenden Fall, dass für ein drittes Objekt eine getrennte Zugangsmöglichkeit vom Hof aus bestehe und sich in diesem Objekt ein eigener Wasseranschluss und ein eigener Stromzähler befinde. Das lasse darauf schließen, dass hier eine eigene Wohneinheit geschaffen wurde.

Das Rekursgericht erklärte den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil die Erfordernisse einer baulichen Abgeschlossenheit einer selbständigen Wohnung im Sinn des § 1 Abs 4 Z 2 MRG noch nicht hinreichend durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt seien. Insbesondere zur Frage, ob das Vorhandensein einer Tapetentür die Annahme einer baulichen Abgeschlossenheit hindere, liege noch keine Rechtsprechung des Höchstgerichtes vor.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs (richtig: Rekurs) der Antragsgegnerin mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Beschluss wiederherzustellen.

Der Antragsteller beantragte, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Dass nach § 1 Abs 4 Z 2 MRG "nicht mehr als zwei selbständige Wohnungen" vorhanden sein dürfen, bedeutet nicht etwa nur, dass drei Wohnungen ausnahmeschädlich sind, vielmehr dürfen neben den zwei selbständigen Wohnungen keinerlei einer Vermietung zugängliche Räume im Haus vorhanden sein (MietSlg 36.244; WoBl 1991/58). Ausgenommen davon sind Räume, die üblicherweise zum Ein- oder Zweifamilienhaus gehören, wie Abstellraum oder Garage, weil dadurch der Charakter eines Ein- oder Zweifamilienhauses nicht verloren geht, auch wenn diese Räume selbständig zugänglich sind und daher selbständig vermietbar wären (WoBl 1993/80; 5 Ob 259/99w). Diesfalls entscheidet also die Verkehrsauffassung, ob an sich selbständig vermietbare Räume zu einer Wohnung gehören oder nicht (5 Ob 134/92).

War aber - wie hier im maßgeblichen Zeitpunkt der Vermietung an den Antragsteller (WoBl 1991/162 = MietSlg 72.343) ein solcher selbständig vermietbarer Raum auch tatsächlich genutzt oder vermietet, geht die Verkehrsauffassung dahin, dass damit die Zugehörigkeit dieses Raums zu einer anderen vermieteten Wohnung aufgehoben wurde. Dem Vorhandensein einer Tapetentür zwischen einer Wohnung und einem selbständig vermieteten Raum kommt diesfalls keine ausschlaggebende Bedeutung zu.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes stimmt mit der dargestellten Rechtsprechung überein, ohne dass darüber hinaus Fragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO geklärt werden müssten.

Ungeachtet des Zulässigkeitsausspruches des Rekursgerichtes - an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist - ist daher der vorliegende Rekurs unzulässig, was zu seiner Zurückweisung zu führen hat.

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