OGH 8ObA283/99x

OGH8ObA283/99x11.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und Ing. Hugo Jandl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christian S*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Miller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 133.459,04 brutto sA und S 12.530 netto sA (Revisionsinteresse S 52.930,70 brutto und S 10.970 netto sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juni 1999, GZ 10 Ra 64/99a-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15. September 1998, GZ 26 Cga 219/96g-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 811,84 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der beklagten Partei seit 4. Oktober 1993 als Spielleiter beschäftigt; das Arbeitsverhältnis endete am 10. April 1996 durch Entlassung.

Mit Vertrag vom 25. Dezember 1993 wurde das Entgelt des Klägers als Spielleiter für 40 Stunden wöchentlich mit S 8.500 brutto monatlich plus Sonderzahlungen festgesetzt. Da die den wesentlichen Teil des Einkommens bildenden Trinkgelder nur den Spielleitern zukamen, wurde vereinbart, dass die Spielleiter aus ihren Trinkgeldern pro halber Stunde Spielzeit pro Spieltisch ein "Tischgeld" von S 30 an die Trinkgeldcagnotte abzuführen hatten. Diese diente ausschließlich der Beteiligung der anderen Mitarbeiter der beklagten Partei an den Trinkgeldern. In diesen Vertrag wurde die Klausel aufgenommen, dass Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedürfen. Als die Trinkgeldeinnahmen der Spielleiter über das von der beklagten Partei erwartete Ausmaß hinaus weiter anstiegen - der Kläger erhielt zuletzt ca S 45.000 monatlich an Trinkgeldern - wurde von der beklagten Partei eine Erhöhung des Tischgeldes auf S 40 vorgeschlagen, um auch die anderen Arbeitnehmer, wie die Spielerinspektoren, das Sicherheitspersonal, die Leute in Bar und Küche sowie die Garderobefrauen, daran partizipieren zu lassen. Damit erklärten sich nach anfänglichem Widerstand alle Spielleiter einverstanden und führten ab August 1995 das erhöhte Tischgeld ab.

Da die Trinkgeldeinnahmen den wesentlichen Teil des Einkommens der Spielleiter bildeten, waren sie in Zeiten schwächeren Spielbetriebes nicht an der Leistung der vollen 8-Stunden-Schicht interessiert. Sie konnten ihren Wunsch nach verkürzter Arbeitszeit in sogenannte "Heimgehlisten" eintragen und durften dann mit Genehmigung der Spielerinspektoren früher heimgehen. Spielleiter, die diese Möglichkeit nicht in Anspruch nahmen, erhielten ihr volles Fixum ausgezahlt, während bei jenen Spielleitern, die über eigenen Wunsch früher heimgingen, eine entsprechende Aliquotierung des Fixums vorgenommen wurde. Der Kläger machte in Kenntnis der Auswirkungen auf sein Fixum von dieser Möglichkeit häufig Gebrauch.

Im Revisionsverfahren strittig ist noch das Begehren des Klägers auf die Differenz von S 52.930,71 brutto zwischen dem tatsächlich gezahlten Fixum und dem vereinbarten Fixum von S 8.500 brutto monatlich sowie ein Betrag von S 10.970 netto an einbehaltenem Trinkgeld aus der Tischgelderhöhung von S 30 auf S 40 ab August 1995.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Begründung der Berufungsentscheidung, die aliquote Herabsetzung des Grundentgelts des Klägers sei ebenso wie die Erhöhung des "Tischgeldes" rechtmäßig erfolgt, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin zu erwidern:

Von der mit Vertrag vom 25. Dezember 1993 vereinbarten Schriftform für Änderungen und Ergänzungen konnten die Parteien jederzeit einvernehmlich sowohl ausdrücklich als auch stillschweigend abgehen (Arb 10.178; 9 ObA 64/89; 9 ObA 76/94; zuletzt 5 Ob 337/98i). Des weiteren ist eine die Rechtsstellung des Arbeitnehmers für die Zukunft teilweise verschlechternde einvernehmliche Vertragsänderung soweit wirksam, als auch der geänderte Vertragsinhalt den durch Gesetz, Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung zwingend normierten Mindestanforderungen entspricht (SZ 56/149; SZ 62/47; zuletzt 9 ObA 113/90).

Der Erhöhung des Tischgeldes auf S 40 zugunsten der anderen an den Trinkgeldern nicht unmittelbar beteiligten Arbeitnehmern hat der Kläger ausdrücklich zugestimmt. Die zusätzliche Freizeit hat der Kläger in Kenntnis der damit verbundenen Auswirkungen auf sein Fixum aus freien Stücken in Anspruch genommen, so dass bezüglich dieser Änderung gemäß § 863 ABGB eine schlüssige Zustimmung des Klägers anzunehmen ist (zur Zulässigkeit der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung mit anteiliger Entgeltminderung nach vorausgehender Vollbeschäftigung siehe Arb 10.477).

Da damit bereits während des aufrechten Arbeitsverhältnisses eine wirksame Vertragsänderung erfolgte und die Berechtigung der Entlassung nicht mehr strittig ist, erübrigt es sich, auf die Ausführungen der Revision zur Frage der Gültigkeit der nach der Entlassung abgegebenen Entfertigungserklärung einzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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