OGH 9ObA16/00v

OGH9ObA16/00v26.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Gerhard Kriegl und Josef Redl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ernst Paul J*****, Angestellter, *****, vertreten durch Mag. Martin Machold, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Dieter Huainigg, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 301.310,86 sA und Rechnungslegung (S 60.000,-) - (Revisionsinteresse S 315.163,74 sA) -, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. September 1999, GZ 8 Ra 123/99s-34, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Zulässigkeit der festgestellten Vereinbarungen über eine Änderung der Provisionsberechnung (zunächst Änderung bezüglich Skontoabzug; dann Vereinbarung eines neues Systems) bestehen keine Bedenken. Eine ausdrücklich vereinbarte, die Rechtsstellung des Arbeitnehmers für die Zukunft teilweise verschlechternde Vertragsänderung ist wirksam, soweit auch der geänderte Vertragsinhalt den durch Gesetz, Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung zwingend normierten Mindestanforderungen entspricht. Dass der Arbeitnehmer für den Fall der Ablehnung des Vorschlages des Arbeitgebers mit der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechnet, macht die Vereinbarung nicht anfechtbar (SZ 62/47; SZ 56/149; zuletzt 8 ObA 283/99x). Aus eben diesem Grund ist auch die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung über die Provisionsberechnung im Geschäftsfall "Zillergrund" unbedenklich, weil die dazu getroffenen Feststellungen dahin zu verstehen sind, dass auch diese Vereinbarung schon anlässlich der Besprechung zwischen den Parteien über die mit dem Kunden zu vereinbarende Rückkaufsvereinbarung, also im Vorhinein, getroffen wurde.

Richtig ist, dass zum Geschäftsfall "Naßfeld" nur festgestellt wurde, dass die Parteien vergleichsweise eine 1 %ige Provision vereinbart haben. Diese Feststellung ist aber vor dem Hintergrund des Vorbringens der Beklagten im Schriftsatz ON 8 S 7 zu sehen. Danach sei es zwischen der Beklagten und dem Kunden wegen von Anfang an vorhandener Kalkulationsmängel, die "den Kläger zum Auftragsabschluss nicht berechtigt hätten", zu einem Rechtsstreit gekommen, in dem die Beklagte letztlich in einen Vergleich habe einwilligen müssen; die Beklagte habe den Vergleichsabschluss wegen der drohenden Auswirkungen auf dessen Provision vorher mit dem Kläger besprochen, worauf die Verprovisionierung des Auftrages mit 1 % vereinbart worden sei. Dieses Vorbringen wurde vom Kläger nicht substantiiert bestritten. Damit ist aber die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, das die insofern zwischen den Streitteilen geschlossene Vereinbarung in Übereinstimmung mit dem festgestellten Sachverhalt als Vergleich qualifizierte, keineswegs unvertretbar. Ein Vergleich kann aber nach ständiger Rechtsprechung sogar über an sich unverzichtbare Ansprüche wirksam geschlossen werden (SZ 64/5; WBl 1991, 293; RIS-Justiz RS0028337; zuletzt 9 ObA 2035/96x). Umstände, die dessenungeachtet die Sittenwidrigkeit des Vergleiches begründen oder eine Anfechtung im Rahmen des § 1358 ABGB rechtfertigen könnten, wurden vom Kläger nicht vorgebracht.

Seinen Anspruch auf eine höhere als die ihm ausgezahlte Provision hat der Kläger in erster Instanz nur mit der Bestreitung des Zustandekommens und der Wirksamkeit der erörterten Vereinbarungen über die generelle Berechnung seiner Ansprüche bzw. die Berechnung in den zwei genannten konkreten Fällen begründet. Die Unanwendbarkeit des vereinbarten neuen (progressiven) Provisionssystems hat er überdies damit begründet, dass er in der Kündigungsfrist vom 5. 11. 1996 bis 31. 12. 1996 (Ende des Arbeitsverhältnisses) im Urlaub gewesen sei. Dadurch habe er keinen höheren Umsatz - und damit keine höhere Provision - erzielen können. Dies hätte nach Billigkeit berücksichtigt werden und zu einer aliquoten Reduzierung der Progressionsschwelle (und damit zu einem höheren Provisionsprozentsatz) führen müssen (S 5 f in ON 23). Dass der Kläger noch vor Ende des Arbeitsverhältnisses seinen offenen Urlaub verbraucht hat (gesamter Jahresurlaub und 13,5 Tage Resturlaub aus dem Vorjahr) kann aber nicht dazu führen "aus Billigkeit" ein wirksam vereinbartes Provisionsschema nicht anzuwenden bzw. billigkeitshalber durch Anwendung höherer als der vereinbarten Provisionsprozentsätze zu modifizieren.

Davon zu unterscheiden ist ein allfälliger Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung seines Provisionseinkommens beim Urlaubsentgelt. Einen solchen Anspruch hat der Kläger in erster Instanz nicht geltend gemacht (erstmals erwähnt er ihn - überdies nur indirekt - in dritter Instanz im Zusammenhang mit der Abfertigungsberechnung), sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.

Auch seinen restlichen Abfertigungsanspruch hat der Kläger in erster Instanz nur mit dem Nichtzustandekommen bzw der Unwirksamkeit der genannten Provisionsvereinbarungen begründet. Hingegen ist er selbst - wie das Berufungsgericht richtig hervorhebt - von der Berücksichtigung seiner Provisionseinkünfte im Umfang eines Zwölftels der aus dem Jahresumsatz 1996 errechneten Provisionen ausgegangen (vgl die unwidersprochenen Ausführungen des Berufungsgerichtes S 12 des Berufungsurteils), sodass auf die erstmals im Rechtsmittelverfahren erhobenen Einwände (Berücksichtigung von nach dem Lohnausfallsprinzip zustehenden Ansprüche für Urlaub und Krankheit, Heranziehung eines Beobachtungszeitraumes von drei Jahren) im Hinblick auf das Neuerungsverbot nicht einzugehen ist.

Die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, unter welchen Voraussetzungen für nicht angeordnete Überstunden Anspruch auf Überstundenentlohnung besteht, wurden vom Berufungsgericht richtig wiedergegeben. Ihre Anwendung auf den konkreten Einzelfall ist nicht revisibel, zumal eine unvertretbare Fehlbeurteilung nicht aufgezeigt wird. Dass die Überstundenleistungen bzw die insofern gegebene Beweiskraft der Tagesberichte unbestritten sei, trifft nicht zu (ON 8 S 5 f); die Bewertung dieser Berichte durch das Berufungsgericht ist jedenfalls nicht unvertretbar.

Die Behauptung des Klägers, ihm sei von der Beklagten Gebietsschutz eingeräumt worden, hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf den festgestellten Sachverhalt verneint. Eine die Zulässigkeit der Revision begründende Fehlbeurteilung zeigt der Revisionswerber auch in diesem Zusammenhang nicht auf. Sein Rechnungslegungsbegehren hat er aber ausschließlich mit einer solchen Vereinbarung begründet. Seine nunmehrigen über das erstinstanzliche Vorbringen hinausgehenden Behauptungen zum Rechnungslegungsbegehren sind im Hinblick auf das Neuerungsverbot unbeachtlich.

Auch die Richtigkeit der Ausmittlung der Kosten der Arbeiten am Armaturenbrett des PKW des Klägers unter Anwendung des § 273 ZPO ist eine nicht revisible Frage des konkreten Einzelfalles. In der Bewertung dieser Kosten mit S 6.000,- kann jedenfalls keine die Zulässigkeit der Revision begründende Fehlbeurteilung erblickt werden.

Stichworte