Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionsgegnerin hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der am Flughafen Wien eingesetzte Kläger übt die Tätigkeit eines "Screeners" - eine Bildschirm-Kontrolltätigkeit bei der Durchleuchtung des Gepäcks auf verdächtige Gegenstände - aus. Beim Eintritt in das Unternehmen der Beklagten absolvierte er einen achttägigen Basiskurs ohne Abschlussprüfung, in dem er über sämtliche bei einem Flug zu beachtenden Sicherheitsvorkehrungen unterrichtet wurde. Danach war er 3-4 Wochen unter der Anleitung eines geschulten Screeners tätig. Neueintretende werden nur mehr wenige Tage eingeschult und führen diese Tätigkeit sodann allein durch. Pro Minute kontrolliert der Kläger - bedingt durch die Geschwindigkeit des Förderbandes - 7 Gepäckstücke. Bei Erkennen eines verdächtigen oder gefährlichen Gegenstandes hat er den Supervisor zu verständigen, der über die weitere Vorgangsweise zu entscheiden hat. Der Kontakt mit dem Passagier gehört nicht zum Tätigkeitsbereich des Screeners. Hingegen obliegt ihm "die Koordination mit den Flughafenangestellten", etwa "das Stellen der Gepäckstücke in das Strahlengerät" sowie die Anweisung der Verladetätigkeit zu den richtigen Kontainern und die Führung von Listen. Bei "kritischen Momenten" hat der Screener die Polizei zu verständigen, was der Firmenleitung zu melden und schriftlich festzuhalten ist. Im Durchschnitt werden bei einem Tel-Aviv Flug dreimal, bei Delta-Flügen öfter, verdächtige Gegenstände erkannt; "mitunter verläuft eine Arbeitswoche oder auch zwei ohne besondere Vorkommnisse". Ist - was nur bei Charterflügen für eine türkische Fluglinie in den Sommermonaten vorkommt - weder ein Supervisor noch ein anderer Dienstverantwortlicher eingeteilt, ist bei Vorliegen von Verdachtsmomenten die Fluglinie zu verständigen. Für zwei Jahre war der Kläger auch als sogenannter "Strahlenschutzbeauftragter" (Ansprechpartner bei Problemen mit dem Röntgengerät) tätig, allerdings nur als Stellvertreter für einen Dritten. Hiefür wurde er in der Dauer von ca. 2 Nachmittagen eingeschult.
Die Firmensprache der Beklagten ist Englisch. Ein besonderer Schulabschluss oder eine besondere Ausbildung sind für den beschriebenen Dienst nicht erforderlich. Der Kläger wird von der Beklagten in die Verwendungshauptgruppe II des Kollektivvertrages für die Angestellten der öffentlichen Flughäfen Österreichs eingestuft.
Der genannte Kollektivvertrag umschreibt die Tätigkeitsmerkmale für die Verwendungshauptgruppen I, II und III wie folgt:
Verwendungshauptgruppe I:
Dienstnehmer, die schematische oder mechanische Arbeiten verrichten, die als einfache Hilfsdienste zu werten sind.
Verwendungshauptgruppe II:
Dienstnehmer, die einfache, nicht schematische oder mechanische Arbeiten nach gegebenen Richtlinien und genauer Arbeitsanweisung verrichten, für die in der Regel eine kurze Einarbeitungszeit erforderlich ist.
Verwendungshauptgruppe III:
Dienstnehmer, die nach allgemeinen Richtlinien und Weisungen im Rahmen des ihnen erteilten Auftrages Arbeiten erledigen.
Lediglich bei der Verwendungshauptgruppe III sind verschiedene Beispielstätigkeiten (etwa Ground- und VIP-Hostessen, Sachbearbeiter, Dienstnehmer in Stabsfunktion und Assistenten, aber auch Parkplatzaufsichtskräfte und Postfahrer) angeführt.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf Feststellung, er sei ab September 1997 in die Verwendungs(haupt)gruppe III, 9. Verwendungsgruppenjahr, des genannten Kollektivvertrages einzustufen.
Das Erstgericht wies dieses Begehren mit Teilurteil ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Tätigkeit des Klägers sei eine "einfache", die nach gegebenen Richtlinien und genauen Arbeitsanweisungen zu verrichten sei und für die eine kurze Einarbeitungszeit ausgereicht habe. Im Unterschied zu den demonstrativ aufgezählten Tätigkeiten der Verwendungshauptgruppe III, die alle mit Parteienverkehr verbunden seien, bringe die Tätigkeit des Klägers keinen Kontakt mit Passagieren mit sich.
Die Revision sei zulässig, weil zur Auslegung des hier anzuwendenen Kollektivvertrages Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist nicht zulässig.
Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO iVm § 1 ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Da keiner der Fälle des § 46 Abs 3 ASGG vorliegt, ist die Zulässigkeit der Revision vom Vorliegen einer iS des § 46 Abs 1 ASGG qualifizierten Rechtsfrage abhängig. Die hier zu entscheidende Rechtsfrage erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
Nach dem unmissverständlichen Wortlaut der maßgebenden Bestimmungen des Kollektivvertrages ist für die Einstufung des Kollektivvertrages entscheidend, ob die Tätigkeit des Klägers als eine einfache zu qualifizieren ist, für die in der Regel (nur) eine kurze Einarbeitungszeit erforderlich ist. Die Bedeutung der kollektivvertraglichen Regelung ist nicht strittig; vielmehr geht es ausschließlich darum, die im hier zu beurteilenden Einzelfall tatsächlich ausgeübte Tätigkeit des Arbeitnehmers an den Einstufungskriterien des Kollektivvertrages zu messen. Der Lösung solcher Einstufungsfragen kommt aber - von Fällen krasser Fehlbeurteilungen des Berufungsgerichtes abgesehen - keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (9 ObA 177/99s; ARD 4901/20/98; ARD 4964/9/98; 9 ObA 409/97f).
Eine krasse Fehlbeurteilung ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen. Die Notwendigkeit von Genauigkeit und Verlässlichkeit sowie die Verantwortung im Zusammenhang mit dem Erkennen gefährlicher Gegenstände schließt die Qualifikation einer an sich einfachen Tätigkeit als "einfach" nicht aus. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Firmensprache bei der Beklagten Englisch ist (vgl dazu 8 ObA 138/99y). Auch die Tatsache, dass der Kläger für die von ihm erfüllten Aufgaben "überqualifiziert" ist, kann nicht zu einer durch seine Tätigkeit nicht gerechtfertigten Einstufung führen. Die bei der Verwendungsgruppe III beispielsweise angeführten Tätigkeitsbezeichnungen decken ein breites Spektrum ab und ändern nichts an der Notwendigkeit, dass im Einzelfall die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale verwirklicht werden müssen (vgl Arb 7588).
Da die Entscheidung des Berufungsgerichtes somit keinesfalls unvertretbar ist und daher im Sinne der wiedergegebenen Rechtslage keine iS § 46 Abs 1 ASGG qualifizierte Rechtsfrage zu beurteilen ist, ist die Revision als unzulässig zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Über diese Kosten war schon jetzt zu entscheiden, weil sich das Revisionsverfahren auf das vom Erstgericht erlassene Teilurteil als eigenen Anfechtungsgegenstand bezieht und dessen Schicksal für die Verteilung der in diesem Prozessabschnitt aufgelaufenen Kosten maßgeblich ist (1 Ob 611/95; 9 ObA 82/98v; Fasching, Kommentar II 364). Die Kosten der Revisionsbeantwortung waren nicht zuzuerkennen, weil die Revisionsgegnerin auf die Unzulässigkeit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision nicht hingewiesen hat (Ris-Justiz RS0035962; zuletzt 9 ObA 259/99z).
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