Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Parteien wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Sinn und Bedeutungsinhalt einer Äußerung richtet sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung für den unbefangenen Durchschnittsadressaten der Äußerung (MR 1995, 137 - Justizausschussvorsitzender; ÖBl 1996, 134 - Leserverblödung; SZ 71/96 = MR 1998, 269 [Korn] - Schweine-KZ uva). Wendungen, die bei verkehrsüblicher flüchtiger Kenntnisnahme zu Missverständnissen führen können, sind dabei immer zum Nachteil desjenigen auszulegen, der sich ihrer bedient (MR 1997, 170 - Schwarzhörer willkommen mwN). Bei Mehrdeutigkeit von Tatsachenbehauptungen muss der Ankündigende stets die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (stRsp ÖBl 1993, 161 = ecolex 1993, 760 = WBl 1994, 31 - "Verhundertfachen Sie Ihr Geld"; MR 1994, 111 - Nazijournalismus; ÖBl 1995, 67 - Führerschein auf Anhieb; ÖBl 1995, 219 - Klasse statt Masse; WBl 1997, 309 [Schmidt] - staubfrei mwN).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Zweitbeklagte eine Werbeaktion (verbilligte Abgabe einer Zeitung unter Benützung zuvor ausgegebener Gutscheine) zumindest bis 7. 4. 1999 fortgesetzt, obwohl ihr dieses Verhalten mittels (spätestens am 22. 3. 1999 zugestellter) einstweiliger Verfügung untersagt worden ist. Am 16. 4. 1999 wird der Kläger in einer Zeitungsglosse mit den Worten zitiert: "Es ist das erste Mal, dass ein Verleger völlig ungeniert wettbewerbsrechtliche Vorschriften und vor allem gerichtliche Verbote missachtet." Ein Beispiel seien die Format-Gutscheine. "Gegen diese gab es eine einstweilige richterliche Verfügung, und es folgte trotzdem ungeniert die nächste Aktion."
Abgesehen davon, dass es immer eine Frage der Beurteilung im Einzelfall ist, wie eine Äußerung von den angesprochenen Verkehrskreisen aufgefasst wird (JBl 1986, 192; MR 1995, 233 - Inseraten-Preisliste; 4 Ob 222/97v; 4 Ob 336/97h; 4 Ob 33/98a), ist die Auslegung der Vorinstanzen, der Kläger habe einen wahren Sachverhalt aufgezeigt, aber auch nicht zu beanstanden: Aus dem Gesamtzusammenhang der Glosse wird nämlich deutlich, dass sich der Vorwurf des Klägers beispielhaft auf die vergangene Gutscheinaktion bezieht (arg.: "es folgte ... die nächste Aktion"). Die von den Beklagten gewünschte Auslegung, der Kläger laste ihnen einen am 16. 4. 1999 begangenen Wettbewerbsverstoß an, findet demgegenüber weder im Wortlaut noch im Sinnzusammenhang der gesamten Äußerung des Klägers eine Stütze. Der von den Beklagten in der beanstandeten Presseaussendung als Replik erhobene Vorwurf, der Kläger habe wider besseres Wissen eine unwahre Behauptung aufgestellt, entbehrt somit einer wahren Tatsachengrundlage.
Das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung (Art 10 MRK; Art 13 StGG) findet in der Interessenabwägung gegenüber der ehrenbeleidigenden Rufschädigung seine Grenze in einer unwahren Tatsachenbehauptung; dass eine solche nicht unter Berufung auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit gestattet ist, vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1991, 26 - Kunstfeind; MR 1993, 14 - Spitzelakte; ÖBl 1993, 84 - Jubelbroschüre; MR 1997, 85 - Luxuswoh- nung; SZ 70/180 ua). Eine gegenteilige Auffassung des EGMR oder der Europäischen Menschenrechtskommission wird auch durch die Revisionsrekursausführungen nicht belegt.
Die Beklagten haben die Richtigkeit des von ihnen erhobenen Lügenvorwurfs nicht nachgewiesen; die beanstandete Äußerung ist deshalb auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer zulässigen Retorsionskritik gerechtfertigt. Der von den Beklagten zitierten Entscheidung ecolex 1998, 626 liegt insofern ein anderer Sachverhalt zugrunde, als die dort beanstandete Äußerung des Beklagten die Antwort auf eine vorangegangene monatelange rufschädigende und ehrenbeleidigende Kampagne der dortigen Klägerin gewesen ist.
Wer außerhalb der juristischen Person auch deren Organe wegen eines
Wettbewerbsverstoßes in Anspruch nimmt, hat zwar in der Regel zu
beweisen (zu bescheinigen), dass das Organ auch selbst hiefür
verantwortlich ist (ÖBl 1990, 123 - Gemeinschaftswerbung). Gibt es
aber Anhaltspunkte, die mit großer Wahrscheinlichkeit auf die
Verantwortlichkeit der Geschäftsführer einer GmbH schließen lassen,
ist es sodann Sache der Geschäftsführer, darzutun, dass sie dennoch
ohne ihr Verschulden daran gehindert waren, gegen den
Wettbewerbsverstoß einzuschreiten (ecolex 1993, 254 - Das seriöse
Branchentelefonbuch; MR 1998, 163 = WBl 1998, 371 = ecolex 1998, 717
= ÖBl 1998, 300 - Schneefall am Heiligen Abend).
Der Erstbeklagte ist ein Geschäftsführer der V*****gesellschaft m. b.H. (FN 87820y), der persönlich haftenden Gesellschafterin der V***** KG (FN 25493s). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Erstbeklagte die beanstandete Presseaussendung, die neben einer (mit dieser Firma nicht existenten) "V*****" auch in seinem Namen unter Angabe der Telefonnummer seines Büros für Rückfragen gezeichnet war, verfasst. Die Vorinstanzen sind von den Grundsätzen der zitierten Rechtsprechung nicht abgewichen, wenn sie deshalb unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls auch den Erstbeklagten für die beanstandete Äußerung als verantwortlich erachtet haben.
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
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